KdiH

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74.9.7. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 840

Bearbeitet von Kristina Freienhagen-Baumgardt

KdiH-Band 8

Datierung:

4. Viertel 15. Jahrhundert.

Lokalisierung:

Süddeutschland.

Besitzgeschichte:

Zur Provenienz ist nur bekannt, dass es sich beim ersten Besitzer um Johannes mür de jnngolstat (109v) handelt. Später befand sich die Handschrift im Augustinerkloster München (1r alte Klostersignatur N 167). Im Zuge der Säkularisation gelangte sie 1803 in die Hofbibliothek.

Inhalt:
1. 1r–281v ›Der Heiligen Leben‹
M24 (Der Heiligen Leben [1996] S. XXII); Winterteil Nr. 25, 42, 82, 75, 36, 89, 107; Sommerteil Nr. 87, 88, 108
2. 282r–325v ›Spiegel menschlicher behaltnis‹
Kap. 44–45: sieben Schmerzen und sieben Freuden Mariens

3. 326r–357v Tagzeiten vom Leiden Christi
4. 358r–368v Rosenkranzgebet
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 373 Blätter (neue Zählung überspringt je ein Blatt nach 52, 245, 356, zwei unbeschriebene Blätter nach 357, nach 166v unbeschrieben, je vier Blätter fehlen vor 1, nach 4, zwei Blätter nach 126, ein Blatt nach 368; Pergamentfälze um die erste und letzte Lage und im Innern um einige Lagen aus lateinischen Handschriften), 150–152 × 100 mm, Bastarda, zwei Hände (Hand I: 1r–147v, 167r–281v, diese Hand eventuell Johannes Mür, der erste Besitzer der Handschrift, vgl. Eintrag 77v jhesus maria in Textualis möglicherweise von seiner Hand; Hand II: 148r–166r, 282r–368v), einspaltig, 13–18 Zeilen, rubrizierte oder rot unterstrichene Überschriften.

Schreibsprache:

bairisch.

II. Bildausstattung:

Sieben kolorierte Federzeichnungen zu Text 1 (8r, 41v, 63r, 77v, 110r, 217r, 234v), eine kolorierte Federzeichnung zu Text 2 (309r, siehe Stoffgruppe 120. ›Speculum humanae salvationis‹), ein Illustrator. Aufgrund von Blattverlust fehlt zu Beginn der Handschrift möglicherweise eine Illustration zu Eustachius sowie eine zu Mariä Himmelfahrt (nach Bl. 166, Sommerteil Nr. 87), 357v eine ehemals eingeklebte Illustration ausgelöst (?). Den kolorierten Metallschnitt der Madonna in der Glorie auf dem Halbmond im Vorderdeckel wies Schreiber (Handbuch 4 [1927/1969] Nr. 2754) dem ›Meister des Namenszugs Christi‹ zu, entstanden um 1450 in Süddeutschland. Das Münchener Blatt kann als das älteste bestimmt werden (weitere Exemplare in Nürnberg und Paris), weil hier das in den anderen Blättern bereits vorhandene Nagelloch fehlt (dazu auch Schmidt [2003] S. 437).

Format und Anordnung:

Der eingeklebte kolorierte Metallschnitt im Vorderdeckel ist ganzseitig, ebenso die Illustration auf 77v, die weiteren sechs Federzeichnungen zu Text 1 umfassen in der Höhe neun bis 13 Zeilen (entspricht etwa der halben Seite), schriftspiegelbreit (8r, 63r, 77v, 110r, 217r, 234v), einmal über die Blattbreite (41v), zweimal mit Rahmung (217r, 234v). Die Illustrationen befinden sich entweder vor (8v, 77v, 110r) oder nach der Überschrift zur Legende (41v, 63v, 234v). Die Illustration auf 217r steht ohne Überschrift.

Bildaufbau und -ausführung:

Die Illustrationen sind von ungeübter Hand eng in den Text gesetzt, weder Konturierung noch Kolorierung sind exakt vorgenommen, die Farben teilweise verschmiert, flächig aufgetragen. Die Gesichter sind mit nur wenigen Strichen gezeichnet. Ihnen fehlt es an Tiefe und Ausdruck. Faltenwurf ist mit schwarzer Tinte aufgetragen, nur selten durch Schraffuren und Farbabstufungen modelliert (63r), Haare in gleicher Weise durch aufgemalte Linien gestaltet, so beispielsweise geflochtenes Haar durch wellenartig verbundene Bögen (77v). Gregorius sitzt auf einem frei gestellten Thron (?), die anderen Einzelfiguren stehen auf grünem Bodengrund (63r, 110r), der teilweise durch verschiedene Grüntöne schattiert ist. Bei den szenischen Darstellungen ist der übergroße Johannes Chrysostomus im Freien auf grünem Bodengrund gezeigt, gerahmt von zwei Bäumen, die bis in die Überschrift hinauf reichen (41v). Die beiden gerahmten Szenen zeigen gekachelten Boden (Außenraum 217v, Innenraum 234v). Es sind wenige Landschaftselemente wie Bäume und Gräser vorhanden, bei denen der Maler versucht, durch aufgetupfte, unterschiedliche Grüntöne Varianz zu erzeugen. Im Rahmen seiner begrenzten Möglichkeiten versucht der Maler, die Illustrationen zu Maria farblich und darstellerisch gekonnt zu gestalten. Auch wenn das Gesicht des Jesuskindes nicht gelingt (77v) – es wirkt ausdruckslos und derb – so vermittelt doch die Umarmung der Mutter durch das Kind einen innigen Bezug zwischen beiden. Der rote Innenstoff von Marias Umhang bildet einen Blickfang in der ansonsten farblich zurückgenommenen Darstellung.

Bildthemen:

Gregorius auf dem Stein (8r), Johannes Chrysostomus (41v), Agnes von Rom (63r), Mariä Opferung (77v), Dorothea (110r), Warum der Samstag Maria geweiht ist (217r), Mariä Geburt (234r).
Die wenigen Illustrationen in dieser Handschrift zeigen keine Martyrien, sondern die Heiligen entweder als Figur mit Attribut (8r, 63r, 110r) oder in einer szenischen Darstellung aus der Legende (41v, 77v, 217r, 234v). Gregorius auf dem Stein ist hier nicht auf dem Stein sitzend (so in Cgm 504, 89v, Nr. 74.9.6.), sondern ähnlich wie in der Karlsruher Handschrift Cod. Donaueschingen 117, 96v (Nr. 74.9.3.) als Papst dargestellt, die Tiara sehr skizzenhaft wiedergegeben. Die Darstellung des Johannes Chrysostomus gleicht der in Cgm 504 (Nr. 74.9.6.), 176v: Auf allen Vieren krabbelnd wird er als Einsiedler gekennzeichnet durch seine Nacktheit (in Cgm 504 mit Blätterschurz), die wild wachsenden Haare und einen ebensolchen Bart. Die ganzseitige Illustration der Gottesmutter Maria entspricht dem thematischen Schwerpunkt der Handschrift, in der von den überlieferten zehn Legenden vier Marienlegenden enthalten sind. Auch der Metallschnitt mit der Madonna in der Glorie auf dem Mond im Vorderdeckel ist in diesem Kontext zu sehen. Die Illustrationen passen nicht immer zum Inhalt der Legenden. Die Illustration 77v zeigt Maria mit dem Jesuskind und entspricht damit thematisch nicht der Legende zu Mariä Opferung. Die Bildunterschrift gibt eine unzutreffende Angabe zum nachfolgenden Legendeninhalt: Von vnser lieben frauen maria als sy geporen ward. Dieser Fehler findet sich auch im Zainer-Druck von 1471 und 1472 (Nr. 74.9.a.) und der davon abhängigen Druckabschrift in Cgm 504 (Nr. 74.9.6.) wieder, wo allerdings die zugehörige Illustration verdeutlicht (107v, Maria im Tempel), dass dieser Illustrator die Legende kennt. Die Illustration zu Mariä Geburt zeigt Anna im Kindbett, neben dem Bett eine Frau mit Maria als Säugling auf dem Arm. Damit werden nur die ersten Sätze der Legende im Bild umgesetzt. Die Illustration zur handlungsfreien Legende ›Warum der Samstag Maria geweiht ist‹ bildet die Rolle Marias als Bindeglied zwischen Gott und den Menschen im Bild ab: Zwei Männer kniend in Anbetung vor Maria mit Jesus auf dem Arm. Dieses Motiv ähnlich in der Karlsruher Handschrift St. Peter pap. 27, 2r (Nr. 74.9.4.).

Farben:

Grün, Braun, Blau, Gelb.

Literatur:

Schneider (1984) S. 571–573. – Williams-Krapp (1986) S. 216; Der Heiligen Leben (1996) S. XXII; Der Heiligen Leben (2004) S. XIX; Schmidt (2003) S. 437.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 88: 41v. Johannes Chrysostomus.

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Abb. 88.