86.6.3. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. Ser. n. 2627
Bearbeitet von Anja Eisenbeiß
KdiH-Band 9
1514–1516.
Süddeutschland.
1r–123v |
›Heilige der Sipp-, Mag- und Schwägerschaft‹
Skizzencodex B
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Papier, I + 123 Blätter (alle Blätter auf Falze montiert), 205 × 260 mm, Kanzleikursive, zwei Hände (I: Bildtitel, identisch mit Hand II in Skizzencodex A [Nr. 86.6.1.], II: 12r–v lateinische Ergänzungen des späteren 16. Jahrhunderts zum hl. Dentelin), ein- bis vierzeilige Bildtitel neben den Illustrationen, der Titel 112r auf einem eingeklebten Zettel, die ersten Buchstaben größer.
123 kolorierte Federzeichnungen jeweils auf den Rectoseiten, eine Federzeichnung (123v), einheitliche Ausführung.
Die 196–203 × 128–131 mm messenden Illustrationen sind auf den Rectoseiten der heute querformatigen Blätter jeweils rechts angebracht und füllen etwas mehr als die Hälfte der jeweiligen Seite. Eine Ausnahme bildet die unkolorierte Zeichnung des hl. Thomas von Canterbury (123v), die entlang der durchgedrückten Konturlinien auf der Blattrückseite die Komposition der Vorderseite wiederholt, also links steht. Rahmen und Hintergrund sind hier nicht ausgeführt. Ansonsten haben die wie in Skizzencodex A (Nr. 86.6.1.) auf einem wappengeschmückten Sockel ruhenden, hochrechteckigen Heiligenbilder schmale gelbe oder mit Blattgold belegte Rahmen und sind nahezu ebenso breit wie der obere Sockelabschluss. Vor den Bildern entstanden die links daneben, am oberen Blattrand angebrachten Tituli, die oft von den Rahmen überschnitten werden. Bislang ungedeutet sind zwei von der Hand des Titulusschreibers stammende Notizen auf den Blattrückseiten der hl. Bega (34v: xviiii pilder andem ort, auf dem Kopf stehend) und des hl. Bonifatius (105v: lv pilder andem ort). Bis auf die später in Latein zugefügte Vita des hl. Dentelin (12r–v) enthält der Band keine weiteren Texte. Nahezu alle Illustrationen sind entweder am oberen oder unteren Rand beschnitten. Es dürfte sich ursprünglich um Hochformate gehandelt haben, die erst mit der Bindung ins Querformat überführt wurden, zumal alle Blätter einzeln auf Falze montiert sind.
Zeichnung in schwarzer Tinte, bei den Figuren meist durchgezogene, geschlossene Konturen, flüchtiger in der Anlage der Hintergründe. Die Heiligen wiederholen bis auf zwei seitenverkehrte Wiedergaben (37r, 49r), eine ins Profil gerückte (96r) und eine frontal statt im Dreiviertelprofil gezeigte Figur (1r) Haltung und Gestik ihrer Vorbilder in Skizzencodex A (Nr. 86.6.1.), allerdings sind nun alle Heiligen nimbiert. Die Gestaltung der Bildräume weicht deutlich von Codex A ab. Bei den Architekturen treten flache Decken an die Stelle von Gewölben, auf Bauschmuck wird verzichtet oder er wird auf klare Formen reduziert. Ähnlich vereinfachend greift der Zeichner bei den Landschaftshintergründen ein, so dass die Heiligenfiguren stärker hervortreten. Kontrastreiche Kolorierung der Figuren, die Farben hier changierend, meist deckend aufgetragen, Faltenwürfe durch farbige Schatten verstärkt. Im Hintergrund herrschen zartere Farbabstufungen vor. Vor allem die in hellem Blau, Gelb und Rosa lavierten Himmelssegmente erreichen eine nahezu atmosphärische Wirkung. Missverständnis zwischen Zeichnung und Kolorierung bei der Illustration des hl. Karlmann (47r): die rechte Wand, an der ein Knüppel angelehnt steht, wird zum Landschaftsausblick umgedeutet.
Bilderliste bei
kräftiges Rot, Blau, Gelb und Grün für die Gewänder, bei Ordenstrachten auch Grau und Schwarz, Hintergründe in zarteren Blau-, Rosa-, Gelb- und Grüntönen laviert, Heiligenscheine teilweise mit Blattgold belegt, teilweise gelb oder rötlich.
Abb. 40: 104r. Die hl. Walburga.