KdiH

KdiH

_ (der Unterstrich) ist Platzhalter für genau ein Zeichen.
% (das Prozentzeichen) ist Platzhalter für kein, ein oder mehr als ein Zeichen.

Ganz am Anfang und ganz am Ende der Sucheingabe sind die Platzhalterzeichen überflüssig.

ß · © ª º « » × æ œ Ç ç č š Ł ł ́ ̀ ̃ ̈ ̄ ̊ ̇ ̋ ͣ ͤ ͥ ͦ ͧ ͮ Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ σ ς τ υ φ χ ψ ω ͅ ̕ ̔

44.14.3. Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. fol. 88

Bearbeitet von Christine Stöllinger-Löser

KdiH-Band 6

Datierung:

1498 (93r), 1499 (136v, 155r, 255v).

Lokalisierung:

Westschwaben (Teil I) / Elsass (Teil II).

Besitzgeschichte:

Vorbesitzer: das Straßburger Dominikanerinnenkloster St. Nikolaus in undis; Teil II wurde 1499 wahrscheinlich auch dort geschrieben und mit Teil I zusammengebunden (Redzich [2010]).

Das Programm der beiden Teile der Handschrift wendet sich an reformorientierte Klosterfrauen. Die Autoren der Texte in Teil II, soweit sie namentlich bekannt sind, waren dem Kloster St. Nikolaus in undis verbunden und standen für die Ziele der dominikanischen Ordensreform: Geiler von Kaysersberg (vgl. Herbert Kraume, in: 2VL 2 [1980] Sp. 1141–1152) hielt zwischen 1489 und 1495 Predigten vor den Nonnen; Thomas von Lampertsheim OP (vgl. Hans-Jochen Schiewer, in: 2VL 9 [1995] Sp. 885–889) war um 1500 Vikar und Visitator in diesem Kloster.

Nach 1592 im Besitz Daniel Sudermanns (1550–1631; vgl. Besitzeintrag 1r, 2r und Rückendeckel-Innenseite oben in Tinte: Suderman; unten: 1498, darunter von späterer Hand: abgeschrieben, habs vil älter); nach 1661 mit dessen gesamter Handschriftensammlung durch Kauf an die Kurfürstliche Bibliothek und damit an die heutige Staatsbibliothek zu Berlin gelangt.

Inhalt: Theologisch-mystische Sammelhandschrift

Zwölf Einzeltexte in Prosa. Hauptthemen der Texte sind die Passion Christi und seine rechte Nachfolge sowie Wesen und Bedeutung klösterlichen Lebens; Redzich (2010) stellt auch die mit einem Glossenkommentar in allegorisch-moralischer Auslegungstradition versehene Apokalypse-Übersetzung in diesen Zusammenhang (S. 580–582).

Teil I:
1. 2r–74v Heinrich von St. Gallen, ›Marienleben‹
2. 74v–93r Heinrich von St. Gallen, ›Magnificat‹-Auslegung
3. 93v–136v Heinrich von St. Gallen, ›Passionstraktat Extendit manum
4. 136v–147r Konrad Bömlin, Passionspredigt
5. 147r–152r Konrad Bömlin, Eucharistiepredigten
6. 152r–155r Betrachtung über die letzten Worte Christi am Kreuz
7. 155r–161v Beichtspiegel
Teil II:
8. 169r–186r ›Abendrede Christi‹ an seine Jünger beim letzten Abendmahl

Überschrift: Dis [] ist die übersüsse honiggflissige tröstliche obenrede vnsers lieben herren Jesu Christi. Inc. Guttur illius svavissimum. Also sprach die liephabende gesponsz cristi […]

Weitere Überlieferung: Berlin, Staatsbibliothek, Ms. germ. oct. 31, aus St. Nikolaus in undis, 113r–161r

9. 187r–212r Apokalypse, deutsch, mit drei Prologen
10. 218r–255v Johann Geiler von Kaysersberg, Predigt/Traktat ›Von den neun Früchten des Klosterlebens‹

Predigten, ursprünglich gehalten im Straßburger Reuerinnenkloster St. Magdalena 1496/97. Weitere Überlieferung: Karlsruhe, Landesbibliothek, Cod. St. Peter pap. 47 (siehe oben Einleitung), 219r–306r; Erstdruck: Johannes Geiler, Predigten Teütsch, Augsburg: Johann Otmar, 1508

11. 255v–260v Heinrich Seuse, Hohelied-Predigt (über Ct 1,15), hier Geiler zugeschrieben
12. 260v–263r Thomas von Lampertsheim, ›Von sechs Stunden der Nacht‹
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, Blatt 1 und 190 Pergament, 334 Blätter (leer: 162r–168v, 212v–217v und ab 263v 70 ungezählte Blätter), 295 × 215 mm, Bastarda, zwei Hände, einspaltig. – Weiteres siehe Nr. 6.2.1. (Apokalypse).

Schreibsprache:

westschwäbisch, Teil 1 mit schweizerischen, Teil 2 (ab 169v) mit elsässischen Einschlägen (Schmidt [1933], zuletzt Redzich [2010]).

II. Bildausstattung:

Siehe Nr. 6.2.1. zu Text 9. – Nur Teil II weist Illustrationen auf: Neben zwei ganzseitigen Bildern auf den beiden Pergamentblättern (1v und 190r) zehn größere, mit Gold und Silber besetzte historisierte Initialen mit Figuren und Szenen im Buchstabeninnern, ferner ein- und mehrfarbige Fleuronnée-Initialen. Zwei Zeichner. Das Gesamtkonzept der Illustrierung überschreitet die Grenzen der Einzeltexte, was aber auch in den Texten selbst Entsprechungen findet: So sind Text 8 und 9 konzeptuell aufeinander bezogen, indem Christi Abschied von der Welt beim Abendmahl durch die anschließende Apokalypse mit seiner Wiederkunft verknüpft wird (vgl. Redzich [2010] S. 581). – Drei der historisierten Figureninitialen gehören zu Text 8 (169r, 172r, 177v), eine weitere zu Text 10 (218r), alle von Zeichner A; in Text 8 außerdem sieben rot-blaue Fleuronnée-Initialen (fünf- bis siebenzeilig), zum Teil mit Fadenranken und Perlen: 169v zweimal A, 174v I, 175v H, 179v D, 182r D, 185v M; zu Text 11 eine achtzeilige rote Fleuronnée-Initiale D mit Ranken 255v.

Format und Anordnung, Bildaufbau und -ausführung, Bildthemen:

Die Bilder beziehen sich thematisch unmittelbar auf die Texte. Text 8: 169r G-Initiale, 90 × 90 mm (Überschrift, Textbeginn); blauer Buchstabenkörper mit Blattgoldranken, -blättern und -blüten, in roten Fleuronnée-Rahmen gesetzt, dreiseitige Ranke aus naturalistischem Weinlaub, Trauben und Fadenranken. Mit Abendmahlszene, Jesus mit zwöf Aposteln geschickt um einen runden, weiß gedeckten Tisch gruppiert. 172r (Beginn von Teil 2 der ›Abendrede‹) D-Initiale, sechszeilig, rot-blau mit rotem Fleuronnée-Rahmen. Mit Christus als Schmerzensmann (Halbfigur), blutig, mit Rute, Dornenkrone und Kreuzigungswunden. 177v (Beginn von Teil 5) D-Initiale, fünfzeilig, rot-blau mit Fleuronnée. Mit Christus als Halbfigur, in rotem Mantel, gelbem Kleid, mit Weltkugel in der linken Hand. – Text 10: 218r S-Initiale, 115 × 100 mm; blauer Buchstabenkörper mit Blattranken, in rotem Fleuronnée-Rahmen, dreiseitige Ranke mit Blüten. Mit Pfingstszene, in der unteren Hälfte Maria im Kreis der Apostel auf Rasenstück, in der oberen Hälfte auf weiß-blau gestricheltem Himmelsgrund die Taube, von der goldene Strahlen ausgehen; die Pfingstszene dürfte als Anspielung auf die klösterliche Versammlung und Lebensform verstanden worden sein.

Kräftige, bunte Deckfarben über der feinen Zeichnung, etwas grober Farbauftrag, keine Modellierung, Konturen mit schwarzer Tinte, Falten mit dicken Strichen. Gesichter ohne Ausdruck.

Farben:

Dunkelrot, kräftiges Hellrot, Rosa, Blau, Grün, Gelb, Braun, Graubraun, Grau, Weiß, Gold, Silber (oxidiert).

Literatur:

Degering 1 (1925) S. 10. – Wegener (1928) S. 119 f.; Wieland Schmidt: Handschriftliche Archivbeschreibung [1933], vgl. Handschriftenarchiv der BBAW online; Vollmer (1938) S. 116 f.; von Heusinger (1953) S. 91 f.; Hornung (1956) S. 155 ff.; Hornung (1959) S. 338–399, bes. S. 395; Paul-Gerhard Völker: Die deutschen Schriften des Franziskaners Konrad Bömlin. Teil I: Überlieferung und Untersuchung. München 1964 (MTU 8), S. 8–11; Hilg (1981) S. 17–20 (v. a. zu Teil I); Aderlass und Seelentrost (2003) S. 233 f. Nr. 120 [Tilo Brandis] mit Farbabb. (218r); Redzich (2010) S. 155–157, 580–582.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. 44.XIII: 169r. ›Abendrede Christi‹: G-Initiale mit Abendmahlszene.

Taf. 44.XIV: 218r. Johann Geiler von Kaysersberg, ›Von den neun Früchten des Klosterlebens‹: S-Initiale mit Pfingstszene.

44.14.3._Taf._44.XIII.jpg
Taf. 44.XIII.
44.14.3._Taf._44.XIV.jpg
Taf. 44.XIV.