Aus der Werkstatt Diebold Laubers, Gruppe A (Saurma-Jeltsch [2001] Bd. 1, S. 99, Bd. 2, S. 1). Die weitere mittelalterliche Provenienz ist nicht nachweisbar. Im 17. Jahrhundert war die Handschrift in Augsburg, St. Ulrich und Afra (Exlibris im Vorderdeckel) und gelangte damit in den Bestand der Staats- und Stadtbibliothek.
Inhalt: Zusammengehörig mit der Sommerteil-Handschrift Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek, 2o Cod 159 (ohne Illustrationen). Komplementäre Fehler in den einleitenden Überschriften beider Handschriften: A1 (2o Cod 158): Dis ... ist das sum̄er teil (3va, enthält den Winterteil), A2 (2o Cod 159: ... vnd ist dz wintterteil (3ra, enthält den Sommerteil). Williams-Krapp (2015, S. 105) nimmt an, dass die zweibändige Ausgabe des Legendars von einem Augsburger Laien in den späten 1430er Jahren in Auftrag gegeben wurde. Lauber ließ den Winterteil illustrieren und ergänzte den Text durch einen Sommerteil aus älterer Produktion. »Möglicherweise reichte das Geld beim Käufer nur für eine Bilderhandschrift« (Williams-Krapp [2015] S. 105).
Papier, I + 317 Blätter, davon zwei Blätter nach Bl. 2 gezählt als 2a–2b (fehlende Blätter teilweise mit Textverlust nach Bl. 32, nach Bl. 185, nach Bl. 215, nach Bl. 303), 270 × 205 mm, Textualis (Prolog und Überschrift zu Kapitel 1), ansonsten Bastarda, eine Hand, zweispaltig, 26–36 Zeilen (zum Ende hin zunehmend), Rubrizierungen, Lombarden.
78 kolorierte Federzeichnungen. Nach Bl. 32 fehlt durch Blattverlust die Illustration zum Apostel Thomas (Nr. 5).
Format und Anordnung:
Die Federzeichnungen über die halbe bis dreiviertel Seite, 75 zweispaltige, drei einspaltige (Nr. 44, 45, 55) ungerahmte Illustrationen jeweils zu Beginn der jeweiligen Legende unter der rubrizierten Überschrift. Bei zweispaltigen Illustrationen wird die Blattbreite ausgeschöpft.
Bildaufbau und -ausführung:
In typischer Manier der Gruppe A der Lauber-Werkstatt gemalt (vgl. auch Nr.59.4.3., Nr.59.4.4., Nr.59.4.8.), diesbezüglich enge Verbindungen zur Dresdener Sammelhandschrift M 60 (Nr.44.1.2.) und zur Handschrift der ›Elsässischen Legenda aurea‹Berlin, Ms. germ. fol. 495 (Nr. 74.6.2.), d. h. die Figuren freistehend, die Gewandfalten gewellt und üppig hängend auf dem Boden aufliegend, Haare und Bärte gekringelt in Einzellocken oder in weichen Wellen, stereotype Hand- und Fußhaltungen sowie schablonenhafte Gesichter mit hoher Stirn. Martyrien drücken sich ebenso wenig wie Wunder in der Mimik aus. Drastische Formen des Martyriums werden eher abgemildert illustriert. Szenen, in denen Blut fließt, sind selten. So wird beispielsweise Agnes das Schwert durch die Kehle gestoßen, ohne dass ein Tropfen Blut zu sehen ist (118v). Die Figuren stehen häufig symmetrisch angeordnet auf einem grünen, klar durch einen schwarzen Federstrich begrenzten Bodenstück, das mit breitem Pinsel ausgemalt ist. Die durch den Schriftspiegel definierte Mitte wird bei der Platzierung der Heiligen genutzt (z. B. 29vLucia, 44vAnastasia, 47vStephan, 104vMacharius, 106vFelix, 108rMarcellus). Bei der Kreuzigung Christi ragt das Kreuz in den Leerraum zwischen den beiden Spalten. Die Konturen sind klar gesetzt und sorgfältig ausgemalt. Lediglich Requisiten wie Bäume und Wolken werden manchmal unsauber getuscht, ohne dass die Vorzeichnung berücksichtigt wird. Die Betonung liegt auf den Heiligen, die häufig mittig platziert sowie übergroß (89rErhart, hier auch die Hände übergroß) dargestellt werden. Auf Schraffuren wird verzichtet, modelliert wird mit Farbe in unterschiedlicher Dichte oder durch Aussparungen. Innenräume werden nicht dargestellt, Architekturelemente wie Türme und Häuser treten proportional hinter den Figuren zurück, es werden nur die wesentlichen Elemente erfasst. Die Verbindung zur ebenfalls von der Gruppe A illustrierten Handschrift Berlin, Ms. germ. fol. 495 (B1, Nr.74.7.2.) wird besonders deutlich in Details wie den Bischofsstäben (21r, B1: 9r), der Quelle (65r, B1: 47v), dem Ochsen (66r, B1: 43r), den Geschenkbehältern der Drei Könige (83v, B1: 55r), den Einsiedlerstäben (104v, B1: 70v), den Bäumen (104v, B1: 65r) sowie in der textlichen Nähe der beiden Handschriften (vgl. Kunze [1970b] S. 91f.).
Bildthemen:
Ausführliche Bildthemenliste bei Kunze (1970b) S. 93–96, Saurma-Jeltsch (2001) Bd. 2, S. 1f. Enthalten sind Illustrationen zu den Winterteil-Legenden Nr. 2–4, 6–31, 37–85. Die Illustrationen zeigen entweder die Martyrien der Heiligen (Nr. 2, 4, 7, 8, 10, 11, 23–25, 31, 37, 43, 46, 48, 59, 62–64, 66, 70–72, 75, 79, 80, 82, 84) oder charakteristische Szenen aus dem Leben der/des Heiligen bzw. zum Feiertag. Enthauptungsszenen (Nr. 11, 23, 31, 43, 48, 59, 62, 70–72, 75, 82, 84) weisen immer dieselbe Komposition auf: Der Scherge steht neben dem Märtyrer und schwingt das Schwert, der Märtyrer kniet mit gefalteten Händen, der Richter (manchmal der Gehilfe) steht vor ihm. Manchmal stimmt die Illustration nur teilweise mit der Handlung in der Legende überein. So werden in der Illustration zur Nikolaus-Legende mit Goldkugel, Turm und drei Frauen zwar die tragenden Elemente erfasst, das in der Handlung so wichtige Detail der vil heimliche[n] Wohltat (21vb) wird aber ausgeblendet. Die Illustration rafft in wenigen dargestellten Elementen den Kern der Legende, erzählt nicht die Handlung nach. In der Legende zu Julitta und Quiricus (Nr. 82) wird Quiricus gegen den Legendentext (drierjor alt 300r) als Erwachsener dargestellt. Verwechslungen aufgrund von Namensgleichheiten lassen darauf schließen, dass der Illustrator den Legendentext nicht genau kannte. So wird in der Legende von Petrus und Marcellinus (Nr. 77) Petrus mit Petrus von Mailand (Nr. 62) verwechselt. Er wird im Mönchshabit dargestellt, das Rubrum vermerkt peter von meygelan (289v). Verwechslung auch in Heidelberg, Cod. Pal. germ. 144 (Nr.74.7.3.), 364v, wo Petrus von Mailand mit den Attributen des Apostels Petrus dargestellt wird. Gervasius (Nr. 84) wird nach typisiertem Bildmuster geköpft, während er im Text mit Bleiklötzen getötet wird. Die Blasius-Legende (Nr. 39) hat sowohl im Register als auch im Textteil mit Von sant Veltins dage (170rb) die falsche Überschrift erhalten. Dass die Legenden sehr unterschiedliche Anknüpfungen für die Motivwahl in der Illustration bieten, verdeutlicht die Legende des Patricius (Nr. 50), die als Einzellegende eine Illustration aus dem ›Fegfeuer des heiligen Patricius‹ (vgl. Nr.51.26.1.) erhält, während Patricius hier als Bischof bei der Predigt vor dem König von Schottland gezeigt wird (211v). Damit wird der Beginn der Legende illustriert, der seine Predigttätigkeit hervorhebt, nicht der zweite Teil der Jenseitswanderung (vgl. Williams/Williams-Krapp [1980] S. 245,18–247,16). Bei der Anbetung der hl. Drei Könige (Nr. 14, 83v) wird keiner der Könige dunkelhäutig gezeichnet. Dies ist auch für sämtliche Handschriften festzustellen, in denen Einzellegenden zu den hl. Drei Königen überliefert sind, mit Ausnahme von London, Add. 28752 (Nr.51.8.2.).
Farben:
Grün, Braun, Gelbtöne von Hellgelb bis Ocker, Blau.