KdiH

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51.19.3. Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Cod. Thennenbach 4

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 6

Datierung:

Um 1490.

Lokalisierung:

Vermutlich Straßburg, Kloster St. Klara auf dem Wörth (nach Eintrag im Ausgabenbuch des Klosters, vgl. Schlechter/Stamm [2000]).

Besitzgeschichte:

Nach der Auflösung des Straßburger Klarissenklosters 1524 könnte die Handschrift ins Freiburger Klarissenkloster gelangt sein; Eintrag 16./17. Jahrhundert 1v: den Clarisserin zu freiburg im breisgau geherig; später im Besitz des Theologieprofessors Johann Zimmermann, der 1631 neun Handschriften dem 1806 aufgehobenen Zisterzienserkloster Tennenbach überließ.

Inhalt:

1.

2r–227v

St.-Klara-Buch

Kurt Ruh: Klara von Assisi. VL 4 (1983), Sp. 1172–1183; bei Ruh (1983a) Sp. 1184 nicht zu den ›St.-Klara-Büchern‹ gezählt.

2r–156v

Leben der heiligen Klara nach Thomas von Celano

2r–12r Vorrede Der milte gott ein minner der menschen …, als andre vorrede Gebete an Klara und Ortulana O selige ußerwelte von gott…, O Du seliger stamm vnd wirdige fröw ortulana …

12v–112r Vita In der statt zuͦ Assis …

112v Mirakelsammlung, Vorrede Clara die do jetz lepte des hoͤchsten verdienens …

112v–151r Mirakelsammlung Es waz ein kind das hieß Jacobinus …

151r–156v Kanonisation Do der allergnedigest Bapst vnd herre allexander …

156v–180r

Vier Briefe der heiligen Klara an Agnes von Böhmen

180r–182r

Fünfter Brief: Klaras ›Letzter Segen‹

182r–206r

Klara-Predigt über Ct 4,7

206r–220r

Zehn Klara-Sequenzen, -Antiphonen und -Hymnen

220v–227v

Drei Klara-Gebete

2. 227v–235r Zwei Wunder der heiligen Klara, deutsch von Jörg Ringli
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, III+258 Blätter (moderne Foliierung, I–III, 235v–258v leer), 155× 110 mm, einspaltig, 14–18 Zeilen, Textura, Hauptschreiberin Magdalena Steimerin (1485 bis mindestens 1487 Äbtissin des Klosters St. Klara auf dem Wörth, vgl. 231r: hie bi gedenken durch gott Swester magdalena steimerin ein vnwirdige Swester Sant Claren ordens die disz buͦch geschriben hett mit einem Aue mari): 2r–227v und (eventuell später) 227v–231r, Nachtragsschreiber: 231v– 235r (so Schlechter/Stamm; u. U. sind Blatt 227v–235r auch von einer Hand, die entweder verschieden von I oder identisch ist, aber zu einem späteren Zeitpunkt schreibt); rote Überschriften, Unterstreichungen, Strichel, Lombarden über zwei bis vier Zeilen rot oder blau mit bescheidenem Fleuronnée in der Gegenfarbe, Versalien (in den Sequenzen und Hymnen) rot und blau.

Schreibsprache:

niederalemannisch.

II. Bildausstattung:

Drei historisierte Initialen 2r, 12v 107v; 34 ganzseitige Miniaturen 1v, 5v, 13r, 15r, 16r, 16v, 17r, 18r, 18v, 23r, 28r, 29r, 32r, 43r, 56r, 59v, 66r, 66v, 75r, 77r, 80r, 90r, 99v, 105v, 134v, 138r, 141r, 141v, 143r, 143v, 150r, 150v, 154v, 157r; eine Hand: Sibylla von Bondorf.

Format und Anordnung:

Initialen über fünf bis neun Zeilen, die Miniaturen meist ganzseitig ca. 115–120 × 75–80 mm, gelegentlich aber auch in geringerer Bildhöhe (ca. 77–90 mm) zwischen dem Text, mit wenigen Zeilen Text ober-halb 17r und 66r; rote Rahmenleisten. Ein Teil der Bilder gehört in den Lagenverband, jedoch nicht alle: Etliche Blätter sind als Einzel- oder Doppelblätter einer Textlage erst beigefügt worden, so Blatt 5 (recto leer), 16, 18, 90 (verso leer), 134 (recto leer), 138 (verso leer), 141, 143 + 150 (Doppelblatt), 157 (verso leer). Gelegentlich Fadenheftungen für – verlorene – Schutztüchlein.

Bildaufbau und -ausführung:

Die Initialen in rot-blauer Federzeichnung mit ausgesparten Phantasieblüten und -tieren, mit einfacher Fleuronnéefüllung oder figürlicher bzw. als Ersatz dafür einmal (182v) vegetabiler Deckfarbenmalerei im Binnenfeld, Fleuronnéeumrandung, ein- bis vierseitigen rot-blauen Randleisten; dazu als Randschmuck üppiger Blütenbesatz und Drolerien (112v Storch und Schlange, 151r Einhornjagd, 182v Bär) in kolorierter Federzeichnung, z. T. eingebettet in unterschiedlich weit ausladende gewellte Ranken mit wenig Blattwerk, die manchmal nicht mit der Feder, sondern gleich mit dem Pinsel gezeichnet sind.

Den Gesamteindruck der Miniaturen prägt die aus dem Umfeld des Freiburger Klarissenklosters um 1478–80 bekannte flächenfüllende, »teppichartige« Komposition in kostbaren kräftigen Farben mit reicher Blattgoldverwendung, aus der sich leuchtend hell die kindlichen Gesichter der dargestellten Figuren abheben (siehe oben Nr. 51.9.2., Nr. 51.11.2., Nr. 51.11.3.). Dass die Karlsruher Miniaturen aus demselben Zusammenhang kommen, zweifellos auch von derselben Buchmalerin ausgeführt wurden, ist unstrittig; jedoch weisen die Indizien (Name der Schreiberin; Ausgabenbuch des Straßburger Klarissenklosters) nach Straßburg und auf eine ca. ein Jahrzehnt spätere Entstehung. Von den älteren Bildern unterscheiden sich die Karlsruher Miniaturen stilistisch allerdings nicht merklich, nimmt man die verstärkte Tendenz der Bildkomposition zum Bogenabschluss oben (entweder in Form eines architektonischen Elements – Bogen, Arkade –, oder durch »Ersatzmotive« gebildet, z. B. Engelsflügel 5r, 28r, 141v) oder eine vielleicht etwas weniger weiche Konturierung der Gewänder (kantiger am Boden aufstoßende Falten) aus. – Malanweisungen erkennt von Heusinger (Nachschrift 1959).

Bildthemen:

(Beschreibungen siehe Bruins [1996], [1999]): Etliche Bildthemen greifen aus dem Umfeld der Sibylla von Bondorf bereits Vertrautes wieder auf. Zwei Bilder sind den Vorreden zugeordnet, das den Autor würdigende Bonaventura-Bild 1v (vgl. im Londoner Franziskusleben [Nr. 51.11.2.] 4r) und die zur Verehrung der Klarissenvorbilder auffordernde Darstellung Klaras und Maria Magdalenas mit Adorantinnen 5v (vgl. im Londoner Franziskusleben [Nr. 51.11.2.] 184r, im Leipziger Elisabethleben [Nr. 51.9.2.] 13r). 22 Bilder illustrieren das Leben und Wirken Klaras; hier fällt ein »Bilderüberschuss« auf: Die Miniaturen auf Zusatzblättern haben keinen oder zumindest keinen unmittelbaren Textbezug, sondern ergänzen die Legende um weitere Details: 16r Klaras Geburt (vgl. Leipzig 24r); 18r Rosenwunder; 18v Klara und Ortulana beten gemeinsam vor dem Altar; 90r Klara, Jesuskind und Franziskus; dies setzt sich in den scheinbar willkürlich der Mirakelsammlung beigefügten Bildern fort: 141v Antonius von Padua und Bernhardinus von Siena (vgl. London 161r); 143v Franziskus und Ludwig von Toulouse (vgl. London 168r); 150r Himmlische Krönung der heiligen Klara durch Jesus Christus. Dem Bericht über die Kanonisation geht 150v die Darstellung der Erhebung Klaras durch Papst Alexander und einen Kardinal voraus (vgl. London 186v), ihr folgt, zwar im Text, aber ebenfalls ohne direkten Textbezug, 154v das Bild der Heiligen Ortulana und Agnes. Klara als Schreiberin 157r dagegen ist sinnvoll den Briefen Klaras an Agnes von Böhmen zugeordnet und korrespondiert dabei – als Schlussbild – mit dem Eingangsbild Bonaventuras.

Die Bildfüllungen der Initialen: 2r Klara und Franziskus, 12v Klara, 107v Papst Innozenz bei Klaras Begräbnis.

Farben:

satte, leuchtende Farbskala aus Orangerot, Tiefblau, Grün, Violett, Gelb, Schwarz, Deckweiß (auch zur Höhung), Silber (oxidiert), Blattgold.

Literatur:

Längin (1894/1974) Nr. 88, S. 91.174; Schlechter/Stamm (2000) S. 325–328 (mit Literatur), Abb. 19 (1v–2r). 27 (Schriftprobe 231r). – Steingräber (1952) S. 329, Abb.5 (16r); von Heusinger (1953) S. 195–208, Nr. 23, u. ö.; von Heusinger (1959) S. 156; Magdalena Steimerin, Clara und Franciscus von Assisi. Eine spätmittelalterliche alemannische Legende. Mit acht Miniaturen aus einer Pergamenthandschrift der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe [Neuhochdeutsche Übersetzung von Franz Anselm Schmitt]. Konstanz 1959 [Nachschrift von Christian von Heusinger]; Ruh (1965) S. 86–97 (Texte); David Brett-Evans: Sibylla von Bondorf – Ein Nachtrag. Zeitschrift für deutsche Philologie 86 (1967) Sonderheft, S. 94 f.; Ruh (1983b); 800 Jahre Franz von Assisi (1982), S. 634–636, Nr. 11.07, Farbtaf. 13 (90r); Bruins (1996); dies.: Het Thennenbach 4-manuscript. Miniaturen bij de levensbesschrijving van Clara van Assisi. Franciscaans leven 81 (1998), S. 130–134, Abb. 1 (1v). 2 (5v), S. 180–184. Abb. 1 (13r). 2 (15r), S. 288–292, Abb. 1 (16r). 2 (16v); dies. (1999) mit Abb. aller 34 Miniaturen; Spätmittelalter am Oberrhein 1 (2001) S. 370 f., Nr. 212 mit Abb. (16v–17r).

Abb. 51.59: 107v. Abb. 51.60: 151r.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 51.59: 107v. Leben der heiligen Klara: D-Initiale mit: Papst Innozenz bei Klaras Begräbnis.

Abb. 51.60: 151r. Leben der heiligen Klara: D-Initiale, Randornamente mit Jagdszene.

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Abb. 51.59.
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Abb. 51.60.