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44.11. ›Die Ritterschaft‹

Bearbeitet von Peter Schmidt

KdiH-Band 6

Der lehrhafte Text, der die Ausrüstung eines Ritters geistlich allegorisiert, ist in zwei Handschriften und einem Druck überliefert. In bis zu 30 Kapiteln – die Zahl variiert in den textgeschichtlich noch nicht untersuchten Überlieferungszeugen – werden vom Pferd bis zur Glefe die Ausstattungsteile ausgelegt. Sie sollen dem Menschen im Kampf gegen seinen geystlichen veint (Prolog nach dem Druck, bir) zur Verfügung stehen. So wird etwa im ersten Kapitel das Pferd als die fleischliche Natur des Menschen gedeutet, das durch den Willen des Reiters beherrscht werden muss. Das zweite Kapitel ist dem Sattel gewidmet, der für die Tugend der Geduld steht, die dem Gläubigen festen Sitz garantiert. Die Bestandteile des Sattels werden in eigenen Kapiteln einzeln ausgelegt, wobei das Leder die Passion Christi, das Holz das Bewusstsein des eigenen Todes und der Leim die göttliche Liebe bedeutet. In dieser Art werden alle Waffen und Rüstungsteile als Allegorien der Tugenden und der Grundsätze des rechten christlichen Lebens, aber auch der Zehn Gebote, der Gaben des Heiligen Geistes, der Beichte, der Predigt oder des Gebetes erläutert.

Edward Schröder (›Die Ritterschaft‹. ZfdA 71 [1934], S. 127 f.) will die Entstehung des Textes ins 14. Jahrhundert setzen, wofür er aber lediglich die »stilistische Haltung« als Argument ins Feld führen kann. Die schmale Überlieferung ist auf das letzte Drittel des 15. Jahrhunderts begrenzt. Die Dresdner Handschrift (Sächsische Landesbibliothek, Mscr.Dresd.M.209) ist 1475 datiert und wohl am Oberrhein entstanden, die erst jüngst entdeckte und in der Literatur (vgl. Franzjosef Pensel: ›Die Ritterschaft‹, in: 2VL 8 [1992], Sp. 104–106) noch nicht berücksichtigte Gießener (Nr. 44.11.1.) spätestens 1469 in Hessen. Zum Druck kam der Traktat unter dem Titel ›Der fußpfadt tzuͦ der ewigen seligkeyt‹. Er scheint zunächst irreführend, da es um einen Berittenen geht, paraphrasiert jedoch den ersten Satz der Vorrede, in dem das Büchlein allegorisch ein fuͦßpfadt zuͦ vnsers vatter landt genannt wird. Diese Vorrede ist in der ersten Person gehalten, sie wurde eigenes für die Inkunabel verfasst und nach dem Hauptteil gedruckt, da ihr Autor in der Vorbemerkung zum Register auch auf Fehler des Druckers hinweist, der mehrere Kapitel des Werks vertauscht habe; einiges spricht also dafür, dass es sich dabei um Jakob Köbel handelt, der Heinrich Knoblochtzer mit dem Druck beauftragt hatte. Köbel, 1460 in Heidelberg geboren, nach seiner Übersiedlung nach Oppenheim als Stadtschreiber, ab 1499 selbst als Drucker tätig, ist als Verfasser mathematischer und juristischer Texte sowie als Übersetzer und Bearbeiter anspruchsloser Gebrauchsschriften für den Druck – mehrmals in Zusammenarbeit mit Knoblochtzer – nachgewiesen.

Der Druck ist mit 25 Holzschnitten illustriert, die die allegorisierten Gegenstände zeigen. Auf dieses Bildprogramm wirft die Gießener Handschrift neues Licht. Zwar fehlen dort Bilder und Leerräume, doch deutet die Formulierung der Rubriken darauf hin, dass sie auf Malanweisungen zurückgehen, die in diesem Codex zu Kapitelüberschriften umfunktioniert wurden. Entweder in der unmittelbaren Vorlage des Schreibers oder einer früheren Stufe der Textüberlieferung muss es also zumindest den Plan zu einer durchgehenden Bebilderung gegeben haben. Die Holzschnitte führen demnach eine Tradition der Illustration des Traktats fort, deren Spuren in der spärlichen handschriftlichen Überlieferung nur noch die Gießener Rubriken bezeugen.

Editionen:

fehlt.