44.5. Johannes Nider, ›Die vierundzwanzig goldenen Harfen‹
Bearbeitet von Christine Stöllinger-Löser
KdiH-Band 6
Der Dominikaner Johannes Nider, geboren um 1380 in Isny, gestorben 1438 in Nürnberg, war eine bedeutende Persönlichkeit im Zusammenhang von Kirchen- und Ordensreform seiner Zeit, u. a. auch ein führendes Mitglied des Basler Konzils. Neben zahlreichen lateinischen Werken sowie deutschen Predigten und Sendbriefen schrieb er in den Jahren 1427–29 einen Traktat in deutscher Sprache: ›Die vierundzwanzig goldenen Harfen‹, eine freie Bearbeitung der ›Collationes patrum‹ des Johannes Cassianus unter Beiziehung weiterer Quellen. Aus Cassians asketischer Lehre eines radikalen Einsiedlerlebens gestaltete Nider ein Buch der Erbauung und Belehrung für ein breiteres geistliches und weltliches Publikum. Die Harfen als Attribute der 24 Alten vor dem Thron Gottes (aus der Johannes-Apokalypse) werden zu Symbolen der weisen Lehren der 15 Wüstenväter bei Cassianus und dienen der Gliederung des Werkes. In der Nacherzählung der Gespräche des Cassianus und Germanus mit den Wüstenvätern werden die Fragen eines vollkommenen Lebens im Glauben und die Anforderungen an die verschiedenen Stände dargelegt; es geht nicht um mystische Erfahrungen, sondern um eine Anleitung zu einem gottgefälligen Leben im Rahmen der kirchlichen Gebote unter Einbezug einer Sünden- (7. Harfe) und Tugendlehre (23. Harfe). Das Werk ist meist anonym in 40 Handschriften (einschließlich Exzerpten – siehe z. B. Nr. 44.14.5. – und Druckabschriften) überliefert, ferner in zehn Frühdrucken, von denen noch sieben erhalten sind, sowie in einer unikalen Kurzfassung und einer Übersetzung ins Lateinische (vgl.
Einzig die Leidener Handschrift (Nr. 44.5.2.) enthält eine figürliche Darstellung, die die Gesprächssituation (Cassianus und Germanus) thematisiert. Die vollständigen Handschriften sind zumeist, der Gliederung des Werkes (Prolog und 24 Kapitel) entsprechend, mit 25 Zierinitialen ausgestattet. Sämtliche illustrierten Handschriften stammen aus Augsburg bzw. dem ostschwäbischen Raum. Auch die Drucke, von denen vier aus Augsburg stammen, sind sämtlich mit 25 Zierinitialen unterschiedlichen Charakters versehen: am schlichtesten der früheste (Augsburg: Johannes Bämler, ca. 1470), mit 25 Fleuronnée-Initialen. Fünf der Drucke weisen neben dem Initialschmuck auch Holzschnitte mit figürlichen Darstellungen auf.
Lateinische Vorlage: Johannes Cassian: