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74. Legendare

Bearbeitet von Kristina Freienhagen-Baumgardt

KdiH-Band 8

Der Themenkomplex ›Hagiografie‹ wird im KdiH in verschiedenen Stoffgruppen behandelt. In Stoffgruppe 51. Heiligenleben sind die illustrierten Einzelviten erfasst, die nicht in einen größeren Verbund eingebettet sind. Stoffgruppe 74. hingegen berücksichtigt Legendare, d. h. Sammlungen von Legenden, die einer bestimmten Ordnung folgen – per circulum anni oder nach Gruppen wie Aposteln oder Jungfrauen. Die Erfassung der einzelnen Heiligenlegenden folgt, wie bereits in Stoffgruppe 51. Heiligenleben, der Nummerierung bei Williams-Krapp (1986) bzw. den einschlägigen Editionen.

Die Abgrenzung der Legendare gegen weitere hagiografische Werke sowie die daraus ableitbare Aufteilung in Untergruppen folgt im Prinzip der Untergliederung, die Williams-Krapp (1986) in seinem für die Hagiografie-Forschung einschlägigen Standardwerk anwendet.

Ausgeklammert und in einer eigenen Stoffgruppe 132a. behandelt werden demnach die deutschen ›Vitaspatrum‹, weil in ihnen »Legenden im engeren Sinne nur einen Teil des Werkganzen ausmachen« (Williams-Krapp [1986] S. 9, Anm. 1). Das Illustrationsprogramm der zum Legendar geformten ›Mitteldeutschen Predigten‹ (vgl. Williams-Krapp [1986] S. 16) wird ebenso wie weitere an Legendare angepasste Heiligenpredigten in Stoffgruppe 103. Predigten erfasst. Die hier zu berücksichtigende Berliner Handschrift Ms. germ. quart 2025 ist nur für das ›Passienbüchlein von den vier Hauptjungfrauen‹ als Legendar mit dem Ordnungsprinzip Jungfrauen aufgenommen unter Nr. 74.5.1. Auch Hermanns von Fritzlar ›Heiligenleben‹ wird unter den Legendaren behandelt, weil es weniger als Predigthandbuch als vielmehr als Erbauungsbuch konzipiert ist (Nr. 74.4.).

Der Beginn der deutschsprachigen Überlieferung ist markiert durch das ›Passional‹ um die Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert und findet ein Ende mit der Überlieferung von ›Der Heiligen Leben‹, dem ausführlichsten Prosalegendar des 15. Jahrhunderts, dessen letzter Druck von 1521 das Zeitalter der Legendarüberlieferung beschließt. Diese Ordnung spiegelt sich im Aufbau der Untergruppen wider. Aus Gründen der Chronologie ist dem ›Passional‹ (Nr. 74.2.) die Untergruppe Martyrologien vorangestellt, die mit dem bebilderten ›Jenaer Martyrologium‹ (Nr. 74.1.1.) und dem Bildlücken aufweisenden Naumburger Fragment (Nr. 74.1.2.) den Sonderfall eines bebilderten historischen Martyrologiums bietet und bezüglich der Entstehungszeit der Überlieferungsträger noch vor dem ›Passional‹ anzusiedeln ist. Die Streifenbilder des Martyrologiums sind ikonografisch eher mit der Großen Bilderhandschrift des ›Willehalm‹ und der Sächsischen Weltchronik zu denken und heben sich damit grundsätzlich von den übrigen Handschriften der Stoffgruppe ab. Die Untergruppen Nr. 74.3. (›Buch der Märtyrer‹) und Nr. 74.4. (Hermann von Fritzlar, ›Heiligenleben‹) sind ebenfalls Zeugen früher Legendarüberlieferung und schließen unmittelbar an das ›Passional‹ an. Die Untergruppen Nr. 74.5. (›Passienbüchlein von den vier Hauptjungfrauen‹) und 74.6. (›Münchner Apostelbuch‹) beschreiben Legendarformen, die einem Auswahlprinzip folgen (Jungfrauen, Apostel). Dabei stellt das ›Münchner Apostelbuch‹ als Prosaauflösung des zweiten ›Passional‹-Buches die Verbindung zum frühen ›Passional‹ her, ist aber zugleich sowohl durch die Prosifizierung als auch durch die dichte Bebilderung im Seitenstettener Codex (Nr. 74.6.2.) im Kontext der ab der Mitte des 14. Jahrhunderts einsetzenden Überlieferungsexplosion von illustrierten Prosa-Legendaren (25 Handschriften in den Untergruppen Nr. 74.7.74.9.) zu sehen. Die Anzahl der deutschsprachigen illustrierten Prosa-Handschriften übertrifft damit die der lateinischen ›Legenda aurea‹ um mehr als das Doppelte. Von den über tausend lateinischen Handschriften (zur Überlieferung Fleith [1991]) sind nur ungefähr zehn illustriert, was wohl nicht zuletzt auf die weitgehend monastische Verwendung der Handschriften zurückzuführen ist, die eine Illustrierung nicht forderte. Die umfangreich bebilderten Handschriften im deutschsprachigen und französischen Sprachraum waren zwar auch in monastischen Kreisen verbreitet, aber doch »in der Regel für eine laikale Kundschaft gedacht« (Williams-Krapp [2015] S. 90). Die Bildkonzepte sind, vorgegeben durch den Aufbau der Legendare, in den lateinischen und deutschen Legendaren ähnlich, die engsten Bezüge lassen sich hierbei in der ersten illustrierten deutschsprachigen Handschrift der ›Elsässischen Legenda aurea‹, dem Münchner Cgm 6 (Nr. 74.7.7.), feststellen.

Die Reihung der Untergruppen stellt sich damit folgendermaßen dar:

1. Martyrologien

2. ›Passional‹

3. ›Buch der Märtyrer‹ (›Märterbuch‹)

4. Hermann von Fritzlar, ›Heiligenleben‹

5. ›Passienbüchlein von den vier Hauptjungfrauen‹

6. ›Münchner Apostelbuch‹

7. ›Elsässische Legenda aurea‹

8. ›Südmittelniederländische Legenda aurea‹

9. ›Der Heiligen Leben‹

Ausgeschieden aus der Stoffgruppe sind aufgrund fehlenden Text-Bild-Bezuges Handschriften mit ausschließlichem Initialschmuck: Freiburg i. Br., Universitätsbibliothek, Hs. 1500,8 (olim Ms. Leuchte XIII); Graz, Universitätsbibliothek, Ms. 64; München, Cgm 208 und Cgm 280; Nürnberg, Stadtbibliothek, Solg. Ms. 37. 2º und Solothurn, Zentralbibliothek, Cod. S 451 (Legendar des Marquard Biberli). Die Handschrift Moskau, Russische Staatsbibliothek, MK (Musej knigi; Museum des Buches = Rara-Abteilung), L 182 (ehem. Leipzig, Buch- und Schriftmuseum, Klemm-Sammlung I, 39) enthält nach Auskunft von Natalija Ganina, der ich sehr herzlich für die Information danke, ein lateinisches Martyrologium und wird daher im KdiH nicht berücksichtigt.

Die umfangreiche Drucküberlieferung der Stoffgruppe wird künftig in der Datenbank präsentiert. Nur der Erstdruck von ›Der Heiligen Leben‹ (Zainer 1471 und 1472, Nr. 74.9.a.) wird als Vorlage der Handschrift München Cgm 504 (Nr. 74.9.6.) berücksichtigt.

Literatur zu den Illustrationen:

Kunze (1970b); Saurma-Jeltsch (2001); Manuwald (2008) S. 495–504; Rappl (2015); Williams-Krapp (2015).

Siehe auch: