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44. Geistliche Lehren und Erbauungsbücher

Bearbeitet von Christine Stöllinger-Löser

KdiH-Band 6

Mittelalterliche deutschsprachige Texte mit geistlichen Lehrinhalten und Erbauungsanspruch lassen sich kaum durch ein fest umrissenes Corpus definieren. Im vorliegenden Katalog können sie deshalb – sofern bebildert – auch in Stoffgruppen eingehen, für die geistliche Lehre und Erbauung nur eines von mehreren Bestimmungskriterien ist. Einige einschlägige Werke werden als eigene Stoffgruppe mit einem je engeren Profil behandelt (z. B. Stoffgruppe 25. ›Christus und die minnende Seele‹). Die Stoffgruppe 44. umfasst einerseits einzelne Texte und Textkompilationen, andererseits ganze Sammelhandschriften mit mehreren eigenständigen Texten, wobei hier in einigen Fällen spezifische Textbestandteile der Sammlungen in anderen Stoffgruppen vertreten sind (z. B. Stoffgruppe 6. Apokalypse, 9. Ars moriendi, 14. Bibeln, 97. Ordensregeln u. a.).

Die unter der Stoffgruppen-Nr. 44. vorgestellten Texte enthalten primär geistlich-religiöse Lehre in Verbindung mit erbaulicher Betrachtung religiöser Inhalte, zum Teil auch allgemeine Lebens- und Sittenlehre. Sie gehen stets über die reine Unterweisung in den grundlegenden Glaubensinhalten und -geboten hinaus, wie dies bei katechetischen Texten (Stoffgruppe 67.) der Fall ist, jedoch können katechetische Texte wie die Zehn Gebote auch hier im Rahmen von Kompilationen inbegriffen sein. Während etwa illustrierte Anleitungen zu Andachtsübungen hier behandelt werden (ein Beispiel dafür ist der ›Schatzbehalter‹ Stephan Fridolins, siehe unten 44.12.), sind Sammlungen reiner Gebets- und Andachtstexte der großen Stoffgruppe 43. (Gebetbücher) vorbehalten. Inhaltliche Nähe besteht auch zu Stoffgruppe 93. (Mystische Betrachtungen und Traktate), die ebenso als geistliche Lehre und Erbauung zu verstehen sind wie umgekehrt Erbauungsbücher mystische Elemente enthalten. Vor allem formale Unterscheidungsmerkmale trennen geistliche Lehren als Traktate von Predigten (Stoffgruppe 103.). Die Grenzziehung ist allerdings wohl nicht in jedem Fall gleich überzeugend. Das ›Geistliche Würfelspiel‹ etwa ist sowohl als geistlicher Traktat (Lesepredigt/Sendbrief an eine geistliche Tochter) als auch als (Doppel-)Predigt mit ihrem liturgischen Ort (Weihnachten) überliefert; da es nur in der ersten Überlieferungsform illustriert ist, wird es in der vorliegenden Stoffgruppe (siehe unten 44.9.) und nicht in der Stoffgruppe 103. (Predigten) behandelt.

In formaler Hinsicht sind in Gruppe 44. unterschiedliche Typen und Gattungen präsent, Reimpaarrede und Prosatraktat, neben didaktischer auch narrative Erbauungsliteratur wie Gründungslegenden geistlicher Institutionen; in Sammelhandschriften treten oft mehrere Formen vermischt auf.

Die Verskompilation ›Oberrheinisches Erbauungsbuch‹ mit der integrierten Kompilation ›Der slecht weg zu dem himelreich‹ steht als die Textgruppe mit dem umfangreichsten Illustrationszyklus in Handschriften an erster Stelle der Beschreibungen (44.1.). Danach werden weitere Einzelwerke oder Werkkompilationen vorgestellt, die figürliche Illustrationen mit Textbezug aufweisen; deren Anordnung folgt einer ungefähren Entstehungschronologie der Texte: 44.2. Rulman Merswin / Nikolaus von Löwen, ›Memoriale‹ vom Grünenwörth; 44.3. Pseudo-Augustinus, ›Reden wider die Juden‹, anonyme deutsche Reimbearbeitung; 44.4. ›Streitgespräch zwischen Christ und Jude‹; 44.5. Johannes Nider, ›Die vierundzwanzig goldenen Harfen‹; 44.6. Thomas Peuntner, ›Büchlein von der Liebhabung Gottes‹; 44.7. Johannes von Indersdorf, ›Tobiaslehre‹; 44.8. ›Eine geistliche Geißel‹; 44.9. ›Geistliches Würfelspiel‹; 44.10. ›Der Seele Spiegel‹; 44.11. ›Die Ritterschaft‹; 44.12. Stephan Fridolin, ›Schatzbehalter‹; 44.13. ›Gespräch einer geistlichen Mutter und Tochter über 17 theologische Fragen‹. In der letzten Untergruppe (44.14.) werden geistliche Sammelhandschriften (Erbauungsbücher) mit je individueller Textzusammenstellung in der alphabetischen Ordnung der Bibliotheksorte versammelt.

Im Fall von Stephan Fridolins ›Schatzbehalter‹ (Stoffgruppe 44.12.) ist der markante Schwerpunkt der bildlichen Ausstattung mit dem einzigen Druck des Werkes verbunden; er kann als herausragender Vertreter »bildgestützter Erbauung« (Heinrichs-Schreiber [2003] S. 51) in der deutschsprachigen Literatur seiner Zeit gelten. Zwei vom Druck abhängige handschriftliche Textzeugen des ›Schatzbehalters‹ weisen eine – wesentlich bescheidenere – eigenständige Bebilderung auf.

Randständig sind Untergruppen, bei denen die den geistlichen Einzeltexten zugrundeliegende Allegorie in einer eher schematischen als figürlichen Zeichnung ausgeführt ist. Als Grenzfall bildlicher Ausstattung erscheint ›Eine geistliche Geißel‹ (Stoffgruppe 44.8.): In mehreren z. T. sehr umfänglichen Sammelhandschriften ist nur diesem Text die einfache Federzeichnung einer Geißel vorangestellt; als Beschreibungsform wurde für diese Untergruppe deshalb eine Kurzbeschreibung gewählt. Geringfügig weiter geht die Bildausstattung zum ›Geistlichen Würfelspiel‹ (44.9.). Gänzlich im Schematischen bleibt dagegen z. B. das Tugenddiagramm in Kreuzform in Freiburg, Universitätsbibliothek, Hs. 490 (siehe auch unten Einleitung zu Stoffgruppe 44.14.), das deshalb keinen Anlass zur Bildung einer eigenen Untergruppe geben konnte.

Überlieferung mit lediglich floralem Initial- und Rankenschmuck findet – auch wenn dieser kostbar gestaltet ist – nur dann Berücksichtigung in einem eigenen Katalogisat, wenn dieselben Werke in anderen Handschriften auch textbezogenen Figurenschmuck aufweisen. So werden z. B. folgende Handschriften nicht berücksichtigt:

– Berlin, Staatsbibliothek, Ms. germ. quart. 653, 1485, Augsburg: Hendrik Herps mystische Erbauungsschrift ›Spiegel der Vollkommenheit‹ in oberdeutscher Bearbeitung, mit drei Blattwerkinitialen auf Goldgrund, dreiseitigen Blattranken mit Blüten und Goldpunkten, mehrfarbig in kräftigen Deckfarben Bl. 1r (D), 8r (N) und 28r (I); vgl. Wegener (1928) S. 112 f.; Kristina Freienhagen-Baumgardt: Hendrik Herps Spieghel der Volcomenheit im oberdeutschen Raum. Leuven 1998, S. 83–86, Abb. von Bl. 1r im Frontispiz.

– München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 59 (Beschreibung: Petzet [1920] S. 100), Pergament, 1487, Landshut, aus Kloster Thierhaupten: Johannes von Indersdorf, ›Von dreierlei Wesen des Menschen‹, mit zwei gemalten Initialen auf Goldgrund (1r H, lila, bei Prologbeginn, und 2r E, blau, am Texteingang), davon jeweils ausgehende schwungvolle, farbige Rankenornamente (Akanthusblätter, mit Vögeln) als Randleisten, drei- bzw. vierseitig, in Blau, Lila, (Ziegel-)Rot, Grün. Sonst einfache rote Initialen und Überschriften, schwarze, rot durchstrichene Zierbuchstaben, die z. T. weit in den oberen und unteren Blattrand reichen.

Generell nicht berücksichtigt wurden folgende Überlieferungstypen:

– die Melker Handschriften des benediktinischen Laienbruders Lienhart Peuger, die einen besonderen Typus von Bildschmuck enthalten. Peuger schrieb in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts mindestens 25 deutschsprachige Handschriften mit geistlichen Texten zur Erbauung und religiösen Unterweisung der Melker Laienbrüder. Er stattete sie mit seinem Familienwappen (weißer Schrägbalken mit vier Punkten in dunklem Wappenfeld, darüber bisweilen auch der rot-weiß-rote Bindenschild) aus, entweder am Ende einer Handschrift (Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 670, 182v; Cod. 808, 108v; Cod. 867, S. 254; Cod. 970, rückwärtiger Spiegel; Cod. 981, S. 288) oder am Beginn des ersten Textes in den Binnenraum einer rot-schwarzen Zierinitiale gestellt (Codices 867, 970, 981 und 1001). Zudem brachte er in fast allen seinen Quart-Handschriften jeweils im vorderen Spiegel die in Form eines Wappenschildes angeordneten Arma Christi (Kreuz, Geißel, Rute, Dornenkrone, Nägel und Lanze) an, versehen mit den Namen Jesus und Maria; erhalten in den Melker Codices 183, 670, 808, 849, 867 (fragmentarisch), 970, 981 und 1001; in anderen herausgerissen (vgl. Löser [1999] bes. S. 43–45 und S. 572–583, Abb. 3, 5, 7, 8, 15). Daneben gibt es auch mit einfachem Fleuronnée und Ranken verzierte Initialen (ebd., Abb. 2). In der Peuger-Handschrift Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 3021 sind hinter Bl. 203 zwei Holzschnitte herausgerissen (Menhardt 2 [1961] S. 800).

– Einzelblätter mit Illustrationen, die nur geringfügige Textbeigaben enthalten, etwa in Form von Spruchbändern. Als Beispiel hierfür sei eine um ca. 1470 entstandene bildlich-allegorische Darstellung des Herzens als Haus der Seele und ihrer mystischen Begegnung mit der Gottheit (Motivvariante des Claustrum animae) genannt. Das kleine Einzelblatt mit einer ganzseitigen, gerahmten, kolorierten Federzeichnung (Berlin, Staatsbibliothek, Hdschr. 417, Papier, 136 × 110 mm) stellt ein Haus in Form eines großen Herzens mit verschlossener Tür dar; durch eine große Fensteröffnung sind im Inneren drei Personen zu sehen: Christus, der die als Frau mit langem blonden Haar dargestellte Seele umarmt, daneben der Hl. Geist als Taube, dahinter Gottvater im weißen Mantel. Jede Figur und weitere Gegenstände werden durch den Text eines Spruchbandes identifiziert, das zudem Handlungserklärungen und Sätze eines Dialogs enthält (z. B. hie ist Jesus die seel vmbfachen in die arm seiner grossen vnaussprechlichen lieb er ist ir geben den kuß des frids. er gibt ir das fingerlein der trew das er sy ewiklich nit will lassen); das Osterlamm mit Kreuzesfahne und eine Schar betender Jungfrauen sind über dem Haus angebracht. Der Künstlerin, einer namentlich nicht bekannten Nonne aus dem Benediktinerinnenkloster St. Walburg in Eichstätt, werden weitere ähnliche Bilder zugeschrieben, insgesamt zwölf; vgl. Joseph Lechner: Die spätmittelalterliche Handschriftengeschichte der Benediktinerinnenabtei St. Walburg/Eichstätt (Bayern). Münster 1937 (sog. Maler der Kümmernis); Hamburger (1997) S. 15–20, Abb. 66, 67, 85, Taf. 2, 3, 4, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12.

Das Bildmotiv des Herzens als Haus fand nicht nur auf Einzelblättern, sondern auch spätere Verbreitung, etwa in der Stephan Fridolin zugeschriebenen Erbauungsschrift ›Der geistliche Mai‹ über das Thema des Leidens Christi, die aber erst im 16. Jahrhundert überliefert und daher hier nicht mehr berücksichtigt wird (zuerst in München, Staatsbibliothek, Cgm 4473, vom Jahr 1529, aus dem Pütrich-Regelhaus in München; vgl. Schneider [1996] S. 130 f.; mit acht eingeklebten kolorierten Federzeichnungen, die Szenen mit dem Jesuskind darstellen und von vornherein in den Text eingeplant waren).

– in Handschriften (nachträglich) eingeklebte druckgraphische Andachtsbilder ohne speziellen Bezug zum Inhalt der Texte. Zur Ausstattung einfacher Gebrauchshandschriften mit eingeklebten Holzschnitten oder Kupferstichen vor allem in reformierten Klöstern des 15. Jahrhunderts vgl. Schmidt (2003).

Geistliche Lehr- und Erbauungstexte fanden in ihrer großen Masse primär im Alltag des Klosterlebens von Nonnen und Laienbrüdern, aber auch in den Händen gebildeter, frommer Laien Verwendung. Vom schlichten Gebrauchscharakter der Texte, vielleicht auch von den vorwiegend lehrhaften Inhalten her lag die bildliche Ausstattung der Handschriften in der Regel nicht nahe. Ihre Illustrierung ist angesichts der generell breiten Überlieferung dieser Texte als Ausnahme zu werten. Wenn geistliche Lehren und Erbauungsbücher mit Bildern versehen wurden, wählte man vor allem die erzählerischen Passagen aus, um sie mit dem traditionellen Bildrepertoire der christlichen Heilsgeschichte zu illustrieren. Daneben sind Autorbilder (Propheten, Kirchenväter und andere Autoritäten) anzutreffen. Als Besonderheit geistlicher Lehren und Erbauungstexte ist eine Reihe von Bildern zu werten, die die rechte Gebets- und Andachtshaltung bzw. die Beziehung zwischen Gott/Christus und dem gläubigen Menschen illustrieren (besonders bei Stoffgruppe 44.1.).

Siehe auch:
  • Nr. 4. Otto von Passau, ›Die vierundzwanzig Alten‹
  • Nr. 9. Ars moriendi / Memento mori / Totentanz
  • Nr. 15. Bibelerzählung
  • Nr. 18. ›Blumen der Tugend‹
  • Nr. 23 Konrads ›Büchlein von der geistlichen Gemahelschaft‹
    Nachtrag: Freiburg im Breisgau, Universitätsbibliothek, Hs. 517 (Fragment der Prosafassung, mit Leerräumen für Bilder); siehe Hagenmeyer (1988) S. 142 (nicht identifiziert).
  • Nr. 24 ›Christus und die sieben Laden‹
  • Nr. 25. ›Christus und die minnende Seele‹
    Nachtrag: Die Handschrift Karlsruhe, Landesbibliothek, Cod. Donaueschingen 106 / Mainz, Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars, Hs. 46 enthält Bilder auch zu weiteren Gebets- und Betrachtungstexten, so zu dem Text ›Die geistliche Arznei‹ (41r-42r), dem eine Miniatur (Cosmas und Damian, Patrone der Heilkunde), vorangestellt ist; alle Bilder der Handschrift stammen von Rudolf Stahels aus Konstanz (vgl. Bernd Konrad: Rudolf Stahel, Christus und die minnende Seele und Augsburger Marienklage. In: Spätmittelalter am Oberrhein.Teil 1 [2001] S. 377f.).
  • Nr. 27. Hugo Ripelin von Straßburg, ›Compendium theologicae veritatis‹
  • Nr. 34. ›Die Erlösung‹
  • Nr. 36. Heinrich Seuse, ›Das Exemplar‹
  • Nr. 43. Gebetbücher
  • Nr. 51. Heiligenleben
  • Nr. 67. Katechetische Literatur
  • Nr. 73. ›Leben Jesu‹ / Passionstraktate
  • Nr. 75. Lektionare
  • Nr. 77. Liturgische Literatur
  • Nr. 85. Mariendichtung und Prosatexte über Maria
  • Nr. 89a. ›Melibeus und Prudentia‹
  • Nr. 93. Mystische Traktate
  • Nr. 95.›Neunfelsenbuch‹ (kürzere Fassung)
  • Nr. 97. Ordensregeln
  • Nr. 103. Predigten
  • Nr. 120. ›Speculum humanae salvationis‹
  • Nr. 121. ›Spiegelbuch‹
  • Nr. 131. Tugend- und Lastertraktate