KdiH

KdiH

_ (der Unterstrich) ist Platzhalter für genau ein Zeichen.
% (das Prozentzeichen) ist Platzhalter für kein, ein oder mehr als ein Zeichen.

Ganz am Anfang und ganz am Ende der Sucheingabe sind die Platzhalterzeichen überflüssig.

ß · © ª º « » × æ œ Ç ç č š Ł ł ́ ̀ ̃ ̈ ̄ ̊ ̇ ̋ ͣ ͤ ͥ ͦ ͧ ͮ Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ σ ς τ υ φ χ ψ ω ͅ ̕ ̔

4.0.12. Dessau, Anhaltische Landesbücherei, Hs. Georg. 230.2º

Bearbeitet von Norbert H. Ott

KdiH-Band 1

Datierung:

1446 (Pensel), 1444 (van Buren/Edmunds).

Lokalisierung:

Obersachsen.

Besitzgeschichte:

Angefertigt für Fürst Georg I. von Anhalt (1390–1474) (212rb).

Inhalt:
ara–212ra Otto von Passau, ›Die vierundzwanzig Alten‹
Vorrede, 24 Reden, Dankbarkeit
(Register fehlt wegen Blattverlusts)
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, Nachsatzblatt c Pergament, ursprünglich 213 Blätter, die beiden ersten gezählt als a. b, Bl. 36 herausgeschnitten, Blattverluste (zwei Blätter vor dem jetzigen 1. Blatt, danach sieben Blätter), 403 × 285 mm, Bastarda, eine Hand (Nicolaus kurßener aus Pirna, 212rb), zweispaltig 30–36 Zeilen, blau-rote Initialen innerhalb der Kapitelabschnitte, rote Strichelung.

Schreibsprache:

thüringisch-obersächsisch.

II. Bildausstattung:

22 gerahmte Deckfarbenminiaturen (ava, 19vb, 24vb, 29va, 34ra, 40vb, 45ra, 49rb, 63vb, 92ra, 97va, 105ra, 110rb, 118vb, 125rb, 132vb, 139ra, 164va, 174ra, 186va, 198vb, 209va).

Die Blätter mit den Bildern des 2. und 3. Alten fehlen; Miniatur des 4. Alten (15vb) herausgeschnitten. Ein Illuminator. Schmidt (1955) S. 119: »Malerwerkstatt in Obersachsen«; Rothe: vielleicht in Leipziger Franziskanerkloster hergestellt (?).

22 neun- bis elfzeilige Initialen zu Beginn jeder Rede (avb, 16ra, 20ra, 24vb, 29va, 34ra, 40vb, 45rb, 49va, 64ra, 92ra, 97va, 104vb, [109va], 110va, 118va, [124va], 125ra, 132vb, 139ra, 164rb, 174ra, [174rb], 186va, 198vb), hochrechteckig (110–140 × 80 mm): von schmalem Streifen in unterschiedlichen Farben (der z. T. vom Buchstabenkörper überschnitten wird) gerahmtes, goldbelegtes Feld, darauf der Buchstabenkörper mit Akanthus- und Blattwerk (weiß gehöht auf der wechselnden Grundfarbe), z. T. weiße Fleuronnéefüllung auf schwarzem Grund, z. T. figürlicher Schmuck (Greise, St. Georg, Wildmann, Laute spielender Engel, Wappenhalter, Vögel, Drachen usw.). Am äußeren und unteren Blattrand aus den Initialen herauswachsende, vielfarbige, geometrische Akanthus- und Blütenranken, von Vögeln, Käfern, Mücken und anderen Tieren belebt, mit Goldpunkten; 20r Hirschjagd als Drolerie (am unteren und rechten Blattrand).

Format und Anordnung:

Von schmaler, in den Farben wechselnder Pinsellinie (die z. T. von den Figuren überschnitten wird) gerahmte, hochrechteckige, spaltenbreite Miniaturen (ca. 110–140 × 80 mm) zum Anfang der Reden, die Initiale stößt an den unteren Bildrand.

Bildaufbau und -ausführung:

Einfarbiger, flächiger, meist dunkler Hintergrund (Rot, Blau, Violett, Schwarz), z. T. mit goldenen Fleuronnée-Ranken belegt oder von Punzen eingefaßt. Auf wechselnden Bodenstücken (grüne Wiese, braune Erde oder fliesenbelegter Fußboden) steht links oder rechts der Alte mit farbigem Spruchband (das er öfter in der Hand hält) mit Zählung und den Anfangsworten seiner Rede in Textura. Vor ihm kniet oder steht die maßstäblich kleinere minnende Seele mit zum Gebet gefalteten Händen. Die Darstellung der Alten variiert stets: sie tragen entweder lange, auf den Boden aufstoßende Gewänder oder Fürstentracht, Kronen oder Mützen auf dem Kopf, der 14. Alte ist als Kardinal mit karminrotem Mantel und Hut über blauem Gewand dargestellt. Abwechslungsreiche Körperhaltung und Gebärdensprache. Die minnende Seele entweder als Jungfrau in weißem Gewand mit langen blonden Haaren oder als kahlgeschorene Nonne (19vb, 24vb, 186va).

Überlange, schlanke Figuren mit weich in Parallel- und Hakenfalten fallenden Gewändern, schmale Köpfe und Hände. Modelllierung durch dunklere Farbwerte und aufgesetzte Lichter. Charakteristisch ist die Kontrastwirkung: der meist dunkle Hintergrund erhöht die Leuchtkraft der Farben, in denen die Figuren gemalt sind, wie überhaupt in der Farbigkeit, die von zarten Pastelltönen bis zu kräftig leuchtendem Kolorit reicht, der Hauptreiz der Miniaturen liegt. Böhmischer Einfluß.

Malerzuschriften von der Schreiberhand, z. B. 132v unten XIX ald(er).

Neben den Fragmenten Nr. 4.0.6. ist die Dessauer die anspruchsvollste Handschrift des Textes. Die gleiche Werkstatt hat u. a. auch zwei Exemplare der 42zeiligen Bibel (Berlin; San Marino, USA) und den ›Sachsenspiegel‹ in Leipzig, Universitätsbibliothek, Rep. II. fol. 15 (siehe Nr. 106. Rechtsspiegel) illuminiert.

Bildthemen:

Dialog der vierundzwanzig Alten mit der minnenden Seele. 209va: ein Franziskanermönch überreicht der minnenden Seele ein aufgeschlagenes Buch (als Titelminiatur zur ›Dankbarkeit‹).

Farben:

Kräftiges Gelb, Grün, Ocker, Blau, Karmin, Schwarz, Weiß; zartes Rosa, Lila und Hellgrün; Gold, Silber.

Literatur:

Pensel (1977) S. 177–179. – Wilhelm Hosäus: Deutsche mittelalterliche Handschriften der Fürst-Georgs-Bibliothek zu Dessau. Germania 24 (1879), S. 122–124, Nr. 5; Kurt Matthaei: Altdeutsche Handschriften der Fürst-Georg-Bibliothek in Dessau. Mitt. des Vereins f. Anhalt. Gesch. u. Altertumskunde 11 (1912), S. 529; Fechter (1935) S. 91; Schmidt (1938) Nr. 89; Wieland Schmidt: Das Berliner Exemplar der Gutenberg-Bibel. In: Fs. Edwin Redslob. Berlin 1955, S. 96–123, wieder abgedr. in W. S.: Kleine Schriften. Wiesbaden 1969, S. 129–146, Abb. 10 (20r). 11 (29v). 12 (118v); 13 (186v). 14 (104v); Boeckler (1959) S. 78 Taf. 40 (29v); Ellen J. Beer: Gotische Buchmalerei. Literatur von 1945 bis 1961. Fortsetzung und Schluß. Zs. f. Kunstgesch. 28 (1965), S. 134–158, hier S. 137f.; Rothe (1965) S. 215. 257f., Taf. 80 (97v); Hans Hornung: Der Buchschmuck des Berliner Exemplars der zweiundvierzigzeiligen Bibel. Gutenberg-Jb. 1968, S. 72–77; Vaassen (1973) Sp. 1178f. Anm. 128; Anne H. van Buren / Sheila Edmunds: Playing Cards and Manuscripts: Some Widely Disseminated Fifteenth-Century Model Sheets. Art Bulletin 56 (1974), S. 12–30, hier S. 27 u. Anm. 7; Lüfling / Teitge (1981) S. 202 m. Abb. (97v).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 72: 198v. Der vierundzwanzigste Alte spricht zur minnenden Seele.

4.0.12._Abb._72.jpg
Abb. 72.