KdiH

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43.1.62. Freiburg i. Br., Universitätsbibliothek, Hs. 213

Bearbeitet von Regina Cermann und Kristina Domanski

KdiH-Band 5

Datierung:

1504 (4v, 205r).

Lokalisierung:

Augsburg (Stil, Mundart).

Besitzgeschichte:

Auf 4v ausrasierter Besitzeintrag von der Hand des Schreibers (Besitzerin diß buͤchl[…] Ist fraw […] Schingerin [?] […] Schingers [?] Husfraw. Got wolle in baiden ir leben meren. Mit guͦt vnnd hochen eren. Als frommen erbern layen. Got helff vns an der engel rayen. 1504). Im 16. oder 17. Jahrhundert über Batar von Freiburg an Elisabeth Bontin von Oberschaffhausen (heute zur Gemeinde Bötzingen gehörig) gelangt (1r Dißes búoch gehert der Ehr undt dugentsamen frauen Elisabeta bontin von oberschafhausen. Ererbt von herrn batar von freiburg. Daß bekhenne ich beter bontin. Valentin Klinger). 1772 von Abt P. J. Steyrer von St. Peter im Schwarzwald erworben (vorderer Innenspiegel Emit Philippus Jacobus Abbas S. Petri Ao 1772. Constat – 5. Fl.). Im 19. Jahrhundert im Bandkatalog der Universitätsbibliothek Freiburg mit der Signatur 33 verzeichnet.

Eine Familie Schinger läßt sich weder in Augsburg, Konstanz oder Freiburg nach Auskunft der jeweiligen Stadtarchive nachweisen. Die Erstbesitzerin könnte auf 103v als fromme Frau in schwarzem Mantel, mit braunem Kleid und weißer Haube dargestellt sein, zumal in der zugrundeliegenden graphischen Vorlage an ihrer Statt ein männlicher Protagonist vorkommt; eine identisch gekleidete Person taucht vor dem hl. Valentin auf (120r). Die Textauswahl dürfte jedoch kaum auf individuelle Wünsche der Auftraggeber zurückgehen, da die erste Lage (2v–4v), wo ihre Namen am Schluß vom Schreiber vermerkt sind, im Inhaltsverzeichnis (206r–209v) nicht inbegriffen ist. Auch läßt die relativ unspezifische Litanei (172r–199v), wo allein Apollinaris (191r), der u. a. im Oberelsaß verehrt wird, und Wilhelm (191v) bemerkenswert sind, in der aber für Augsburg typische Heilige wie Ulrich, Afra, Simpert allesamt fehlen, eher an eine auf Vorrat gefertigte Handschrift denken, die überregional verwendbar sein sollte: Identisch begegnet sie in den seit 1501 auch auf Deutsch verlegten, von Straßburg ihren Ausgang nehmenden ›Hortulus animae‹-Drucken (s. Nr. 43.1.191., 149v–159r: Abschrift einer verlorenen Ausgabe von 1510, Dörnhöfer [1907] S. 298–305).

Inhalt: Tagzeiten- und Gebetbuch

1r

Provenienzvermerk des 16. Jahrhunderts? (s. o.)

1v–2r

leer

2v–4v

Aegidius Romanus (?), Hymnus ›Salve sancta facies‹, deutsch, hier Papst Johannes XXII. zugeschrieben, mit Ablaß

4v

Ausrasierter Besitzereintrag von der Hand des Schreibers (s. o.)

5r–9v

Drei Morgengebete, darunter Haimerl (1952) S. 54, Anm. 272 bzw. S. 140, Anm. 864, Nr. 2

5r

Historisierte Initiale: Kreuz

9v–12r

›Acht Verse St. Bernhards‹

12v–18r

Zwei Gebete zur Hl. Dreifaltigkeit, darunter Haimerl (1952) S. 53, Anm. 268

12v

Miniatur: Gnadenstuhl

18r–40v

Tagzeiten vom Leiden Christi und Mitleiden Mariens (partiell überliefert in Nr. 43.1.15., 1r–13v; Nr. 43.1.133a., 25r–64r; Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. pal. germ. 639, 84v–106r; Anfang und Schluß den Tagzeiten vom Leiden Christi des Johannes von Neumarkt entlehnt, s. Klapper [1935] Nr. 1,2, 4, 6 und 14): 21r Mette O Du gewaltiger schoͤpffer aller ding Ich dank dir vnnd manen dich der grunndlosen my̋nn In der du dich gaͤbt … (Nr. 43.1.15., 7v; 43.1.133a., 29r–31v), 23v Prim O Du gewaltiger richter v́ber lebendig vnd toͮd Ich danck dir vnnd manen dich des schamlichen fuͤrens Als du zuͦ der pry̋m zey̋t gefuͤrt wurd von ainem richter zuͦ dem anndern … (Nr. 43.1.133a., 33r–35r), 25v Terz O kunig aller eͤren Ich danck dir vnnd man dich des schamlichen enbloͤssens deines gewandes … (Nr. 43.1.15., 6v, 43.1.133a., 36r–38v), 28r Sext O Herr der grunndloͮsen barmhertzikait Ich man dich vnnd danck dir dz dir der schwaͤr ast des crútz … (Nr. 43.1.15., 8v, 43.1.133a., 40r–42v), 30v Non O kúnig v́ber alle reych Jch danck dir vnd man dich des iaͤmerlichen erhöchens an dem ast des hailigen crútz … (Nr. 43.1.15., 9v), 35v Vesper O Du klarer spiegel der lutren gothait Ich danck dir vnnd man dich des langen schwelckens … (Nr. 43.1.15., 10v; 43.1.133a., 38r–60v), 37v Komplet O Du waͮres liecht himelry̋chs Ich dancken dir vnnd man dich dz dein hailiger ly̋chnam ze Complet zey̋t ward geleit … (Nr. 43.1.15., 13v, 43.1.133a., 62r–64r)

19r

leer

19v

Miniatur: Gefangennahme

40v–42r

Drei Paternoster zum Leiden Christi

42v–56v

Johann von Neumarkt, Tagzeiten mit Mitleiden Mariens (Klapper [1935] Nr. 2,4–13)

42v

Miniatur: Mater dolorosa (sieben Schwerter)

56v–67v

Zwei Mariengebete, darunter Haimerl (1952) S. 154, Anm. 953

57r

Historisierte Initiale: Strahlenkranzmadonna

67v–69v

›Sieben himmlische Freuden Mariens‹ (Überbietungs-Typus)

67v

Miniatur: Sitzende Madonna in einer Landschaft

69v–75v

Sechs Seelengebete (s. Nr. 43.1.60., 164r–168r [1], Nr. 43.1.147., 68v–70v [2–6]), das zweite mit Ablaß von Papst Pius II.

70r

Historisierte Initiale: Engel errettet Seele aus dem Fegefeuer

75v–78v

Zwei Annengebete, das erste mit Ablaß von Papst Alexander VI., 1494 bestätigt

75v

Miniatur: Anna selbdritt mit Joachim und Joseph

79r–92v

Acht Gebete zu Festen de tempore: Verkündigung (zwei), Heimsuchung, Geburt Christi (zwei), Beschneidung, Anbetung der Hl. Drei Könige, Darbringung (u. a. Haimerl [1952] S. 142, Anm. 877 und 884, S. 143, Anm. 891)

79r

Historisierte Initiale: Verkündigung

81v

Miniatur: Heimsuchung, nach einem Kupferstich des Hausbuchmeisters (Lehrs 9)

83v

Miniatur: Geburt Christi, nach einem ehem. Albrecht Dürer zugeschriebenen Holzschnitt (TIB Bd. 10 [Commentary] S. 540, Nr. 526c)

87r

Historisierte Initiale: Beschneidung

88v

Miniatur: Anbetung der Hl. Drei Könige, nach einem ehem. Albrecht Dürer zugeschriebenen Holzschnitt (TIB Bd. 10 [Commentary] S. 541, Nr. 526e)

91r

Historisierte Initiale: Darbringung im Tempel

93r

leer

93v–100v

Gebete zum Abschied Christi von Maria, 96r zu Mariens Aufsuchen der Marterstätten nach Christi Tod, 98r zum Marientod

93v

Miniatur: Abschied Christi von Maria

95v

Miniatur: Maria in einer Landschaft, in der Ferne Christus am Kreuz

97r

leer

97v

Miniatur: Marientod

101r

leer

101v–133r

Heiligensuffragien und -gebete: Johannes d. T. (zwei), Schutzengel (zwei), Michael (zwei), alle Heiligen, Johannes d. Ev., Petrus, Paulus, Jakobus d. Ä., Christophorus, Valentin, Hieronymus, Antonius, Markus, Leonhard, Sebastian (als Pestheiliger), Kreuztitulus (gegen jähen Tod), Franziskus, Dominikus, Petrus Martyr, Jodokus

101v

Miniatur: Johannes d. T., nach einem ehem. Albrecht Dürer zugeschriebenen Holzschnitt (TIB Bd. 10 [Commentary] S. 543, Nr. 526ii)

103v

Miniatur: Schutzengel mit Fürbitterin, Schutzengel nach einem ehem. Albrecht Dürer zugeschriebenen Holzschnitt (TIB Bd. 10 [Commentary] S. 545, Nr. 526ggg)

107r

leer

107v

Miniatur: Erzengel Michael als Seelenwäger

111r

Miniatur: Johannes d. Ev., nach einem ehem. Albrecht Dürer zugeschriebenen Holzschnitt (TIB Bd. 10 [Commentary] S. 542, Nr. 526p)

113v

Miniatur: Petrus

116r

Historisierte Initiale: Paulus

117v

Historisierte Initiale: Jakobus d. Ä.

118v

Miniatur: Christophorus, nach einem Kupferstich vom Meister MZ (Lehrs 3)

120r

Miniatur: Valentin mit Fürbitterin

121v

Historisierte Initiale: Hieronymus

123r

Historisierte Initiale: Antonius

125r

Historisierte Initiale: Markus

126r

Historisierte Initiale: Leonhard

126v

Historisierte Initiale: Sebastian

128v

Miniatur: Stigmatisation des hl. Franziskus

130r

Miniatur: Dominikus

131r

Historisierte Initiale: Petrus Martyr

131v

Miniatur: Jodokus, nach einem ehem. Albrecht Dürer zugeschriebenen Holzschnitt (abgewandelter Jakobus d. Ä.; TIB Bd. 10 [Commentary] S. 541, Nr. 526o)

133r–135r

Gebet nach einer Steininschrift in S. Giovanni in Laterano, mit Ablaß von Papst Bonifatius VIII., hier Augustinus zugewiesen

135v–136r

›Anima Christi‹, deutsch, mit Ablaß

136r–137v

Befehlnis in das Leiden Christi

138r–161v

Heiligensuffragien und -gebete: Unschuldige Kinder, Margarete, Maria Magdalena, Katharina, Barbara, Ursula, Elisabeth, Klara, Ottilie, Genovefa, Katharina von Siena, Agnes, alle Heiligen

138r

Historisierte Initiale: Bethlehemitischer Kindermord

139r

Miniatur: Margarete

141r

Miniatur: Maria Magdalena

142v

Miniatur: Martyrium der hl. Katharina, orientalischer Henker nach einem Holzschnitt von Dürer (Bartsch 120)

144v

Miniatur: Barbara

146v

Miniatur: Ursula mit ihrer Gesellschaft zu Schiff, ähnlich Holzschnitt Schreiber 1716b bzw. Schramm Bd. 20, Nr. 2264

148v

Miniatur: Elisabeth

149v

Miniatur: Klara

151r

Miniatur: Ottilie

153r

Historisierte Initiale: Genovefa

153v

Historisierte Initiale: Katharina von Siena

154v

Miniatur: Agnes

156r

Historisierte Initiale: Schar von Heiligen (Halbfiguren)

161v–169r

Gebete zur Messe: nach dem Confiteor O Schoͤpffer himels vnnd der erden kúng aller kúng …, vor der Wandlung Ach tieffer abgrunde ewige wy̋sshait getrúwer got ich bitt dich …, nach dem Segen O kay̋serliche kron aller saͤligen herre Jhesu criste gib mir taͤglichen deinen vaͤtterlichen segen … (s. Nr. 43.1.7., 46v–71r; Nr. 43.1.38., 19v–25v; Nachtrag Nr. 43.1.42a., 11v–21r; Nr. 43.1.109a., 16r–35v; Nr. 43.1.124., 12r–29r; Nr. 43.1.143a., 142v–160r; München, Staatsbibliothek, Cgm 178, 27r–34v; ehem. Paris, Les Enluminures [http://www.textmanuscripts.com], reference number 14, 22r–38r)

161v

Miniatur: Gregoriusmesse, Erscheinung ereignet sich im Beisein eines Kardinals

169v–172r

Anfang des Johannesevangeliums (Io 1,1–14)

170r

leer

170v

Miniatur: Johannes auf Patmos

172r–199v

Sieben Bußpsalmen mit Litanei (… Stephan, Clemens, Sixtus, Laurentius, Vinzenz, Wolfgang, Valentin, Fabian, Sebastian, Veit, Georg, Oswald, Christophorus, Kosmas und Damian, Gervasius und Prothasius, Mauritius, Dyonisius, Cyriacus, 10.000 Märtyrer. Silvester, Leo, Nikolaus, Martin, Gregor, Augustinus, Ambrosius, Hieronymus, Apollinaris, Benedikt, Franziskus, Dominikus, Bernhard, Gallus, Antonius, Leonhard, Wilhelm. Maria Magdalena, Margarete, Martha, Agnes, Apollonia, Dorothea, Klara, Ottilie, Katharina, Barbara, Gertrud, Anna, Elisabeth, Maria Ägyptiaca, Ursula), Fürbitten und Kollekten

172v

Miniatur: David im Gebet, nach einem ehem. Albrecht Dürer zugeschriebenen Holzschnitt (TIB Bd. 10 [Commentary] S. 540, Nr. 526a)

199v–205r

Drei Abendgebete (Haimerl [1952] S. 39, Anm. 188, Nr. 1, 2, 4)

200r

Historisierte Initiale: Kreuz

205r

Schlußvers Got vnnd Maria der rainen magt Seye lob er vnd danck gesagt Anno domini etc. 1504

205v

O barmhertziger gott Jch bitt dich das dein gotlicher nam sey mein letstes wort …

206r–209v

Inhaltsverzeichnis (ohne die erste Lage [2v–4v])

210r–214v

leer
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, 208 Blätter (2–209), ein Vor- und fünf Nachsatzblätter aus Papier (1, 210–214), 120 × 95 mm (beschnitten), zeitgenössische arabische Foliierung von 5r–205r sporadisch erhalten (1–203), demnach fehlen Blatt 6 (vor 10) und 120 (vor 122), Ziffer 82 oder 83 wurden übersprungen, das eingeschaltete Blatt 170 blieb ungezählt (zwischen 168 und 169) – Text- oder Bildverlust nicht feststellbar. Bis auf 170r leere Vorderseiten von Miniaturen mitgezählt (19r = 16; 93r = 91; 97r = 95; 101r = 99; 107v = [105]). Lagenformel: I1 (Innenspiegel, Vorsatzblatt), II+1–24 (+/– nach 4, – vor 2), IV+1–211 (+/– vor 11, – vor 6), IV19 (12 und 19 aneinandergestückt), IV+128 (+20), 6 IV76, I78 (angestückt), IV86, III92, 2 II100, I102, IV+1111 (+ 107), IV119, IV+2–1128 (+/– vor 122, +128), 2 III140, V150, III+1157 (+ 157), IV165, IV+1174 (+170), 3 IV198, III+1205 (+199), II209, IV–3214 (– nach 214). Kalligraphische Bastarda mit ausgreifenden Ober- bzw. Unterlängen in der obersten und untersten Zeile, eine Hand, einspaltig, 13–14 Zeilen, rote Strichel, Unterstreichungen, Rubriken, ein- bis dreizeilige rote und blaue Lombarden.

Schreibsprache:

ostalemannisch mit (ost-)schwäbischen Eigenheiten (freundliche Auskunft von Nigel F. Palmer), schwäbisch (Hagenmaier [1988] und [1989]), bairisch (Klapper [1935]).

II. Bildausstattung:

33 Miniaturen (12v, 19v, 42v, 67v, 75v, 81v, 83v, 88v, 93v, 95v, 97v, 101v, 103v, 107v, 111r, 113v, 118v, 120r, 128v, 130r, 131v, 139r, 141r, 142v, 144v, 146v, 148v, 149v, 151r, 154v, 161v, 170v, 172v). 19 historisierte Initialen (5r, 57r, 70r, 79r, 87r, 91r, 116r, 117v, 121v, 123r, 125r, 126r, 126v, 131r, 138r, 153r, 153v, 156r, 200r). 67 Buchmalerinitialen, davon fünf fünf- (89r, 139v, 169v, 173r, 185r), 25 vier- (10r, 24r, 35v, 43r, 47r, 48v, 65r, 77r, 82r, 84r, 96r, 98r, 104r, 114r, 119r, 120v, 129r, 130v, 132r, 145r, 162r, 168v, 179r, 181v, 186r), 28 drei- (6r, 13r, 20r, 28r, 30v, 37v, 39v, 41r, 41v, 44r, 45r, 50r, 53v, 55v, 68v, 108r, 110r, 112r, 121r, 146v, 154v, 166r, 174r, 176r, 188r, 202v, 204r, 205v), neun zweizeilig (21r, 25v, 40v, 94r, 102r, 108v, 142v, 148v, 151v).

Format und Anordnung:

Miniaturen von variierendem Format und Rahmung in sehr sorgfältiger Ausführung: 14 ganzseitige Miniaturen (12v, 19v, 42v, 83v, 93v, 95v, 97v, 101v, 103v, 107v, 113v, 118v, 170v, 172v), 73–91 × 50–68 mm, 19 Miniaturen von kleinerem Format (67v, 75v, 81v, 88v, 111v, 120r, 128v, 130r, 131v, 139r, 141r, 142v, 144v, 146v, 148v, 149v, 151r, 154v, 161v), bei denen die Maße stark divergieren, beispielsweise die Darstellung der hl. Maria Magdalena (141r) mit 50 × 40 mm und rundbogigem oberen Abschluß des Bildfeldes, andererseits etwa in hochrechteckigem Format die Heimsuchung (81v) mit 81 × 60 mm oder der hl. Jodokus (131v) mit 81 × 56 mm. Dazu 17 historisierte Initialen mit figurativen Szenen oder Heiligen (57r, 70r, 79r, 87r, 91r, 116r, 117v, 121v, 123r, 125r, 126r, 126v, 131r, 138r, 153r, 153v, 156r) sowie zwei mit Kreuzen (5r, 200r). Für die Miniaturen werden verschiedene Bildformate mit unterschiedlichen Rahmen und Rankenformen kombiniert, wohl um mit der Gegenüberstellung verschiedener Stile Vielfalt und Abwechslungsreichtum vorzuführen (Verborgene Pracht [2002] S. 128). Vier der ganzseitigen Miniaturen zeigen Bildfelder mit rundbogigem Abschluß und einem Streublumenrahmen mit Gent-Brügger Stil (12v, 42v, 95v, 172v) mit einer nahezu identischen Auswahl von Blüten und Tieren in ähnlicher Anordnung (Nelke, Stiefmütterchen, Schmetterling, Akelei, Mohn, Erdbeere, Pfau). Ansonsten herrschen rahmende Akanthusranken, meist zwei- oder dreiseitig an den Außenseiten mit einer breiten Variation an integrierten Blüten und Vögeln vor. Zuweilen werden auch goldene Fadenranken (153v) oder einzelne goldgrundige Leisten mit Streublumen (z. B. 139r, 170v) verwendet. Rahmen der Miniaturen sowohl mit Blattgoldauflage als auch farbig, zum Teil mehrfach unterteilt. Die Abschnitte der Suffragien und Gebete zu den männlichen (101v–133r) und weiblichen (138r–161r) Heiligen sind in dichter Folge mit Darstellungen der Angerufenen ausgestattet.

Bildaufbau und -ausführung:

Die Miniaturen präsentieren hauptsächlich zwei Bildtypen, entweder einen Heiligen als Einzelfigur oder eine narrative Szene. Die Heiligen, ausgestattet mit den typischen Attributen zumeist stehend in mehr oder weniger tiefenräumlicher Landschaft, die von einem meist mit Rautenmuster punzierten Goldgrund abgeschlossen wird. Kennzeichnend für sie sind ein bevorzugter Farbklang aus Rot, Grün und Blau sowie eine dunklere Tönung der Faltentäler. Ausnahmen mit szenischen Darstellungen der Heiligen stellen nur Franziskus (128v Stigmatisation vor Landschaftshintergrund), Katharina (142v Martyrium), Ursula (146v mit ihren Jungfrauen im Schiff) und Ottilia (151r im Gebet, zusammen mit der Erlösung ihres Vaters) dar. In den narrativen Szenen erscheinen die handelnden Figuren gewöhnlich nahsichtig an den vorderen Bildrand gerückt vor einem Landschaftshintergrund, nur die Anbetung der Hl. Drei Könige (88v) wurde mit einem Goldgrund versehen. An der durch die reiche Verwendung von Blattgoldauflagen kostspieligen, durch die Kombination vielfältiger Rahmen- und Rankenformen modisch anspruchsvollen Ausstattung waren mehre Hände einer Werkstatt beteiligt, zu denen möglicherweise auch Ulrich Taler gehörte (vgl. Nr. 43.1.35., S. 143 f.). Differenzen zwischen den Malern sind qualitativ, hinsichtlich der Feinheit der Ausführung, und stilistisch, vor allem die Ausarbeitung der Gesichter betreffend zu beobachten: Einem sehr souveränen Maler sind etwa 12v, 75v und 131v zuzuordnen, unter denen der Gnadenstuhl (12v) durch die renaissancehafte Thronarchitektur auffällt. Einer zweiten Hand sind beispielsweise 19v, 93v, 113v zuzuschreiben. Von einem dritten, weniger geschickten Mitarbeiter stammen einige der historisierten Initialen sowie die Darstellung der hl. Katharina (142v), partiell nach einem Holzschnitt Dürers (s. o.), die beim Schergen die für die Vorlage charakteristische Körperspannung völlig vermissen läßt. Für weitere Miniaturen lassen sich druckgraphische Vorlagen nachweisen, die in der Hauptsache aus dem ›Salus animae‹ stammen, das 1503 bei Hieronymus Höltzel in Nürnberg erschien (s. o. bei Inhalt und TIB Bd. 10 [Commentary] S. 540–544). Für weitere Miniaturen sind möglicherweise Einblattdrucke als Vorlage anzunehmen, so beispielsweise für die Darstellung der hl. Ottilie (151r) in Verbindung mit der legendär überlieferten Errettung ihres Vaters Herzog Adalrich aus dem Fegefeuer, die seit der Jahrhundertmitte vorzugsweise in Holzschnitten überliefert ist (Schreiber 1645; Abb. TIB Bd. 166, S. 62, Nr. 1645).

Bildthemen:

Knapp zwei Drittel der Miniaturen stellen Heilige dar: Zehn Miniaturen und acht historisierte Initialen zeigen männliche Heilige (101v, 103v, 107v, 111r, 113v, 118v, 120r, 128v, 130r, 131v; Initialen: 116r, 117v, 121v, 123r, 125r, 126r, 126v, 131r); neun Miniaturen und zwei historisierte Initialen weibliche Heilige (139r, 141r, 142v, 144v, 146v, 148v, 149v, 151r, 154v, Initialen: 153r, 153v). Einen weiteren Schwerpunkt bilden Szenen aus dem Marienleben, die verteilt über Miniaturen und historisierte Initialen (81v, 83v, 88v, 93v, 95v, 97v, Initialen: 79r, 87r, 91r) eine neunteilige, bei Berücksichtigung von 75v (Anna selbdritt) eine zehnteilige Bildserie in nahezu chronologischer Reihenfolge bieten.

Farben:

Reichhaltige Farbpalette und Blattgoldauflagen, dabei für die goldgrundigen Heiligendarstellungen bevorzugt unvermischte Farbtöne (Rot, Blau und Grün), für die szenischen Darstellungen auch Gelb, Rosa, Grau in gebrochenen Farbtönen.

Literatur:

Hagenmaier (1988) S. 53–57. – Klapper (1935) S. LIII; Hagenmaier (1989) S. 16, Abb. 148 (4v+5r); Das Vermächtnis der Abtei (1993) S. 465, Nr. 224, Farbabb. S. 464 (146v); Verborgene Pracht (2002) S. 128 f., Nr. 30, Farbabb. 12v+13r, 171v+172r, hinterer Einbanddeckel 12v+13r; Unfreiwillige Förderung (2002) S. 168 f., Farbabb. S. 169 (146v); Wegmann (2007) S. 406, 415, 433, Nr. 2.23, S. 439, Anm. 30, S. 443, Anm. 94; Freiburger Büchergeschichten (2007) S. 43 f., Nr. 21, Farbabb. von 103v, 104r.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. XXVI: 103v+104r. Schutzengel mit Fürbitterin, Rispenbordüre. Textseite mit Buchmalerinitiale, Rankenbordüre.

Taf. XXVIIa: 12v. Gnadenstuhl, Streublumenbordüre.

Taf. XXVIIb: 153r. Textseite mit historisierter Initiale: Hl. Genofeva, Bordüre.

43.1.62._Taf._XXVI.jpg
Taf. XXVI.
43.1.62._Taf._XXVIIa.jpg
Taf. XXVIIa.
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Taf. XXVIIb.