74.9.6. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 504
Bearbeitet von Kristina Freienhagen-Baumgardt
KdiH-Band 8
1475 (274r).
Freising / Weihenstephan.
Die Handschrift ist in Freising entstanden. Darauf deutet sowohl der Eintrag Weychn̄steun̄ im Vorderdeckel der Handschrift hin (15. Jahrhundert) als auch das seitenverkehrt gemalte Wappen von Weihenstephan im Bild des heiligen Michael (1r). Die Handschrift wurde vom dortigen Goldschmied Sixt Schmuttermaier an das Benediktinerstift Weihenstephan vererbt, wie im vorderen Spiegel mitgeteilt wird (Ende 15. Jahrhundert): Das puͦch hat maister Sixt goltschmid vnd purger ze Freysing an seinē lestn̄ vnserm̅ Gotzhaws Weihensteuen vermacht vnd georn̅t (beinahe gleichlautender Eintrag auch in Cgm 610, wo er zudem als mitbruder bezeichnet wird, und in BSB-Ink H-9 Sommerteil). Mit der Säkularisation gelangte die Handschrift in die kurfürstliche Hofbibliothek (Signatur 1174 im vorderen Spiegel).
1. | 1ra–139vb |
›Der Heiligen Leben‹
M13 (Der Heiligen Leben [2004] S. XIX); Iv Register; Winterteil Nr. 1–13, 15, 14, 17, 20–22, 24, Wolfgang, 23, 25–27, Pirmin, 16, 18, 19, Simprecht (Fassung 1), 28, 29, 31, 32; Sommerteil Nr. 53; Winterteil 33–35, Korbinian von Freising (Fassung 1), 36–46, 48–56, Weihnachten (Fassung 3), 57, 47, 58–62
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2. | 139v–145v | Johannes von Hildesheim, ›Historia trium regum‹, deutsch |
3. | 146r–249v |
›Der Heiligen Leben‹
Winterteil Nr. 64–72, 74, 73, Menrat, 75–81; Sommerteil Nr. 46; Winterteil Nr. 82–93, 95–98, Judas, 99–107, 109–120, 122–124, 30, 94, Arsacius
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Papier, I + 249 Blätter, 400 × 280 mm, Bastarda, eine Haupthand (1r–249v), Register (Iv) von zweiter Hand, einige Marginalien von jüngeren Händen, zweispaltig, 52–57 Zeilen, rote Überschriften, rote Initialen bei Kapitelbeginn, 1r Deckfarbeninitiale mit Buchstabenkörper in Gold und mehrfarbige Rankenverzierung mit goldfarbenen Knospen.
mittelbairisch.
135 kolorierte Federzeichnungen. Ein Maler.
Die Illustrationen wie im Druck jeweils zu Legendenbeginn, nach der Überschrift, meist doppelt gerahmt (einfach: 130rb), spaltenbreit, dem Schriftspiegel angepasst, nur selten wird die Spalte nach unten durch die Illustration verlängert (z. B. 133rb), Umfang 10–17 Zeilen, zu jeder Legende eine Illustration mit Ausnahme der Legenden zu Antonius des Großen (Nr. 71) und Ignatius Theophorus (Nr. 85), die beide mit zwei Illustrationen versehen sind. Antonius mit zwei unterschiedlichen Illustrationen (151r, 152v), was daraus resultiert, dass die Legende zur Inventio des Antonius aufgenommen ist, die in allen Drucken und Druckabschriften überliefert ist (
In der Handschrift werden die Illustrationen der ersten Druckauflage (im Folgenden ist immer das Münchener Druckexemplar [Nr. 74.9.a. zum Vergleich herangezogen) nachgemalt, wobei der Maler sowohl in der Farbgebung als auch in der formalen und inhaltlichen Gestaltung eigene Akzente setzt. Er übernimmt nicht die intensive Kolorierung des Drucks, sondern gestaltet mit wenigen, meist nur zart aufgetragenen Farben im Farbspektrum von Rot, Braun und Grün. Faltenwürfe und Gesichtszeichnungen sind durch Schraffuren meist gelungen, ebenso die Dynamik der Figuren in der Bewegung, die Proportionen nicht immer; auch Detailzeichnungen (vor allem Tiere) sind nicht seine Stärke. Möglicherweise wurde die Kolorierung nicht abgeschlossen, denn alle Illustrationen enthalten unkolorierte Teile (z. B. das Gewand von Pontius von Cimiez, 212v; die Darstellung des Martyriums der Benedicta, 240rb) und auch das Spruchband zu Mariä Verkündigung (223vb) ist nicht beschriftet (im Druck: Ave Maria). Während im Druck alle Teile koloriert sind, sind in der Handschrift nur der Nimbus und die Haare gelb, der Boden grau und die Flügel des Engels grün laviert, der Boden grün gefliest. Insgesamt ist
Auch in diesem Codex beinhalten die Illustrationen entweder Martyrienszenen, Einzeldarstellungen der Heiligen mit Attributen oder ikonografisch bekannte Szenen aus den Legenden. Die Mehrzahl der Illustrationen zeigt die Martyrien, aber auch Szenen aus dem Leben der Heiligen sind häufig. Einen Schwerpunkt bilden hier Darstellungen, in denen die Heiligen als Wohltäter und Wohltäterinnen gezeigt werden (Nr. 28, 32, 33, 35, 70, Simprecht). Die wenigsten Legenden werden mit den Heiligen als Einzelfiguren gezeigt. Ganz offensichtlich sollen die Illustrationen vor allem handelnde Heilige zeigen bzw. Heilige, die für ihren Glauben sterben. Bei Dorothea (191r) wird mit der Darstellung der Heiligen unter der Marter eine für die Überlieferung ungewöhnliche Ikonografie gezeigt, üblicherweise wird sie mit ihren Attributen Rosen und/oder Äpfeln abgebildet (vgl. Nr. 74.5.1., Nr. 74.7.8., Nr. 74.9.3., Nr. 74.9.6., Nr. 74.9.7., Nr. 74.9.8.). Auch die Darstellung von Hugo von Lincoln (241r) mit einer Kette in der Hand ist auffällig, üblich ist das Attribut des Schwans. Bei der Nikolaus-Legende (104v) entspricht die Illustration in genauer Weise dem Text: Der Vater und die drei Töchter schlafen, Nikolaus kann heimlich das Gold in das Haus werfen – ein Element, das in vielen Handschriften unberücksichtigt bleibt (vgl. dazu Nr. 74.7.7.). Nikolaus wird dabei als Bischof gezeigt, was dem Text vorausgreift. Der Bezug zu Freising wird in der Aufnahme der Korbinian-Legende deutlich, die im Druck nicht vorhanden ist. Korbinian ist hier in der üblichen Weise als Heiliger mit Bär gezeichnet.
Rot, Grün, Braun (pastell), Grau.
Zur Handschrift gibt es keine Abbildungen. Digitalisiert ist jedoch der Druck, auf dem die Handschrift basiert, siehe Nr. 74.9.a.
Abb. 89: 191r. Dorothea.