KdiH

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74.2.1. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 7369

Bearbeitet von Kristina Freienhagen-Baumgardt

KdiH-Band 8

Datierung:

1. Viertel 14. Jahrhundert.

Lokalisierung:

Südliches ostmitteldeutsches Grenzgebiet zwischen dem Hessisch-Thüringischen, dem Böhmischen und dem Ostfränkisch-Bayerischen.

Besitzgeschichte:

Im 16. Jahrhundert laut Eintrag im Besitz des Cristoff Weinberger vonn Gurkc (Kärnten). Dieser ist nicht der Schreiber, auch wenn nach dem Namenseintrag Manu propria verzeichnet ist, dies aber von deutlich späterer Hand (gegen Benesch [1936] S. 79). Noch im 18. Jahrhundert befand sich die Handschrift in der Bibliothek Principis de Dietrichstein auf Schloss Nikolsburg, 1933 durch die Bayerische Staatsbibliothek erworben.

Inhalt:
S. 2–422 ›Passional‹
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, 422 Seiten (zwischen S. 14 und 15 ein Blatt herausgeschnitten), 245 × 170–175 mm, Textualis, eine Hand, zweispaltig, 45–52 Zeilen, Verse abgesetzt, Rubrizierungen in Rot und Blau, rote Seitenüberschriften, in der Regel über zwei Seiten, abwechselnd rote und blaue Abschnittsinitialen, rote Kapitelüberschriften.

Schreibsprache:

südliches Ostmitteldeutsch.

II. Bildausstattung:

Im vorderen und hinteren Spiegel zwei ganzseitige, leicht lavierte Federzeichnungen auf Papier eingeklebt. Beide Federzeichnungen erstes Viertel 15. Jahrhundert, wobei vermutlich die Zeichnung im hinteren Spiegel ein wenig früher entstanden ist. Wohl von verschiedenen Künstlern.

Format und Anordnung:

Das vordere Bild nimmt den ganzen Spiegel ein, während das Blatt auf dem hinteren Spiegel kleiner geschnitten so eingesetzt ist, dass der Rand des roten Ledereinbands noch sichtbar bleibt.

Bildaufbau und -ausführung, Bildthemen:

Das vordere Bild zeigt Maria, das hintere den Kopf eines Mannes, wohl Johannes der Täufer. Maria im Typ der ›Schönen Madonna‹ steht mittig auf einem Wiesenstück, das Kind auf dem Arm, den Fuß auf die getötete Schlange gesetzt. Gekonnte Farbmodellierungen sind vor allem beim Faltenwurf des Kleides und der Schlange festzustellen. Konturen werden durch Farbsetzung erzeugt, nicht durch harte Linien, so ist der Strauch links neben Maria gepunktet und die Zähne der Schlange durch weiße aufgesetzte Punkte markiert. Marias Gesicht ist fein gezeichnet, hingegen der runde Kopf des Jesuskindes ein wenig plump, die Zeichnung der Hände misslungen. Der Textbezug ist evident, da das erste Buch des ›Passionals‹ sich thematisch mit dem Marienleben befasst. Die Ähnlichkeit mit weiteren mittelalterlichen Johannes-Darstellungen legt nahe, dass die hintere Zeichnung Johannes den Täufer zeigt, nicht einen nicht identifizierbaren Märtyrer (so Richert [1978] S. 106 und Burmeister [1998] S. 89, Anm. 39), auch wenn dies keinen unmittelbaren Textbezug herstellt. Das Haupt des soeben verstorbenen Johannes mit dem Schnitt am Hals (nicht nachgetragen wie Burmeister [1998] S. 89, Anm. 39 annimmt), leicht geschlossenen Augen und Leidensausdruck begegnet im Bereich der Plastik im Umfeld der sogenannten Johannesschüsseln, aber auch als Siegel (so 1232 als Siegel des Johannitermeisters in Deutschland, Konrad von Heimbach) oder als Pilgerzeichen. Im 15. Jahrhundert weist die Darstellung bei Aelbert Bouts (Johannesschüssel, um 1500, Landesmuseum Oldenburg) große Ähnlichkeit mit vorliegender Federzeichnung auf. Diese zeigt den Kopf des Johannes grafisch modelliert mit Häkchen und Kringeln, Hell-Dunkel-Effekte durch klare Strichführung. Benesch (1936, S. 39) ordnet die Federzeichnung des Johannes dem Südtiroler Raum um 1405–1410 zu, die Madonna dem Salzburgischen um 1425, während von Wilckens (1974, S. 34f.) beide Federzeichnungen dem Salzburger Raum zuweist, da diese Art der schneckenartig gerollten Locken fest und grafisch modelliert sind, ähnlich wie in der Mettener Armenbibel (München, Clm 8201, 87r und 87v). Möglicherweise sollte diese Johannes-Darstellung mit der Marien-Illustration des vorderen Buchdeckels korrespondieren und der Text so mit den bedeutendsten Heiligen gerahmt werden.

Farben:

Rot, Grün, Grau in verschiedenen Schattierungen, Rotbraun bis Rosé.

Literatur:

Dudík (1868) S. 501f. (Nr. 68); Hernad (2000) Textbd., S. 185f. (Kat. 257). – Stange (1958) Nr. 36f.; Grubmüller (1969); Richert (1978) S. 102–108; Burmeister (1998) S. 89–94; Oppitz (1999) S. 198; Haase/Schubert/Wolf (2013) Bd. 1, S. LIIIf.; Bilderwelten (2016) S. 198 [Elisabeth Wunderle].

Abb. 66: Hinterer Spiegel. Johannes der Täufer.

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Abb. 66.