43.1.1. Amsterdam, Bibliotheca Philosophica Hermetica, BPH 65
Bearbeitet von Regina Cermann
KdiH-Band 5
1508 (9r).
Köln? (
Wappen des Erstbesitzers auf 1r nicht identifiziert (geviert: 1., 4. goldener Löwe auf blauem Grund, heraldisch steigend nach links bzw. rechts, 2. gekrönter Mohrenkopf en face auf goldenem Grund, 3. roter Löwe auf goldenem Grund, heraldisch steigend nach links). Entgegen den Angaben bei
1r–23v |
Johannes von Paltz, ›Die himmlische Fundgrube‹. Erster Sermon (nach |
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1r–1v |
Vorrede | |
1r |
Historisierte Initiale: Wappen (s. o.) | |
Bordüre: Königin von Saba schreitet über die Brücke, aus deren Holz das Kreuz Christi gefertigt werden wird | ||
1v |
Miniatur: Palmsonntag | |
Bordüre: Vertreibung der Händler aus dem Tempel | ||
2r–23v |
Erster Sermon: Vom Leiden Christi | |
2r |
Bordüre: Engel mit Arma Christi | |
2v–4r |
Erster Stollen: Von den fünf Wunden Christi | |
2v |
Miniatur: Fünf Wunden Christi | |
Bordüre: Zwei Engel mit Weihrauchfässern | ||
4r–5r |
Zweiter Stollen: Von den fünf Schlägen | |
4r |
Bordüre: Haupt Christi? (stark abgerieben) | |
4v |
Miniatur: Schmerzensmann vor Kreuz mit Leidenswerkzeugen, dahinter Sarkophag | |
Bordüre: Maßwerkarchitektur | ||
5r |
Bordüre: (zerstört) | |
5v–6v |
Dritter Stollen: Von den sieben Worten | |
5v |
Miniatur: Große Kreuzigungsszene | |
Bordüre: Sich verbrennender Phönix. Rosenstrauch | ||
7r–8v |
Vierter Stollen: Vom Stehen Mariens unter dem Kreuz (Io 19,25–27) | |
9r–18v |
Fünfter Stollen: Vom Leiden Christi | |
9r |
Miniatur: Christus vor Hannas, im Hintergrund Gefangennahme und Verleugnung Petri. Über dem Fensterbogen datiert 1508 | |
Bordüre: Kain erschlägt Abel (Gn 4,8). Joab tötet Abner (II Sam 3,27) | ||
9v |
Miniatur: Verspottung | |
Bordüre: Weinrebe (unterer Teil getilgt, dort ehemals Verspottung des trunkenen Noah durch Ham?) | ||
10r |
Miniatur: Christus vor Herodes | |
Bordüre: Der König von Ammon verhöhnt die Gesandten Davids (II Sam 10,4) | ||
10v |
Miniatur: Geißelung | |
Bordüre: Teufel geißelt Ijob, der auf dem Dunghaufen sitzt, seine Frau führt zwei Spielleute heran (eine weitere Figur zerstört), rechts stürzt sein Haus zusammen und geht in Flammen auf (Iob 1,21 und 2,7–9) | ||
11r |
Bordüre: (zerstört) | |
11v |
Miniatur: Dornenkrönung | |
Bordüre: Apeme ergreift mit der einen Hand die Krone des Perserkönigs Darius und holt mit der anderen zum Backenstreich aus (III Esr [apokryph] 4,29–31). Simei bewirft David mit Steinen, David hindert Abisai, dies zu rächen (II Sam 16,5–12) | ||
12r |
Miniatur: Ecce homo | |
Bordüre: Schriftbänder mit den Reden der Juden zu Pilatus (Io 19,7 und 19,12; Mt 27,25; Io 19,15) | ||
12v |
Miniatur: Handwaschung des Pilatus | |
Bordüre: Akanthusranke, Reiher, Blüte? | ||
13r |
Miniatur: Kreuztragung | |
Bordüre: Josua und Kaleb kehren mit Riesentraube aus dem gelobten Land zurück (Nm 13,23). Im Rankenwerk jagen zwei wilde Männer Vögel mit Bogen und Keule | ||
13v |
Miniatur: Veronika nimmt das Schweißtuch mit dem Abdruck vom Antlitz Christi entgegen | |
Bordüre: Gottvater spricht zu Abraham (Schriftband zum Großteil zerstört, Gn 22,1–2?) | ||
14r |
Miniatur: Christus spricht zu den Frauen, die ihn auf dem Weg nach Golgatha begleiten | |
Bordüre: Abraham opfert Isaak, Schriftband (unleserlich) | ||
14v |
Miniatur: Christus wird von drei Schergen auf das Kreuz gehoben, während ein vierter ihm das Kleid über den Kopf streift | |
Bordüre: Der König von Moab opfert seinen Sohn? (IV Rg 3,27) oder Opfertod des König Kodrus? (Valerius Maximus, ›Facta et dicta memorabilia‹, 5.6.ext.1). Darstellung undeutlich, nach |
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15r |
Miniatur: Christus wird auf dem Kreuz ausgestreckt | |
Bordüre: Jesaia wird auf Geheiß Manasses von zwei Schergen zersägt (Martyrium des Jesaia, apokryph) | ||
15v |
Miniatur: Kreuzannagelung | |
Bordüre: Der Schmied Tubalkain und der Lautenspieler Jubal (Gn 4,21–22) | ||
16r |
Bordüre: (zerstört) | |
16v |
Miniatur: Kreuzaufrichtung | |
Bordüre: Aufrichtung der ehernen Schlange durch Moses (Nm 21,8–9) | ||
17r |
Miniatur: Beweinung, im Hintergrund Grablegung, Christus in der Vorhölle | |
Bordüre: Jona wird ins Meer geworfen | ||
17v |
Bordüre: Daniel in der Löwengrube, von Habakuk mit Speis und Trank versorgt (Dn 6,17–24) | |
18r |
Bordüre: Simson trägt die Stadttore von Gaza fort (Iud 16,3) | |
18v |
Miniatur: Auferstehung, im Hintergrund links die drei Marien, rechts Christus als Gärtner | |
Bordüre: Jona wird vom Wal ausgespien | ||
19r–23v |
Sechster Stollen: Vom Buch des Lebens | |
19r |
Miniatur: Christus am Kreuz, umgeben von geistlichen und weltlichen Standesvertretern | |
Bordüre: Pelikan speist seine Jungen mit seinem Blut. Zwei Putten mit Lorbeerfeston | ||
19v |
Bordüre: Sündenfall. Vertreibung aus dem Paradies. Engelsturz |
Pergament, II + 23 + I* Blätter, moderne Bleistiftfoliierung (gegenüber
rheinfränkisch, nordhessisch (
21 Miniaturen (1v, 2v, 4v, 5v, 9r, 9v, 10r, 10v, 11v, 12r, 12v, 13r, 13v, 14r, 14v, 15r, 15v, 16r, 17r, 18v, 19r), vier weitere wohl verloren (vor Blatt 7, 9, 10, 17). 30 vierseitige Bordüren (1r–2v, 4r/4v, 5r/5v, 9r–19v), unsauber eingefaßt von 5 mm breiten Muschelgoldleisten, die mit einem grünen, roten, gelben, blauen, oliv- oder türkisfarbenen Strich nochmals konturiert sind, 190–195 × 125–130 mm. 21 der 30 Bordüren sind um Miniaturen bzw. um Miniaturen und Textzeilen herum gelegt, neun rahmen reine Textseiten ein. Bis auf fünf (2v, 4v, 5v, 12v, 19r) handelt es sich um historisierte Bordüren, von denen einige durch Abrieb zerstört (4r, 9v, 13v) bzw. bewußt getilgt worden sind (5r, 11r, 16r). Eine fünfzeilige Buchmalerinitiale mit Wappen (1r). Gesamter Buchschmuck von einer Hand.
Fünf ganzseitige Miniaturen, 140–145 × 85–90 mm (2v, 4v, 5v, 10v, 15v), 16 mit ein bis zehn Zeilen Text darüber oder darunter, 95–135 × 90–95 mm (1v, 9r, 9v, 10r, 11v, 12r, 12v, 13r, 13v, 14r, 14v, 15r, 16v, 17r, 18v, 19r). Mit Hilfe von Goldleisten wurden Bild-, Text- und Bordürenfelder deutlich voneinander abgegrenzt. Die Miniaturen nehmen die Breite des Schriftspiegels ein, ihre Höhe schwankt gemäß der Anzahl von Textzeilen auf der jeweiligen Seite. Die Plazierung im oberen bzw. unteren Teil des Schriftspiegels hängt vom Text-Bild-Bezug ab: Über den Bildern stehende Zeilen gehören noch zum vorangehenden Abschnitt. Eine synchrone Gegenüberstellung von Text und Bild gelang nur auf den Seiten 2v–4r, 5v–6v, 10r–16v (Miniatur im oberen, Text im unteren Feld bzw. Miniatur auf einer verso-, Text auf einer recto-Seite). Von der Schwierigkeit, Text und Bild miteinander zu koordinieren, zeugt noch der zwischen Blatt 3 und 4 eingeheftete Pergamentstreifen. Aufgrund der dichten Bildfolge und der Farbwirkung dominieren die Miniaturen über den Text.
Bis auf 2v und 4v vielfigurige Szenen, die sich in der Weite einer Landschaft, in unterschiedlichen Interieurs oder im Freien vor Architekturprospekten abspielen. Mehrfach werden dabei sukzessiv eintretende Vorgänge in einem Bild zusammengefaßt, wobei ein Teil des Geschehens in die Ferne gerückt und/oder in Nebenräume verlegt worden ist (5v, 9r, 12v, 17r, 18v). Große Beachtung wurde modischen Details geschenkt. Vielfach zeigt sich eine sehr malerische Handhabung, insbesondere die historisierten Bordüren sind von großer Freiheit (bei einigen ist allerdings der Reiz durch Farbabrieb oder mutwillige Zerstörung verloren). Offensichtlich handelt es sich um einen erfahrenen Künstler, der kein Buchmaler gewesen zu sein scheint (Iv Eintrag des 19. Jahrhunderts: Ein für die Kunst-Geschichte sehr wichtiges manuscript, mit 21 Gemälden nicht Miniaturen, die sowohl durch ihre meisterhafte Ausführung als wie durch die Details der Costume fast alles andere Bekannte übertreffen. Man bemerkt dass sie von einem Maler herrühren, der gewohnt war Gemälde, nicht Miniaturen herzustellen …; vgl. auch
15 Szenen, verteilt auf die Tagzeiten Mette, Prim, Vesper und Komplet, widmen sich der Passion Christi (fünfter Stollen: 9r–17r). Breiten Raum nehmen dabei einzelne Vorgänge der Kreuzigung ein (14v, 15r, 15v, 16v). Eine ausführlichere Darstellung des Geschehens findet sich nurmehr bei Jordanus von Quedlinburg (vgl. z. B. Nr. 43.1.71.). Die Kreuzigung selbst fehlt in BPH 65 – vermutlich wegen Blattverlusts (vor Blatt 17) –, ebenso das letzte Abendmahl mit der Fußwaschung bzw. das Gebet am Ölberg (vor Blatt 9) und Christus vor Pilatus (vor Blatt 10). Zuvor allerdings, bei dem ›Gebet von den sieben letzten Worten Christi am Kreuz‹ (dritter Stollen: 5v), ist eine große Kreuzigungsszene wiedergegeben. Vor Blatt 7 könnte eine kleine Kreuzigung mit Maria und Johannes gestanden haben (vierter Stollen) bzw. nach
Reiche Palette mit feinen Nuancierungen (Violett, Grau, Rotbraun, Rotorange, Hellrosa, Beige, Rehbraun, Braun, Ocker, Oliv, Hellgrün, Grün, Blau, Hellblau, Türkis, Weiß, Gelb, Orange, Rot, Flieder, Hellgrau, Schwarz, Dunkelbraun, Muschelgold). Ungewöhnlich ist das rote Gewand Christi auf 11v und 12r, das in den Falten ins Blaue changiert. Die Bordüren sind als Farbgrisaillen den Miniaturen optisch untergeordnet: Mit Silber und Pinselgold wurde auf unterschiedliche Farbgründe gemalt, so auf Blau (1r, 4r, 9v, 11r, 13v, 16r, 18v), Grün (1v, 5r, 12r, 14v, 19v), Violett (2r, 10v, 13r, 15v, 18r), Rosarot (2v, 4v, 11v, 14r, 16v, 19r), Rotorange (5v, 10r, 12v, 15r, 17v), Grauviolett (9r), Türkis (17r).
Karl & Faber, München, 18.–20.11.1964. Katalog 94, S. 8, Nr. 8, Abb. S. 7 (5v); Hartung & Karl, München, 11.–13.5.1982. Katalog 37, S. 10, Nr. 13, Farbabb. Umschlagrücken (1v);
Taf. I: 17r. Beweinung mit Grablegung und Christus in der Vorhölle, Bordüre: Jona wird ins Meer geworfen.