KdiH

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43.1.17. Berlin, Staatliche Museen – Preußischer Kulturbesitz, Kupferstichkabinett, Cod. 78 B 10 (olim Schlägl, Stiftsbibliothek, Cpl. 263)

Bearbeitet von Regina Cermann

KdiH-Band 5

Datierung:

1521 (Iv und öfter).

Lokalisierung:

Augsburg.

Besitzgeschichte:

Auftraggeber war Matthäus Schwarz (1497–1574), Buchhalter der Fugger in Augsburg (Iv Porträt in Halbfigur, 25r Ganzfigur; 4v, 7v, 10v, 16v, 25v, 30v, 32v, 38v, 42v, 52r, 54v kleine, in das Bildgeschehen integrierte Stifterfigur; Iv, 4v, 7v, 10v, 16v, 25v, 30v, 32v, 36r, 38v, 54v, 59v Wappen; Iv Inschrift). 1835 durch Joseph Bergmann bei Moriz Wimmer, damaligem Expedits-Director der k. k. Landesregierung zu Linz, in Steyer gesehen. 1854 an Abt Dominik Lebschütz vom Prämonstratenser-Chorherren-Stift Schlägl für 60 Gulden verkauft. Anfang 1936 veräußert. Kurz darauf vom Kupferstichkabinett durch Vermittlung Grete Rings von Walter Feilchenfeldt, Wien, im Tausch mit Gemälden erworben (entgegen den Angaben bei Merkl [1999] nicht Bestandteil der Sammlung Ernst Ehlers, 1835–1925, Göttingen).

Inhalt: Gebetbuch des Matthäus Schwarz

Ir

Beklebt mit marmoriertem Papier

Iv

Miniatur: Halbfiguriges Porträt des Matthäus Schwarz, nach dem Titelbild des ›Trachtenbuches‹ von 1520 (Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum, Hs. 27 Nr. 67a, S. 4). Umlaufende Inschrift: IM 1520 FEBRER EGO MTHEVS · SCHWARTZ · AVGV · HVMANAS · INGRESSVS SVM AVRAS · DIE · 26 FEBRVARI · ANNI · 1497 · IN · HANC · REDACTVS · SPETIEM DIE · Q[] SVPRA · ANNI · 1520 SALVTIS · A [] T TEMPORE [] CVRRICVLO · 23 · ERAM · ANNORVM · MEE · ETATIS · (vgl. Merkl [1999] S. 330, Anm. 180)

1r

›Zehn Gebote‹

1r

Bordüre: Eberjagd, nach einem Holzschnitt von Hans Burgkmair für Melchior Pfinzings ›Theuerdank‹ (Nürnberg: Hans Schönsperger, 11517. Augsburg: Hans Schönsperger 21519. Hollstein 421), im Hintergrund erhellt Feuerschein den Nachthimmel

1v–4r

Zwei Gebete zur Dreifaltigkeit: 2r Heilige dreyheit ein got Erbarm dich vnnser Almechtiger ewiger got vnaußsprechenliche on ende vnd on anfanck …, 2v O heilige dreyheit O ware einigkeit O du heilige vnnd goͤtliche maiestat … (Haimerl [1952] S. 141, Anm. 869, Nr. 5)

1v

Miniatur: Dreifaltigkeit, davor Matthäus Schwarz als Rückenfigur

Bordüre: Streublumen

Bas-de-page: Drei Saiteninstrumente

2r

Bordüre: zusammengesetzt aus fünf Plaketten: Adam und Eva bzw. Hercules und Omphale; Hercules und Atlas?; Victoria und Mars, nach Moderno; Hercules ringt mit Geryon, nach Moderno; Schlacht bei Cannae

Bas-de-page: Trommel, Triangel, Klarinette, Flöte

4v–7r

Ps 50, deutsch (4. Bußpsalm)

4v

Miniatur: David im Gebet. Landschaft nach einem Holzschnitt von Wolf Huber (Bartsch 7; datiert 1520)

Bas-de-page: Zwei Singvögel

5r

Bordüre: Hirschjagd, nach einem Holzschnitt von Lucas Cranach (Bartsch 119; um 1506)

7v–9v

Auslegung des Paternoster, hat sant Bernhart gemacht (Adam [1976] Gruppe E.I.2b)

7v

Miniatur: Salvator mundi, nach einem Kupferstich von Hans Sebald Beham (Bartsch 36; datiert 1520). Rahmen nach einem Holzschnitt aus Albrecht Dürers Marienleben (Bartsch 82; um 1504–1505)

Bas-de-page: Drei Falken auf einer Stange

8r

Bordüre: Reigen mit fünf Putten (einer mit Fackel anführend; einer abseits mit Täschchen)

9v

Gemalte Medaille: Jakob und Anton Fugger als Neptun und Merkur auf dem Meer, von Apoll bekrönt, nach der Rückseite einer Medaille auf Raimund Fugger von Hans Schwarz

10r

Miniatur: Stadtstreicher Meister Lauxlin. Kommentar von Matthäus Schwarz Lauxlin ein narr gwöst im 1521 khunt nichts dan lachen vnd vol biers sein auch fürn ein unverstendliche röd, ist göstorben im 1529

10v–13v

›Bedas Gebet von den sieben letzten Worten Christi am Kreuz‹

10v

Miniatur: Kreuzigung, nach einem Kupferstich von Lucas van Leyden (Bartsch 74; datiert 1517); rückansichtiger Reiter aus Martin Schongauers großer Kreuztragung (Lehrs 9); Hündchen aus Albrecht Dürers Kupferstich des hl. Eustachius (Bartsch 57; um 1501). Architekturrahmen
Bas-de-page: Vogelbauer, Henne, Küken, Hahn, Hund und anderes Federvieh (s. Nr. 43.1.38., 2r)

11r

Historisierte Initiale: Pelikan nährt seine Jungen mit seinem Blut

Bordüre: Pretiosen. Acht Putten (einer auf Stelzen, einer nimmt einen anderen Huckepack, einer mit Köcher, zwei Ringende, einer mit Speer und Schild, einer mit Steckenpferd?)

Bas-de-page: Hündchen?

13v–15v

Gebet, vor einem Kruzifixus zu sprechen, mit soviel Tagen Ablaß versehen wie Christus Wunden zählte, andernorts zur Wandlung, angeblich auf Bitten einer englischen Königin von Papst Gregor III. verfaßt Ich bitt dich allerliebster herr Jhesu Christe durch die allerhöchsten lieb … (Haimerl [1952] S. 55, Anm. 281)

15v

Gemalte Medaille: Allegorische Figur, beschriftet Patientia Victrix, emailliert und gefaßt, vermutlich nach einer verlorenen Medaille von Hans Schwarz

16r

Miniatur: Stadtstreicher LENCZ weienberger ein narr im 1521 J wer jm guͦtz thett dem rödet er vbel wz guͦterr schwenck, lachett der bieböreyn. lies sich Brauchen jn die fasznachtenn, keret vbl, kain stain Lies er vnder den fiessenn Lies sich auch erzirnen, vnd khunt die Leit auszrichten ist gestorben jm 15 (s. 36r)

16v–18r

›Credo‹, deutsch, verteilt auf die zwölf Apostel

16v

Miniatur: Christus in der Rast, in einem gewölbten Raum sitzend, nach Albrecht Altdorfers Radierung von der Vorhalle der Regensburger Synagoge (Bartsch 64). Figur ähnelt einem anonymen Holzschnitt (Schreiber 908; TIB Bd. 163, S. 191, Nr. 908) bzw. einem von Erhard Schön (TIB Bd. 13, S. 219, Nr. 83b). Vgl. Nr. 43.1.80., 36r

Bas-de-page: Windhund jagt Hasen

17r

Historisierte Initiale: Männlicher Beter vor Schmerzensmann

Bordüre: Renaissancearchitektur, nach einem Modell für das linke Außenepitaph der Fuggerkapelle zu St. Anna in Augsburg (Gipsrelief: Basel, Historisches Museum, Inv.-Nr. 1932.1158)

18r–20v

Anaphorisches Tagzeitengebet zum Leiden Christi, mit Ablaßkraft von 1000 Paternoster und Ave Maria Alle herrschafft dienet … (Haimerl [1952] S. 140, Anm. 862; Kurzfassung von Klapper [1935] Nr. 103)

20v

Notiz von Matthäus Schwarz Am Reichstag 1548 zu Augspurg, liehe ich diß Büechlein Herrn Ant° Bischoff zu Arras [Antoine Perrenot de Granvelle, 1517–1586] vnd Fra Pietro de Sotto kö. kay. mt. Confessor [Pedro de Soto, Beichtvater Karls V.], da seind mir 7 stückh gestolen vnd herausgeschnitten, so ains in das ander … fl. kost hat, erstlich alda ist gestannden Sanct Gregoris Ambt hallter nachmalen b. Maria historj, nachmalen mein Engel vnd Patron mit 6 Bildern. Das jüngst gericht, Adam vnd Eva Im Paradeis, Davit mit Urias, diser Adam vnd Davit waren fast kunstlich gemacht

21r–23r

Passionsgebet Gregors d. Gr., ›Adoro te in cruce pendentem‹, deutsch (siebenteilig)

21r

Historisierte Initiale: Vera icon

Bordüre: Streublumen. Sechs Putten (einer mit Lira da braccio, zwei raufende, zwei ringende, einer mit Besen)

23r–24v

Passionsgebet nach einer Steininschrift in S. Giovanni in Laterano, hat gemacht sant Augustin (Haimerl [1952] S. 140, Anm. 858, S. 144)

24v

Gemalte Medaille: Cacus, dem Hercules die Rinder Geryons raubend, nach Moderno

25r

Miniatur: Ganzfiguriges Bildnis von Matthäus Schwarz im Reitergewand, entspricht im ›Trachtenbuch‹ Bild 41 (Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum, Hs. 27 Nr. 67a)

25v–27v

›Acht Verse St. Bernhards‹

25v

Miniatur: Amplexus des hl. Bernhard, in einer Säulenhalle, diese nach einem Holzschnitt aus Albrecht Dürers Marienleben (Bartsch 88; um 1505)

Bas-de-page: Singvogel, Kirschen

26r

Bordüre: Pretiosen, mit Nadeln »festgesteckt«, Prunkgefäße. Vier Putten (einer zieht eine goldene Prunkschale, auf dem ein anderer sitzt, zwischen ihnen ein dritter, einer schlägt Purzelbaum [s. Nr. 43.1.38., 78v])

27v–28v

Auslegung des ›Ave Maria‹ Gegrüest seyest maria. Ein port des paradeyses [ei]n stern der welt ein zerstörerin der hellen

27v

Allda ist mir heraus gestolen worden der Englisch grüeß (s. o. 20v)

28r

Bordüre: Plakette: Sturz des Phaeton, nach Moderno; Medaille: Hercules mit dem nemëischen Löwen, nach Moderno

28v–29v

›Magnificat‹, deutsch

30r

Gemalte Plakette: Satyr und Abundantia, Fra Antonio da Brescia zugeschrieben

30v–31v

Mariengebet, vor vnnser frawen bild in der sonnen zu sprechen, mit Ablaß von Papst Sixtus IV. Gegrüesset seyest du allerhailgste maria du muter gots

30v

Miniatur: Thronende Maria und Matthäus Schwarz neigen sich zum Jesuskind, Architektur nach einem Holzschnitt Albrecht Altdorfers (Bartsch 49; um 1519/1520)

Bas-de-page: Zwei Hasen

31r

Bordüre: Prunkgefäß. Sechs Puttenköpfe, sieben Putten (zwei springende, zwei tragen einen dritten rücklings, einer spielt mit einem Vögelchen, einer trommelt)

31v–32r

Antiphon ›Salve regina‹, deutsch

32r

Gemalte Plakette: Allegorie des Sieges mit vier Figuren, nach Giovanni Francesco di Boggio

32v–34v

›Goldenes Ave Maria‹ also hat der hailig engel sant Bernhart geoffenbaret

32v

Miniatur: Oben in den Wolken Mariens Aufnahme in den Himmel, unten Stadtlandschaft mit Fluß, am gegenüberliegenden Ufer Gebirgsformation

33r

Historisierte Initiale: Maria mit Jesuskind, umringt von einer Schar musizierender Engel

Bordüre: Putto eilt einem anderen, von einem Bären umklammerten zu Hilfe, nach einer Holzschnittbordüre des Petrarcameisters (Musper 621)

34v

Gemalte Plakette: Zwei nackte Kämpfer (Hercules und Geryon?), nach Caradosso

35r

Miniatur: Porträt von contz schelcklin goͤnant Fugger ein narr Jm 1521 iar der versaumett kain hochzeit er pfiff vorher, vnd auff all burger vnd kaffmans tenntz tanzt er yderman vor her, Er dient gern zuͦ alt … [?] Lies sich ser Erzirnen dz er on essen vnd drincken Blib, so er wz guͦtt so reymet er fast gern vnd als widerwertig die örmel vol brotz dz gab er arm Laitenn er ist gwöst bey Jörg fugger sälig, darum wurt er gnent fugger, jn all burgers heiser suͦcht er sein speis het gelt lieb, ist göstorbenn anno domini febrer 1539

35v–36v

›Auslegung der fünf Buchstaben des Namens Maria‹, bricht ab … nie gang in die finsternus

35v

Miniatur: Madonna, in einer Kirche stehend, im Seitenschiff der hl. Lukas an der Staffelei, nach einem Holzschnitt Albrecht Altdorfers (Bartsch 48)

Bas-de-page: Spinne, Erbsenschoten

36r

Historisierte Initiale: Betende Maria (Brustbild)

Bordüre: Stadtstreicher Lencz, im Hintergrund ein Haus mit dem Schwarzschen Wappen

36v–38r

›Sieben himmlische Freuden Mariens‹ (Überbietungs-Typus)

36v

Alda ist mir gestolen worden mein Engel vnd Patron mit vj. Bildern Jdest ein maria Bild faste schen (s. o. 20v)

37r

Bordüre: Reiter ziehen auf ein Tor zu, rechts ein Weiher, Wald. Am Außenrand oben Filialarchitektur
Bas-de-page: Weintrauben

38r

Gemalte Plakette: Raub des Ganymed, nach Caradosso

38v-41v

Zwei Mariengebete: Maria du gewaltige königin der himel du heilige kaiserinn der Engelen … erhör mich heut vnd merck mein gebet … (Haimerl [1952] S. 154, Anm. 953), 41r O Du ewige tochter Des ewigen vaters

38v

Miniatur: Strahlenkranzmadonna, nach einem Kupferstich Albrecht Dürers (Bartsch 32)

Bordüre: Drei Medaillen: Opferszene, nach Vittore Gambello, gen. Camelio; stehender Krieger zwischen zwei Sitzenden; kniende Figur (Atlas?), daneben Stehender mit Bogen (Amor?), nach Giovanni Maria Pomedelli

Bas-de-page: Zwei Falter

39r

Bordüre: Putten fahren in einem Schlitten, vor den ein Geisbock mit Hirschgeweih gespannt ist, nach einer Holzschnittbordüre des Petrarcameisters (Musper 616)

42r

Gemalte Plakette: Kampf der Lapithen und Kentauren, nach Caradosso

42v–44v

Gebet vom Mitleiden Mariens, Bernhard von Clairvaux zugeschrieben Dv rayne zarte erwürdige süesse muͦter vnnd maget maria Ich bitt dich flehennlich

42v

Miniatur: Stehende Madonna vor Renaissancearchitektur, nach einem Holzschnitt aus Albrecht Dürers Marienleben (Bartsch 81)

Bas-de-page: Blüten, Früchte

43r

Historisierte Initiale: Maria lactans (Brustbild)

Bordüre: Putto traktiert Pfau mit Zügeln und Peitsche, nach einer Holzschnittbordüre des Petrarcameisters (Musper 618)

Bas-de-page: Grashüpfer

44v–46v

Sequenz ›Stabat mater dolorosa‹, deutsch (Krass [1995] Redaktion II,2), mit Ablaß von Papst Bonifatius VII.; bricht ab … Auff das geoffenbaret werden die gedenck-

46v–50v

Heiligengebete und -suffragien: Eigenapostel, Schutzengel, Schutzpatrone (Matthias, Sebastian, Ulrich, Michael, Katharina, Ursula, Barbara, Margarete)

46v

Hieraus ist gestolen worden ein Maria Bild Idest mein engell mitt 6 Patronen vnd Bilder (s. o. 20v)

47r

Bordüre: Fünf Putten (vier löffeln Brei, einer spielt Dudelsack)

50v

Gemalte Plakette: David mit der Leiche Goliaths, nach Moderno

51r

Miniatur: Porträt des DONI HVRRI EIN NARR diser Lies sich hart erzirnen so man vber jn klopffett oder wer schry hurri, oder wer dz ain aug zuͦ hebett, wan er an aim aug prestenhafft wz, Er schluͦg vnd warff von im, wer es aber mit jme künt dess gösöll wz er, mitt seltzsam glechter vnd seltzsam vnuerstentlich aussprechen, er gieng allzeitt vber zwerchs vnd on stain vnd brigell nichtt, wz auch gern jn der kuͦrchen so er sang oder pfiff war er lechterlich zuͦ hern, vor ihm ein Kind Hvri ausrufend

51v–53v

Johannes von Indersdorf, drei Seelengebete aus dem ›Ebran-Gebetbuch‹ (Haimerl [1952] S. 156, Anm. 972, Nr. 2–4)

51v

Miniatur: Engel erretten Seelen aus dem Fegefeuer, kopfüber herabstürzender Engel nach einem Holzschnitt Albrecht Altdorfers (Bartsch 4)

Bas-de-page: Zwei Äffchen, ein Bär

52r

Historisierte Initiale: Betender vor Epitaph

Bordüre: Jäger verfolgt mit drei Hunden einen auf einer Schnecke reitenden Putto, nach einer Holzschnittbordüre des Petrarcameisters (Musper 609)

54r

Gemalte Plakette: Silen auf einem Esel, von Bacchantinnen überfallen, nach Caradosso

54v–57v

›St. Bernhards Kurs‹ und ein weiteres Gebet nach Empfang der Kommunion (Haimerl [1952] S. 143, Anm. 897, Nr. 1, 4)

54v

Miniatur: Kirchenquerschnitt, darin u. a. Matthäus Schwarz, das Abendmahl empfangend, nach einem Holzschnitt aus Georg Glockendons d. Ä. ›Von der Kunnst Perspectiua‹, Nürnberg 1509, VD16 P 1238, [Dvr] (nach Jean Pèlerin, ›De artificiali perspectiva‹, Toul 1505)

55r

Bordüre: Trophäen, nach einem Modell für das linke Außenepitaph der Fuggerkapelle zu St. Anna in Augsburg (Gipsrelief: Basel, Historisches Museum, Inv.-Nr. 1932.1158)

57v–59r

Gebet vom Jüngsten Gericht O Du gewaltiger Richter barmhertziger vnd gerechter got … hilff mir das ich nach deiner gnad …

57v

Hie zwischen ist gestanden das Jungst gericht, so auch gestohlen worden (s. o. 20v)

58r

Bordüre: Neun Putten (mit Hüten kostümiert, ein Hase)

59r

Kolophon: Johannes Mittner. Der hatts geschrieben Vnd … (sechs Zeilen Rasur)

59v

Miniatur: Susanna im Bade, bespäht von den beiden Alten, nach einem Holzschnitt von Girolamo da Treviso (Nagler [1858–1879] Bd. 3, S. 561, Nr. 1441). Figur der Susanna nach einem Kupferstich von Albrecht Altdorfers Venus nach dem Bade (Bartsch 34; freie Kopie nach einem Kupferstich von Marcantonio Raimondi [bartsch 297])
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, I + 59 + I Blätter, moderne Bleistiftfoliierung, 113 × 82 mm (beschnitten). Lagenformel: 1I, 3 I+19 (+1, 4, 7), II+114 (+10), II+220 (+15, 16), II+1–124 (+/– vor 21) I+2–127 (+25, +/– vor 28), I+130 (+30), I+234 (+31, 32), I+2–137 (+35, +/– vor 37), 138, I+141 (+39), II+146 (+42), II+1–150 (+/– vor 47), 2 I+156 (+51, 54), I+1–158 (+/– vor 58), 260. Fraktur (ähnlich Hans Schönspergers Gilgengart-Type), Hand des Johannes Mittner (59r; schrieb auch München, Clm 28801, 44r–101r), einspaltig, 15–16 Zeilen, Rubriken. Auf 10r, 16r, 20v, 27v, 35r, 36v, 46v, 51r, 57v, 59r Einträge von Matthäus Schwarz.

Schreibsprache:

oberdeutsch.

II. Bildausstattung:

14 Miniaturen (1v, 4v, 7v, 10v, 16v, 25v, 30v, 32v, 35v, 38v, 42v, 51v, 54v, 59v), zwei Porträts von Matthäus Schwarz (Iv, 25r), vier von Augsburger Stadtstreichern (10r, 16r, 35r, 51r). Sieben Miniaturen fehlen seit 1548 (vor 21, 28, 37, 47, 58, zwei Positionen unbestimmt [nach 59]; vgl. 20v, 27v, 36v, 46v, 57v). Zehn trompe-l’œil-Abbildungen von Renaissance-Plaketten und Medaillen (9v, 15v, 24v, 30r, 32r, 34v, 38r, 42r, 50v, 54r). 21 vierseitige Bordüren, auf denen Putten (8r, 11r, 21r, 26r, 31r, 33r, 39r, 43r, 47r, 52r, 58r), Jagd- bzw. Stadtlandschaften (1r, 5r, 36r, 37r), Szenen von Plaketten und Medaillen mythologischen oder antiken Inhalts (2r, 28r, 38v), Versatzstücke aus einem Modell für die Fugger-Kapelle in St. Anna (17r, 55r) oder Streublumen (1v) zu sehen sind. 15 Bas-de-page mit Musikinstrumenten, Jagdmotiven, diversen Tieren und Pflanzen (1v, 2r, 4v, 7v, 10v, 11r, 16v, 25v, 30v, 35v, 37r, 38v, 42v, 43r, 51v). Sieben vierzeilige historisierte Initialen in camaïeu-Manier (11r, 17r, 21r, 33r, 36r, 43r, 52r). Elf vier-, 20 drei-, drei zwei-, eine einzeilige Buchmalerinitialen. 16 einst am Rand montierte lederne Blattweiser (auf 37r Rest erhalten) wurden mit kleinen Blüten, Beeren, Vögeln, Faltern usw. verziert (an Blatt 1, 5, 8, 11, 17, 21, 26, 28, 31, 36, 37, 39, 43, 47, 55, 58). Bereits 1910 von Habich als Werk Narziß Renners erkannt (auf Iv, 7v, 10v, 16v, 17r, 25v, 33r, 42v mit NR signiert).

Format und Anordnung:

Ganzseitige Miniaturen, 78–100 × 50–70 mm, zwei von ihnen ohne Rücksicht auf das Hochformat, den Vorlagen entsprechend, queroblong (10v, 59v), 65 × 85–95 mm. Die Schreib- und Illuminierarbeiten erfolgten in ungewohnter Reihenfolge: Zunächst wurden die Vollbilder auf Einzelblätter (meist aus dickerem Pergament) gemalt, dann wurden schmale Lagen mit Text um sie herum angestückt, anschließend wurden diese mit Bordüren- und Initialschmuck versehen. Damit die Bilder stets auf verso-, der dazugehörige Textanfang auf recto-Seiten zu stehen kamen, wurden Freiräume von einer halben bis einer Seite mit Plaketten und Medaillen ausgefüllt ( 30r, 32r, 38r, 42r, 54r); galt es eineinhalb Seiten zu überbrücken, wurden zudem ganzfigurige Porträts eingefügt (9v/10r, 15v/16r, 24v/25r, 34v/35r, 50v/51r). Möglicherweise stammen letztere aus einem anderen Kontext bzw. waren ursprünglich für ein eigenständiges Projekt vorgesehen: Ähnlich wie bei dem ›Geschlechtertanz‹, den Narziß Renner ein Jahr später für Matthäus Schwarz anfertigen sollte (bei dem alle Porträtierten im übrigen erneut erscheinen; Augsburg, Städtische Kunstsammlungen, Inv.-Nr. 3819), könnte eine Bildermappe mit historischen und zeitgenössischen Persönlichkeiten geplant gewesen sein (für eine Zweitverwendung spricht auch der Umstand, daß auf zwei Porträts [25r, 51r] oben eine Textzeile wegen Beschnitts fehlt). Weitere Relikte dieses Vorhabens könnten sich als Annex im 1520 begonnenen ›Trachtenbuch‹ erhalten haben, für das der exzentrische Auftraggeber dem Künstler jährlich in seiner neuesten Robe Modell gestanden hat (Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum, Hs. 27 Nr. 67a, S. 140–143).

Bildaufbau und -ausführung:

Für fast alle Miniaturen haben sich zeitgenössische Graphiken als Vorlagen nachweisen lassen, so wurden fünf Blätter von Albrecht Altdorfer (16v, 30v, 35v, 51v, 59v), je vier von Albrecht Dürer (7v, 10v, 25v, 38v) und dem Petrarcameister (33r, 39r, 43r, 52r), je eines von Hans Sebald Beham (7v), Hans Burgkmair (1r), Lucas Cranach (5r), Girolamo da Treviso (59v [freundlicher Hinweis von Friederike Hauffe]), Georg Glockendon d. Ä. (54v), Wolf Huber (4v), Lucas van Leyden (10v) und Martin Schongauer (10v) verwendet. Sie wurden im Maßstab verkleinert übertragen, wobei öfters Motive von verschiedenen Blättern kompiliert worden sind. Recht getreu sind die Kopien nach italienischen und deutschen Plaketten und Medaillen: sechs von Moderno (2r [2], 24v, 28r [2], 50v), vier von Caradosso (34r, 38r, 42r, 54r), je eine von Giovanni Francesco di Boggio (32r), Fra Antonio da Brescia (30r), Vittore Gambello, gen. Camelio (38v), Giovanni Maria Pomedelli (38v) sowie eine oder zwei von Hans Schwarz, dem Vetter von Matthäus Schwarz (9v, 15v?); vier weitere sind nicht identifiziert (2r [3], 38v). Außerdem wurde ein Modell für das linke Außenepitaph der Fuggerkapelle zu St. Anna in Augsburg herangezogen (17r, 55r). Auch eine eigene Miniatur hat der Maler zitiert: Das halbfigurige Porträt auf Iv wurde im wesentlichen aus dem ›Trachtenbuch‹ übernommen. Im Berliner Gebetbuch verlieh Narziß Renner mit ein wenig Beiwerk Matthäus Schwarz unversehens den Habitus eines gentiluomo (die linke Hand umfaßt lässig ein Paar Handschuhe, der Arm ist auf ein parapetto gelegt, die Figur wird hinterfangen von einer Bogenarchitektur mit Ausblick auf eine Alpenlandschaft).

Obgleich in der Ausführung zum Teil recht nachlässig, besteht der exzeptionelle Charakter der Berliner Handschrift in der Auswahl höchst origineller, aktueller und seltener Vorlagen und dem Einbezug kurioser, völlig textferner Sujets. Die reiche Verwendung von Vorlagen sollte nicht zu dem Trugschluß führen, Narziß Renner sei ausschließlich von fremden Entwürfen abhängig gewesen: Vielmehr zeigen die außerordentlich beredten Porträts von Augsburger Käuzen, daß derselbe losgelöst von Vorbildern durchaus zu eigenem Ausdruck fähig gewesen ist. Jedoch scheint sich seine pasticciohafte Arbeitsweise fast zu einer Manie ausgewachsen zu haben – wobei ungeklärt ist, auf welche Weise der unvermögende Narziß Renner ( Fink [1963] S. 57) Kenntnis von den vielfältigen Kunstwerken gewonnen hat. Offen für Anregungen und unbekümmert gegenüber Konventionen, ist es ihm mit Ausnahme des ihm über Jahre treu verbundenen Matthäus Schwarz wohl nur selten gelungen, potente Auftraggeber zu finden, die seine Originalität zu schätzen wußten – darunter allerdings einige von erstaunlich hohem Rang (vgl. Nr. 43.1.6., Nr. 43.1.38., Nr. 43.1.80., Nr. 43.1.197.; Wien, Cod. 4486).

Bildthemen:

Auf den sieben entwendeten Miniaturen waren nach Auskunft des Matthäus Schwarz eine Gregoriusmesse (vor 21), eine Verkündigung (vor 28), ein Marienbild (vor 37), sein Schutzengel und sechs Patrone (vor 47), das Jüngste Gericht (vor 58), Adam und Eva sowie David und Urias (beide wohl nach Blatt 59) dargestellt. Zu drei Miniaturen am Schluß der Handschrift (Susanna im Bade [59v], den beiden verlorenen mit Adam und Eva, David und Urias) existierte wohl niemals ein Gebetstext, da der Schreiber auf 59r bereits seine Arbeit offiziell beendet hat. Die ungewöhnliche Kürze des Gebetbuchs ist somit nicht durch Textverlust zu erklären, sondern allein durch den Umstand, daß hier dem Bild die Priorität zuerkannt worden ist. Die letzten drei Miniaturen mit alttestamentlichen Themen müssen deshalb ebenso wie die Porträts und die mit antiken und mythologischen Szenen versehenen Plaketten und Medaillen losgelöst vom religiösen Kontext als Kunststücke sui generis angesehen werden (dem entspricht auch die Eigenart, die Putten in den Bordüren zu numerieren!). Die traditionellen Bildthemen wurden durch die fortwährende Präsenz des Auftraggebers als kleine Staffagefigur um eine biographische Komponente erweitert. Ein kleines, unterhalb eines Quellstrahls angebrachtes Malteserkreuz auf 32v könnte deshalb durchaus auf eine konkrete Begebenheit anspielen: Möglicherweise soll es die Stelle bezeichnen, an der 1519/1520 Matthäus Schwarz bei seinem Ritt nach Frankfurt von sieben Wegelagerern bei Unterbälbach, nördlich von Mergentheim an der Straße nach Tauberbischofsheim, gefangen genommen worden ist – obzwar einzuwenden ist, daß die in der Miniatur skizzierte Landschaft kaum Ähnlichkeit mit den dortigen Gegebenheiten aufweist (vgl. Fink [1963] S. 121 f., Bild I 41). Das höchst ungewöhnliche Interesse an Augsburger Narren könnte auf ein Kindheitserlebnis des Matthäus Schwarz zurückgehen: Die Familie war mit Kunz von der Rosen, dem Hofnarren Kaiser Maximilians I., befreundet. 1504 wurde ihm der siebenjährige Matthäus zur Fastnacht drei Wochen lang überantwortet, in welcher Zeit der Narr unversehens einen besen strick aus dem Knaben machte (vgl. Fink [1963] S. 102 f., Bild I 5 und 6). Im Hinblick auf den geringen Textumfang fallen die vielen Bernhard von Clairvaux zugeschriebenen Gebete auf (25v–27v, 32v–34v, 42v–44v, 54v–57v), die zudem alle mit Miniaturen ausgestattet worden sind.

Farben:

reiche Palette, sehr malerische Handhabung; viele Schattierungen von Grau, Schwarz, Braun, Weiß, Hellgrün, Grün, Hellblau, Blau, Orange, Rot, Bordeaux, Rosa, Violett, Rehbraun, Ocker, Beige, Gelb, Pinselgold. Plaketten, Medaillen und zwei Bordüren in Ocker-Braun-Gold-Tönen, um Bronze zu imitieren (2r, 9v, 17r, 24v, 30r, 38r, 42r, 50v, 54r, 55r), einige rosafarbene Halbgrisaillen (15v, 32r, 34v, 38v). Stark abgegriffen, gelegentlich Farbabplatzungen.

Literatur:

Vielhaber/Indra (1918) S. 363 f., Nr. 235. – Bergmann (1844) S. 162, unter Nr. 13; Habich (1910) mit Abb. von Iv, 2r, 4v, 7v, 9v, 10v, 11r, 15v, 16v, 17r, 24v, 25r, 25v, 26r, 28r, 30r, 30v, 31r, 32r, 32v, 34v, 35r, 35v, 38r, 38v, 39r, 42r, 43r, 50r, 51r, 54v, 55r, 59v; Habich (1911) S. 215, Anm. 3 (Ergänzungen von Max J. Friedländer); Winkler (1937) S. 68, Abb. Titel (10r), S. 66 (25r); Arnolds (1939) S. 62, mit Abb. von 51r; Fink (1963) S. 25–30, Abb. 15–22 (Iv, 4v, 5r, 16r, 25r, 32v, 35r, 36r); Biermann (1965/66) S. 129, 131, Anm. 29; Fabich (1972) S. 104–108, 135 f., 154, Nr. 28; Mertens (1984) S. 202 f., 542, Abb. 148 (35v); Mielke (1988) Nr. 108, 109, 116; Pichler (1991) S. 25; Bushart (1994) S. 151–154, 168, 322, Abb. 86 (17r), 87 (55r); Merkl (1994) S. 74, Abb. 28 (4v); Reitemeier (1994) S. 139–144 (Abb. von 11r, 25r, 35r, 39r, 51r); Merkl (1999) S. 54, 329–335, Nr. 35, Farbabb. 88 F, 90 F–94 F (9v, 17r, 28r, 32v, 35r, 51v), Abb. 243, 245, 247 f., 250–254 (Iv, 4v, 16v, 54v, 16r, 51r, 55r, 59v); Malke (2001) S. 20–23, Farbabb. von 10r, 16r, 35r, 51r, S. 63 f., Kat. Nr. 22, Abb. 71 f. (Iv, 36r); Roth in: Unter Druck (2018) S. 272–296.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Farbabbildung aus Aderlaß und Seelentrost S. 288 in Wikimedia Commons: 30–31v

Taf. XIII: 42v+43r. Madonna mit Stifterbildnis. Textseite mit historisierter Initiale: Maria lactans, Bordüre.

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Taf. XIII.