Die Gruppe besteht aus individuellen handschriftlichen Zusammenstellungen unterschiedlicher Texte mit relevanten Bildbeigaben zu primär geistlich-erbaulichem Gebrauch. Nicht in Form eines eigenen Katalogisats berücksichtigt wurden folgende Handschriften mit lediglich ornamentalem Bildschmuck oder ehemaliger, nicht mehr rekonstruierbarer Bildausstattung:
– Berlin, Staatsbibliothek, Ms. germ. quart 600, Pergament, Mitte 15. Jahrhundert, rheinisch, Sammlung geistlicher Betrachtungen und mystischer Schriften: 1r Blattgold-Schmuckinitiale (D) auf rotem und blauen Grund, mit blau-goldener Randleiste, kurze Rankenstücke mit sehr fein gezeichneten stilisierten mehrfarbigen Blüten (leuchtendes Blau); weitere, einfacher gestaltete, teilweise auch goldene Initialen mit Fleuronnée 52r, 57r, 70r und 73v; vgl. Wegener (1928) S. 142.
– Bonn, Universitätsbibliothek, Cod. S 752, Anfang 16. Jahrhundert (Borchling [1913] S. 26–28; Handschriftencensus Rheinland [1993] Nr. 228), aus Westfalen bzw. dem ostniederländischen Rhein-Maas-Gebiet, Erbauungsbuch mit einer Sammlung von Andachtstexten, darunter ein Lob der Hl. Dreifaltigkeit (1r–96v), eine Gründonnerstags- (97r–107r) und eine Osterandacht (107r–167v), Egberts von Schönau ›Sermo de vita et passione Jesu Christi‹ (168r–198v) und ›Soliloquium seu Meditationes‹ (341rv und 345v–359r), Ps.-Augustinus’ ›Soliloquium animae ad Deum liber I‹ (199r–300v) und ›Manuale‹ (301r–345v), alle in niederdeutscher Übersetzung; jeweils zu Beginn der Texte enthält die Papierhandschrift auf eingebundenen Pergamentblättern (1r, 97r, 107v, 168r, 199r, 301r, 341r, 360r) größere mehrfarbige Schmuckinitialen auf mehrfarbigem Grund mit Randleisten.
– Colmar, Bibliothèque municipale, Ms. CPC 279, 2. Viertel / Mitte 15. Jahrhundert, oberrheinisch, aus dem Besitz des Colmarer Bürgers Johannes Schedelin, Sammlung von Traktaten, Meditationen und Predigten (darin auch das ›Geistliche Würfelspiel‹, siehe oben Stoffgruppe 44.9.); geschmückt mit mehreren naiv gezeichneten vier- bis sechszeiligen Initialen, die teils floral, teils figürlich gestaltet sind, meist mit Deckfarben ausgemalt (11r, 19r, 36r, 71r, 87r, 88v, 241r, 253r, 267r, 277v, 283v und 293v); ein Textbezug ist in der Regel nicht gegeben, am ehesten vorhanden bei der Initiale M (Inc. Maister quod est mandatum in lege) auf 87r: in den beiden Binnenfeldern je eine Mönchsfigur im Profil als Umrisszeichnung, ausgespart auf hellgrünem Grund, als Meister und Schüler zu deuten; vgl. Balázs J. Nemes: Dis buch ist iohannes schedelin. Die Handschriften eines Colmarer Bürgers aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. In: Kulturtopographie des deutschsprachigen Südwestens (2009), S. 157–214, mit neuer Beschreibung der Handschrift S. 187–198, Abb. 5 (19r).
– Freiburg i. Br., Universitätsbibliothek, Hs. 490, um 1461–92 (Hagenmaier [1988] S. 123–129), mystisch-aszetische Sammelhandschrift aus acht Teilen unterschiedlicher schreibsprachlicher Herkunft (südalemannisch, ostfränkisch, oberrheinisch, bairisch), im 16. Jahrhundert im Augustinerinnenkloster Inzigkofen; mit Abklatschen und Farbresten von Bildern wohl verschiedener Heiligenfiguren (101r, 101v, 102v, 103v, 149v, 152v; 197r Reste einer Federzeichnung mit Deckfarben mit den Arma Christi, die auf den Text der Anastasia-Legende aufgeklebt gewesen war); ob ein unmittelbarer Bezug der Darstellungen zu vorangehenden oder folgenden Texten (1va–100r Ps.-Albertus Magnus, ›Paradisus animae‹, deutsch; 104v–109r Dictum, Thomas von Aquin zugeschrieben und Predigt über Thomas von Aquin; 148r kleiner mystisch-aszetischer Text über die Seele und die Liebe Gottes; 197rv Legende der Hl. Anastasia) bestand, ist nicht klar. 153r–166r Ps.-Anselm von Canterbury, ›De mensuratione crucis‹, deutsch, nach Textende 166r ein Tugenddiagramm: Kreuz in roter Federzeichnung mit umrahmenden Beischriften (gedultikait, gehorsamy, liden, demútikait, barmherzikait); vgl. Fechter (1997) S. 120–126; Schmidt (2003) S. 142–145, Abb. 98.
– Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 205, Mitte 15. Jahrhundert, Schwaben (Miller/zimmermann [2005] S. 78–81), enthält Kommuniongebete (Ps.-Augustins, Heinrich Seuses, Johann Milíčs u. a.), übersetzt von Johann von Neumarkt (3r–15v), sowie die pseudoaugustinischen ›Meditationes‹ in deutscher Übersetzung, die wahrscheinlich von Konrad Summenhart stammt (15v–133r); geschmückt mit zwei Blattwerkinitialen in Deckfarbenmalerei auf Goldgrund, die neuerdings Stefan Schriber zugeordnet werden, evtl. war er auch der Schreiber: 3r Buchstabe blau, im Binnenfeld eine Palme (das Signet von Graf Eberhard im Bart von Württemberg), Federranken mit Blüten, Vogel und Schmetterling; 16v Buchstabe rosa, mit Blattranken; vgl. Regina Cermann: Eine unerkannte Handschrift aus der Bibliothek Graf Eberhards im Bart (1445–1496). ZfdA 138 (2009), S. 60–62.
– Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Cod. St. Peter pap. 46 und 47 (Niebler [1969] S. 69–72), zwei Erbauungsbücher aus dem Reuerinnenkloster St. Magdalena in Straßburg (oder in Freiburg i. Br.?), um 1500, mit gleicher Schrift (zwei Hände) und gleichem Buchschmuck: Johannes Geiler von Kaysersberg, Deutsche Predigten, als Lesepredigten bzw. Traktate umgeformt (pap. 46 u. a. mit ›Berg des Schauens‹ nach Johannes Gerson; pap. 47 u. a. mit der deutschen Fassung von Gersons ›De exercitiis discretis devotorum simplicium‹ und den ›Neun Früchten oder Nützen eines rechten Closterlebens‹ [219r–306r; der Text auch in Berlin, Staatsbibliothek, Ms. germ. fol. 88 [siehe unten Nr. 44.14.3.]): In pap. 46 eine größere blaue Initiale W mit bunter, schlichter Fleuronnée-Füllung (142r), und 16 weitere Initialen mit meist grüner Fleuronnée-Füllung; in pap. 47 eine blaue Initiale D mit gelbem Innendekor und mehrfarbiger Füllung (1r) und einigen weiteren Initialen mit kunstlosen zweifarbigen Verzierungen im selben Stil.
Bereits in Stoffgruppe 9. Ars moriendi vorgestellt wurde die sog. ›Totentanzhandschrift‹ des Grafen Wilhelm Werner von Zimmern (Nr. 9.3.1.: Stuttgart, Landesbibliothek, Cod. Donaueschingen A III 54) mit ihren Abschriften. Es handelt sich um ein geistliches Erbauungsbuch, in dessen Zentrum ein Totentanz steht. Die um 1554 entstandene, von Graf Wilhelm Werner selbst geschriebene und illustrierte Handschrift enthält zahlreiche Texte und Bilder zur Vergänglichkeit und zum rechten Leben, die zum Teil noch aus dem 15. Jahrhundert stammen. Nicht nur die Totentanz-Texte sind illustriert, sondern ebenso das ›Spiegelbuch‹ (vgl. künftig Stoffgruppe 121.), die mystische Exempelerzählung ›Meister Eckhart und der arme Mensch II‹ (32r), Autoritätensprüche (34r), ›Visio Philiberti‹ (50r), ›Meister Albertus’ Lehre‹ (59r) u. a. Die Themen der Darstellungen entsprechen teilweise denen im ›Oberrheinischen Erbauungsbuch‹, siehe oben 44.1.: Szenen der Unterweisung eines jungen Mannes durch einen Älteren / einen Geistlichen; ein adeliger Laie kniend vor Christus u. a. – Zur Literatur ergänze: Felix Heinzer: Handschrift und Druck im Œuvre der Grafen Wilhelm Werner und Froben Christoph von Zimmern. In: Die Gleichzeitigkeit von Handschrift und Buchdruck (2003), S. 141–166, bes. S. 149 f. (mit weiterer Literatur). – Neue Edition: Wilhelm Werner von Zimmern, Totentanz. Hrsg. und kommentiert von Christian Kiening. Konstanz 2004 (Bibliotheca Suevica 9). – Volldigitalisat: Das Vergänglichkeitsbuch des Wilhelm Werner von Zimmern. Eine Bilderhandschrift der Frühen Neuzeit (Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. Donaueschingen A III 54). In Abbildung und Transkription herausgegeben von Christian Kiening und Cornelia Herberichs. Online unter http://www.ds.uzh.ch/kiening/vergaenglichkeitsbuch/.