43.1.35. Budapest, Országos Széchényi Könyvtár (Széchényi-Nationalbibliothek), Cod. germ. 16
Bearbeitet von Regina Cermann
KdiH-Band 5
Um 1509 (
Augsburg (Illuminist, Schreiber).
Angefertigt für Magdalena von Rechberg zu Staufeneck (1485–1559), die 1505 Puppelin vom Stain zu Bergenweiler ehelichte (1v–2r, 47v–48r Ahnenwappen; 34r, 34v Stifterin; 80v ganzseitige Miniatur der Maria Magdalena; vgl.
1r |
Besitzeinträge der Bibliothek | |
1v–2r |
Wappen, je vier auf einer Seite, eingestellt in doppelstöckigen Kolonnaden: 1v Wappen der Urgroßmütter, oben: Klara von Montfort, Anna von Helmstadt, unten: Margareta von Eberstein, Margareta von Randeck. 2r Wappen der Großeltern, oben: Veit von Rechberg, Philip von Dalberg, unten: Margareta von Stoffeln, Barbara von Flersheim | |
2v–12r |
Ps.-Birgitta von Schweden, ›Tagzeiten zur Passion‹ (je zwei Gebete zu den Horen), mit diversen Ablässen von Papst Urban V. O Du aller guͤttigister herr ihu xpe ich gesegen vnd wolsprich dir wan du für vns arm sünder pluͦttigen schwayß vergossen hast … (vgl. |
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2v |
Miniatur: Kreuzigung mit Maria und Johannes | |
3r |
Historisierte Initiale: Gebet am Ölberg (Mette) | |
3v |
Historisierte Initiale: Christus vor Kaiphas? (Prim) | |
5r |
Historisierte Initiale: Verspottung (Terz) | |
6r |
Historisierte Initiale: Dornenkrönung (Sext) | |
7r |
Historisierte Initiale: Kreuzigung (Non) | |
8v |
Historisierte Initiale: Pietà (Vesper) | |
10r |
Historisierte Initiale: Grablegung (Komplet) | |
12r–32v |
Ps.-Birgitta von Schweden, ›15 Gebete zum Leiden Christi‹, vorweg Gebet an Birgitta von Schweden | |
12r |
Historisierte Initiale: Birgitta im Gebet vor einem Kruzifixus | |
12v |
Historisierte Initiale: Letztes Abendmahl | |
33r–35v |
Drei Empfehlungen an Gott und Maria ( |
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33r |
Historisierte Initiale: Dreifaltigkeit | |
34r |
Historisierte Initiale: Christus segnet Stifterin | |
34v |
Historisierte Initiale: Muttergottes erscheint kniender Stifterin | |
35v–38v |
Drei Gebete zur Auferstehung Christi | |
35v |
Historisierte Initiale: Auferstehung | |
38v–41r |
Zwei Gebete zur Dreifaltigkeit | |
38v |
Historisierte Initiale: Gnadenstuhl (vgl. Freiburg, Erzbischöfliches Archiv, Da 42.2, 303v) | |
39v |
Historisierte Initiale: Dreifaltigkeit (Tricephalus) | |
41r–45r |
Gebet zu allen Heiligen | |
41r |
Historisierte Initiale: Schar von Heiligen, darunter Petrus, Katharina, Hieronymus | |
45r–46r |
Johann von Neumarkt, Gebet zum Schutzengel ( |
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45r |
Historisierte Initiale: Engel | |
46r |
Rubrik Sequitur Oracio de compassione Marie vir. | |
46v |
Vorzeichnung: Stehende Madonna, Architekturrahmen | |
47r |
leer | |
47v–48r |
Wappen, je vier auf einer Seite, eingestellt in doppelstöckigen Kolonnaden: Wappen der Ururgroßmütter. 47v oben: Irmela von Teck, Anna von Bickenbach, unten: (?) von Hewen, Christine von Meckenheim. 48r oben: Kunigunde von Werdenberg, Guitgin von Knebel von Katzenelnbogen, unten: Agnes von Finstingen, Margareta Beyer von Boppard | |
48v–65r |
Acht Mariengebete, darunter ›Sancta Maria‹, deutsch ( |
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48v |
Miniatur: Beweinung Christi | |
50r |
Historisierte Initiale: Verkündigung | |
51v |
Historisierte Initiale: Madonna als Halbfigur | |
57v |
Historisierte Initiale: Madonna (stark zerstört) | |
58r |
Historisierte Initiale: Madonna | |
59v |
Historisierte Initiale: Gottvater segnet Maria | |
61v |
Historisierte Initiale: Gekrönte Maria lesend | |
63v |
Historisierte Initiale: Maria lesend im Garten | |
65r–66v |
Gebet zu den 14 Nothelfern | |
65v |
Historisierte Initiale: 14 Nothelfer | |
66v–68r |
Zwei gereimte Mariengebete, Anfang des ersten durch Überklebung verdeckt | |
67r |
Historisierte Initiale: Muttergottes erscheint einem Sterbenden (vgl. Sterbenden in Berlin, Kupferstichkabinett, Cod. 78 B 5, 11v) | |
68r–86v |
Heiligengebete und -suffragien, dazwischen Syphilisgebet (70v–71v) und Stammbucheinträge (79v–80r): Johannes d. T., Eigenapostel, Erasmus, Sebastian, Pelagius, Christophorus, Hieronymus, Rochus, Maria Magdalena, Anna, Barbara | |
68r |
Historisierte Initiale: Johannes d. T. | |
70v |
Historisierte Initiale: Ijob auf dem Dunghaufen, im Hintergrund brennende Gebäude | |
72r |
Historisierte Initiale: Judas Thaddäus und Simon (als Eigenapostel) | |
73r |
Historisierte Initiale: Erasmus | |
74r |
Historisierte Initiale: Sebastian | |
75r |
Historisierte Initiale: Pelagius | |
76r |
Historisierte Initiale: Christophorus | |
77r |
Historisierte Initiale: Hieronymus als Büßer | |
78r |
Historisierte Initiale: Engel verarztet dem hl. Rochus die Schwären | |
80v |
Miniatur: Maria Magdalena von Engeln erhoben | |
82r |
Historisierte Initiale: Anna selbdritt | |
85r |
Historisierte Initiale: Barbara | |
86v–88v |
Johannes von Indersdorf, fünf Seelengebete aus dem ›Ebran-Gebetbuch‹ ( |
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86v |
Historisierte Initiale: Errettung von Seelen aus dem Fegefeuer | |
88v–89v |
Gebet vom Jüngsten Gericht | |
88v |
Historisierte Initiale: Christus als Weltenrichter | |
90r–125v |
Lange Totenvigil ( |
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90r |
Historisierte Initiale: Totenmesse mit aufgebahrtem Katafalk | |
126r–132v |
Totenvesper | |
126r |
Historisierte Initiale: Tod als Sensenmann schreitet über gestrauchelte Frau | |
132v–138v |
Seelengebete für die Eltern, am siebten bzw. dreißigsten Tag nach Verscheiden, am Jahrestag, am Jahrestag vieler Menschen, für einen kürzlich Verschiedenen … etc. | |
138v–145v |
15 Salve regina mit fünf Gebeten, um sich der Hilfe Mariens in der Todesstunde zu versichern Das erst gepet … O Du gnadenreiche vnd wirdige Junckfraw maria bis eingedenck der grossem liebe vnd v̈berflüssigen genad do mit du den sun gotts von hymel getzogen hast … Sprich drew Salue … | |
146r–152r |
Zyklus von sieben Gebeten zu Erasmus, jeden Sonntag zu sprechen, um fünf Gaben von Gott zu erwerben | |
152v–155r |
Suffragium zum hl. Leonhard | |
155r |
Kolophon Wollennt von mir Bernhart Vennd | |
155v–182v |
33 Ermahnungen zum Leben und Leiden Christi, am Schluß Ps 50 (Miserere mei deus …) |
Pergament, 182 Blätter, moderne Stempelzählung, 140 × 108 mm (stark beschnitten). Lagenformel: I
bairisch-österreichisch.
Drei Miniaturen (2v, 48v, 80v). Vier Wappenseiten (1v–2r, 47v–48r). Eine Vorzeichnung für eine Miniatur (46v). 41 historisierte Initialen: drei acht- (85r, 90r, 126r), 15 sieben- (41r, 45r, 67r, 68r, 70v, 72r, 73r, 74r, 75r, 76r, 77r, 78r, 82r, 86v, 88v), 17 sechs- (3r, 3v, 5r, 6r, 7r, 8v, 10r, 12r, 12v, 33r, 34v, 38v, 50r, 59v, 61v, 63v, 65v), sechs fünfzeilige (34r, 35v, 39v, 51v, 57v, 58r). Miniaturen und Wappenseiten von Architekturrahmen eingefaßt (1v, 2r, 2v, 47v, 48r, 48v, 80v). Um die Miniaturen zudem vierseitige Streublumenbordüren (2v, 48v, 80v), auf den gegenüberliegenden Textseiten (3r, 49r, 81r) und auf den Seiten mit historisierten Initialen ein- bis zweiseitige, heute stark beschnittene Streublumenbordüren (3v, 5r, 33r, 34r, 34v, 35v, 38v, 39v, 41r, 45r, 50r, 51v, 57v, 58r, 59v, 61v, 63v, 65v, 67r, 68r, 70v, 72r, 73r, 74r, 75r, 76r, 77r, 78r, 82r, 85r, 86v, 88v, 90r, 126r) oder Ranken (6r, 7r, 8v, 10r, 12r, 12v). Eine sieben- (81r), eine fünfzeilige (49r) Buchmalerinitiale. 84 drei-, 18 zweizeilige Buchmalerinitialen, in traditioneller Manier aus Akanthus- oder Lorbeerblättern geformt, von einem gepunzten Blattgoldgrund hinterfangen und mit einem für Augsburg typischen Wechselrahmen (Grün/Rot, Grün/Blau, Blau/Rot) versehen. Von
Ganzseitige Miniaturen, 125–137 × 84–97 mm, zusammen mit den Wappenseiten als separate Doppelblätter (1+2, 47+48) bzw. als Einzelblatt (80) eingefügt. Die Miniaturen eröffnen den Passionsteil (2v), stehen Gebeten zu Maria voran (48v) bzw. heben aus den Heiligengebeten die Namenspatronin heraus (80v). Die historisierten Initialen strukturieren die Tagzeiten (3r–12r) bzw. zeichnen fast jeden Gebetsanfang aus. Ungeachtet klassischer Layout-Vorstellungen (nach denen der Platz zum Bundsteg hin am geringsten bemessen ist) wurden die begleitenden Bordürenstreifen scheinbar beliebig auf dem Bund- oder Seitensteg einer Seite plaziert.
Der einst sehr qualitätvolle Buchschmuck hat durch Farbabrieb und Verschmutzung sehr gelitten. Aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes sind heute allerdings die Vorzeichnungen zum Teil gut zu sehen. Mit lockerer Hand wurden Figuren souverän umrissen und mit fein abschattierten Farben plastisch ausgemalt, wobei sich insbesondere bei den Aktdarstellungen (Christus, Maria Magdalena) ein ausgesprägter Sinn für die menschliche Proportion offenbart. Landschaftspanoramen mit fernen Gebirgsketten ( 2v, 48v) oder die leichte Aufsicht auf eine bewaldete Hügellandschaft (80v) zeugen von einer neuen, sich Bahn brechenden Wahrnehmung von Natur. Modernität zeigt sich auch in den am klassischen Formenrepertoire orientierten Bauelementen der Architekturrahmen (Postament, Säule/Pilaster, Kapitell, Architrav), den im Renaissancedekor ausgebildeten Initialen (Palmetten, Füllhörner, Delphine) und der italianisierenden Schrift. Schatten werfende Streublumenbordüren sind dagegen eine flämische Erfindung, die man dem Meister der Maria von Burgund zuschreibt.
In Augsburg ist diese Mode wohl zuerst in einem 1498 datierten Gebetbuch rezipiert worden, das man bislang Georg Beck (gelegentlich sogar Leonhard Beck) zugewiesen hat, aber wohl als frühe Arbeit Ulrich Talers anzusehen ist (Nr. 43.1.172.); ein weiteres Beispiel stellt ein Gebetbuch aus dem Jahr 1504 dar, an dem Ulrich Taler ebenfalls mitgewirkt hat (Nr. 43.1.62.).
Obgleich fast die Hälfte des Textes (wenn man sich auf den Part des Hauptschreibers beschränkt) bzw. über die Hälfte (wenn man den Anhang mit einbezieht) der Sorge für das Seelenheil und dem Totengedenken gewidmet ist (86v–182v), entfallen auf diesen Teil nur vier historisierte Initialen (86v, 88v, 90r, 126r). Vorweg sind 15 Heiligen- (12r, 41r, 45r, 65v, 68r, 72r, 73r, 74r, 75r, 76r, 77r, 78r, 80v, 82r, 85r) und elf Mariengebete illustriert (34v, 46v, 48v, 50r, 51v, 57v, 58r, 59v, 61v, 63v, 67r), neun Bilder beziehen sich auf die Passion (2v, 3r, 3v, 5r, 6r, 7r, 8v, 10r, 12v), drei geben die Dreifaltigkeit (33r, 38v, 39v), zwei Christus wieder (34r, 35v). Als Sinnbild des geplagten Menschen erscheint Ijob zum Syphilisgebet (70v); drei von den 15 Heiligen wurden ebenfalls gegen Krankheiten angerufen, außer den bekannten Pestheiligen Sebastian und Rochus der seltenere Pelagius, der zu den Konstanzer Bistumspatronen gehört. Die Darstellung zum Birgitten-Gebet (12r) geht auf eine Legende zurück, nach der ihr, während sie vor einem Kruzifixus in der römischen Kirche S. Paolo fuori le Mura die 15 Ermahnungen zum Leiden Christi sprach, angeblich die Zahl der Wunden Christi offenbart worden ist (vgl.
Blau, Graublau, Orange, Rot, Bordeaux, Rosa, Hellgrün, Gelbgrün, Grün, Grau, Violett, Braun, Rotbraun, Ocker, Gelb, Weiß, Schwarz, Pinselgold.
Abb. 11: 2v+3r. Kreuzigung. Textseite mit historisierter Initiale: Christi Gebet am Ölberg, Streublumenbordüre.