44.1.3. Düsseldorf, Universitäts- und Landesbibliothek, Ms. F 55
Bearbeitet von Christine Stöllinger-Löser
KdiH-Band 6
15. Jahrhundert (zwischen 1460 und 1480).
Wohl aus dem westlichen Kraichgau.
Möglicherweise ein Besitzereintrag des 16. Jahrhunderts auf 76r: friarii […] friarius naim. Im 18. Jahrhundert im Besitz des Grafen August Eugen Bernhard von Salm-Reifferscheidt (1707–67) auf Schloss Dyck im Rheinland (Besitzeintrag auf IIr: Augustinus Eugenius Comes in Salm et Reifferscheidt). 1948 gelangte die Handschrift aus einem Kölner Antiquariat in die Landes- und Stadtbibliothek Düsseldorf, von dort 1977 in den Bestand der heutigen Universitäts- und Landesbibliothek.
1. |
1r–164v, 178rv |
›Oberrheinisches Erbauungsbuch‹ (Sigle D) (der Text beginnt mit Otto Nr. 1, v. 1305) 68v–153r ›Der slecht weg‹ (nur die Texte Zusatztexte: 64v–68r ›Teufelsbeichte‹, 235 Verse; Ausg. 153v–155v War fur men die psalmen lesen sol, Prosa; Ausg. 156r–158r Ein lop von unser lieben frauwen; Mariengruß Johannes’ des Weisen; 118 Verse; Ausg. 158r–159v Das ave regina zü tutsche, Glossenlied auf die Antiphon 178r–178v ›Ave regina coelorum‹ in 16 Vagantenstrophen (je acht Verse); Ausg. 160v–164v daz den gensen nit ist daz himelrich gemaht, 336 Verse; Ausg. |
2. |
165r–177v, 179r–224v |
Deutsche Evangelien (vom 1. Adventsonntag bis zum 17. Sonntag nach Trinitatis) mit Glossen. |
Papier, I + 2 + 227 Blätter (nach der heute gültigen Foliierung; Irv, IIv, 37rv bis auf ein kleines Fragment sowie 225r–227v leer, IIr Besitzvermerk, siehe oben); eine zweite, etwas ältere neuzeitliche Foliierung (I + 2 + 268 + 2 Blätter) stammt wohl von Closs, der dabei die Lücken aus dem fehlenden Versbestand berechnete und die entsprechenden Blattnummern übersprang (somit fehlen nach dieser alten Zählung die Blätter 1–27, 62, 65, 75, 81, 98, 119, 199–204, 231–234); 260 × 195 mm, oberrheinische Bastarda, eine Hand, obwohl die beiden Teile der Handschrift ursprünglich selbständig waren (wohl in der Hand desselben Besitzers), Teil A (1r–164v) einspaltig, 30–34 Zeilen, Verse abgesetzt, Teil B (165r–224v mit Ausnahme von 178rv) zweispaltig, 34 Zeilen, Rubrizierungen (rote, drei- oder zweizeilige Lombarden, einige Unterstreichungen, Strichelungen der Versanfänge). Starke Gebrauchsspuren.
rheinfränkisch.
Nur Teil A der Handschrift ist illustriert: 85 erhaltene kolorierte Federzeichnungen (Blattangaben siehe oben S. 8–12).
Jeweils in der oberen oder unteren Seitenhälfte oder in der Seitenmitte mit meist voranstehender Überschrift, etwa in der Breite des Schriftraums auf dafür vorgesehenem Raum eingefügt. Meist querrechteckig, auch quadratisch, manchmal auch hochrechteckig (ca. 80–115 × ca. 105–130 mm). Die Bilder stehen meist am Beginn eines Textes, zum Teil auch in dessen Mitte.
Die Bilder sind alle in einen hellbraun-beigen, mit Tinte doppelt gezogenen Rahmen gefasst. Oft sind sie mit weniger Figuren gestaltet als die der beiden anderen Handschriften, zumeist aber mit Landschaftselementen, Gebäuden und sonstigen Gegenständen ausgestattet. Einzelne Szenen sind mit individuellen Elementen angereichert, so verteilt der Antichrist Geld unter seine Anhänger (46v), beim Selbstmord des Judas ist auch ein Teufel zugegen (66v), die Trinität über dem knienden Paar ist durch drei Köpfe dargestellt (126v). Die kräftige Kolorierung ist nicht sehr sorgfältig ausgeführt, Schraffuren tauchen nur gelegentlich auf. Die Federzeichnungen mit klaren Konturen, aber etwas roh. Typisierte Gesichter, Gesten und Haltungen bei den Figuren, ebenso stereotype Gebäude (Kirchen, Häuser). Individuelle Gestaltungselemente sind in den zeitgenössischen Trachten (Hüte, Umhangtücher, gefältelte kurze Röcke, enge Strümpfe, spitze Schuhe) zu sehen. Ansätze einer perspektivischen Zeichnung der Innenräume (Schrägstellung von Boden, Wänden, Fenstern, Pulten).
siehe Bildthemenliste S. 8–12.
Kräftige Farbpalette, Rot, Purpur, Dunkelblau, Grün, Hellblau, Lila, Grau, Deckweiß, Braun, Ocker, Beige-Hellgelb, Gelb (auch für Gold), Rosa-Weiß.
Abb. 44.5: 66v. ›Oberrheinisches Erbauungsbuch‹: Selbstmord des Judas.
Abb. 44.6: 126v. ›Oberrheinisches Erbauungsbuch‹: Kniendes Paar im Gebet, darüber die drei Köpfe der Trinität.