KdiH

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86.6.1. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2857

Bearbeitet von Anja Eisenbeiß

KdiH-Band 9

Datierung:

1514–1516.

Lokalisierung:

Süddeutschland.

Besitzgeschichte:

Aus der Grazer Schlossbibliothek Ferdinands II. (1r zweimal Bibliothecae Archid. Ferdinandi etc.) in die Wiener Hofbibliothek gelangt (alte Signatur: Rec. 399).

Inhalt:
1r–124r ›Heilige der Sipp-, Mag- und Schwägerschaft‹
Skizzencodex A
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, IV + 129 + III* Blätter (nach Bl. 15 unbeschriebenes Blatt mit Bleistiftfoliierung 16a, IV und 16a Teil eines alten Umschlagbogens), 325 × 215 mm, ein- bis dreizeilige Bildtitel in Kanzleikursive von zwei Schreibern (I: 1r–16r, II: 17r–124r), die ersten Buchstaben größer, Randnotizen in Kanzleikursive von mindestens zwei weiteren Händen.

Schreibsprache:

Bildtitel aus Cod. 3077*–3077** (Nr. 86.5.3.) übernommen, die kurzen Randnotizen erlauben keine nähere Bestimmung der Schreibsprache.

II. Bildausstattung:

124 zurückhaltend kolorierte Federzeichnungen, jeweils auf den Rectoseiten (16ar leer), zwei Zeichner.

Format und Anordnung:

Die einfach gerahmten, auf einem profilierten Sockel mit zentraler Wappentafel stehenden Heiligenbilder füllen jeweils drei Viertel einer Seite (196–200 × 120–126 mm). Bis auf die darüber angebrachten Bildtitel enthält der Codex keinen Text. Die unterhalb der Zeichnungen und teilweise am Blattrand ergänzten Notizen weisen auf den Gebrauch des Bandes während der Vorbereitung der geplanten, aber nicht realisierten Druckausgabe. Wie Laschitzer 2 (1887, S. 148–155) darlegt, dokumentieren sie die seit November 1516 erfolgte Lieferung der Druckstöcke, womit zugleich ein terminus ante quem für die Datierung gegeben ist. 25 Blätter tragen die Notiz: Der [Die] ist macht mit einem Kreuz (siehe zur Verteilung die Konkordanztabelle der Bildthemen in der Einleitung zur Untergruppe 86.6., KdiH-DB), 71 Blätter von einer anderen Hand die Notiz: ist gemacht mit einem Kreuz, bei einem Blatt nur: ist, 27 Blätter nur ein Kreuz unterhalb der Zeichnung und 34 Blätter zusätzlich ein Kreuz am linken Seitenrand. Auch die 32r entlang des rechten Randes der Zeichnung des heiligen Wandrillus notierte Anmerkung: kain parfusser munich, dürfte sich als Korrekturhinweis auf den Druck beziehen, da erst dort die Ikonografie entsprechend verändert wurde, während in den übrigen Skizzencodices und im Miniaturencodex Wandrillus wie hier als Barfüßermönch erscheint.

Bildaufbau und -ausführung:

Die Federzeichnungen sind in schwarzer Tinte über der teilweise noch sichtbaren Vorzeichnung ausgeführt. Bereits Laschitzer unterscheidet zwei Zeichner, von denen einer Figuren und Hintergründe mit sicheren Linien sorgfältig gestaltet (z. B. 15r), während der andere flüchtiger arbeitet und einfachere Kompositionen bevorzugt (z. B. 90r). Durchgesetzt hat sich die Einordnung der Federzeichnungen als augsburgisch (Scheichl [1992] S. 38–44).

In allen Illustrationen stehen die wenig raumgreifenden, kompakten, ganzfigurigen Heiligen im Dreiviertelprofil, seltener frontal oder im strengen Profil in Innenräumen, lebendig gezeichneten Landschaften oder Stadtprospekten. In nur wenigen Fällen wird der Bildraum allein durch eine Bodenlinie oder einfache Balustrade gebildet (79r, 81r, 88r, 90r, 94r, 104r, 107r, 112r, 117r, 120r, 124r). In den Händen halten die Heiligen ein Buch oder ihre Attribute, gelegentlich werden ihnen stark verkleinerte Szenen aus ihrer Vita beigegeben, auf die sie zeigen. Ansonsten agieren sie kaum mit dem sie umgebenden Raum. Zusätzliche Auszeichnungen wie Kronen, Herzogs- und Erzherzogshüte liegen zu Füßen der Figuren. Nachträglich hinzugefügt wurden die mit dem Zirkel geschlagenen Heiligenscheine, die durchweg über der Zeichnung liegen, ebenso die bei einigen Heiligen in hellem Gelb ergänzten Strahlenkränze.

Bildthemen:

Siehe die Konkordanztabelle der Bildthemen in der Einleitung zur Untergruppe 86.6. (KdiH-DB). Die Reihe der 83 männlichen und 42 weiblichen Heiligen des Hauses Habsburg folgt der Zusammenstellung Jakob Mennels in seinem 1514 vollendeten Auszug aus dem Buch der mit Kaiser Maximilian verwandten Heiligen (Nr. 86.5.3.). Lediglich anstelle der heiligen Hemma findet sich hier deren Tochter Wiltrudis (81r), am Ende der Folge wurde Markgraf Otto von Österreich, Bischof von Freising (124r), ergänzt. Auch der Wortlaut der Bildtitel ist aus Mennels Text übernommen, so dass Skizzencodex A nach dessen Fertigstellung 1514, aber vor der Herstellung der Druckstöcke ab 1516 entstanden sein dürfte.

Farben:

Gelb, Rot, Blau, Grün und Schwarz für die Wappen. Sonst nur Heiligenscheine, Strahlenkränze und (selten) metallene Oberflächen gelb laviert.

Literatur:

Tabulae 2 (1868) S. 145; Unterkircher (1957) S. 87. – Laschitzer 2 (1887) S. 119–124, 128–134; Benesch/Auer (1957) S. 102–104; Maximilian I. 1459–1519 (1959) S. 54, Nr. 172; Maximilian I. (1969) S. 164, Nr. 608; Kunst um 1492 (1992) S. 320–322, Nr. 132 [Eva Irblich]; Scheichl (1992) S. 38–44; Ruhm und Sinnlichkeit (1996) S. 185–187, Nr. 48 [Lukas Madersbacher]; Müller (2009) S. 215–231; Theisen (2015b) S. 121.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 38: 32r. Der hl. Wandrillus.

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Abb. 38.