KdiH

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43.1.94. London, The British Library, Add. 15695

Begonnen von Regina Cermann, fortgeführt von Isabel von Bredow-Klaus

Ergänzung zum gedruckten KdiH

Datum der Veröffentlichung: 30.06.2019

Datierung:

1. Viertel 15. Jahrhundert (Rowlands [1988] S. 53); 1420/1430 (Suckale [1984] S. 426).

Lokalisierung:

Bamberg oder Nürnberg.

Besitzgeschichte:

Georg Graf von Löwenstein (7vb), Domherr zu Bamberg und Würzburg (um 1380−1464). Am 24.1.1846 vom British Museum von A. Asher, Verlags- und Sortimentsbuchhandlung in Berlin erworben (fünftes Vorsatzblatt).

Weitere Beschreibung der Handschrift siehe Nr. 85.11.2.

Inhalt: Gebetbuch des Grafen Georg von Löwenstein
1ra

Federzeichnung: Christus als Schmerzensmann kniet vor thronendem Gottvater (Interzession)

1ra−2rb

Vaterunser mit gereimter Glosse Ü: hie stet das dewthsch pater noster mit der Gloß A: Pater noster Vater vnser Ich bit dich besunder durch alle deine wunder ... Qui es in celis Der du bist in den himeln Da die engeln vmb dich wÿmeln Vnd aller heÿligen schar ... Sanctificetur Geheiligt werd dein nam Von vns sunder lobesam ... 1v Adueniat regnum Czu kum dein reich Wir wissen nÿergen dein gleich der vns bas künne behüten ... Fiat voluntas Dein wille der werde Als in dem himel vnd in erde Im himel ist ein einiger wil ... Panem nostrum Vnsser teglich brot gib vns hewt Das biten wir cristen lewt ...

1ra

Historisierte Initiale: Helm mit Krone und Löwe als Helmzier

2va−3vb

Glossenlied über das ›Goldene Ave Maria‹ Ü: Das guldein Aue maria A: Ave Got grusse dich kunigin reich Nÿmant kan sich deiner wirdikeit gleich dÿ du hast von got von himelreich ...

Fassung II.4: Ave Got grusse dich kunigin reich ... (Wachinger [1981] Sp. 83, Nr. II.4; auch in Nr. 43.1.211. und 85.11.2.)

2va

Historisierte Initiale: Verkündigung

3vb

Vaterunser Ü: pater noster A: Uater vnßer der du bist in den himeln ...

3vb

Historisierte Initiale: Helmzier (Krone mit Löwen)

3vb

›Ave Maria‹ Ü: Aue maria A: GEgrüsset seÿstu maria vol gnaden ...

3vb

Historisierte Initiale: Wappenschild mit Löwen

4ra−4vb

Apostelcredo A: Ich glaub in got vater almechtigen schöpfer himels vnd erden

4ra

4rb

Federzeichnung: Petrus (Halbfigur mit Titel Petrus) Vnd in jhesum xpm sein eingeboren sun

Federzeichnung: Andreas (Halbfigur mit Titel Andreas) Der enpfangen ist von dem heiligen geist geboren aus maria de jungfrawen

Federzeichnung: Jakobus d. Ä. (Halbfigur mit Titel Jacobus) Gemartert vntter poncio pÿlato gecrewczigt gestorben vnd begraben

Federzeichnung: Johannes (Halbfigur mit Titel Johannes) Zu der hellen fur am dritten tag ersamd (!) von den toten

Federzeichnung: Thomas (Halbfigur mit Titel thomas) Zu den himeln fur siczen zu der rechten hant gotes vaters des almechtigen

Federzeichnung: Jacobus d. J. (Halbfigur mit Titel Jacobus minor) Von dan er kunftig ist vrteiln die lebendigen vnd die toten

4va

4vb

Federzeichnung: Philippus (Halbfigur mit Titel Philippus) ICh glaub inden heiligen geist

Federzeichnung: Bartholomäus (Halbfigur mit Titel Bartholomeus) In die heiligen Cristenheit Gemeinschafft der heiligen

Federzeichnung: Matthäus (Halbfigur mit Titel Matheus) Ablas der sunden

Federzeichnung: Symon (Halbfigur mit Titel Sÿmon) Vrstend des fleischs

Federzeichnung: Judas Thaddäus (Halbfigur mit Titel Judas thathei) Vnd das Ewig leben

Federzeichnung: Matthias (Halbfigur mit Titel Máthias)

5ra

›Magnificat‹, deutsch Ü: Magnificat anima mea A: MEin sel grösset den herren Und mein geist freẅet sich in got ...

5ra

Historisierte Initiale: Heimsuchung

5rb

›Salve regina‹, deutsch Ü: Salue Regina A: Gegrusset seistu künigin der barmherczikeit Das leben der sussikeit vnßer hoffnung ...

5rb

Historisierte Initiale: Maria in sole (Halbfigur)

5rb

Ü: Sequitur Nunc dimittis

5va

›Nunc dimittis‹, deutsch Ü: Nunc dimittis seruum tuum domine A: NV las herre deinem kneht nach deinem worte im fride ...

5va

Historisierte Initiale: Helmzier (Krone und Löwen)

5va

›Veni sancte spiritus‹, deutsch Ü: Veni sancte spiritus A: CVm heiliger geist vnd erfulle die herczen der glaubigen ...

5va

Historisierte Initiale: Wappen (Löwe)

5vb

›Requiem eternam‹, deutsch Ü: Requiem eternam A: DJe Ewige rwe gib in herre ...

5vb

Historisierte Initiale: Seelen im Fegefeuer

5vb

›Anima Christi‹, deutsch A: DJe sele gotes heil mich Der leichnam gots behalt mich ...

5vb

Historisierte Initiale: Lamm Gottes mit Kreuzesfahne / Osterlamm

6ra−7va

Mariengebet Ü: Ein gut gebet von vnßer frawen vnd von der marter vnßers herren A: SAncta maria Jungfraw ob allen Jungfraẃen Ein muter der barmherczikeit ... (Klapper [1935] 98,1; Haimerl [1952] S. 50, Anm. 255)

6ra

Historisierte Initiale: Wappen (Löwe) mit Helmzier (Krone mit Löwen)

7vb

Federzeichnung: Oben zwei Wappen (Wertheim, Kirchberg) mit gemeinsamer Helmzier (Krone, Löwe). Darunter Schmerzensmann, zu Füßen kniet ein Kanonikus in Talar und Mozette. Darunter zwei weitere Wappen: Löwenstein (Löwe. Helmzier: Krone, Löwe) und Monfort/Werdenberg (Kirchenfahne. Helmzier: Bischofmütze)

I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, IV + 10 + I Blätter, 277 × 198 mm, Kursive, auf Bl. 1r–2r lateinische Incipits in größerer Textura, eine Hand, zweispaltig (Textspiegel mit Silberstift vorgezeichnet), 29−32 Zeilen, Rubriken, rote Strichel, rote Umrandungen.

II. Bildausstattung:

14 kolorierte Federzeichnungen (1ra, 4ra [3], 4rb [3], 4va [3], 4vb [3], 7vb). Elf historisierte Initialen (1ra, 2va, 3vb [2], 5ra, 5rb, 5va [2], 5vb [2], 6ra). Eine Hand aus dem Umfeld des Meisters des Bamberger Altars.

Format und Anordnung:

Federzeichnungen in Spaltenbreite (eine Spalte misst 230−260 × 58–60 mm): eine über die ganze Spalte (7vb), eine neun- (1ra), zwölf sieben- bis acht Zeilen hoch (4ra [3], 4rb [3], 4va [3], 4vb [3]). Historisierte Initialen drei- bis zehnzeilig: zwei drei- (3vb [2]), zwei vier- (5vb [2]), eine fünf- (5va), drei sechs- (5ra, 5rb, 5va), eine sieben- (6ra), eine neun- (2va) und eine zehnzeilige (1ra), Wappen und Helmzier übergreifend.

Bildaufbau und -ausführung:

Die Zeichnungen wurden sehr sorgfältig angelegt, teilweise sind die Vorzeichnungen (auch Initialkörper) noch sichtbar, die gelegentlich Planänderungen zum Vorschein bringen (Muschel von Jakobus war erst neben seinem Kopf platziert, das Gewand von Philippus war nach links ausgreifender, die Keule von Simon ursprünglich steiler aufgerichtet, das Beil von Mathias wies erst nach links, auf Bl. 7vb Mitra von der Helmzier ursprünglich weiter links). Die Konturen wurden dann mit schwarzer Feder nachgezogen. Die Kompositionen wirken leicht und locker und sind mit zierlichen Figürchen bestückt. Die zarten Körper wurden mit feinen, dünnen Strichen gezeichnet und sparsam mit feiner Kreuzschraffur akzentuiert, um bei den Gewänder Faltenbildung herzustellen.

Recht deutlich zu sehen sind Anklänge an den Meister des Bamberger Altars, vor allem im Vergleich der Schmerzensmänner auf dem Diptychon der Madonna mit dem Schmerzensmann (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum Gm 1531) von 1420 mit dem Londoner Schmerzensmann. Die Zeichnungen dieses Gebetbuches sind sicherlich einem Maler im Umkreis des Meisters des Bamberger Altares zuzuschreiben.

Georg von Löwenstein ist in der Londoner Handschrift nicht als alter, sondern als jüngerer Mann wiedergegeben (7v). Die Wappenseite mit ihm und dem Schmerzensmann erscheint fast identisch in einer Handschrift des ›Spiegel menschlicher gesuntheit‹, Würzburg, M. ch. f. 4 von 1427, 56v) ein zweites Mal. Dort ist lediglich die Anordnung der Wappen etwas verändert. Geschrieben wurde die Würzburger Handschrift von Erasmus Sternhals in Bamberg, daher lässt sich mit Harmening (1975, S. 183) der Maler ebenfalls in Bamberg vermuten. Ein weiteres Indiz auf Bamberg liegt im Apostelcredo, das in dieser illustrierten Form bisher nur aus Bamberg bekannt ist (siehe Nr. 43.1.65a.). Wahrscheinlich handelt es sich bei der Würzburger Handschrift nicht um denselben Illustrator wie bei der Londoner, da die Verwendung von Schraffuren und Farbmodellierung etwas unterschiedlich gehandhabt wird. Der Meister des Bamberger Altars war tätig in Nürnberg, die Ausstattung zweier wohl auch aus Bamberg stammender Gebetbücher in seinem Stil legt die Vermutung nahe, dass die Verbindung zwischen ihm und Bamberg eng war oder dass sich ein Mitarbeiter in Bamberg niedergelassen und Aufträge ausgeführt hat. Das Alter des porträtierten Georg von Löwenstein scheint ungefähr gleich zu sein, daher liegt eine Anfertigung beider Handschriften zu einem annähernd gleichen Datum, 1420–1430 nahe.

Bildthemen:

Beginn und Abschluss des Gebetbuches bildet das Thema der Interzession, der Fürbitte bei Gottvater. Zentral erscheint hier Christus als Schmerzensmann, zu Beginn kniend vor Gottvater, am Ende stehend mit dem knienden Auftraggeber Georg von Löwenstein vor dem Schmerzensmann. Gerade am Schlusstext zeigt sich eine genaue Übernahme des Textinhalts in die Illustration, handelt das Gebet doch von der täglichen Vergegenwärtigung des Leidens Christi, bildlich vor Augen geführt durch den vom Auftraggeber angebeteten Schmerzensmann.

Das Bildprogramm weicht nicht vom Standard ab, jeder Text wurde illustriert. Der Schmerzensmann/Interzession steht beim Glossenlied über das dem Vaterunser, die Verkündigung begleitet das ›Ave Maria‹. Das Apostelcredo ist ein seltenes Bildthema, in der Buchmalerei findet sich nur eine ca. 100 Jahre jüngere Parallele in Goslar, Gemeindezentrum St. Jakobus, o. Sign., Nr. 43.1.65a. Auch dieses zweite Beispiel eines Apostelcredos stammt aus Bamberg. Die Heimsuchung wurde traditionell gewählt zum ›Magnificat‹, die Maria in Sole zum ›Salve Regina‹, die Seelen im Fegefeuer zum ›Requiem eternam‹, das Lamm Gottes zum ›Anima Christi‹. Den Abschluss bildet der Schmerzensmann mit den Wappen und dem Adoranten. Sechs Texte sind mit Helmzier und/oder Wappenschilden in historisierten Initialen eingeleitet (Vaterunser, ›Ave Maria‹, ›Nunc dimittis‹, ›Veni Sancte Spiritus‹, ›Requiem eternam‹, Mariengebet), wodurch der Auftraggeber im Gebetbuch sehr präsent ist.

Farben:

sorgfältig mit Wasserfarben koloriert. Rot, Gelb, Blau, Grün, Violett, Rosa bzw. blasses Rot (für Inkarnat), Graublau, Grau, Braun, Schwarz. Initialkörper rot ausgemalt mit gelbem Filigran, drei Initialen mit Blau hinterlegt (5ra, 5vb, 6ra). Miniaturen durchlässiger koloriert als die kleinteiligeren Figuren in den historisierten Initialen.

Literatur:

Catalogue of Additions (1864) S. 9; Priebsch 2 (1901) S. 137f., Nr. 160. – Rowlands (1988) S. 53, Nr. 30 mit Abb. S. 54 (7v); Suckale (1984) S. 426, Abb. 5 (7v); Schmidt (2003b) S. 234, Abb. 9 (7v).