86. Maximilianea
Bearbeitet von Anja Eisenbeiß
KdiH-Band 9
Innerhalb des KdiH nimmt die Stoffgruppe der Maximilianea insofern eine Sonderstellung ein, als sie Manuskripte unterschiedlicher Gattungszugehörigkeit und Autorschaft umfasst. Gemeinsam ist den hier beschriebenen Codices ihre Zugehörigkeit zum Ruhmeswerk Kaiser Maximilians I. (1459–1519), dem Namensgeber der Stoffgruppe. Die programmatische Klammer bildet eines der Leitmotive seiner Regentschaft, die im 24. Kapitel des autobiografischen Romans ›Weißkunig‹ formulierte Sorge um die gedechtnus. Wie umfassend dieses auf die Sicherung des Nachruhms ausgerichtete Prinzip Maximilians Herrschaftsverständnis, sein Handeln und damit verbunden die von ihm initiierten literarischen und künstlerischen Bestrebungen durchdrang, hat vor allem
Die Sorge um die gedechtnus schließt die Überhöhung der Leistungen Maximilians I. in Bild und Text, seine Herkunft und auch seine Nachkommen ein. Der Ursprung der Habsburger und ihr Anteil an der Geschichte des Heiligen Römischen Reiches gehören daher ebenso zum gedechtnus-Programm wie das Leben, die Taten und Besitztümer Maximilians. Zur Umsetzung beschäftigte er über einen Zeitraum von etwa 20 Jahren zahlreiche Gelehrte und Künstler, die Nachforschungen anstellten, Bildprogramme und Texte nach seinen Vorgaben konzipierten und schließlich die in der Regel im Kollektiv und häufig auf verschiedene Orte verteilte Herstellung koordinierten. Die so entstandenen Werke zeichnen sich bis auf wenige Ausnahmen durch umfangreiche Bildzyklen mit teils über 200 Illustrationen aus. Dabei gewinnen nicht nur die Bilder gegenüber dem oft nur wenige Zeilen umfassenden Text zunehmend an Bedeutung, auch der während der Entstehungszeit erfolgte Konzeptwechsel weg vom handgeschriebenen, hin zum gedruckten Buch weist den hier versammelten Codices neue Funktionen zu, handelt es sich doch in vielen Fällen nicht um in sich abgeschlossene Werke, sondern um Redaktionsexemplare, die zur Abstimmung des komplexen Herstellungsprozesses nötig wurden oder Druckwerke vorbereiteten.
Bis zum Tod Maximilians im Jahr 1519, das zugleich die zeitliche Obergrenze für die hier besprochenen Werke markiert, wurde lediglich ein Teil der Arbeit abgeschlossen, da die Größe des Vorhabens, die Abhängigkeit der einzelnen Werke voneinander, häufige Konzeptwechsel und die notwendige Beteiligung Maximilians, dem alle Redaktionsstufen vorgelegt wurden, den Fortgang verzögerten. Die konzeptionelle Mitarbeit des Kaisers an der Entstehung der Werke unterscheidet die im KdiH beschriebene Stoffgruppe denn auch von der bislang einzigen monografischen Untersuchung zu den im Umfeld Maximilians entstandenen illustrierten Handschriften durch
Die den Maximilianea zuzurechnenden lateinischen Schriften sind nicht Gegenstand des KdiH. Dies betrifft den kompletten Bereich der liturgischen gedechtnus, der Memoria, vertreten durch das Ältere Gebetbuch (Wien, Cod. 1907) und das im Druck erschienene Jüngere Gebetbuch von 1513 (München, Bayerische Staatsbibliothek, 2 L.impr.membr. 64 und Besançon, Bibliothèque municipale, Étude 67633), die Lehrbücher Maximilians (Wien, Cod. 2368, 2289 und Ser. n. 2617) und Joseph Grünpecks für die Entstehung des ›Weißkunig‹ wichtige ›Historia Friderici et Maximiliani‹ (Wien, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Hs. Blau 9). Ausgeklammert bleiben weiterhin die großen Holzschnittfolgen ›Triumphzug‹ und ›Ehrenpforte‹, zu denen zwar Programmentwürfe in den Gedenkbüchern Maximilians festgehalten wurden, nicht aber Vorarbeiten zu den Bildern. Eine oft mit Jörg Kölderer (um 1465/1470–1540) verbundene, mythologische und historisch belegte Verwandte Maximilians zeigende Pergamentrolle (Wien, Kunsthistorisches Museum, KK 5333), die im Kontext des Maximiliangrabes steht, und die sie wiederholenden Figurencodices (Wien, Cod. 7867; München, Cgm 908) bleiben gleichfalls unberücksichtigt, da hier jenseits kurzer Namensbeischriften der für den KdiH relevante Textbezug fehlt. Während die Datierung der Pergamentrolle umstritten und eine Entstehung zu Lebzeiten Maximilians durchaus denkbar ist, trägt das Papier der beiden Codices Wasserzeichen aus der Mitte des 16. Jahrhunderts (Kaiser Maximilian I. und die Kunst der Dürerzeit [2012] Nr. 21, S. 170f. [
Maximilian I. 1459–1519 (1959);
mit Maximilian I. als Auftraggeber oder Empfänger verbundene, an anderer Stelle im KdiH besprochene Handschriften:
- Nr. 3. Alexander der Große, insbesondere Nr. 3.4.1. Johann Sieder, Übersetzung des Plutarch, Maximilian I. gewidmet
- Nr. 39.20. Illustrierte Zeughausinventare, dort die Innsbrucker Zeughausinventare Maximilians I. Nr. 39.20.3., 39.20.5.–39.20.10.
- Nr. 53.0.4. Ambraser Heldenbuch, zusammengestellt im Auftrag Maximilians I.