KdiH

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43.1.3. Augsburg, Universitätsbibliothek, Cod. I.3.8º 2

Bearbeitet von Regina Cermann

KdiH-Band 5

Datierung:

Nach 1485 (XVr, XVIv).

Lokalisierung:

Paris, für Nürnberg. Schneider (1988): Nürnberg (Wasserzeichen der Vor- und Nachsatzblätter).

Besitzgeschichte:

Ir Namenseintrag von Graf Franz Wilhelm zu Oettingen-Baldern (1725–1798), Dompropst in Köln, dessen Nachlaß im 19. Jahrhundert in die Oettingen-Wallersteinsche Bibliothek gelangte (F: Guill: Comte regt: D’Oettingen, Baldern et Soetern). Im Vorderdeckel Bibliothekssignatur des 19. Jahrhunderts (1. K. 1). Seit 1980 in der Universitätsbibliothek Augsburg.

Inhalt: Stunden- und Gebetbuch

Ir

leer

Iv–IIr

Miniaturenregister

IIv

leer

IIIr–XIVv

Kalender für Nürnberg (drei Spalten: Goldene Zahl, Sonntagsbuchstabe, Festtage [voll besetzt], darunter 3.3. Kungund schydung [rot], 29.3. Küngund bewerung, 7.6. Deocarus, 19.8. Sebolt [rot], 9.9. küngund bewerung [rot], 30.9. Otto pisch [rot]; am Rand: Werktagsstunden)

XVr–XVIIv

Zirkel für den Sonntagsbuchstaben und die Goldene Zahl (ausgehend vom Jahr 1485), mit Erläuterungen

XVIIIr

Rubrik zum Marienoffizium

XVIIIv

leer

1r–60v

Kleines Marienoffizium (zu Mariae Himmelfahrt)

1r

Miniatur: Verkündigung

60v–62v

›Adiutorium‹ und ›Confiteor‹, deutsch (als Eingangsgebete zur Messe)

62v–72r

Marienmesse ›Salve sancta parens‹, deutsch (zu Mariae Himmelfahrt)

63r

Miniatur: Geburt Christi

72v–110r

Offizium vom Mitleiden Mariens, andernorts Papst Johannes XXII. zugeschrieben

73r

Miniatur: Pietà mit drei trauernden Frauen und Johannes d. Ev.

110v

leer

111r–151v

Offizium zur Passion

111r

Miniatur: Kreuztragung

151v–156r

Tagzeiten zur Passion (Hymnus ›Patris sapientia‹, deutsch, jede Strophe mit Vers und Kollekte), hier Papst Johannes [XXII.] zugeschrieben, mit Ablaß

152r

Miniatur: Kreuzigung

156v–178r

Sieben Bußpsalmen mit Litanei (172v Sebald), Fürbitten und Gebeten (darunter Klapper [1935] Nr. 96,19)

157r

Miniatur: Jüngstes Gericht

178v–184v

Gebete zur Dreifaltigkeit: ›Trina oratio‹, deutsch, Johannes von Indersdorf, 2. Gebet aus dem Zyklus für Herzog Wilhelm III. von Bayern (Haimerl [1952] S. 155, Anm. 965, Nr. 1)

179r

Miniatur: Gnadenstuhl

184v–187r

Drei Passionsgebete

187v–189v

Passionsgebet Gregors d. Gr., ›Adoro te in cruce pendentem‹, deutsch (fünfteilig), mit Ablaß

188r

Miniatur: Gregoriusmesse

189v–192r

›Gebet St. Peters‹ O herre ihu xpe ein schöpffer vnd ein erlöser der werlt …, mit Ablaß

192r–194v

Bernhardin von Siena, ›Gebet vom süßen Namen Jesu‹

194v–199r

›Gebet von den sieben letzten Worten Christi am Kreuz‹

199v–201r

Aegidius Romanus, ›Salve sancta facies‹, deutsch, hier Papst Johannes XXII. zugeschrieben, mit Ablaß

200r

Miniatur: Veronika mit dem Schweißtuch, flankiert von Petrus und Paulus

201r–204v

Tägliches Gebet für ein seliges Ende Herre ihu xpe Ich man dich des klopffens des dein heilige menscheit emphieng do du verurteilt wurdest

204v–205v

Gebet zur Wandlung, auf Bitten Philipps von Frankreich von Papst Bonifatius VI. (!; sonst Innozenz VI.) mit Ablaß versehen

205v–212v

›Sancta Maria‹, deutsch (Klapper [1935] Nr. 98,1)

206r

Miniatur: Mondsichelmadonna

212v–229v

Neun Mariengebete, darunter ›Goldenes Ave Maria‹

229v–232r

Anfang des Johannesevangeliums (Io 1,1–14)

230r

Miniatur: Johannes auf Patmos

232r–235v

Morgen- und Abendgebet

235v–260v

Heiligengebete und -suffragien: Schutzengel, Erasmus, Wolfgang, Sebastian, Leonhard, Christophorus, Maria Magdalena, Katharina, Ottilie, Barbara, Apollonia, Margarete, Anna, alle Heiligen, alle Engel und Heiligen, alle Engel im Himmel

237r

Miniatur: Martyrium des hl. Erasmus

240r

Miniatur: Martyrium des hl. Sebastian

244r

Miniatur: Christophorus

246r

Miniatur: Noli me tangere

248r

Miniatur: Martyrium der hl. Katharina

251r

Miniatur: Martyrium der hl. Barbara

254r

Miniatur: Margarete

260v–265r

Johannes von Indersdorf, vier Seelengebete aus dem ›Ebran-Gebetbuch‹ (Haimerl [1952] S. 156, Anm. 972, Nr. 4, 5, 2, 3), Seelengebet mit Ablaß von Papst Johannes XXIII.

261r

Miniatur: Blut-Christi-Brunnen (vgl. Nr. 43.1.165., 224v)

265r–280r

Kurze Totenvigil (Ottosen [1993] 14/72/24)

265v

Miniatur: Auferweckung des Lazarus

280r–286v

Seelengebete für den ersten (siebten oder 30.) Tag nach Verscheiden, am Jahrestag, für einen Priester, einen Mann, eine Frau, die Eltern, Geschwister, Wohltäter, Schutzbefohlene, Verstorbene auf dem Friedhof, alle Seelen etc.

286v–303v

Marquard von Lindau, Auszug aus dem ›Eucharistie-Traktat‹ (Hofmann [1960] S. 289,13–295,7)

303v–307v

Beichtformel

308r–320v

leer (311r Federprobe)

321r–323v

Katechismus: ›Zehn Gebote‹, ›Sieben Todsünden‹, ›Fünf Sinne‹, ›Sechs Werke der Barmherzigkeit‹, ›Sieben Sakramente‹, ›Sieben Gaben des Hl. Geistes‹, ›Neun fremde Sünden‹

324r–328v

Register (ohne Katechismus)

329r–329v

leer
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament (dünn, durchsichtig, in dieser Güte in Deutschland unüblich), 347 Blätter (gezählt 1–18 [modern], I–CCCXX [alt, in Rot], 321–329 [modern]; im folgenden: I–XVIII, 1–329), sieben Vor-, drei Nachsatzblätter aus Papier, 125 × 90 mm. Lagenformel: VX, IVXVIII, 32 V320, V–1329 (– vor 324). Kalligraphische Bastarda (übereinstimmend mit Nr. 43.1.4. und Nr. 43.1.10.), ein Schreiber, einspaltig, 16 Zeilen, Rubriken, einzeilige rote und blaue Lombarden, Versalien gelb ausgemalt (französische Usance).

Schreibsprache:

nordbairisch (Schneider [1988]).

II. Bildausstattung:

20 Miniaturen, umgeben von vierseitigen Kompartimentbordüren (1r, 63r, 73r, 111r, 152r, 157r, 179r, 188r, 200r, 206r, 230r, 237r, 240r, 244r, 246r, 248r, 251r, 254r, 261r, 265v), eine vierseitige Bordüre um eine reine Textseite (287r). 29 einseitige Bordürenstreifen strukturieren die Tagzeiten oder signalisieren den Beginn einer kleineren Texteinheit (14v, 28r, 33r, 37r, 41r, 45r, 54v, 60v, 80r, 84v, 88v, 92r, 96r, 100r, 105r, 122r, 128r, 131v, 135v, 139v, 143v, 147r, 170v, 184v, 195r, 232r, 257r, 274v, 294v). Zwei vier- (14v, 287r), 60 dreizeilige Buchmalerinitialen. Zahlreiche zweizeilige Pinselgoldinitialen auf rotem oder blauem Grund. Zwei graphische Zirkel (XVv, XVIr). Pariser Buchmalerwerkstatt (s. u.).

Format und Anordnung:

Die Miniaturen (70 × 45 mm) nehmen ca. drei Viertel des Textspiegels ein, greifen aber oben, wo sie mit einem abgeflachten Rundbogen abschließen, über ihn hinaus; darunter bleibt für drei Zeilen Text Platz, der jeweils mit einer dreizeiligen Initiale beginnt, die blockhaft abgetrennt steht; das Ganze wird von einer vierseitigen Bordüre umschlossen. Mit einer Ausnahme (261v) stehen alle Miniaturen auf recto-Seiten. Dieser Aufbau entspricht dem in Frankreich üblichen Stundenbuch-Layout (Verbindung von Text und Bild auf einer Seite, im Gegensatz zur flämischen Variante, wo sich Bild und Text auf einer recto- und verso-Seite gegenüberstehen). Lagenschema, Register, zeitgenössische Foliierung, Text- bzw. Seitenverweise innerhalb der Handschrift zeugen von einer systematischen Anlage derselben. Bis auf den durch mehrere leere Seiten vom Textkorpus abgerückt stehenden Katechismus (321r–323v), der bezeichnenderweise auch nicht im Register auftaucht, scheint sie in einem Zuge, nach einem ausgereiften Formular hergestellt worden zu sein.

Bildaufbau und -ausführung:

Das Stundenbuch gehört zu einer Gruppe von bislang acht aufgefundenen Handschriften desselben Typs, die im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts in verschiedenen Pariser Ateliers speziell für den deutschen Markt hergestellt worden sind.

Dieses und ein oder zwei weitere (Nr. 43.1.4., Nr. 43.1.10.) stammen offenbar aus ein und derselben Werkstatt. Allen liegt jedoch eine Geschäftsidee zugrunde, die wohl Mitte der siebziger Jahre im Umfeld des Maître François aufgekommen ist: Dieser muß den Einfall gehabt haben, den in Süddeutschland wenig beheimateten Typus des Stundenbuchs in volkssprachigen Luxusausgaben dorthin zu exportieren (Nr. 43.1.163., Nr. 43.1.210.). Nachdem Anfang der achtziger Jahre der Nachfolger des Maître François, der Meister des Jacques de Besançon (Nr. 43.1.95.), und ein vom Coëtivy-Meister beeinflußter Künstler (Nr. 43.1.109.) diese Handelsbeziehungen weiter gepflegt hatten, wurden sie Mitte der achtziger Jahre vom Meister des vorliegenden Stundenbuchs fortgeführt. Innerhalb dieser Periode wuchsen sich die kleinen, püppchenhaften Figuren des Maître François in langgestreckte Gestalten beim Meister des Jacques de Besançon bzw. in rundlich-gedrungenere bei dem hier tätigen Illuministen aus, während Kompositionen und Farbpalette mehr oder minder unverändert blieben. Sie alle befleißigten sich einer dünnflüssigen, raschen Malweise, wobei zunächst monochrome Farbflächen angelegt wurden, die dann Ton in Ton schattiert und zum Schluß zügig mit einer Schraffur in Pinselgold, Weiß oder Rot überzogen wurden. Eine fortschrittliche Entwicklung zeichnet sich allein innerhalb der Kompartimentbordüren ab: Während beim Maître François eine streng geometrische Unterteilung vorherrscht, wie sie auch hier noch anzutreffen ist ( 251r, 254r Rauten, 248r, 265v Quadrate, 261r Längsstreifen, 287r Dreiecke), bricht man diese strenge Ordnung über rundlinige, freischwingende Formen mehr und mehr auf (230r, 232r, 237r, 240r, 248r), bis man sich schließlich zu bewegten Banderolen (200r, 274v) und dynamisch aufschießendem Astwerk vorwagt (244r, 257r). Mit einer Ausnahme (Nr. 43.1.163.) sind diese Stundenbücher alle für Nürnberger Gebrauch eingerichtet. Die Texte müssen von Muttersprachlern geschrieben worden sein, denn sie sind mundartlich unterschiedlich gefärbt und wenig korrumpiert. Auch die Auswahl bei den Heiligensuffragien und die Aufnahme von Gebeten von Johannes von Indersdorf und Marquard von Lindau zeigen, daß ein Redaktor das Korpus gezielt für ein deutsches Publikum zusammengestellt hat. Ein durchgängig auftretender Fehler beweist, daß sie auf einem gemeinsamen Formular basieren: In der Vesper des Marienoffiziums heißt es bei der zweiten Antiphon stets Als die heiligen vnter den toren … anstatt Als die lilig vnter den dornen … (Ct 2,2). Denkbar wäre, daß Nürnberger Buchführer die Handschriften mit sich geführt haben. Denn ohne Frage handelt es sich hierbei um qualitätvolle Massenware, die nicht auf individuelle Bestellerwünsche hin, sondern auf Vorrat gefertigt wurde: Wenn auch die Position der Texte im Buch wechselt und die Anzahl der Miniaturen schwankt, werden doch nur Variationen ein und desselben Schemas geboten. Konkurrenz erwuchs diesen Unternehmen erst, als zu Beginn des 16. Jahrhunderts deutschsprachige Drucke des ›Hortulus animae‹ auf den Markt kamen, die ähnlich opulent ausgestattet waren und einen vergleichbaren Inhalt boten. Das letzte Beispiel für Handschriftenimporte aus Paris datiert vielleicht aus dieser Umbruchsphase (Nr. 43.1.179.). Das Wirkungsfeld des hier verantwortlichen Pariser Ateliers beschränkte sich jedoch nicht auf solche Sonderformen. Es hat auch Stundenbücher für Pariser Gebrauch hergestellt (Kunsthandel: Akron/Ohio, Bruce Ferrini bzw. Paris/Chicago, Les Enluminures. Books of Hours/Livres d’Heures. Verkaufskatalog 2000, Nr. 7, S. 50–53).

Bildthemen:

Mit der Anzahl von 20 Miniaturen liegt diese Handschrift gegenüber den anderen sieben Pariser Stundenbüchern deutscher Sprache im unteren Mittelfeld. Für die baukastenmäßig zusammengefügten Texte existierte ein ikonographisches Standardprogramm, das einige Variablen kannte. Selten ist allerdings die Darstellung eines Blut-Christi-Brunnens (261r), für den sich zumindest in gedruckten französischen Stundenbüchern erst sehr spät ein Beleg findet (Heures à l’usage d’Orleans. Paris: Nicolas Higman für Simon Vostre, um 1507; Heures à l’usage de Tournai. Paris: für Simon Vostre, Almanach 1512–1530; Lacombe [1907] Nr. 162 und 235; jeweils zu den Kreuzhoren); etwas älter dürfte eine Darstellung in einem Nürnberger Gebetbuch sein (Nr. 43.1.165., 224v).

Farben:

Blau, Rot, Ocker, Weiß, Grau, Grün, Braun, Hellblau, Rosa, Pinselgold. Insgesamt matt und stumpf wirkend. Der Meister besaß eine Vorliebe für geblümte Stoffe, entweder Rot auf Gold (1r Engel, 244r Christophorus, 246r Maria Magdalena), Grün auf Gold (179r Vorhang) oder Gold auf Gold (188r Kasel des Priesters). 265v verschmiert.

Literatur:

Schneider (1988) S. 112–120. – Raff (1987) Nr. 19, S. 76, Farbabb. S. 77 (1r); Von der Augsburger Bibelhandschrift zu Berthold Brecht (1991) S. 106, 110, Farbabb. S. 108 (261r); Brinkmann (1989) S. 196, Anm. 27; Ochsenbein (1995a) Sp. 470; Hamburger (1997) S. 27, Abb. 14 (261r), S. 28; Hamburger in: Les dominicaines d’Unterlinden (2000–2001) Bd. 2, S. 119.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. VIIIa: 63r. Geburt Christi. Buchmalerinitiale, Kompartimenetbordüre.

Taf. VIIIb: 248r. Martyrium der hl. Katharina von Alexandrien, Buchmalerinitiale, Kompartimentbordüre.

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Taf. VIIIa.
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Taf. VIIIb.