KdiH

KdiH

_ (der Unterstrich) ist Platzhalter für genau ein Zeichen.
% (das Prozentzeichen) ist Platzhalter für kein, ein oder mehr als ein Zeichen.

Ganz am Anfang und ganz am Ende der Sucheingabe sind die Platzhalterzeichen überflüssig.

ß · © ª º « » × æ œ Ç ç č š Ł ł ́ ̀ ̃ ̈ ̄ ̊ ̇ ̋ ͣ ͤ ͥ ͦ ͧ ͮ Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ σ ς τ υ φ χ ψ ω ͅ ̕ ̔

43.1.54. Durham, North Carolina, Duke University, Special Collections Library, German MS 1

Bearbeitet von Regina Cermann

KdiH-Band 5

Datierung:

Um 1470.

Lokalisierung:

Bayern, Regensburg (Furtmeyr-Werkstatt).

Besitzgeschichte:

Auf 22v kniendes Stifterpaar, vor ihnen aufgestellte Wappenfelder nicht ausgemalt, sondern nur mit Feder zittrig vorgezeichnet (eventuell nachträglich?): Vielleicht mit den Familien von Egk (männliche Seite: Balken, belegt mit einer Rose) bzw. von Mendorf (weibliche Seite: Schildhauptpfahl) zu identifizieren, obgleich eine Allianz zwischen diesen Familien nicht belegt ist; Mitglieder beider Familien sind zumindest im 14. Jahrhundert als Pfleger bzw. Richter am Pflegegericht in Neustadt a. d. Donau nachzuweisen; Angehörige beider Familien sind außerdem unter den Regensburger Domkapitularen vertreten. Im vorderen Innenspiegel Exlibris von James P. R. Lyell (1871–1949), der die Handschrift am 7. 4. 1943 bei Bernard Quaritch in London erworben hat (Bleistiftnotiz von der Hand Lyells auf Iv Q 7/4/43 W.V.V.). Nach seinem Tod gelangte ein Teil seiner zwischen 1936 und 1946 zusammengetragenen Handschriftensammlung in die Bodleian Library, der andere wurde 1951 Bernard Quaritch zum Verkauf übergeben (vgl. de la Mare [1971] S. XV–XXIX – ohne Kenntnis dieser Handschrift). Am 14. 11. 1951 von Rev. George Brinkmann Ehlhardt der Duke University geschenkt (eingeklebter Zettel auf Ir).

Inhalt: Fragment eines Gebetbuchs mit Gebetszyklus aus dem Ebran-Gebetbuch (s. Nr. 43.1.112., 36v–44v, vgl. auch Nr. 43.1.118., 49r–167v [Zyklus interpoliert in den Passionstraktat des Heinrich von St. Gallen] und Nr. 43.1.165., 59r–74r)

1r–1v

Mariengebet (zur Verkündigung) Ich grües dich du allmächtigiste vnd aller heÿligiste Junckfraw Maria Ein fraw der engel Ein künigin der hÿmel mit dem gruss domit dich der heylig engel Sand gabriel

2r–23r

Johannes von Indersdorf, 17- bzw. hier einstmals 18-teiliger Gebetszyklus (vgl. 10v) zum Leben und Leiden Christi aus dem Ebran-Gebetbuch (Weiske [1993] S. 125–133)

2r–2v

O Reicher milter got in der ewigkait … (1. Gebet)

2v

Miniatur (achtzeilig): Christus im Kreise der Apostel predigend, zwei Jünger werden ausgesandt, um den Esel für den Einzug nach Jerusalem zu holen (Mt 21,1; Mc 11,1; Lk 19,29), im Hintergrund die Stadt Jerusalem und der Bach Kidron, über den ein Holzsteg führt

3r

Miniatur: Palmsonntag

3v–4r

O Herre ihesu criste du hymelischer kaiser du kunig aller eren … (2. Gebet)

4r

Miniatur (siebenzeilig): Vertreibung der Händler aus dem Tempel

4v

Miniatur: Letztes Abendmahl

5r–5v

O Her ihesu christe aller werlt ain trost Schöpfer hymels vnd der erden … (3. Gebet)

5v

Miniatur (siebenzeilig): Christus unterweist die Apostel auf dem Weg zum Ölberg (Mt 26,31 Ir werdet heindt all an mir flüchtig) über den Kidron (Io 18,1)

6r–6v

O Du ewiger her ihu criste pild in mich dein elende väncknüss die zu metten zeit ist geschehen … (5. Gebet)

6v

Miniatur (elfzeilig): Christus stürzt am Bach Kidron (in Anlehnung an Ps. 109,7)

7r

Miniatur: Christus vor Pilatus

7v–8r

O Her ihesu criste du schatz aller weishait zu preÿm zeit pistu warer richter geführt … (6. Gebet)

8r

Miniatur (fünfzeilig): Christus wird von Pilatus zu Herodes geführt

8v

Miniatur: Christus vor Herodes

9r–9v

O lieber herr o parmhercziger got ihesu criste Ich bedenck dein grosse vnschuld vnd dein gross leyden das du zu Tertz zeÿt von herodes gefürt warst … (7. Gebet)

9v

Miniatur (neunzeilig): Christus wird im weißen Spottgewand von Herodes zurück zu Pilatus geführt

10r

Miniatur: Geißelung

10v

O du schein des ewigen liechts … (als eigenständiges Gebet aufgewertete dreifache anaphorische Klage aus Nr. 43.1.112., 40r)

10v

Miniatur (siebenzeilig): Verspottung im Purpurgewand mit verhängtem Haupt

11r

Miniatur: Dornenkrönung im Purpurgewand

11v–12r

O du mein got her ihesu criste von Tercz zeit piß auf Sext zeit hast du gelitten … (8. Gebet)

12r

Miniatur (zwölfzeilig): Ecce homo

12v

Miniatur: Kreuztragung

13r–13v

O du lieber her ihesu criste nach der vrtl dy pylatus v̈ber dich gab … (9. Gebet)

13v

Miniatur (elfzeilig): Entkleidung

14r

Miniatur: Kreuzigung

14v–15r

O Her ihesu criste nach der vrtl die pÿlatus vber dich gab … (Wiederholung des vorherigen Gebetanfangs, s. 13r), O heyliger gaist du dultiger got kum jn mein hertz mit deinen gnaden … (10. Gebet)

15r

Miniatur (achtzeilig): In einer Höhle kauert Petrus trauernd (Mt 26,75; Lc 22,62), im Hintergrund Golgathahügel mit den drei Gekreuzigten in Rückansicht

15v

Miniatur: Beweinung

16r–16v

O lieber herre ihesu xpe des waren lebentigen gottes sun In der ewigkait von Non zeit ist dein heÿliger zarter leichnam gehangen … (11. Gebet)

16v

Miniatur (neunzeilig): Einwickeln des Leichnams in ein Leichentuch

17r

Schluß des Gebets zur Grablegung (Anfang fehlt) dich dein lieb Jungern nit heraußnämen O mein got du pist gestorben du pist die toten erkücken … (12. Gebet)

17r

Miniatur (zehnzeilig): Juden versiegeln den Sarkophag (Mt 27,66)

17v

Miniatur: Auferstehung Christi

18r–18v

O Herre Jhesu criste du vrstent vnd das leben aller menschen … (13. Gebet)

18v

Miniatur (achtzeilig): Christus erscheint Maria

19r

Schluß des 14. Gebets zu Christus als Gärtner sundt pesser hie auf erden …, Anfang auf 20v

19r

Miniatur (16-zeilig): Himmelfahrt Christi

19v

O Du künig der ewigen glori Ich bedenck auch deiner gewaltigen auffart … (15. Gebet), Schluß auf 21r

20r

Miniatur: Christus als Gärtner

20v

O Herre Jhesu criste du trost der betrübtten … (14. Gebet), Schluß auf 19r

21r

Schluß des 15. Gebets zur Himmelfahrt Christi auf den Ölpergk vnd do gar liplich von deiner lieben muter …, Anfang auf 19v

21v

Miniatur: Pfingsten

22r–22v

O du heÿliger geist du hochwirdiger nam … (16. Gebet)

22v

Miniatur (13-zeilig): kniendes Stifterpaar, Wappen nicht ausgeführt

23r

Schluß des 17. Gebets zum Jüngsten Gericht (Anfang fehlt) deinem geRicht vnd meiner elenden sele das Ich dein arme creatur zu gnaden kom

23r–23v

Johannes von Indersdorf, Reuegebet zu Gott Herre almächtiger gott Ich armer mensch stee vor dir Recht als ainer der gar vil schuldig ist …, bricht ab parmherczigkait vnd frewntlichen (Nr. 43.1.112., 45r–45v, Haimerl [1952] S. 154, Anm. 952, Nr. 3)
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, 23 Blätter, 149 × 104 mm, beschnitten, moderne Bleistiftfoliierung oben rechts und am Ende des Schriftspiegels bzw. unterhalb des Bildfeldes unten links, je zwei moderne Vor- bzw. Nachsatzblätter aus Papier. Lagenformel: V–46 (je zwei vor Blatt 2 und 6), IV+115 (+8), V–223 (je eins vor Blatt 17 und 23). Doppelblatt 19/20 verkehrt eingebunden, korrekte Textabfolge: 20r/20v/19r/19v. Gepflegte Kursive, gelegentlich mit Zierstrichen, eine Hand, einspaltig, 20 Zeilen, rote Strichel, eine Rubrik (1r). Rest einer Kustode auf 23v.

Schreibsprache:

bairisch.

II. Bildausstattung:

27 Miniaturen (2v, 3r, 4r, 4v, 5v, 6v, 7r, 8r, 8v, 9v, 10r, 10v, 11r, 12r, 12v, 13v, 14r, 15r, 15v, 16v, 17r, 17v, 18v, 19r, 20r, 21v, 22v), ursprünglich wohl 33 (eine vor Blatt 2, drei vor Blatt 6, je eine vor Blatt 17 und 23 zu ergänzen). 17 dreizeilige Buchmalerinitialen (1r, 2r, 3v, 5r, 6r, 7v, 9r, 10v, 11v, 13r, 14v, 16r, 18r, 19v, 20v, 22r, 23r), zumeist begleitet von Akanthus- oder Blütenzweigen; drei weitere Seiten mit Gebetsanfängen, die mit Buchmalerinitialen und Rankenausläufern ausgezeichnet waren, zu erschließen (vor Blatt 6, 17, 23). Eine einseitige Akanthusranke (1v). – Werkstatt Berthold Furtmeyrs (vgl. allgemein von Rohr [1967], Hubel [1987], Ziegler [1988] S. 40, 43, Abb. 26, Kahsnitz [1990], Merkl [1999] S. 40; siehe auch unter Nr. 11.4.21., Nr. 14.0.1., Nr. 14.0.10., Nr. 14.0.13.).

Format und Anordnung:

Zwölf ganzseitige Miniaturen (3r, 4v, 7r, 8v, 10r, 11r, 12v, 14r, 15v, 17v, 20r, 21v), 100–107 × 65–70 mm, ursprünglich wohl 17 (eine vor Blatt 2, zwei vor Blatt 6, eine vor Blatt 17 und eine vor Blatt 23 zu ergänzen). 15 fünf- bis 16-zeilige Miniaturen (2v, 4r, 5v, 6v, 8r, 9v, 10v, 12r, 13v, 15r, 16v, 17r, 18v, 19r, 22v), 28–85 × 65–69 mm, eine weitere wohl vor Blatt 6 verloren. Alle Miniaturen entfallen auf den Ebran-Zyklus, der anders als in der namensgebenden Handschrift (s. Nr. 43.1.112.) nicht in 17, sondern ursprünglich 18 Abschnitte untergliedert war, da eine dem 8. Gebet vorgeschaltete kurze anaphorische Klage in der Originalversion (s. Weiske [1993] S. 159) hier als eigenständiges Gebet begriffen wurde (10v). Die einzelnen Gebete sind bzw. waren in der Regel von einer ganzseitigen Miniatur zu Beginn und von einem mehrzeiligen, den verbleibenden Rest des Textspiegels paßgenau ausfüllenden Bildfeld am Ende eingerahmt (mit gebrochener Oberkante auf 2v, 4r, 5v, 6v, 8r, 10v, 12r, 13v, 22v). Dieses Schema wird einige Male allerdings außer Kraft gesetzt: So zwischen dem 14. und 15. Gebet, wo auf 19r eine 16-zeilige Miniatur formal den Schlußpunkt von Gebet 14 bildet, thematisch jedoch Gebet 15 eröffnet, das infolgedessen mit keiner ganzseitigen Miniatur zu Beginn aufwartet; offenbar erachtete man die zu Vierfünfteln unbeschriebene Seite auf 19r als ausreichend für die Aufnahme einer Hauptszene. Weil Gebet 15 auf 21r überdies erst nach 19 Zeilen endet, blieb dort kein Platz mehr für eine Schlußminiatur. Auch das letzte Gebet des Zyklus auf 23r entbehrt eines finalen Bildstreifens, obgleich dort Raum von zwölf Zeilen zur Verfügung gestanden hätte – vermutlich weil dem einst vorausgegangenen Jüngsten Gericht (vor Blatt 23) nichts mehr hinzuzufügen war.

Bildaufbau und -ausführung:

Die Miniaturen werden, so sie einen Landschaftsausblick (2v, 5v, 6v, 8r, 9v, 13v, 15r, 17v, 20r, 22v) oder eine Innenansicht (4r, 18v, 21v) bieten, von einer doppelläufig punktierten Blattgoldleiste eingefaßt, nur wenn der Bildhintergrund mit einem punktierten bzw. geritzten Blattgoldgrund verschlossen wurde, hat man statt dessen einen Ton in Ton abgesetzten Rahmen in Blau (3r, 4v, 7r, 10v, 12r, 14r, 15v, 16v, 19r), zwei Mal auch in Rot (8v, 17r) hinzugefügt. Wurde Blattgold im Bildfeld nicht gebraucht, begegnet gelegentlich auch eine Kombination beider Rahmenformen (10r, 11r, 12v). Die Apostel sind in zeitlosen, einfarbigen Gewändern wiedergegeben, Soldaten und Schergen treten dagegen in zeitgenössischer Rüstung bzw. in modischer Schecke mit knappem Rockansatz, Beinlingen und/oder Stiefeln auf, während positiv konnotierte Figuren wie der den einreitenden Christus Begrüßende (3r) züchtig in knielangem Rock oder der das Kreuz tragen helfende Simon von Kyrene (12v) ehrfurchtsvoll in knöchellangem Gewand erscheinen. Eine stringent durchgehaltene Charakterisierung erfährt aus der Schar der Apostel allein Petrus, der mit Halbglatze und grauem Bart vorgestellt wird, auch wenn die Farbe seines Gewandes wechselt (2v, 3r, 4r, 4v, 5v, 15r, 19r, 21v). Johannes mit langer, blonder Lockenpracht ist dagegen nicht immer sicher zu sondieren (4r, 4v, 5v, 12v, 14r, 15v, 16v). Erstaunlich groß ist das Aufgebot von Soldaten in schwerer Rüstung, das für die Festnahme, diverse Vor- und Abführungen sowie als Bewachung für nötig erachtet wurde (6v, 7r, 8r, 8v, 9v, 12v, 13v, 17r, 17v). Juden werden durch ihre mit Tüchern oder Hüten bedeckten Köpfe kenntlich gemacht. Gelb wird nicht eindeutig als eine sie diskriminierende Farbe begriffen (6v, 9v Stiefel, 8r, 12r Kopftuch, 17r Gewand), da es auch bei Joseph von Arimathia bzw. Nikodemus zum Einsatz kommt (15v, 16v Kopftuch). Die Darstellungen der ganzseitigen Passionsszenen entsprechen den gängigen ikonographischen Formeln wie sie zahlreich im Holzschnitt reproduziert wurden. Gedankenverloren hat man beim Einzug nach Jerusalem (3r) jedoch womöglich Zachäus vergessen, obgleich der Baum, auf dem er zu sitzen pflegt, sorgfältig wiedergegeben wurde. Detailverliebt wirkt der modisch gezwirbelte Oberlippenbart des staunenden Grabwächters (17v) und der mit Metall beschlagene Spaten bei der Begegnung Christi mit Maria Magdalena (20r). In den kleineren Bildern, die man sich wie in der Augsburger und Münchener Bibel eigens als hübsche »Zeilenfüller« ausgedacht hat (vgl. Kahsnitz [1990] S. 71, 77, 93), spielen sich dem Hauptgeschehen untergeordnete Szenen ab. Auffällig oft wird hier ein transitorischer Moment erfaßt: Die Figuren befinden sich gerade auf dem Weg von einem zentralen Handlungsort zu einem anderen (2v, 5v, 6v, 8r, 9v). Kahsnitz ([1990] S. 77) hat diese fließenden Überleitungen auch in der Augsburger Bibel ausgemacht. Allein dreimal wird dabei der Bach Kidron als topographische Gegebenheit in den Blick genommen (2v, 5v, 6v), wobei, unabhängig ob sich die Personen soeben zur Stadt Jerusalem hin (2v, 6v) oder von dieser weg begeben (5v), stets ein Erzählablauf gemäß der üblichen Lesegewohnheit von links nach rechts beibehalten wird. Die Darstellung des Ecce homo (12r), bei der Christus aus einem Rundbogenfenster heraus auf eine Konsole vor die versammelte Menge tritt, derweil der hinter ihm stehende Pilatus den Purpurmantel fortzieht und den blutüberströmten Leib den Blicken freigibt, ähnelt ›Isaias Vision vom Schmerzensmann‹ in der Furtmeyr-Bibel in Augsburg (Universitätsbibliothek, Cod. I.3.2° IV, 150r; vgl. Kahsnitz [1990] S. 105, Abb. 47).

Bildthemen:

Auf den fehlenden Blättern dürften sich folgende Darstellungen befunden haben: vor Blatt 2 Geburt Christi (ganzseitig); vor Blatt 6 Gebet am Ölberg (ganzseitig), Herannahen der Häscher? (siebenzeilig?), Gefangennahme (ganzseitig); vor Blatt 17 Grablegung (ganzseitig); vor Blatt 23 Jüngstes Gericht (ganzseitig). Das Stifterpaar auf 22v, welches nach rechts ausgerichtet ist, blickte somit einst gebannt auf das sie erwartende Weltgericht. Durch die Aufwertung des dreifachen anaphorischen Klagerufs auf 10v zum selbständigen Gebet mußte der 17-teilige Bilderzyklus der Originalversion um eine Hauptminiatur erweitert werden; zweimal ergibt sich auf diese Weise eine Verschiebung von Text und dazugehörigem Bild: Christus vor Herodes als neu hinzugekommene Szene auf 8v illustriert hier das 7. Gebet, derweil die Geißelung auf 10r dem Stoßgebet vorangeht. Eine gewisse Konfusion ist auf 14v zu bemerken, wo der Text erneut mit Gebet 9 anhebt, dann aber korrekt mit Gebet 10 fortfährt. Anders als die regelmäßige Abfolge von Großbild – Text – Kleinbild suggeriert, korrespondieren die ein Gebet einfassenden Miniaturen nicht immer mit dessen Inhalt; die Bil-der fungieren vielmehr als eine Art »Subtext«, wo das in den Gebeten z. T. arg komprimierte Passionsgeschehen autonom und in ruhigem Kontinuum chronologisch dargeboten wird. So behandeln die Bilder auf 7r, 8r, 8v und 9v Leidensstationen, die allesamt im 6. Gebet erwähnt werden. Die Szenen auf 2v, 6v, 15r, 16v und 17r hingegen verfügen über keine direkten Entsprechungen im Text. Doch leitet die kleine Miniatur auf 2v fließend zum 2. Gebet über. Für den Sturz am Bach Kidron (6v) gibt es in den Evangelien keinen Anhaltspunkt. Die Szene rekurriert auf Ps. 109,7, der in der ›Vita Christi‹ des Ludolf von Sachsen typologisch mit dem Ereignis in Verbindung gebracht wird (vgl. Berliner [1928/2003], Zajadacz-Hastenrath [1973], Marrow [1979] S. 104–109, Die Karlsruher Passion [1996] S. 241 f., Kat. Nr. 74, Abb. 211, Dülberg [1998]; ein zu dieser Episode passendes Gebet findet sich in Nr. 43.1.33., 122r–124r). Der Legende nach wurde zudem aus dem Steg, der über den Bach führt, nachfolgend das Kreuz Christi gefertigt. Ausgesprochen selten ist das Thema des sich trauernd in einer Höhle verkrochen habenden Petrus anzutreffen (15r), der nach dreimaligem Leugnen, zur Anhängerschar Christi zu gehören, beschämt den Schauplatz verlassen hat (Mt 26,75; Lc 22,62; vgl. die wenigen Beispiele bei Brinkmann [1991a] S. 119 f.). Mit dem Einhüllen des Leichnams in ein Tuch (16v) und dem Versiegeln des Grabs (17r), von dem allein Matthäus berichtet (Mt 27,66), wird das Geschehen der Grablegung in verschiedene Sequenzen zerlegt – wobei das Sichern der Grabstätte wörtlich mit zahlreichen roten Siegeln erfolgt, die törichterweise oben auf die Sarkophagplatte appliziert werden. So ausführlich wie hier findet sich der Ebran-Zyklus sonst nirgends illustriert.

Farben:

Entgegen der sonst für Furtmeyr typischen kräftigen Farbgebung (vgl. von Rohr [1967] S. 136 f., Hubel [1987] S. 115, Kahsnitz [1990] S. 75) sind hier eher Pastelltöne vorherrschend: Rosa, Hellgrün, Violett, Grau, Olivgrün. Nur sparsam kamen durchdringendes Blau (z. B. 8v Gewand des Herodes, 12v, 14r, 15v, 19r, 21v Mantel Mariens), grelles Rot (11r Purpurkleid, 17v und 20r Mantel des Auferstandenen) und leuchtendes Gelb (15v, 16v Tuch, 17r Gewand) zum Einsatz. Darüber hinaus Beige, Ocker, Braun. Kahsnitz ([1990] S. 104–109) hat als erster eine unterschiedliche Farbgebung bei verschiedenen Mitgliedern der Furtmeyr-Werkstatt beobachtet. Blattgold, auf rotem Bolus aufgetragen, wurde punktiert und geritzt. Anders als in den etwa zeitgleich entstandenen und von Furtmeyr bzw. seiner Werkstatt ausgemalten Werken Nr. 14.0.1. und 14.0.13. kamen hier keine Punzen zur Anwendung. Für Landschaftspanoramen mit blauen Bergketten und Himmelsstreifen wurden die Farben transluzid aufgetragen (2v, 5v, 6v, 13v, 17v, 20r).

Literatur:

Ott (1999b) S. 41, mit Farbabb. (5r).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. XXa: 3r. Einzug in Jerusalem (Palmsonntag).

Taf. XXb: 10v. Textseite mit Buchmalerinitiale, Ranke, Streifenbild: Verspottung Christi.

43.1.54._Taf._XXa.jpg
Taf. XXa.
43.1.54._Taf._XXb.jpg
Taf. XXb.