»Das Passional ist das bedeutendste Verslegendar des deutschen Mittelalters« (Haase/Schubert/Wolf [2013] S. XI). Der Titel legt die Vermutung nahe, dass es sich bei diesem Werk um eine Sammlung von Märtyrergeschichten handelt, es enthält jedoch weit mehr. In drei Büchern mit beinahe 110000 Versen gruppiert Ende des 13. Jahrhunderts der anonym gebliebene Autor, der auch als Verfasser des ›Väterbuches‹ gelten kann (siehe Stoffgruppe 132a. ›Vitaspatrum‹), Legendenstoffe vor allem aus der ›Legenda aurea‹ des Jacobus de Voragine. Er stellt Verbindungen unter den Büchern her und schafft damit ein großes Gesamtwerk – auch wenn dieses wohl nie in einer Gesamthandschrift überliefert wurde. Das erste Buch behandelt das Leben Jesu und Mariens, das zweite stellt die Heiligen des Neuen Testaments vor (Apostellegenden), das dritte Buch hat die Legenden der postbiblischen Heiligen zum Thema. Nur das dritte Buch übernimmt dabei in 75 Legenden den Aufbau der ›Legenda aurea‹ nach dem Heiligenfestkalender. Die Rezeptionszeit des ›Passionals‹ war nur kurz – im frühen 14. Jahrhundert war der Verbreitungsraum vor allem das Herrschaftsgebiet des Deutschen Ordens –, es wurde bald von den Prosalegendaren abgelöst, für die es als Quelle von Bedeutung war. Vor allem das erfolgreichste Prosalegendar des späten Mittelalters, ›Der Heiligen Leben‹, schöpfte aus dem ›Passional‹ (Der Heiligen Leben [1996] S. XXXV–XXXVII; Der Heiligen Leben [2004] S. XXXII–XXXIV). Darüber hinaus gingen Teile in die umfangreichen Weltchronikkompilationen ein (Stoffgruppe 135.). Während die großen Prosalegendare eine umfangreiche Bebilderung aufweisen (Nr. 74.7. und 74.9.), ist das ›Passional‹ lediglich in zwei Handschriften illustriert. In der Handschrift Stuttgart, HB XI 28 (Nr. 74.2.2.) sind mit Illustrationen zu den Heiligen Michael, Johannes der Täufer, Katharina von Alexandrien und Maria Magdalena Teile aus dem zweiten und dritten Buch des Werkes bebildert. Das erste Buch bleibt bei der Illustrierung unberücksichtigt. Die zweite illustrierte Handschrift (Cgm 7369, Nr. 74.2.1.) weist keine Illustrationen zu Einzeltexten auf. Im Vorder- und Rückendeckel des Codex sind jedoch ganzseitige Illustrationen eingeklebt, von denen vor allem die erste Illustration thematisch zum Text in Beziehung gesetzt werden kann. Zu verweisen ist noch auf die Prosauflösung von Teilen des zweiten Buchs des ›Passionals‹ im ›Münchner Apostelbuch‹ (Nr. 74.6.), von dem zwei illustrierte Handschriften erhalten sind (Nr. 74.6.1., Nr. 74.6.2.).