KdiH

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86.5.3. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 3077*; Cod. 3077**

Bearbeitet von Anja Eisenbeiß

KdiH-Band 9

Datierung:

9.8.1514 (Cod. 3077**, 126r).

Lokalisierung:

Freiburg im Breisgau.

Besitzgeschichte:

Aus dem Besitz Jakob Mennels, von ihm vermutlich an Maximilian I. Im 17. Jahrhundert aus der Grazer Schlossbibliothek Kaiser Ferdinands II. in die Wiener Hofbibliothek gelangt (am rechten Buchschnitt oben Grazer Signaturen: 72 bzw. 73; alte Signaturen der Hofbibliothek: Hist. prof. 385 bzw. Hist. prof. 387).

Inhalt: Jakob Mennel, Zweiter Teil des Auszugs aus dem Buch der mit Kaiser Maximilian verwandten Heiligen
Cod. 3077* (Bd. 1)
1r Vorrede Jakob Mennels
2r–216v Erster Teil: Stammbäume und 85 Legenden der blutsverwandten habsburgischen Heiligen (Chlodwig bis Romarich)
Cod. 3077** (Bd. 2)
1r–126r Zweiter Teil: 38 Legenden der mit dem Haus Habsburg befreundeten Heiligen (Elisabeth bis Ita)
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 217 + 131 Blätter, 302 × 210 mm, Kanzleikursive, ein Schreiber, Jakob Mennel (zur Identifizierung Menhardt 2 [1961] S. 866f.), einspaltig, bis zu 26 Zeilen auf Seiten ohne Illustrationen, erste Buchstaben am Absatzbeginn etwas größer, Titel in Fraktur, am Seitenrand Korrekturen und Nachträge von gleicher Hand wie der Text.

Bd. 1: III + 217 + Ia, Titel IIIr Auszug das ander Buch, alte Lagenzählung A (14r) bis r (209r), nach 186, 206, 208 und 210 jeweils ein Blatt herausgelöst. – Bd. 2: III + 131, alte Lagenzählung A (1r) bis N (121r), nach 31 und 64 jeweils ein Blatt herausgelöst.

Schreibsprache:

oberdeutsch mit alemannischer Einfärbung.

II. Bildausstattung:

Bd. 1: 22 kolorierte Federzeichnungen / Stammbäume (2r–12r), 70 Deckfarbenminiaturen (14r, 18r, 20v, 21v, 22r, 22v, 24v, 26r, 27v, 28v, 30r, 30v, 32r, 37r, 39r, 40v, 43v, 44v, 46v, 48r, 49v, 50v, 52r, 53v, 54v, 58r, 59v, 60v, 62v, 66r, 67r, 68r, 68v, 70v, 73r, 75v, 77r, 80r, 82v, 87r, 88v, 94v, 95r, 100r, 102v, 107r, 113r, 115v, 118r, 122r, 131r, 134r, 140r, 146v, 150r, 152v, 155r, 156v, 161r, 164r, 165r, 167v, 176v, 179v, 180v, 190r, 196r, 202r, 206v, 213r), eine Vorzeichnung (69v) und 14 Rahmen für Deckfarbenminiaturen (40r, 42r, 46r, 47v, 53r, 55v, 64v, 65r, 65v, 76v, 137r, 175r, 187v, 195r). – Bd. 2: 36 Deckfarbenminiaturen (1v, 9r, 15r, 16r, 18r, 19r, 27r, 30r, 34r, 37v, 40v, 43r, 47v, 53r, 54v, 56v, 59r, 61v, 67r, 68v, 70r, 72r, 74r, 75v, 76v, 84r, 86r, 86v, 88r, 92r, 94v, 99v, 101v, 111r, 117r, 121r), ein Rahmen (17r) und ein Freiraum für eine Deckfarbenminiatur (64r), mindestens zwei Maler einer Werkstatt (Mennel-Meister).

Format und Anordnung:

Der erste Band beginnt nach der Vorrede mit einem genealogischen Teil als Folge von 22 meist ganzseitigen Stammbäumen, in denen die habsburgische Abstammung von den Merowingern hergeleitet wird. Auf 4r stehen zwei Bäume übereinander. Vor den Stämmen und an vom Stamm abzweigenden Ästen in gelb gerahmten Medaillons die zugehörigen Texte (vollständig abgedruckt bei Laschitzer 1 [1886] S. 72–74). Den Textteil strukturieren in beiden Bänden gerahmte, meist hochrechteckige, selten annähernd quadratische Deckfarbenminiaturen (98–122 × 68–86 mm), die jeweils den Beginn einer Legende auszeichnen. In einem Fall (Bd. 1: 59v) wurde das Bildfeld oben aus Platzmangel um eine Ausbuchtung erweitert, bei vier Miniaturen des ersten Bandes (62v, 118r, 146v, 156v) rechts mehrfach abgestuft, um die daneben stehende Kapitelüberschrift nicht zu überschneiden. Öfter wird ein Teil der kolorierten Rahmen an der Seite oder unten ausgespart, um Überschneidungen mit dem Text zu vermeiden (z. B. Bd. 1: 67r, 68r; Bd. 2: 54v). Wo die Miniaturen nicht ausgeführt wurden, dienen einfache, mit der Feder gezogene Rahmen als Platzhalter oder der Platz für die Miniatur wurde frei gelassen (Bd. 2: 64r). An diesen Stellen fehlt in der Regel auch der Text der Legende bzw. es findet sich nur die Überschrift mit dem Namen oder knappe Angaben zur Abstammung der Heiligen, nicht aber Details ihrer Vita, so dass den Malern Anhaltspunkte für die Darstellung fehlten.

Bildaufbau und -ausführung:

Über flüchtigen Skizzen (Bd. 1: 69v) kräftige Deckfarben, Konturlinien in Schwarz, Binnenkonturen auch farbig aufgetragen. Die durch links und oben schwarze, rechts und unten weiße innere Linien plastisch wirkenden Bildrahmen rot, blau oder grün, in wenigen Fällen gelb. Nur die erste Miniatur des ersten Bandes (14r) zusätzlich durch grüne Ranken ober- und unterhalb des Rahmens ausgezeichnet. 100 der 106 ausgeführten Bilder zeigen den oder die Heilige*n als Einzelfigur (halb- oder ganzfigurig) oder in szenischem Zusammenhang. Es überwiegen einfache, aus schmaler Standfläche und einfarbigem Hintergrund geformte Bildräume mit klar abgegrenzten Farbflächen (z. B. Bd. 1: 54v, 202r, Bd. 2: 47v). Ist der Bildraum näher charakterisiert, handelt es sich meist um Szenen im Freien, nur drei Miniaturen lassen sich eindeutig als Innenraumdarstellungen bestimmen (Bd. 2: 94v, 101v, 117v). Die Figuren in der Regel frontal oder im Dreiviertelprofil, seltener als Rückenfiguren oder in Drehbewegungen gezeigt, die den Malern vor allem bei der Wiedergabe von Verkürzungen Mühe bereiteten (z. B. Bd. 2: 9r). Neben einfachen Ordenstrachten Vorliebe für zeitgenössische, modische Kleidung und die naturalistische Darstellung von Einzelmotiven. Komplexere Kompositionen mit hohen Horizontlinien, Landschafts- bzw. Architekturhintergründen zeichnen sich zugleich durch eine differenziertere Detailbehandlung und Kolorierung, teils gebrochene Farben und abgestufte Farbübergänge aus (z. B. Bd. 1: 118v, Bd. 2: 70r). Es sind diese Bilder, die an die Miniaturen des ›Zaiger‹ (Nr. 86.5.5.) und der ›Fürstlichen Chronik‹ (Nr. 86.5.2.) erinnern und eine Ausführung durch den Mennel-Meister und seine Werkstatt nahelegen, auch wenn sein Signet aus Dreschflegel und Schäferstab in dieser Handschrift nicht erscheint. Links oben auf dem Rahmen der Darstellung Karls des Großen (Bd. 1: 82v) in Weiß die Jahreszahl 1514.

Bildthemen:

Eine vollständige Liste der Kapitelüberschriften bei Reinhardt (2002, S. 225–227 [zu Bd. 1] und S. 224f. [zu Bd. 2]). Neben halb- und ganzfigurigen Darstellungen der ihre Attribute tragenden Heiligen auch szenische Bilder, die Begebenheiten aus der Vita, Wunder oder das Martyrium zum Thema haben. Ungewöhnlich sind diejenigen Bilder, die auf eine Darstellung des oder der jeweiligen Heiligen verzichten und stattdessen eine Landschaft (Bd. 1: 107r zur Vita der hl. Verona), Tiere (Bd. 2: 75v ein Wolf zur Vita des hl. Edmund II., 121v ein fliegender Rabe mit einem goldenen Ring im Schnabel vor einem Stadt- und Landschaftsprospekt zur Vita der hl. Ita) oder symbolhafte Gegenstände wie einen Altar (Bd. 1: 73r zur Vita der hl. Notburga, 155r zur Vita der hl. Bathildis, Bd. 2: 72r zur Vita der hl. Edeltraud) oder ein Boot mit darin stehender nimbierter Kerze (Bd. 2: 34r zur Vita des hl. Rumoldus) zeigen. Die Abfolge der Heiligen übernimmt der um 1514–1516 entstandene Skizzencodex A der ›Heiligen der Sipp-, Mag- und Schwägerschaft‹ Kaiser Maximilians I. (Nr. 86.6.1.). Lediglich an die Stelle der hl. Hemma (Bd. 1: 195r, nicht ausgeführt) tritt dort die hl. Wiltrudis.

Farben:

kontrastreiche Farbgebung, kräftiges Blau, Grün und Rot für Bildgründe und figürliche Szenen, bei der Kleidung auch Gelb, Weiß und Braun verwendet, schwarze Konturlinien. Farbabstufungen und gebrochene Erdtöne nur in wenigen Miniaturen und bei den lavierten Stammbäumen.

Literatur:

Chmel 1 (1840) S. 4f., Nr. VII, VIII; Menhardt 2 (1961) S. 866f.; Unterkircher 4 (1976) S. 29. – Laschitzer 1 (1886) S. 72–74; Maximilian I. 1459–1519 (1959) S. 57, Nr. 183–188; Unterkircher (1983) S. 27, Taf. 29f.; Reinhardt (2002); Theisen (2015b) S. 120f.

Abb. 34: Cod. 3077**, 75v. Ein Wolf zur Vita des hl. Edmund II.

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Abb. 34.