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86.4.4. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 3034

Bearbeitet von Anja Eisenbeiß

KdiH-Band 9

Datierung:

In den 14 Tagen nach Pfingsten 1515 (Ir).

Lokalisierung:

Österreich (Wiener Neustadt) und Süddeutschland.

Besitzgeschichte:

Von Marx Treitzsaurwein für Maximilian I. angefertigt, Empfang am 9.8.1515 in Krems bestätigt (Petermann [1956] S. 95, Nr. 26). Nach Maximilians Tod über die Ambraser Sammlung in die Wiener Hofbibliothek gelangt (auf Ir Signatur Peter Lambecks: MS Ambras 323, und Gentilotti-Signatur: Hist. prof. 18).

Inhalt: Handschrift H
Ir–279r Marx Treitzsaurwein, Fragbuch zum ›Weißkunig‹
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, I + 379 Blätter (originale Foliierung rechts oben, dabei Bl. 78 und 130 doppelt gezählt, Sprung von Bl. 322 zu 324 und 352 zu 354), 418 × 278 mm, Kanzleischrift auf Ir, sonst Kursive, zwei Hände (I: Haupttext auf den Rectoseiten und Bemerkungen zu den Bildern, II: Notizen unter dem Haupttext und Bemerkungen zu den Bildern), Hand I Marx Treitzsaurwein (Ir), Hand II Maximilian I., mindestens eine weitere Hand bei den auf den Holzschnitten notierten Bildtiteln (zur Verteilung Menhardt 2 [1961] S. 826), einspaltig, wechselnd vier bis 31 Zeilen, Schriftspiegel auf den Rectoseiten mit rubrizierten Linien festgelegt, bis auf die in klarer Kanzleischrift mit größeren Anfangsbuchstaben geschriebene Vorrede (Ir) keine Textauszeichnungen.

Schreibsprache:

bairisch-österreichisch.

II. Bildausstattung:

33 eingeklebte Federzeichnungen (86v, 88v, 89v, 132v, 133v, 134v, 135v, 136v, 140v, 150v, 155v, 165v, 166v, 170v, 181v, 182v, 188v, 189v, 190v, 192v, 205v, 230v, 245v, 246v, 248v, 249v, 252v, 261v, 265v, 266v, 267v, 274v, 276v), vier eingeklebte Feder- und Kreideskizzen (200v, 201v, 202v, 277v), 82 eingeklebte Holzschnitte, davon 42 von Leonhard Beck, 40 von Hans Burgkmair sowie 31 Abklatsche, davon 23 von Leonhard Beck, acht von Hans Burgkmair. Von drei weiteren Abklatschen sind Spuren erhalten (14v, 25v, 47v), die Bildthemen aber nicht mehr bestimmbar. Zur Verteilung der Holzschnitte und Abklatsche vgl. die Übersicht in KdiH-DB, Untergruppe 86.4.

Format und Anordnung:

Das durchgängig einheitliche Layout des Fragbuchs weist den Illustrationen bzw. Platzhaltern für zum Zeitpunkt der Herstellung nicht vorhandene Illustrationen in Form heute nachgedunkelter, aufgeklebter Papiere, die Versoseiten zu, während die gegenüberliegenden Rectoseiten Treitzsaurweins Text enthalten. Auf die Beschreibung des Bildthemas folgen hier stets ein Vermerk zum Status der Textarbeit sowie Fragen an Maximilian, und zwar verbunden mit einem Verweis auf Handschrift A (Nr. 86.4.2.) unter Nennung der dortigen Seitenangabe. Die Abfolge der Bilder orientiert sich ebenfalls an Handschrift A. Bis 46v verwendete Treitzsaurwein zur Bilddokumentation nahezu durchgängig Abklatsche, die allerdings nicht immer mit dem auf der entsprechenden Rectoseite beschriebenen Bild übereinstimmen (dazu die Übersicht der Bildthemen in KdiH-DB, Untergruppe 86.4.). Über die Abklatsche wurde daher der jeweils zu kommentierende Holzschnitt (216–220 × 195–198 mm) geklebt, worauf sich auch Treitzsaurweins Vermerk auf 3r beziehen mag: Item man soll alle gemel herab thuen und dy wider mit zechem wax von Loriatt aufmachen. Ab 86v wurden dann auch Zeichnungen eingeklebt, und zwar sowohl die im Format den Holzschnitten entsprechenden Reinzeichnungen wie auch querformatige Entwurfsskizzen (213–226 × 334–338 mm), die hierfür in der Mitte gefaltet wurden.

Während Bildtitel in der Regel unter den Illustrationen notiert wurden, findet sich darüber – wo zutreffend – der Vermerk: Dise schrift ist gemacht (3v, 4v etc.). Lag der zugehörige Text dagegen noch nicht vor, was vor allem bei den Illustrationen zum dritten Teil des ›Weißkunig‹ der Fall war, hielt Treitzsaurwein das bei seinen Kommentaren auf der Rectoseite fest. Auf den eingeklebten Bildplatzhaltern notierte er in den meisten Fällen, dass das gemäl nach der schrift zu machen sei, seltener, dass das gemäl gemacht, ihm aber nicht geschickt worden sei (60v, 61v, 66v) oder er nicht wisse, ob das gemäl gemacht sei, die Schrift daher zu prüfen und der Kaiser zu befragen sei (z. B. 172v, 173v). In zwölf Fällen tragen die Versoseiten weder Bild noch Bildplatzhalter (2v, 15v, 64v, 65v, 69v, 70v, 101v, 103v, 131v, 176v, 180v, 212v).

Bildaufbau und -ausführung:

Die im Fragbuch zur Dokumentation der Bildproduktion wieder verwendeten Zeichnungen spiegeln unterschiedliche Entwurfsstadien. Bei den querformatigen Skizzen steht ein in Kreide rasch ausgeführter, in den Details der Figuren noch vager Entwurf der vorgesehenen Komposition (211v) neben einer Zeichnung, bei der unter den mit der Feder sicher gesetzten Konturen Reste der Vorzeichnung sichtbar bleiben (200v), und Federzeichnungen, die mit sicheren Linien und wenigen, vor allem in Schattenpartien eingesetzten Parallelschraffuren die Illustration vorbereiten (201v, 202v). Unter den ins Format der Holzschnitte überführten Reinzeichnungen sind sowohl auf die Konturen konzentrierte Umrisskopien (z. B. 86v, 170v) wie auch dynamischere Entwürfe vertreten, wie etwa eine Darstellung von in Seenot geratenen Schiffen auf hoher See (246v / zu Pe 217), bei der zwei Schiffsmasten den oberen Bildrand überschneiden. Dem Zeichner war hier weniger an der Ausführung der allenfalls flüchtig umrissenen Figuren in den Schiffen gelegen, als vielmehr an der Darstellung der Naturgewalt, scheinen doch die Wellenwirbel die darin herum taumelnden Schiffe zu verschlucken. Zu diesem Entwurf sind vier weitere Zeichnungen überliefert (vgl. dazu die Übersicht in KdiH-DB, Untergruppe 86.4.), von denen nur eine Umrisskopie im Zeichnungscodex der Vaticana (Cod. Vat. lat. 8570, 67v) die Komposition in den Rahmen und damit in das für den Holzschnitt vorgesehene Format drängt. Mit schwarzer Feder wurden in der Zeichnung des Fragbuchs nachträglich Kreuze in den Schiffswimpeln eingetragen, die teilweise zuvor gezeichnete Wappen übermalen. Diese Form der Korrektur findet sich bei mehreren Zeichnungen, z. B. auch auf 132v (Abb. 30), wo auf der Kleidung und an der Hutkrempe der Boten kleine Wappenschilde angebracht wurden. In Schriftform dokumentieren neben den Holzschnitten aufgeklebte Zettel vergleichbare Korrekturwünsche, z. B. die neben Pe 55 (55v) aufgeklebte Notiz, das burgundische Kreuz sei zu tilgen und ein gerades an seine Stelle zu setzen.

Neben den im Fragbuch zur Bilddokumentation verwendeten Abklatschen und zwei Frühstdrucken (21v / Pe 22; 85v / Pe 81) enthält der Band wie die übrigen Bildercodices des ›Weißkunig‹ vor allem Frühdrucke, darunter das sonst nicht belegte Blatt Leonhard Becks Pe 106 (218v) mit der Darstellung der Erstürmung einer Stadt.

Bildthemen:

Vergleiche die Übersicht der ›Weißkunig‹-Illustrationen zu den im Fragbuch durch Illustrationen vertretenen Bildthemen in KdiH-DB, Untergruppe 86.4. Weitere im Text dokumentierte Themenvorschläge stammen von Treitzsaurwein. Sofern in Handschrift A (Nr. 86.4.2.) eine Illustration fehlte und er ausgehend von seiner dort vorgelegten Textredaktion eine Vorstellung davon hatte, was dargestellt werden sollte, notierte er Bildanweisungen, wie etwa auf dem als Platzhalter auf 13v aufgeklebten Blatt zum zwölften und letzten Kapitel des ersten Teils: Das gemäl ist nit gemacht mueß sein nach der schrifft wie der allt weyß kunig vnd sein gemahl aus der stat Rom ziechen vnnd das der Babst in eine Burg in ainem hochen Sal vnnder ainem vennster stot vnnd gibt Inen hin nach den segen. Ire Kay. M. solle vmb das gemäl gefragt werden. Fehlte ihm die Textgrundlage, was vor allem bei den im dritten Teil neu hinzu gekommenen Ereignissen der Fall war, vermerkte er nur, dass das gemäl nach der Schrift zu machen sei mit dem Hinweis, den Kaiser darumb zu fragen (z. B. 81v, 83v und öfter). Bereits in Handschrift A enthaltene Kapitel, die mehrere bildwürdige Ereignisse beschreiben, schlug Treitzsaurwein vor zu teilen, so dass jedem Kapitel genau ein Bild zugeordnet worden wäre. Ein Beispiel hierfür findet sich auf 77v–78r zum 74. Kapitel in A (Cod. 3032, 255r), das die Heimkehr des jungen Weißkunig zu seiner Gemahlin und ihrem neu geborenen Sohn sowie weitere Kriegszüge schildert. Treitzsaurwein spricht auf 78r die Taufe des Kindes an, der folgende Text zu den Kämpfen sei in ein neues Kapitel zu verschieben, zu dessen Illustration weitere Anweisungen folgen sollten. Sowohl in A wie auch im Fragbuch fehlen entsprechende Bilder, allerdings enthält der Zeichnungscodex der Vaticana auf 10r einen Entwurf zur Taufe. Rudolf (1980, S. 196) ordnet dem Kapitel eine weitere der Vaticana-Zeichnungen (31r / Pe 238) zur Klage der Männer von Geldern zu. Dass Treitzsaurweins Anregungen wie in diesem Fall aufgegriffen wurden, blieb eher die Ausnahme, wie die erhaltenen Holzschnitte zeigen, und auch die im Codex an Maximilian gerichteten Fragen nach den darzustellenden Orten, Personen und Handlungen, die für die weitere Bild-Text-Redaktion sowie das Herstellen und korrekte Einordnen der noch fehlenden Bilder und Texte hilfreich gewesen wären, blieben weitgehend unbeantwortet.

Farben:

bis auf eine Skizze (277v), bei der die Figur eines Herolds mit Rötel nachgezeichnet wurde, nicht koloriert.

Literatur:

Menhardt 2 (1961) S. 826; Unterkircher 4 (1976) S. 28. – Schultz (1888) S. XXIII–XXV; Maximilian I. 1459–1519 (1959) S. 29, Nr. 84; Bossmeyer (2015) Textbd. S. 45f.; Zöhl (2015) S. 105f.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 30: 132v. Der Hermelinkönig empfängt einen Boten (zu Pe 120).

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Abb. 30.