KdiH

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86.3.1. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2833

Bearbeitet von Anja Eisenbeiß

KdiH-Band 9

Datierung:

Um 1516.

Lokalisierung:

Österreich und Süddeutschland.

Besitzgeschichte:

Redaktionsexemplar Maximilians I., nach seinem Tod in der Ambraser Bibliothek Ferdinands II. (1r von Peter Lambeck: Cod. Mst. Histor. S. N. olim Ambr. 330. Picturae mutae 109 Historiam Theurdanckii exprimentes). 1665 durch Erbfall in die Wiener Hofbibliothek gelangt (alte Signatur: Hist. prof. 146).

Inhalt:
1r–198r Kaiser Maximilian I., ›Theuerdank‹
Bildredaktion mit Probedrucken und Skizzen
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, I + 199 + I* Blätter (Bogen aus weißem Papier, für Einzelblätter gelbliches, gröberes Papier verwendet, dieses etwas jünger; zu den Wasserzeichen Menhardt 1 [1960] S. 399; Kunst um 1492 [1992] S. 308; ursprüngliche Nummerierung der Bilder: i–xxxiij, 34–109, es fehlen 89, 91, 99, oft parallel eine zweite, gestrichene Nummerierung, Übersicht bei Ziegeler [2015] S. 237–243), 325 × 215 mm, bis auf kurze Notizen zu den Bildern und deren Anordnung in Eilschrift kein Text, vier Hände (I: 1r, 62v, 150r, 159r, 168r; II: 1r, 62v, 150r; III: 1v, 150r, 159r, 168r; IV: 35r, 93r, 107r, 121r), Hand IV wohl Maximilian I., keine Textauszeichnungen.

Aus der Analyse von Bildnummern und Lagenverband schließt Ziegeler (2015), dass die Bögen des Bandes zunächst in eine von der Druckausgabe noch stark abweichende Abfolge gebracht, dann die Einzelblätter mit den aus einer zweiten Serie stammenden Drucken und die Skizzen eingelegt und alles fortlaufend nummeriert worden wäre. Beim ersten Binden entstandene Fehler dieser Ordnung vermerkten Maximilian (z. B. 121r: 50 versbundn) wie auch der dritte Schreiber. In einem zweiten Arbeitsschritt seien dann von Maximilian mit Hilfe der durchgestrichenen Nummern vorzunehmende Umstellungen angezeigt worden, die der endgültigen Bild- und damit auch Kapitelfolge des Drucks weitgehend entsprechen. Es dürfte sich hier somit um einen der letzten Redaktionsschritte vor der Drucklegung 1517 gehandelt haben.

Schreibsprache:

bairisch-österreichisch, Notizen der jüngsten Hand III in Latein.

II. Bildausstattung:

Vier unkolorierte Federskizzen (1r, 62v, 150r, 159r), Platz für eine Skizze (168r), 101 Probedrucke (Verteilung im Codex bei Ziegeler [2015] S. 237–243), Holzschnitte von Leonhard Beck, Hans Schäufelein und Hans Burgkmair.

Format und Anordnung:

Die Holzschnitte (ca. 158 × 140 mm) jeweils auf die linke Hälfte eines Bogens gedruckt, dabei aus der Blattmitte etwas nach oben gerückt. Die unbedruckten Seiten der Bögen wurden mit eingebunden, so dass die Holzschnitte auf den Versoseiten stehen. Lediglich acht Einzelblätter (39, 40, 79, 84, 97, 99, 121, 198) sind so eingefügt, dass die Drucke auf den Rectoseiten erscheinen. Ebenfalls auf Einzelblättern eingefügt sind die viertel- bis dreiviertelseitigen, ungerahmten Federskizzen und die Notiz zu einer nicht ausgeführten Skizze.

Bildaufbau und -ausführung:

Die Federskizzen flüchtig, laienhaft, auf Umrisse konzentriert ohne Binnenzeichnung oder Schraffuren. Sie zeigen oft nur Theuerdank, ohne dass der Bildraum weiter ausgeführt worden wäre, 1r gegenüber dem Druck seitenverkehrt. Die braune Tinte der Skizzen identisch mit der von Hand I benutzten Tinte, so dass dieser Schreiber auch die Skizzen angefertigt haben dürfte. Das Thema benennt er in wenigen Worten und informiert über den Status der Bildproduktion (z. B. 1r: Der wetter streich. Den Schonsperger zu fragen ob die figur funnden sei dann sy ist enntlh gerissen gewest zeigt kay. Mt. an er gibt mir auf dhein schreyben anntwort; Transkription aller Notizen bei Laschitzer [1888a] S. 63f.). Der zweite Schreiber wiederholt, korrigiert und ergänzt diese Notizen (z. B. 1r: Hofmaler sol das noch ain mal abmalen). Bei den übrigen Skizzen notiert Schreiber I, die figur sei geschnitten, er habe aber nur einen druckh davon im Buch. Es handelt sich hier also nicht um Entwürfe für noch anzufertigende Holzschnitte, sondern um Gedankenstützen in Ermangelung eines Drucks oder Abklatsches, wie sie Treitzsaurwein z. B. in seinem Fragbuch zum ›Weißkunig‹ (Nr. 86.4.4.) verwendete. Zudem dürfte es einen weiteren, nicht erhaltenen Band mit frühen ›Theuerdank‹-Drucken gegeben haben.

Die Probedrucke stammen aus Johann Schönspergers d. Ä. Augsburger Werkstatt. In dieser Druckserie wurden Korrekturen an den bereits geschnittenen Druckstöcken bei den Figuren der drei Hauptleute, vor allem ihren Köpfen und Kopfbedeckungen vorgenommen. Dies betrifft Unfalo in 19, Fürwittig in acht und Neidelhart in vier Holzschnitten (vgl. Ziegeler [2015] Tabelle 4, S. 248–252), so dass die Hauptleute nun eindeutig identifizierbar sind. Die Angleichung der Figuren über alle Illustrationen hinweg garantiert ein einheitliches Gesamtbild trotz mehrerer beteiligter Zeichner. Ein weiterer, erst im Druck von 1517 dokumentierter Korrekturgang betrifft neben Fehlern beim dargestellten Personal Änderungen der Bewegung und Haltung vor allem Theuerdanks, die das Bild-Text-Verhältnis entscheidend dynamisieren (Ziegeler [1982]). Für die erstmals von Laschitzer (1888a, S. 94–103) beschriebenen Korrekturen an den Holzstöcken war mehrheitlich Leonhard Beck verantwortlich.

Bildthemen:

Die Federskizzen lassen sich aufgrund der Notizen und dargestellten Figuren den folgenden Kapiteln des ›Theuerdank‹ im Druck von 1517 (Nr. 86.3.a.) zuordnen: Kap. 36 (62v): Theuerdank entgeht einer Schneelawine, Kap. 52 (1r): Ein Blitzschlag gefährdet Theuerdank, Kap. 89 (150r): Theuerdank tötet einen Ritter im Zweikampf, Kap. 94 (159r): Belagerung einer Stadt, Kap. 100 (Notiz 168r): Einladung zum Turnier. Die Zuordnung der Probedrucke zu den entsprechenden Kapiteln bei Ziegeler (2015, S. 237–243), die Bildthemen bei Füssel (2003, S. 56–86). In der vorliegenden Handschrift fehlen gegenüber dem Druck noch zwölf Bilder, und zwar zu den Kapiteln 20, 31, 34, 38, 40, 55, 71, 75, 79, 97, 99 und 107. Fünf davon (Nr. 55, 71, 75, 97, 99) lieferte Leonhard Beck, die übrigen konnten bislang keinem Künstler zugewiesen werden.

Literatur:

Chmel 1 (1840) S. 486, Nr. 77; Unterkircher (1957) S. 86; Menhardt 1 (1960) S. 399. – Haltaus (1836) S. 34f.; Laschitzer (1888a) S. 61–64, Abb. S. 96 (84r), 98 (121r), 99 (108v), 100 (130v), 101 (90v); Maximilian I. 1459–1519 (1959) S. 24, Nr. 73; Maximilian I. (1969) S. 141, Nr. 524b; Kunst um 1492 (1992) S. 307–309, Nr. 124, Abb. S. 308 (99r) [Eva Irblich]; Ziegeler (2015) S. 222–230, 237–243; Zöhl (2015) S. 101f., Abb. S. 103 (38v–39r).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 27: 62v. Theuerdank entgeht einer Schneelawine (Kap. 36).

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Abb. 27.