KdiH

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43.1.79. Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Cod. Donaueschingen 437

Begonnen von Regina Cermann, fortgeführt von Isabel von Bredow-Klaus

Ergänzung zum gedruckten KdiH

Datum der Veröffentlichung: 03.05.2018.

Datierung:

2. Hälfte 15. Jahrhundert; nach 1480 (nach London, The British Library, Add. 15686, Nr. 97.3.4.).

Lokalisierung:

Freiburg, St. Klara oder Straßburg, St. Klara auf dem Wörth.

Besitzgeschichte:

Nonnengebetbuch (Franziskus und Klara 232v, weibliche Formen 216v ärmste), Anfang 17. Jahrhundert im Besitz der Familie Löffler (238r), später in Donaueschingen, Fürstlich Fürstenbergische Hofbibliothek (Stempel 2 auf 1r und 238v, auf den Spiegeln vorne und hinten Don. 437). 1993 vom Land Baden-Württemberg erworben und 1994 an die Badische Landesbibliothek Karlsruhe überwiesen.

Inhalt: Nonnengebetbuch ›Der ewig Vrsprung
1r−183v

›Der ewig Vrsprung‹, Mementogebete für jeden Wochentag – Leben und Leiden Jesu nach Wochentagen gegliedert Ü: Diß ist der ewig vrsprung vnd dz ganz leben vnd liden xpi (Text auch in Nr. 43.1.55., Nr. 43.1.170. und Nr. 43.1.212., für die Initien und die Bildthemen siehe Sturm [2013])

1v−36r

Sonntag: 28 Gebete (Mahnungen) zu Menschwerdung und Kindheit Christi A: O Ewiger vrsprung alles güttes ich lob dich ...

2r

Miniatur: Gnadenstuhl

5v

Miniatur: Gott erschafft die Elemente. Schriftband: Ego dominus creauit omnia celum et terram. Im Himmel der T-Karte Buchstaben oder Zahlen

9v

Miniatur: Gott erschafft die Tiere (Hirsche, Hasen, Vögel)

14v

Miniatur: Verkündigung an Maria. Schriftband: Ave maria gratia

18r

Miniatur: Geburt Christi. Schriftband: Gla in ex celsis deo et in

26v

Miniatur: Beschneidung Christi

29r

Miniatur: Anbetung der Könige

33v

Miniatur: Darbringung im Tempel

34v

Miniatur: Flucht nach Ägypten

36r−60r

Montag: 26 Gebete (Mahnungen) zu Christi Jugend und erste Wunder

38r

Miniatur: Der zwölfjährige Jesus im Tempel

42r

Miniatur: Taufe Christi

54r

Miniatur: Christus mit einem Reichsapfel in der linken Hand, lehrend und segnend unter seinen Jüngern? Heilung von Kranken (Text bezieht sich auf Krankenheilung) oder Verklärung Christi (so Sturm [2013])

58v

Miniatur: Christus und die Samariterin am Brunnen

60r−83r

Dienstag: 25 Gebete (Mahnungen) zu Einzug nach Jerusalem und Gefangennahme

67r

Miniatur: Abendmahl

74r

Miniatur: Gebet am Ölberg. Schriftband: Esto forti

81r

Miniatur: Gefangennahme

83r−109v

Mittwoch: 25 Gebete (Mahnungen) zu Prozess bis Verurteilung

90r

Miniatur: Christus vor Annas oder Pilatus

98r

Miniatur: Geißelung

101r

Miniatur: Dornenkrönung

109v−136v

Donnerstag: 24 Gebete (Mahnungen) zu Verspottung bis Kreuzestod

110r

Miniatur: Christus in der Kelter

114v

Miniatur: Kreuztragung

121v

Miniatur: Entkleidung

123v

Miniatur: Kreuzannagelung

131r

Miniatur: Kleine Kreuzigung. Schriftband: ecce filius meus, ecce mater tua

136v−161r

Freitag: 25 + 1 (ein Gebet extra auf 154r–v zwischen dem 12. und dem 13. Gebet) Gebete (Mahnungen) an den Kreuzestod

142r

Miniatur: Christus als guter Hirte. Schriftband: Te deum

148v

Miniatur: Auferstandener Christus und Figur der minnenden Seele umfangen sich im Paradiesgarten

157r

Miniatur: Allegorisches Bild: Christus mit Hostie in der Hand, weibliche Figur betet ihn an, Beischrift oben über Christus ego sum hosti, links oben unter drei Leuchtern lux m, darunter in einer Leiter via veritas, darunter Taube des hl. Geistes spirito oder spiritus sancti über einem Brunnen. In der Mitte unten zu Füßen Christi nisi granum, rechts unten flos.

161r−183v

Samstag: 16 Gebete (Mahnungen) zu den Wunden Christi bis zum Jüngsten Gericht (ungezählt)

162r

Miniatur: Auferstandener, auf einem Thron sitzender Christus, hält Figur der minnenden Seele

168r

Miniatur: Pietà mit Johannes und zwei weiteren Frauen (evtl. Maria Magdalena und Maria Salome oder Maria Jakobäa)

170v

Miniatur: Grablegung

172v

Miniatur: Auferstehung mit Maria Magdalena

177r

Miniatur: Himmelfahrt Christi

179r

Miniatur: Pfingsten

183v−216r

›Ursprung Mariens‹ (Hilg [1981] S. 425) Ü: Dis noch geschriben ist von der wirdigen müter gottes vnd wirt genent ir vrsprung 184r A: Ich ermanen dich fröw vnd müter aller gnoden vnd barmherzikeit des ewigen angens diner eren vnd widekeit do alle creaturen lúchteten in dem spiegel der heiligen gottheit ...

186r

Miniatur: Begegnung Annas und Joachims an der Goldenen Pforte

187r

Miniatur: Geburt Mariens

189r

Miniatur: Tempelgang Mariens

191r

Miniatur: Großes M, darüber goldene Krone

194r

Miniatur: Maria im Ährenkleid, umgeben von drei Engeln

198v

Miniatur: Maria auf einem Thron sitzend vor einem Webrahmen, die Seele spinnt das Garn

206r

Miniatur: Maria, Johannes und zwei weitere Frauen

209r

Miniatur: Auferstandener Christus erscheint Maria

216r−237r

Aller Engel Vrsprung (Gebete an Engel, Altväter, Propheten, Apostel, Märtyrer, Bischöfe, Beichtiger, Lehrer, Franziskus und Klara, Jungfrauen) Ü: Aller engel vrsprung ist diß noch geschriben A: Ich aller ermeste rüff hútt von disem iemerlichen ellend und von dem tal des weinens vnd von der statt der vnsichereit zü allen englen vnd ermanen v̈ch ...

217v

Miniatur: Gottvater thronend, umgeben von sieben adorierenden Engeln

228r

Miniatur: Christus, umgeben von fünf Aposteln

233r

Miniatur: Engel und Adorant, beide im Ährenkleid, Spruchband: sancti angeli et archangeli

237v

Zeichnung: Kreuzigung

238r

Familiennachträge Anno domini 1603 quarta decima januari obiyt anna löfflerin matter mea. Et in eodem anno tercia aprilis obyt Cordula löfflerin Soror mea. Anno domini 1605 quarta decima jully obytt domine jeronime löffero prespiter frater meus

I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, 239 Blätter (alte Lagenzählung, im Spiegel vorne Pergamentblatt mit lateinischer Makulatur eingeklebt), 100 × 75 mm, Textura von einer Hand, einspaltig, zwölf Zeilen, rote Majuskeln, rote Zierstriche, sieben zwei- bis neunzeilige Buchmalerinitialen in Blau auf Silber oder Gold auf Rot, zwölf drei- bis zwölfzeilige Lombarden mit Silber gefüllt, zahlreiche ein- bis vierzeilige Lombarden im Wechsel Blau mit rotem Fadenwerk oder Perlung und Rot mit blauem Fadenwerk oder Perlung, gelegentlich mit gespaltenem Stamm, rote Rubriken, Cadellen oder Fadenranken, die Masken oder Fratzen bilden.

Schreibsprache:

oberrheinisch.

II. Bildausstattung:

44 Miniaturen. Aus Lombarden und Initialen gehen zu Beginn jedes neuen Gebetes Fleuronné- oder Knospenranken hervor, zudem finden sich zahlreiche Blattranken, die entweder aus den Fleuronnés hervorgehen oder aber unabhängig sind. Diese sind häufig mit Tieren, vor allem mit vielen Hasen und Vögeln, Hirschen, Lämmern, Rehen oder Tauben des hl. Geistes, aber auch mit drei Löwen (36v, 83r, 172r), einem Einhorn (136v) und einem Pelikan (161r) besetzt. Eine neuzeitliche Bleistiftzeichnung 237v. Miniaturen aus dem Umfeld/der Nachfolge Sibylla von Bondorfs.

Format und Anordnung:

Ganzseitige Miniaturen im Lagenverbund (61–77 × 41–58 mm), 30 Miniaturen befinden sich auf Recto-, 14 auf Versoseiten. Alle Miniaturen sind mit einem schmalen Profil meist in Rot-Orange, fünf Mal in Rot-Grün (2r, 187r, 191r, 198v, 206r), einmal in Rot-Blau (14v) im Wechsel gerahmt.

Bildaufbau und -ausführung:

Das gesamte Miniaturenfeld wurde bemalt, es blieb kein Stück Pergament frei. Die Figuren werden von schablonenhaft wirkenden Umrisszeichnungen umgeben, wodurch ein statischer Eindruck entsteht. Trotzdem schauen sich die Personen an und interagieren durch Gesten. Der Gesamteindruck der recht stereotypen Gesichter mit kleinen spitzen Nasen, kleinen roten Mündern und roten Bäckchen ist ein sehr lieblicher. Die Formen sind rund und weich und bilden einen immer gleichen, lächelnden Gesichtsausdruck. Auch die lockigen Haare wiederholen sich stereotyp. Die Faltengebung der Gewänder ist schematisch Ton in Ton, durch schwarze Striche unterstützt, um Plastizität zu erzeugen, dennoch bleibt die Wirkung flächig. Die Engelflügel sehen aus, als wären sie aus Pfauenfedern zusammengesetzt. Viele Details wie Grashalme werden nur angedeutet. Die rundlichen, dicken Personen stehen dicht und flächig komponiert vor blauen Himmelshintergründen, selten in einem Innenraum (14v) oder vor einem Gebäude, das dann teppichartig angedeutet wird. Bezeichnend ist die flächig-ornamentale Dichte, mit der das gesamte Bildfeld gefüllt wird. Die Bilder zeigen eine ungekünstelte Direktheit, die den Leser zu innerer Anteilnahme anregt.

Stilistisch eng verwandte Miniaturen finden sich im Werk Sibylla von Bondorfs, einer Klarissin, die erst im Kloster St. Klara in Freiburg und ab 1485 im Kloster St. Klara auf dem Wörth in Straßburg tätig war. Sie schuf ein reiches Werk, das viele Parallelen zu diesem Gebetbuch aufweist: Klarenlegende, Karlsruhe, Thennenbach 4 (Nr. 51.19.3.), Franziskuslegende München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv. Nr. 39837–39845 (Nr. 51.11.4.), Elisabethleben, Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Bücherei, Klemm-Sammlung I, 104 (Nr. 51.9.2.), Franziskuslegende, London, The British Library, Add. 15710 (Nr. 51.11.2.), Klarenregel, London, The British Library, Add. 15686 (Nr. 97.3.4.), Gebetbuch, Freiburg, Adelhausenstiftung, A 1221/(11739) (Nr. 43.1.60a.). Viele Details der Zeichnung wie die Gewandgestaltung oder die kleinen Blümchen finden sich in dieser Gruppe der Handschriften und in Cod. 437 identisch, jedoch sind die Miniaturen Sibyllas qualitätvoller und detaillierter gestaltet. Der stilistische Zusammenhang zwischen Sibyllas Werk und dem Cod. 437 ist aber so eng, dass eine Herstellung nicht aus ihrer Hand, aber aus ihrem direkten Umfeld angenommen werden muss. Generell ist Cod. 437 weniger sorgfältig und weniger fein ausgeführt als die Illustrationen aus Sibyllas Hand. Die Gestaltung der Miniaturen unterscheidet sich in wenigen Punkten. Zum Beispiel führt Sibylla von Bondorf die Augen sehr ähnlich aus, zeichnet aber eine zusätzliche Lidfalte. Zudem sind Sibyllas Figuren von weniger runder Gestalt. Auch das Gebetbuch aus St. Paul im Lavanttal Nr. 43.1.170. und das Johannesbuch in Basel, A VI 38, Nr. 51.16.1., stammen wie Cod. 437 von einer Hand aus der Nachfolge Sibyllas. Da Sibylla sowohl in Freiburg als auch in Straßburg (dort entstand die Klarenlegende Nr. 51.19.3., siehe Reber [1963] S. 51f.) tätig war, kann die Frage nach der Lokalisierung des Herstellungsortes nicht eindeutig bestimmt werden und lässt sich nur auf ein Nonnenkloster am Oberrhein eingrenzen. In einem der Klöster hat sie ihre Art zu malen weitergegeben. Aber nicht nur stilistische, sondern auch bildthematische Kriterien bezeugen eine enge Verbundenheit mit dem Werk Sibylla von Bondorfs.

Bildthemen:

Jeder der drei Texte des Andachtsbuches ist mit jeweils einem Bilderzyklus illustriert. Zu Beginn des christologischen Textes ›Ewiger Vrsprung‹ stehen drei Darstellungen mit dem Gnadenstuhl, der Erschaffung der Elemente und der Erschaffung der Tiere. Es folgt ein 29-teiliger Bilderzyklus mit dem Leben und Leiden Christi, wobei jedem Wochentag ein Abschnitt des Lebens Jesu zugeteilt ist (Geburt und Kindheit Jesu am Sonntag bis Pfingsten am Samstag). Die Illustrationen des Lebens Jesu sind gleichmäßig über den Text verteilt, für jeden Wochentag stehen drei bis fünf Bilder. Nur der Sonntag ist mit neun Bildern bedacht und um ein Drittel länger ist als die anderen Wochentage. Der deutlich kürzere Text ›Vrsprung Mariens‹ (183v bis 216r) wird mit einem Zyklus von acht Bildern aus dem Leben Mariens illustriert. Die Bilddichte in diesem zweiten, mariologischen Teil ist mit acht Bildern höher als im christologischen Teil und vergleichbar mit der des Sonntags. Der dritte Text ›Aller Engel Vrsprung‹ wird begleitet von einem Bildnis Gottvaters mit den Engeln, einem Bildnis Jesu und dem eines Engels.

Die Illustrationen stehen nicht am Anfang eines Textabschnittes, sondern sind ungefähr passend in den Abschnitt eingefügt, wodurch der Text-Bildbezug meistens recht unbestimmt ist. Prinzipiell sind die Illustrationen zu den Texten inhaltlich passend ausgewählt, korrespondieren aber nur selten unmittelbar mit dem nebenstehenden Text. Die Bilder bereichern den Text, ohne sich direkt auf ein Detail zu beziehen. Gelegentlich kann der Gebetsanfang dem entsprechenden Bild gegenüberstehen wie 189v der Tempelgang Mariens.

Neben Illustrationen zum Leben und Leiden Christi und zum Leben Mariens, darunter die apokryphe Darstellung der Maria beim Spinnen (198v), finden sich drei allegorische Darstellungen. Diese sind aus dem Werk Sibylla von Bondorfs übernommen. Auf 157r hält Christus mit der Beischrift ego sum hosti eine Hostie in der Hand und ist umgeben von verschiedenen eucharistischen und Erlösung verheißenden Attributen, nämlich einer dreiarmigen Lampe mit dem Spruchband lux m (ego sum lux mundi), einer Leiter mit dem Spruchband via veritas (Ego sum via veritas et vita) darunter ein Brunnen mit der Taube des hl. Geistes spirito oder spiritus sancti (Fons vite et misericordie), in der Mitte unten zu Füßen Christi Getreide nisi granum (granum frumenti), rechts neben Christus Blumen mit dem Spruchband flos (Ego sum flos campi). Dieselbe Darstellung finden wir auch in der Klarissenregel London, Add. 15686, 33r (Nr. 51.9.2.), dort mit besser lesbaren Beischriften, die die Interpretation der Buchstaben in Cod. 437 erleichtern. In Donaueschingen tauchen die Beischriften immer nur in abgekürzter Form auf, was für eine spätere Nachahmung der Londoner Klarissenregel durch die Malerin des Cod. 437 spricht. Nicht nur diese ungewöhnliche Darstellung, auch Jesus als guter Hirte (142r) mit der Beischrift Te deum findet sich sehr ähnlich in London, Add. 15686 (Nr. 51.9.2.) auf 30v. Der gesamte Text ist auch hier wieder zu lesen: Congratulamini michi omnes quia inveni ovem que perierat. Te Deum laudamus. Bodemann (2007) interpretiert die Illustration daher als Jesus Freude über jede verirrte Seele, die zurückkehrt, und die er jetzt im Arm hält. Die ungewöhnliche Darstellung des Guten Hirten scheint eine beliebte Variante für Geschenkbildchen zwischen den Frauenklöstern gewesen zu sein (vgl. Lentes [2004a] S. 30). Dieses Bild findet sich ein zweites Mal fast identisch zur Donaueschinger Darstellung des Guten Hirten in Sankt Paul, ms. 2/2, 45v (Nr. 43.1.170). Die beiden genannten Darstellungen sind Kopien aus Sibyllas Klarenregel London, Add. 15686 (Nr. 51.9.2.), wenn auch nicht ganz getreu, sondern frei nachempfunden.

Eine ikonografische Besonderheit ist die kleine, weltliche, weibliche Figur mit blonden Haaren, die auf zwölf Bildern, vorwiegend zur Passion, auftaucht. Eine Deutung von Heusingers (1959, S. 158) legte die Interpretation als die minnende Seele dar, die das religiös-empathische Empfinden der Nonnen widerspiegelt. Zu dieser Figur siehe auch den einleitenden Text von Ulrike Bodemann und die Handschriften in der Stoffgruppe 25. ›Christus und die minnende Seele‹. Dieser Deutung schlossen sich Hamburger (2004) und Winston-Allen (2007) an, die zudem in der Figur die Leserin vermutet. Bodemann (2007, S. 206) schlägt für diese Figur eine Deutung als Laienschwester oder Novizin vor, auf die besonderes Augenmerk gelegt werden solle. Diese Frauengestalt zieht eine spirituelle Verbindung zwischen Christus und der durch sie personifizierten Seele. Die Seele ist hier sehr empathisch und interagiert mit den anderen Beteiligten, vor allem mit Christus. Sie kniet neben ihm beim Gebet am Ölberg (74r), umarmt seine Füße bei der Geißelung (98r) und der Dornenkrönung (101r), hilft ihm beim Kreuztragen (114r) und assistiert bei der Entkleidung (121v). Auf weiteren Andachtsbildern verhält diese Figur sich sehr affektiv und emotional, indem sie sein Blut in einem Kelch auffängt (110r), an der Seite des Guten Hirten kniet (142r), ihn als Auferstandenen umarmt (148v), anbetend neben ihm kniet (157r) oder seine Seitenwunde untersucht (162r). Einmal assistiert sie auch Maria bei der Handarbeit (198v). Auf 233v betet sie den Erzengel Michael an. Auch diese Seele ist eine Übernahme aus Sibyllas Werk, in dem sie häufig vorkommt. Während sie in der Klarenregel das Klarissenhabit trägt, kleidet sie sich in den anderen Bildern häufig wie hier in ein Blümchenkleid.

Farben:

Braune Umriss- und Binnenzeichnung. Vorherrschend Blau und Grün-Dunkelgrün und Rot-Orange, viel (oxidiertes) Silber, selten Grau, Gelb, Violett, Rosa, Gold, Ocker.

Literatur:

Barack (1865/1974) S. 301, Nr. 437. – Steingräber (1952) S. 239, Anm. 5; von Heusinger (1953) S. 103, Nr. 5, S. 144−149, 165; von Heusinger (1959) S. 158; Reber (1963) S. 51f.; Hilg (1981) S. 425; Büttner (1983) S. 54f., 213; »Unberechenbare Zinsen« (1993) S. 118, Nr. 32; Die Karlsruher Passion (1996) S. 233, Nr. 57; Hamburger (1997) S. 92f.; Aderlaß und Seelentrost (2003) S. 271; Hamburger (2004) S. 10; Bodemann (2006) S. 117, Anm. 14; Bodemann (2007) S. 206; Winston-Allen (2007) S. 192f.; Winston-Allen (2009); Winston-Allen (2012) S. 209, Anm. 37; Sturm (2013).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus; manuscripta-mediaevalia.de