KdiH

KdiH

_ (der Unterstrich) ist Platzhalter für genau ein Zeichen.
% (das Prozentzeichen) ist Platzhalter für kein, ein oder mehr als ein Zeichen.

Ganz am Anfang und ganz am Ende der Sucheingabe sind die Platzhalterzeichen überflüssig.

ß · © ª º « » × æ œ Ç ç č š Ł ł ́ ̀ ̃ ̈ ̄ ̊ ̇ ̋ ͣ ͤ ͥ ͦ ͧ ͮ Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ σ ς τ υ φ χ ψ ω ͅ ̕ ̔

51.11.2. London, The British Library, Add. 15710

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 6

Datierung:

1478 (siehe unten zur Schreiberin).

Lokalisierung:

Freiburg im Breisgau, Klarissenkloster.

Besitzgeschichte:

Besitzeintrag [*2]r: Anno 95. Ich gehör den frowen zuͦ sant claren. Waͤr mich entlechnet der soll mich inen wider zuͦ stellen. Seit 1846 im British Museum (Ankauf von A. Asher).

Inhalt:
1. 3ra–247vb Leben des heiligen Franziskus (nach Bonaventura, Legenda maior, mit Zusätzen), deutsch evtl. von Konrad von Bondorf(?)

Ruh (1978) Sp. 943

3ra–vb Übersetzervorrede Milter herre ihesu christe aller heilgen kron …

4va–9vb Vorrede Die gnod gottes vnsers herren ist in disen Júngsten tagen…

10va–187vb Vita Vir erat in ciuitate […] Es wz ein man in der statt ze assis der was genent mit namen Franciscus des gedechtnis ist …

188ra–247vb Mirakelsammlung

2. 248ra–254vb Mirakel des Bruders Bartholomäus von Korinth die geschicht die ich horte von bruͦder Bartholomeus mund

vgl. die lateinische Fassung in London, British Library, Cod. Sloane 2478, 35v–37r

3. 254vb–257ra Franziskus-Sequenz, ›Exulta sion filia‹, deutsch Froͤw dich thohter von syon ze lobend
4. 257va–260rb Nachträge

a) über die Episode vom sprechenden Kruzifix in S. Damiano unter Berufung auf Konrad von Bondorf als Augenzeugen im Jahr 1483, b) über das Lamm, das Franziskus der römischen Witwe Jacoba di Settesoli anvertraute, c) über die Stigmatisation.

I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 257 beschriebene Blätter (gezählt 3–260; voraus geht ein Sexternio, dessen erstes Blatt [*1] als Spiegel mit dem Innendeckel verklebt ist, [*3–*5] ausgeschnitten; die zweite Hälfte des letzten mit Blatt 257 beginnenden Quaternio ist unbeschrieben und ungezählt, das letzte Blatt als Spiegel mit dem rückwärtigen Innendeckel verklebt), 204 × 143 mm, zweispaltig. Zwei Hände, I Sibylla von Bondorf 3ra–257ra, vgl. Innendeckel [*1]v: Hunc librum scripsit deuota ac deo religiosa S. Soror Sibilla de bondorff […] anno domini 1478 in festo commemoracionis doctoris gencium predicta soror deo gratia finem fecit. […] sub ferula domine susanne de falckenstein ipsius monasterii abbatisse meritissime […]; dieser Eintrag von Konrad von Bondorf (Kurt ruh: Konrad von Bondorf. VL 5 [1985], Sp. 141–145), Textualis, 20–25 Zeilen, gelegentlich kalligraphisch gestaltete Majuskeln, rote Strichel, Unterstreichungen und Überschriften, Lombarden blau oder rot über drei Zeilen mit einfachem Fleuronnée in der Gegenfarbe, z. T. auch größere und aufwändigere Initialen: mehrfarbig mit ornamentalen und figuralen Aussparungen (Phantasietiere) und mehrfarbigem Fleuronnée; der Name Franciscus in Überschriften und Textanfängen häufiger in Blattgoldlettern (10va, 65vb, 79ra und öfter); II 257va–260rb, kursive Bastarda (nach 1483, vgl. 257va), 20 Zeilen, rote Initialen und Lombarden über vier bis sechs Zeilen.

Schreibsprache:

niederalemannisch.

II. Bildausstattung:

58 ganzseitige Deckfarbenminiaturen: 4r, 6v, 10r, 15r, 17r, 18v, 19v, 20v, 21v, 23r, 24v, 30v, 33r, 42r, 46v, 48v, 50v, 52v, 59v, 61v, 62v, 63v, 65r, 68r, 72v, 74r, 75r, 76v, 85r, 91v, 93r, 103r, 107v, 110v, 119r, 128v, 131r, 132r, 134r, 136r, 152v, 161r, 161v, 164v, 168r, 168v, 173r, 173v, 179r, 179v, 184r, 184v, 186v, 192r, 195r, 196r, 199r, 246v; 13 halb- oder viertelseitige Miniaturen zwischen dem Text: 6rb, 35v, 39ra, 44va, 55ra, 84r, 104rb, 105v, 111rb, 116ra, 189va, 203r, 247rb (dazu 125rb ein Bildfreiraum?), elf historisierte Initialen über sechs bis zwölf (160rb) Zeilen: 4va, 50ra, 53rb, 65vb, 103vb, 160rb, 193ra, 201rb, 206ra, 230rb, 248ra; zu Beginn der Vita 10ra und 10vb Ornamentinitialen. Auf den Randstegen häufig Blütendekor, z. T. mit Drolerien (z. B. 10vb Mädchen mit Blume, 148v Vögel und Vierbeiner, 159ra Laute spielender Wildmann mit tanzendem Fuchs, 165rb Laute spielender Engel, 170vb Hase, 172r Storch und Schlange, Fuchs und Taube, 247rb Vogel und Flöte spielender König, 248r Hahn), mehrfach zwei-, drei- oder vierseitige Schriftspiegeleinfassungen in Rot und Blau (4va, 10v, 90v, 126v, 160rb, 164r mit sechs kleinen Medaillons, die vier Eckmedaillons mit den Evangelistensymbolen). Eine Hand: Sibylla von Bondorf.

Format und Anordnung:

die ganzseitigen Miniaturen 153–169 × 116–112 mm, die halb- bis viertelseitigen 85 × 85–105 bzw. 55–65 × 45–50 mm. Nicht zur ursprünglichen Konzeption der Handschrift gehören die beiden Doppelblätter 161+168 und 173+184, die zusätzlich in Sexternionen eingelegt wurden.

Bildaufbau und -ausführung:

Die Gestaltung der ganzseitigen Bilder entspricht weitgehend der des Elisabethlebens Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Bücherei, Klemm-Sammlung I, 104 (Nr. 51.9.2.). Auf die auszuführenden Bildthemen verweisen gelegentlich noch sichtbare Malanweisungen der Schreiberin am unteren Randsteg: z. B. 18v unten als er vor dem crucz (der Gekreuzigte spricht in der Kirche S. Damiano zu Franziskus), 19v unten als er zuo dem prester kam (Franziskus übergibt dem Priester den Schatz).– Abweichend jedoch von dem etwas jüngeren Elisabeth-Zyklus besonders die weniger dichte Ausarbeitung der Hintergründe, die meist flächig blau, ab 33r auch rot (aber nur ausnahmsweise mit Ornamentierung, z. B. 61v, 131r) gefüllt sind; zuweilen ist der Hintergrund nicht deckend blau koloriert, sondern in Form von blauen Pinselstrichen offener gehalten, räumliche Tiefe suggerierend (91v, 119r, 132r, 173r); auch ist die Einfassung oft nicht zwei-, sondern nur einfarbig rot oder grün. Gelegentlich taucht ferner die für den Klara-Zyklus im Karlsruher Cod. Thennenbach 4 (Nr. 51.19.3.) charakteristische Tendenz zum Bogenabschluss durch ein architektonisches Element am oberen Bildrand auf (128v, 173r, 184v, 195r). Hervorzuheben ist die Aufteilung des Bildes in zwei Darstellungsebenen auf Blatt 59v: oben Franziskus segnet das Brot, unten Franziskus predigt seinen Brüdern die Strenge, sowie Blatt 62v: oben Hochzeit zu Kana (vgl. Basel, Öffentliche Bibliothek der Universität, A VI 38, 4r, siehe unten Nr. 51.16.1.), unten Franziskus verwandelt Wasser in Wein. – Die Blütenranken auf den Randstegen wirken sehr schulmäßig, wie Nachzeichnungen aus Musterbüchern (v. a. 53r, 155r, 248r); Ranken und Drolerien sind punktuell unvollendet: Auf den Blättern 170v, 174r, 183r sind die Vorzeichnungen nicht vollständig ausgemalt. Nicht nur die Bilderfülle und der Rankendekor zeugen von dem besonderen Anspruch der Handschrift, sondern auch die – im Vergleich mit dem Leipziger Elisabethleben – häufigere Nutzung von Blattgold in Schrift, Initialen, Rankendekor und in den Bildern: vgl. neben Nimben, Insignien und Schmuckgegenständen z. B. das goldene Gewand des Franziskus 10r und 247rb.

Bildthemen:

nach vier einleitenden Motiven – 4r Bonaventura, schreibend, mit Franziskus, 6ra Johannes Evangelista und der Engel (viertelseitig), 6v Johannes, die Apokalypse schreibend, und 10r stigmatisierter Franziskus, umarmt von Klarissin – ein sehr ausführlich erzählender Zyklus zu Episoden aus dem Leben des Franziskus, endend mit 179r Sterbegebet des Franziskus, 179v Beweinung, 186v Erhebung des Leichnams durch Papst Gregor IX. Es folgen Darstellungen zur Mirakelsammlung: 189va Franziskus erscheint Gregor IX. (viertelseitig), 192r Brüder waschen Franziskus und erkennen die Wundmale, 195r Franziskus erscheint dem ungläubigen Bruder, 196r der stigmatisierte Franziskus gibt Jesus (mit Seraphsflügeln) den Pfennig, 199r Muttergottes mit Kind erscheint dem betenden Franziskus in der Kirche, 203r Franziskus heilt einen Kranken (halbseitig); abschließend 246v Franziskanerstammbaum und 247rb Franziskus mit drei Engeln und Adorantin (viertelseitig). – Die jeweils beidseitig auf den Zusatzblättern gemalten insgesamt acht Bilder haben keinen bzw. nur mittelbaren Textbezug: 161r Antonius von Padua (mit Lilie) und Bernhardinus von Siena (mit Strahlenscheibe), 161v Versuchung des Franziskus durch den Teufel, 168r Ludwig von Toulouse und Kaiser Heinrich, 168v Franziskus beim himmlischen Gastmahl, 173r Petrus und Paulus, 173v Franziskus erhält von der Muttergottes den Schlüssel, 184r Maria Magdalena (mit Salbtopf) und Katharina von Alexandrien (mit Schwert und Rad), 184v Beweinung des Franziskus durch Klara und ihre Mitschwestern. Ohne unmittelbaren Textbezug sind neben den Drolerien meist auch die Initialen (nur 4va Bonaventura und Franziskus bezieht sich direkt auf den Text; sonst neben Franziskusbildnissen nur 103vb Jungfrau Maria sowie die Medaillons 164r [Evangelistensymbole, Agnus Dei, Franziskus]).

Farben:

wie in Nr. 51.9.2. dominieren glänzendes Ziegelrot und Grün sowie leuchtendes Blau, daneben Violettrot, Gelb, Schwarz, Deckweiß, Blattgold, Silber.

Literatur:

Priebsch 2 (1901) S. 140 f., Nr. 165. – Ruh (1956) S. 243 (hier irrtümlich falsche Zuordnung); Bonaventuras Legenda Sancti Francisci in der Übersetzung der Sibilla von Bondorf. Hrsg. von David Breit-Evans. Berlin 1960 (TdspMAs 12), S. 14–22 und passim; Kurt ruh: Rez. Brett-Evans. PBB 85 (1963), S. 273–279; Das Leben des hl. Franz von Assisi. Nach der Legenda maior des Bonaventura. Illustriert mit den Miniaturen der Sibilla von Bondorf. [Mit einem Nachwort von Sr. Annuntiata Lagier OSC und Reproduktionen einer Auswahl der Illustrationen] Freiburg 1988; Gieben (1993) Abb. 58 (184v); Bruins (1996) S. 32 f.; Hamburger (1997) S. 139, Abb. 87 (111r); Spätmittelalter am Oberrhein (2001) S. 277, Nr. 553 mit Abb. (4r).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 51.26: 44v. Leben des heiligen Franziskus: Klara von Assisi mit junger Frau zu ihren Füßen.

Abb. 51.27: 62v. Leben des heiligen Franziskus: Hochzeit zu Kana / Franziskus wandelt Wasser in Wein.

51.11.2._Abb._51.26.jpg
Abb. 51.26.
51.11.2._Abb._51.27.jpg
Abb. 51.27.