44.1.1. Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. fol. 742
Bearbeitet von Christine Stöllinger-Löser
KdiH-Band 6
Um 1445/60.
Nördliches Elsass.
Die genaue Herkunft der Handschrift ist nicht bekannt. Sie gelangte aus den Bibliotheken von Clemens und Christian Brentano durch die Versteigerung in Köln 1853 (vgl.
1. | 2r–154v |
›Oberrheinisches Erbauungsbuch‹ in stark gekürzter Form (Sigle B) Darin: 144r–154v, 76v–77v und 31r–65v ›Der slecht weg‹ (nur die Texte Zusatztexte: 66r–69r Ein lop von unser lieben frauwen; Mariengruß Johannes’ des Weisen; 118 Verse; Ausg. 69r–69v O maria muͦter von gnaden gros, 24 Verse; Ausg. 69v–73r Das ave regina zü tutsche, Glossenlied auf die Antiphon ›Ave regina coelorum‹ in 16 Vagantenstrophen (je acht Verse); Ausg. 73v–76v Auszug aus der ›Vita beatae virginis Mariae et salvatoris rhythmica‹ (sog. ›Regula Mariae‹), deutsch, Prosa; Ausg. 137r–137v ›Die zehn Gebote‹, 20 Verse; Ausg. 137v–143v ›Teufelsbeichte‹, 235 Verse; Ausg. |
Papier, 163 Blätter (je vier nicht nummerierte Blätter am Beginn und am Ende, Bl. 2–154 gezählt; Bleistiftfoliierung des 20. Jahrhunderts), Blatt 1 fehlt, auch zwischen den Blättern 10–11, 94–95 und 137–138 sind mehrere Blätter verloren, zwischen Bl. 65 und 66 ist ein Blatt zusätzlich eingebunden (Textabfolge korrekt), 265 × 195 mm, oberrheinische Bastarda, eine Hand, einspaltig, 21–28 Zeilen, abgesetzte Verse, keine Interpunktion, Rubrizierungen (rote, zwei- bis dreizeilige Lombarden an den Abschnittsanfängen, Strichelungen). Brüche im Inneren der Texte (siehe oben ›Der slecht weg‹) lassen auf eine fehlerhaft gebundene Vorlage (Lagenvertauschung) schließen.
elsässisch (
82 mit Wasserfarben ausgemalte Federzeichnungen, aus einer unbekannten elsässischen Werkstatt um 1440/60, jedoch nicht der Lauber-Werkstatt (lt. L. Saurma-Jeltsch [brieflich] Nähe zu Zürich Car VIII 3; siehe Nr. 6.2.6., Nr. 14.0.23.); Blattangaben siehe oben S. 8–12.
Die Bilder sind stets ohne Rahmung, meist etwa halbseitig (ca. 100–200 × 70–180 mm) und zumeist als Titelminiaturen am Beginn der Texte eingefügt, jeweils mit vorangestellten Überschriften, die zugleich die Kapitel kennzeichnen. Bei insgesamt großzügigem Umgang mit dem Platz reichen die Illustrationen oft über den Schriftspiegel hinaus, zum Teil werden auch die Ränder oben und unten einbezogen. Bisweilen auch andere Anordnung (z. B. 13r auf der rechten Seitenhälfte, über die ganze Länge der Seite: Gottvater überreicht einem Propheten ein Spruchband).
Die Personen stehen auf Bodenstücken meist im freien Raum, Architekturelemente und sonstige Gegenstände sind nur teilweise und als Requisiten der dargestellten Szenen vorhanden (Kirche, Altar, Haus, Sitzbank, Pult, Bett, Baum). Klare Zeichnung der Konturen (Gesichter, gekräuselte Haare, Hände, Kleiderfalten) mit schwarzer Tinte, kräftiger Farbauftrag. Die Figuren sind vielfach prächtig in der zeitgenössischen Mode der Oberschichten gekleidet (pelzverbrämte und gefältelte Gewänder, Hauben, enge Strümpfe, spitze Schuhe). Gesichter ohne individuellen Ausdruck. Gelegentliche Ansätze zur Perspektive.
siehe Bildthemenliste S. 8–12.
Klare, kräftig deckend aufgetragene Wasserfarben, Rot, Grün, Blau, Grau, Gelb, Blassrosa, Schwarz.
Abb. 44.1: 98r. ›Oberrheinisches Erbauungsbuch‹: Das fünfte Gebot: Zwei Kämpfende werden von schlichtenden Freunden getrennt.
Abb. 44.2: 140r. ›Oberrheinisches Erbauungsbuch‹: Selbstmord des Judas.