43.1.58. Frankfurt a. M., Universitätsbibliothek, Ms. germ. oct. 3
Bearbeitet von Regina Cermann und Kristina Domanski
KdiH-Band 5
1508 (zu rekonstruieren aus der falsch retuschierten Jahreszahl auf 1r 1 380, vgl.
Südliche Niederlande, Antwerpen?
Auf 1r Eintrag des Frankfurter Patriziers und Baumwollhändlers Nikolaus Humbracht d. J. († 1523), der sich 1510 mit Anna Märckel vermählt hat (geb. 1492, gest. nach 1538; vgl.
1r |
Provenienzeintrag Me fecit fieri Nicolaücz Hümbracht Anno domini 1 380 (ursprünglich 1508) | |
1v |
leer | |
2r–4v |
Bilderfolge | |
2r |
Bildseite: Totenkopf, umspielt von zwei Banderolen. Oben: Quid quid agas prudenter agas et respice finem. Unten: Cogita mori | |
2v |
Miniatur: Sündenfall | |
3r |
Miniatur: Wappen der Familie Humbracht, darunter Emblem zweier sich zusammenschließender Hände (Concordia) | |
3v |
Miniatur: Vertreibung aus dem Paradies | |
4r |
Miniatur: Adam grabend, Eva spinnend | |
4v |
Bildseite: Banderole, beschriftet Svper omnibus esto deo lavs | |
5r–16v |
Kalender, unspezifisch, auf keine Diözese eingrenzbar (drei Spalten: Goldene Zahl, Sonntagsbuchstabe, Festtage [voll besetzt], nur wenige aussagekräftige Heilige rot hervorgehoben: 14.7. keyser heinrich, 15.7. margaret iunckfraw, 10.8. Laurentz marterer, 22.9. Mauricius seyn gesellen, 16.10. Gall eyn aptt, 26.11. Conrat eyn bischoff) | |
17r–17v |
Suffragium zum Hl. Kreuz O du susses holtz ir susse negel ir haben getragen die suesse burde … | |
17r |
Miniatur: Kreuzigungsszene | |
17v–20r |
Johannes von Indersdorf, vier Gebete zu Gottvater, Sohn, Hl. Geist, Hl. Dreifaltigkeit aus der Sammlung für Herzog Wilhelm III. von Bayern ( |
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20v–22r |
Passionsgebet Gregors d. Gr., ›Adoro te in cruce pendentem‹, deutsch (fünfteilig), mit Ablaß | |
21r |
Miniatur (zehnteilig): Gregoriusmesse | |
22v–23r |
Morgen- und Abendsegen, von Papst Leo einem König von Zypern gesandt ( |
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23r–24r |
Anfang des Johannesevangeliums (Io 1,1–14) | |
24v |
leer | |
25r–40v |
Sieben Bußpsalmen mit Litanei (… Volffgang, Valentin, Steffan, Clemens, Sixt, Vrban, Lorentz, Vincentz, Sebastian, Fabian, Vyt, Jorg, Dyonisy, Mauritz, Cyriatz, Bonifacius, Johans vnd Paulus, zehen tausent martrer. Siluester, Leo, Gregorii, Martin, Ambrosij, Augustin, Hieronime, Niclaus, Vlrich, Anthony, Lenhart, Benedict, Bernhart, Francis, Dominicus, Ruprecht. Anna, Maria mag-dalena, Martha, Agnes, Cecilya, Margaretha, Otilg, Katherina, Barbara, Elysabeth, Apolonia, Dorothea, Cristijn, Maria egipciaca, Vrsel), Fürbitten, Kollekte | |
25r |
Miniatur (zehnzeilig): David im Gebet | |
41r–46r |
Tagzeiten vom Mitleiden Mariens Herre thu vff mine leftzen …, zu metten zyt Maria du würdigiste muͦter des waren gottes sune … | |
41r |
Miniatur (neunzeilig): Mater dolorosa (sieben Schwerter) | |
46r–50v |
›Sieben irdische Freuden Mariens‹ (Wiederfindungs-Typus; |
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51r–54v |
›Sieben Schmerzen Mariens‹ als Rosenkranz (Simeons Prophezeiung, Flucht nach Ägypten, Gefangennahme, Kreuzigung, Grablegung; |
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55r–60v |
›Sancta Maria‹, deutsch ( |
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60v–61r |
›Goldenes Ave Maria‹ | |
61r–61v |
›Regina coeli‹, deutsch | |
62r–80v |
Heiligengebete bzw. -suffragien: Anna, Nikolaus, Georg, Erasmus, Johannes d. T. (zwei), Johannes Ev. (zwei), Christophorus, Sebastian, Eigenapostel, Katharina, Maria Magdalena, Barbara, Margarete, Ottilie, alle Heiligen | |
62r |
Miniatur (elfzeilig): Anna selbdritt | |
64r |
Miniatur (zehnzeilig): Nikolaus | |
64v |
Historisierte Initiale: Georg zu Pferde | |
66r |
Miniatur (zehnzeilig): Erasmus | |
67v |
Historisierte Initiale: Fingerzeig ECCE AGNVS DEI | |
68v |
Historisierte Initiale: Giftkelch | |
70v |
Historisierte Initiale: Jerusalem-Kreuz (zu Sebastian) | |
74r |
Miniatur (zehnzeilig): Katharina | |
75r |
Historisierte Initiale: Maria Magdalena als Halbfigur | |
76r |
Historisierte Initiale: Barbara als Halbfigur | |
77r |
Historisierte Initiale: Margarete als Halbfigur | |
80v–81r |
Zwei Seelengebete (Haimerl [1952] S. 156, Anm. 972, Nr. 2, 3) | |
82r |
leer | |
82v–83r |
Bilderfolge | |
82v |
Miniatur: Auf einer Bastmatte liegt ausgestreckt ein Leichnam, darüber Banderole Estote parati quia qua hora non putatis filius hominis veniet. Im Hintergrund gotisches Fenster, Wanduhr | |
Bordüre: Vor einem Betstuhl kniender Stifter, Humbrachtsches Wappen, Banderole Tu scis domine sed miserere fiat voluntas tua adiuua me (vgl. Meister von Frankfurt, Triptychon der Familie Humbracht, geschlossener Zustand, Frankfurt, Städel Museum) | ||
83r |
Miniatur: Jüngstes Gericht | |
Bordüre: Stifterin vor Betstuhl, Allianzwappen, heraldisch rechts Humbracht, links silberner Grund, Rest abgerieben, Banderole O bone Ihū miserere mei dum tempus est miserendi et ne perdas me in tempore trimendi tui judicii | ||
83v–87v |
leer |
Pergament (von guter Qualität), I + 87 Blätter, 140 × 100 mm, unbeschnitten (laut
südöstliches Rheinfränkisch (
14 Miniaturen (2v, 3r, 3v, 4r, 17r, 21r, 25r, 41r, 62r, 64r, 66r, 74r, 82v, 83r), umgeben von vierseitigen Gent-Brügger Streublumen-Bordüren (z. T. in Kompartimente unterteilt [17r, 21r], mit Wappen [62r, 82v, 83r], Banderolen [82v, 83r], Stifterfiguren [82v, 83r]). Zwei Seiten mit Schriftbändern [2r, 4v]. Sieben historisierte Initialen in Pinselgold-Grisaille auf rotbraunem Grund (64v, 67v, 68v, 70v, 75r, 76r, 77r). Ein- bis fünfzeilige Buchmalerinitialen: einzeilige Initialen und Zeilenfüller in Pinselgold, zweizeilige Initialen in Weiß/Grau, drei- bis fünfzeilige Initialen in Blau/Weiß, jeweils auf rotbraunem Grund mit Pinselgoldfiligran, schwarz umrandet. – Von
Sechs ganzseitige Miniaturen im Lagenverbund, davon vier mit kleinem Rundbogenabschluß oben (2v, 3r, 3v, 4r), 97/105 × 78 mm, die übrigen beiden (82v, 83r) entsprechend dem Schriftspiegel 84 × 55 mm, mit Streublumenbordüre ca. 120 × 90 mm. Acht neun- bis elfzeilige Miniaturen innerhalb des Schriftfeldes, 42–52 × 37–44 mm (17r, 21r, 25r, 41r, 62r, 64r, 66r, 74r). 14 vierseitige Gent-Brügger Bordüren jeweils bei den großen und kleinen Miniaturen, ca. 122 × 87 mm (2v, 3r, 3v, 4r, 17r, 21r, 25r, 41r, 62r, 64r, 66r, 74r, 82v, 83r). Sieben dreizeilige historisierte Initialen (64v, 67v, 68v, 70v, 75r, 76r, 77r). Bis auf die prologartige Bildfolge, die dem Kalender vorangestellt wurde, und das abschließende Doppelblatt (82v+83r) befinden sich die Miniaturen an den Gebetsanfängen jeweils auf recto-Seiten (17r, 21r, 25r, 41r, 62r, 64r, 66r, 74r). Die Innenkante des sie umschließenden Streublumenrahmens springt dabei mit der jeweiligen Zeilenbreite vor und zurück. Bei der Gregoriusmesse und dem ›Adoro te‹ (21r) ist auf der gegenüberliegenden verso-Seite das Ablaßversprechen, ausgeführt in roter Tinte, vorangestellt.
Am Rand sind z. T. die Vorzeichnungen für die einzusetzenden Initialen stehengeblieben (z. B. 40r). Mit größter Sorgfalt und sehr feinem Pinsel wurden die Gent-Brügger-Streublumen-Bordüren um die Miniaturen ausgeführt, sie weisen eine differenzierte Farbabstufung und präzisen Schattenwurf auf, Gold für Höhungen und Lichtreflexe wurde mit sehr dünnem Pinsel aufgetragen. Die Rahmen zeigen in der Gestaltung einige Variation: Neben den Streublumen, Vögeln und Insekten auf gold/gelbem Grund einige Bordüren mit geometrischer Unterteilung in Rauten (17r) oder Streifen (21r), rotem Grund (41r) oder goldenem Astwerk auf blauem Grund (64r). Auch die Miniaturen grundsätzlich sorgfältig und mit feinem Pinsel ausgeführt, besonders Pflanzen und Tiere z. B. 2v, 3v. Leichte, luftige Malerei verleiht den helltonigen Hintergrundlandschaften atmosphärische Tiefenwirkung. Überwiegend grazile, zarte Figuren mit schlanken, gelängten Gliedmaßen, nur einige der Heiligendarstellungen von leicht gedrungener, voluminöser Gestalt (64r, 66r). Augen als dunkler Punkt, durch den ein Strich verläuft, wiedergegeben. Gegenüber der subtilen Wiedergabe der Landschaft wirkt die Raumkonzeption bei Innenräumen eher schlicht (64r, 82v). Zudem fallen einige Ungeschicklichkeiten auf, etwa 4r das unproportionierte Gewand Evas.
Die bisherigen Zuschreibungen erscheinen unzureichend begründet. Der Zuweisung
Als programmatisch läßt sich die vor dem Kalender eingefügte Serie ganzseitiger Miniaturen auffassen, die die Geschichte der Stammeltern des Menschengeschlechtes (2v Sündenfall, 3v Vertreibung aus dem Paradies, 4r Lebensführung) mit einem heraldischen Verweis auf die Familie Humbracht (3r) und dem Thema der Vergänglichkeit (2r Totenkopf, 4v Banderole) verschränkt. Im späteren findet eine ähnliche Verknüpfung statt, wenn die Miniatur der »Anna selbdritt« (62r), ein bildlicher Verweis auf die Genealogie Christi, zusammen mit dem Humbracht’schen Wappen in der Rahmenbordüre erscheint. Die Parallelisierung biblischer und familiärer Genealogie sowie die thematische Hervorhebung der Vergänglichkeit des Irdischen und der Hoffnung auf Auferstehung (2r, 4v, 82v+83r) charakterisieren die Auswahl der Bildthemen. Die Vermutung, das Gebetbuch sei anläßlich der Verlobung von Nikolaus Humbracht und Anna Märckel entstanden (
Rotbraun, Blau, Hellgrün, Grün, Hellgelb, Ocker, Hellbraun, Rosa, Rot, Braun, Hellblau, Schwarz, Grau, Violett, Grauviolett, Altrosa, Schwefelgelb, Gelb, Rotorange, Orange, Weiß, Silber, Pinselgold.
Taf. XXVIII: 2v. Sündenfall, Streublumenbordüre.
Taf. XXIX: 25r. Textseite mit Miniatur in Initialposition: David im Gebet, Streublumenbordüre.
Taf. XXX: 82v. Leichnam mit Stundenuhr und Spruchband (Lk 12,40), Gent-Brügger Streublumen-Bordüre mit Stifterfigur und –wappen.