43.1.39. Cape Town / Kaapstad, South African Library / Suid-Afrikaanse Bibliotheek, Grey Ms. 3.a.15
Bearbeitet von Regina Cermann
KdiH-Band 5
Mitte 15. Jahrhundert.
Köln.
Am 8. 4. 1854 bei Sotheby & Wilkinson, London, angeboten. Für sieben Shilling von einem gewissen Edersheim erworben. Erneut zur Auktion am 1. 9. 1854 bei Sotheby & Wilkinson eingereicht und für drei Shilling dem Londoner Händler Bumstead zugeschlagen. Dieser verkaufte die Handschrift an Sir George Grey, der seine Sammlung 1861 der South African Library vermachte.
1r |
leer | |
1v |
Miniatur: Kreuztragung | |
2r |
leer | |
2v–18r |
›Goldene Tagzeiten Mariens‹ (vgl. Nr. 43.1.26., 227v–246v; Nr. 43.1.74., 55r–70r) | |
2v |
Miniatur: Geburt Mariens | |
18r–24r |
Tagzeitengebet zu Maria | |
24v |
leer | |
25r–81r |
Kleines Marienoffizium (bis auf 1. Lectio in der Mette, Hymnus in der Prim, Antiphon und Hymnus in der Komplet nach dem Gebrauch von Rom) | |
25r |
Miniatur: Verkündigung | |
25v |
Miniatur: Geburt Christi (beschädigt) | |
81v |
Miniatur: Letztes Abendmahl (beschädigt) | |
82r |
Schluß vom Offizium zur Ewigen Weisheit | |
82r |
Miniatur: Hieronymus zieht Löwen Dorn aus dem Fuß (stark beschädigt) | |
82v |
Miniatur: Johannes d. T., Johannes d. Ev. | |
83r–97r |
Ps.-Hieronymus, ›Tagzeitengebet‹ (ohne Vorrede; s. Nr. 43.1.87., 402v–424r, Nr. 43.1.176., 114v–127r) | |
97v–102v |
Tagzeiten zur hl. Katharina. Bricht in der Vesper ab 102v … van menichfaldijgen strijden den segen (vgl. Aachen, Öffentliche Bibliothek, Ms. 64, 25r–28v) | |
97v |
Miniatur: Katharina und Margarete | |
103r–123v |
Kurzes Votivoffizium zur hl. Barbara. Bricht in der Komplet ab 123v … dyn hulpe verleyn vns. Dat (vgl. Aachen, ebd., 49r–61r) | |
124r–129r |
Tagzeiten zur hl. Agnes (vgl. Aachen, ebd., 28v–48r) | |
129v–130v |
Sieben Bußpsalmen (Anfang; Fortsetzung 132r–160v) | |
129v |
Miniatur: Die klugen und die törichten Jungfrauen (beschädigt) | |
131r |
Miniatur: Zwölfjähriger Christus im Tempel | |
131v |
Schluß vom Offizium vom Hl. Geist | |
132r–160v |
Sieben Bußpsalmen (Fortsetzung von 130v) mit Litanei, Fürbitten, Gebet | |
161r |
leer | |
161v–209v |
Lange Totenvigil ( |
|
161v |
Miniatur: Höllenschlund (stark beschädigt) | |
210r–229r |
Gebet für einen Sterbenden: ›Proficiscere‹, deutsch (eyn commendacij der mynnrebroeder orden) | |
229r–236r |
15 Paternoster und Ave Maria, zuvor vom neunfachen Nutzen derselben (vierter Nutzen ausgelassen) | |
236r–238v |
Gebet von den sieben letzten Worten Christi am Kreuz, Beda zugeschrieben | |
238v–240v |
Mariengebet | |
240v–243r |
Zwei Kommuniongebete | |
243r–246v |
Heiligensuffragien: Johannes d. T., Johannes d. Ev. (als Patron angerufen), Schutzengel | |
246v–247v |
Tägliches Gebet, mildert Strafen des Jüngsten Gerichts | |
248r–248v |
leer |
Pergament, 248 Blätter, moderne durchlaufende arabische Bleistiftfoliierung, zudem arabische Bleistiftpaginierung jeweils am Ende oder zu Beginn einer Lage (zwischen Blatt 99 und 105 vier Seiten übersprungen: Blatt 98v = S. 196, Blatt 105v = S. 206), 110 × 80 mm. Lagenformel: IV+1
mittelfränkisch, ripuarisch (
Elf Miniaturen (1v, 2v, 25r, 25v, 81v, 82r, 82v, 97v, 129v, 131r, 161v), drei weitere zu erschließen (vor Blatt 103, 124, 210). Bis auf das Bild von 131r, das um das Bildfeld herum ausgeschnitten und an einen breiten Papierfalz angeklebt ist, sind alle von vierseitigen Ranken umgeben, die aus braunem (1v, 81v, 82r, 82v, 97v, 129v, 161v) oder rotem (2v, 25r, 25v) Federwerk und bunten Blüten und Blättern bestehen. Drei drei- bzw. vierseitige Bordüren (3r, 26r, 130r), diejenige auf 26r mit Goldrispen, auf 130r mit Rosenzweigen. Vier sechszeilige Buchmalerinitialen (3r, 26r, 124r, 130r), sieben dreizeilige mit Rankenausläufern (38r, 52r, 57r, 60v, 64r, 67v, 74r). Kölner Künstler, dessen Arbeit aufgrund der starken Beschädigungen schwierig zu beurteilen ist.
Obgleich alle Miniaturen bis auf eine (82r: nur elf Zeilen hoch) jeweils eine ganze Seite einnehmen, divergieren die Maße zwischen 63–68 × 45–50 mm. Alle Miniaturen waren ursprünglich integrativer Bestandteil eines Quaternionen-Schemas: Drei heute isoliert auftretende Blätter mit vier Miniaturen sind aus ihrem Kontext herausgerissen und falsch eingefügt (1v, 82r/82v, 131r); bei den unvollständigen Lagen 13, 16, 17 fehlt jeweils ein Blatt mit Text auf der recto- und einer Miniatur auf der verso-Seite (vor Blatt 103, 124, 210). Die ganzseitigen Miniaturen stehen bzw. standen jeweils zu Beginn eines Textabschnittes. Mit Hilfe der Einzelblätter lassen sich weitere Textpartien erschließen: Offizium zur Passion (dem wohl die Miniatur von 1v voranging), Offizium vom Hl. Geist (dessen Einleitungsminiatur als verloren gelten muß, von dessen Existenz aber die Schlußzeilen auf 131v zeugen, die einstmals recto zu lesen waren) und das Offizium zur Ewigen Weisheit (dem die heute umgekehrt eingebundene Miniatur von 131r voranstand und dessen Text auf 82r endet, wo noch die halbseitige Hieronymus-Miniatur Platz gefunden hat). Die auf 81v befindliche Miniatur macht ein Offizium vom Hl. Sakrament, die auf 82v schließlich ein Votivoffizium zum hl. Johannes wahrscheinlich. Obzwar von der Anlage der Handschrift her Bild- und Textseiten eng miteinander verknüpft sind, harmonisieren die Miniaturen und der Initial- und Bordürenschmuck der Textseiten wenig miteinander.
Die Miniaturen von 2v, 25r und 25v sind durch ein sich dem Quadrat annäherndes Format und durch einen türkisfarbenen, perspektivisch gemalten Rahmen enger zusammengeschlossen. Auch erscheinen sie – soweit dies aufgrund der desolaten Erhaltung beurteilt werden kann (teil-weise starker Abrieb von Farbe bzw. Verwaschungen oder Absplitterungen, Abklatsch von Textseiten, Knicke, Flecke) – als die qualitätsvollsten der Handschrift. Die Figuren mit den runden, an Stefan Lochner erinnernden Köpfchen sind sehr plastisch ausgebildet und wurden schräg zueinander, somit Tiefe vorgebend, in den Raum gesetzt. Der weiche, voluminöse Faltenwurf der Gewänder, der duftige Flaum der Engelsflügel und die derbe, täuschend echte Struktur der Dielenbretter der Verkündigungsminiatur ( 25r) geben heute noch eine Vorstellung von dem Potential des Künstlers. Bei der Geburt Christi (25v), die nach der Birgitten-Vision gestaltet wurde (Anbetung des Kindes, Maria im weißen Mantel), läßt die stark angeschnittene Figur Josefs am rechten Bildrand vermuten, daß die Szene aus einer größeren Komposition entlehnt worden ist. Symmetrisch auf einem queroblongen Bildfeld angeordnet findet man die Figurengruppe z.B. auf einem Kölner Tüchleinbild (Köln, Diözesanmuseum, Inv.-Nr. M 2; vgl.
Die Handschrift verfügt über keinen zusammenhängenden Bilderzyklus. Einzig beim Marienoffizium folgen zwei Miniaturen aus der Kindheitsgeschichte aufeinander (wobei gewöhnlich zwischen Verkündigung und Geburt Christi die Heimsuchung Platz findet). Passionsikonographie kommt nur einmal vor (1v). Ungewöhnlich sind die klugen und törichten Jungfrauen als Sinnbild des Weltgerichts zu den Bußpsalmen. Ein weiteres Beispiel für den »Treppentypus« findet sich in einem Laienbrevier mit Kölner Kalender (Haarlem, Teylers Stichting, ms 76, 198v). Ohne ersichtlichen Grund wurde auf 97v neben Katharina Margarete abgebildet. Vor 103 war vermutlich Barbara, vor 124 Agnes, vor 210 eine Sterbeszene dargestellt.
Rotbraun, Rosa, Braun, Blau, Türkis, Grün, Grau, Hellblau, Schwarz, Weiß, Orange, Rotorange, Violett, Beige, Gelb, Pinselgold (ziemlich nachlässig aufgetragen). Auffällig ist der reiche Einsatz von Türkis (kehrt vereinzelt in den Lochner-Gebetbüchern wieder: Nr. 43.1.43., 68r [Marienkrönung]; Berlin, Kupferstichkabinett, Cod. 78 B 1a, 167v [später eingefügtes Stifterbild]).
Manuscripts in the Grey Collection (1984) S. 4. – Sotheby & Wilkinson, London, 8. 4. 1854, S. 38, Nr. 639; Sotheby & Wilkinson, London, 1./2. 9. 1854, S. 21, Nr. 352;
Taf. XVIa: 25r. Verkündigung, Bordüre.
Taf. XVIb: 25v+26r. Geburt Christi, Bordüre. Textseite mit Buchmalerinitiale, Goldrispenbordüre.