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74.4.1. Überlingen, Leopold-Sophien-Bibliothek, Dc 149, Einband

Bearbeitet von Kristina Freienhagen-Baumgardt

KdiH-Band 8

Datierung:

Um 1400 (Werner [2000] S. 157).

Lokalisierung:

Bodenseeraum.

Besitzgeschichte:

Die zwei Fragmente bildeten den Umschlag des Werkes Gründliche und leichte Anweissung zur zierlichen Schreib-Kunst, der lieben Jugend zum besten und auf vielfältiges Begehren an den Tag gegeben von Berthold Ulrich Hofmann, Sart. o. J. Schreib: und Rechenmeistern in Nürnberg. Daselbsten zu finden bey Jacob von Sandrart (etwa 1694 erschienen, Signatur Dc 149) und gehörten zur selben Handschrift wie Heidelberg, Cod. Sal. 8.112 (zwei Doppelblätter). Der Codex wurde demnach nach 1670 aufgelöst, denn die Heidelberger Doppelblätter dienten als Umschläge für die Jahresrechnungen 1667–1670 der Überlingischen Hoffmeysterey, eines Institutes des Reichsstiftes Salem. Offenbar erst zwei Jahrzehnte später benutzte man weitere Seiten als Einband für Hofmanns Schreibbüchlein. Ein Vermerk auf der Vorderseite von Bl. 2 der Überlinger Blätter, senkrecht zum übrigen Text verlaufend, teilt einen Vorbesitzer mit: Bün Jacob Ellegast in Überlingen. Ellegasts Großvater mütterlicherseits Johann Sebastian Stahl, ein gebürtiger Salemer, könnte das Heft, oder auch nur das Material, für den Umschlag aus der Klosterbibliothek Salem bezogen haben. Wie es von dort in die Leopold-Sophien-Bibliothek gelangte, ist unklar.

Inhalt: Hermann von Fritzlar, ›Heiligenleben‹
Doppelblatt 1 (Sp. 1a, 1b) Priska, Antonius
Pfeiffer (1845) S. 63,31–64,6 und S. 62,8–28
Doppelblatt 2 (Sp. 2a, 2b) Antonius, Priska
Pfeiffer (1845) S. 61,28–62,8 und S. 64,7–24
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, zwei Doppelblätter (auf Pappe aufgezogen, daher nur eine Seite lesbar), 284 × 199 mm (Doppelbl. 1), 320 × 196 mm (Doppelbl. 2), Querformat, gotische Buchschrift mit kursiven Elementen, ein Schreiber, diverse Notizen und Kritzeleien von späterer Hand, rote D-Initiale.

Schreibsprache:

alemannisch-schwäbisch.

II. Bildausstattung:

Eine lavierte Federzeichnung.

Format und Anordnung, Bildaufbau und -ausführung, Bildthemen:

Eine Illustration zu Beginn der Priska-Legende (vgl. Schnyder [1979] S. 311–316), hochformatig, 61 × 106 mm, eingefasst in einen breiteren Außenrahmen sowie einen dünnen roten Innenrahmen (heute verblasst). Im Vordergrund rechts ein übergroßer Mann mit langem, braun-rotem Rock mit weiten Ärmeln, grünem spitzen Hut mit doppelter Krempe (grün und weiß). Der Mann wendet sich mit vor der Brust erhobenen Händen der Heiligen zu, die durch das Fenster eines kleinen Hauses (einer Kapelle?) heraus blickt. Möglicherweise hält der Mann einen Gegenstand zwischen den Händen. Die Farben sind zu stark verblasst, um das genau zu erkennen. Die Heilige ist nur bis zur Brust sichtbar, der goldene Nimbus füllt das Fenster beinahe ganz aus. Die Ausführung der beiden Gesichter kann nicht beurteilt werden, da auch hier die Farben verblasst sind. Das Gebäude ist von schlichter Architektur, vorne links sieht man ein hohes rundbogiges Holztor, hinten rechts lässt sich eine Apsis vermuten. Über dem Tor befindet sich ein kleines quadratisches Fenster. Das Dach ist kräftig rot gemalt. Die Szene spielt sich auf grünem Boden ab, mit wenigen Strichen ist Gras angedeutet. An diesen grünen Boden schließt nahtlos blauer Himmel an. Die Farben sind flächig aufgetragen, der Faltenwurf des Mantels ist durch Farbauftrag wie auch durch Striche gestaltet. Die Szene kann der Priska-Legende nicht zugeordnet werden, es sei denn, man nimmt an, dass hier der in diesem Fragment nicht überlieferte Abschluss der Legende seinen bildlichen Niederschlag findet: Und man furte si an di vemestat und sluc ir abe daz houbit, und di kristenen lûte von Rome di nâmen disen lîcham heimelkhen und begruben in mil grôzen êren, und bûweten dar über eine schône kirchen. Alsô nam dise jungvrowe ir ende. Biten wir si, daz si uns ire heilige marter mite teile und unser vorsprecherîn sî gen dem almechtigen gôte (Pfeiffer [1845] S. 65, Z. 1–6). Die Illustration zeigte dann einen Pilger (?), der die heilige Priska an ihrer Kirche um Fürsprache bittet. Schnyder (1979, S. 314) vermutet, dass eine Verwechslung mit einer anderen Legende aus der Sammlung vorliegt, die einen ähnlichen Beginn aufweist, und schlägt das Paulinus-Wunder der heiligen Agnes vor. Die erhobenen Hände des Mannes würden dann die Ringübergabe markieren, mit der Priester Paulinus sich dem Bild der heiligen Agnes vermählt. Schnyder gibt allerdings zu bedenken, dass die Kleidung des Mannes nicht für einen Priester spricht.

Farben:

Grün, Blau, Grau, Rot, Gold.

Literatur:

Werner (2000) S. 157. – Werner (1969); Schnyder (1979) S. 313 (Abb. des Fragments); Jefferis (1998) S. 195–197.

Weitere Materialien im Internet:

http://www.handschriftencensus.de/2117

Abb. 68: Sp. 1a. Ein Mann vor der Kapelle der Priska (?).

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Abb. 68.