86.8.2. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 7962
Bearbeitet von Anja Eisenbeiß
KdiH-Band 9
1504 (1v).
Tirol.
Von Wolfgang Hohenleiter für Maximilian I. geschrieben, seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in der Ambraser Bibliothek Ferdinands II. (1r Signatur: MS Ambras 334). 1665 durch Erbfall in die Wiener Hofbibliothek gelangt (1r Signatur: Hist. prof. 375). Unter Napoleon 1809 nach Paris verbracht, 1816 rückerstattet (
1v–56r |
Wolfgang Hohenleiter / Martin Fritz, Tiroler Fischereibuch
1v Vorrede, 3r–41r Fischwasser und Seen in Tirol, 47r–56r Fischwasser und Seen in Görz
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Papier, Bl. 3, 12, 26 und 47 Pergament, I + 60 + I* Blätter (Blattzählung springt von 47 auf 49), 320 × 220 mm, Kanzleikursive, eine Hand, Wolfgang Hohenleiter (1v), einspaltig, Schriftspiegel durch zweifaches Falzen der Blätter festgelegt, rechter Falz oft überschrieben, auf reinen Textseiten 25–33 Zeilen, zu Beginn der Absätze Cadellen über mehrere Zeilen in roter und schwarzer Tinte, Überschriften zu den einzelnen Teilen in schwarzer Tinte, Kapitelüberschriften rubriziert.
bairisch-österreichisch.
Acht Deckfarbenminiaturen (3r, 3v, 12r, 12v, 26r, 26v, 47r, 47v), Jörg Kölderer und Werkstatt zugeschrieben.
Alle Illustrationen finden sich auf den Recto- und Versoseiten der eingebundenen Pergamentblätter. Dabei ist den beiden Textabschnitten zu den Tiroler und Görzer Fischrevieren jeweils eine prächtige, gerahmte Wappenseite vorangestellt. Zum ersten Textabschnitt zudem fünf ganzseitige, gerahmte Landschaftsbilder, zum zweiten Abschnitt eine weitere ganzseitige Landschaft. Die ursprünglich breiten, grünen oder roten Rahmen heute teilweise beschnitten, keine Bildtitel oder Maleranweisungen. Die Landschaftsbilder greifen in der Regel kurze Bemerkungen aus der Beschreibung des Fischreviers auf der unmittelbar gegenüberliegenden Textseite auf.
Die erste Wappenseite (3r) zeigt vor tiefrotem Grund einen von zwei aufsteigenden, goldenen Greifen gehaltenen Schild, darauf der schwarze Königsadler mit österreich-burgundischem Brustschild. Vor den Greifenkörpern links der österreichische Bindenschild, rechts der Tiroler Adler. Das bekrönte Königswappen wird von der Ordenskette des Goldenen Vlieses umfangen. Hinter ihm wächst ein seitenfüllender, grüner Granatapfelbaum empor, der Blüten und Früchte trägt. Am unteren Rand ein leeres, mehrfach geschwungenes, weiß-rotes Schriftband, das wie Greifenflügel und Baum den Rahmen überschneidet. Die zweite Wappenseite (47r) variiert die Komposition: statt des Tiroler Adlers rechts das Wappen von Görz, der Granatapfelbaum trägt nur Früchte, keine Blüten, das jetzt rein weiße Schriftband an den Enden eingerollt, nicht gewellt.
Die Landschaftsbilder lassen sich in zwei Gruppen unterteilen. Zum einen Darstellungen des Fischfangs in unterschiedlichen Revieren: Wildsee am Widdersberg mit Fischern und Gämsen (12r), Fischer mit Netzen (26v), Krebsfang im Morgengrauen (47v). Zum anderen eine sich mit Fischen und Jagen die Zeit vertreibende höfische Gesellschaft, in der Maximilian meist mehrfach auftritt: Jagd und Fischerei am Achensee (3v), künstlicher See auf der Langen Wiese bei Innsbruck (12v), Jagd und Fischerei am Heiterwanger See (26r). Maximilian wird beim Jagen und Fischen, aber auch beim Verrichten von Regierungsgeschäften gezeigt, für die der Jagdausflug den Rahmen bietet. Der auf der Langen Wiese bei Innsbruck links im Mittelgrund einen Hirsch verfolgende Reiter in östlicher Tracht (12v) dürfte eine historische Begebenheit aufgreifen, nämlich die zu Ehren des türkischen Botschafters im Jahr 1497 ausgerichtete Jagd.
Wie schon im Jagdbuch (Nr. 86.8.1.) legen die Maler Wert auf eine genaue Wiedergabe der verwendeten Ausrüstung, auf das korrekte Vorgehen beim Jagen und Fischen, Details der Kleidung und im Fischereibuch besonders auf die Charakterisierung unterschiedlicher Fischarten. Die Figuren sind im Verhältnis zur Landschaft zu groß dargestellt, ihre Größe nimmt zum Hintergrund hin kaum ab. Dem steht die zunehmend atmosphärische Wirkung der Landschaften entgegen, die durch den Einsatz mehrfach gebrochener, changierender Farben erreicht wird und es erlaubt, nicht nur Tiefenräumlichkeit, sondern auch wechselnde Lichtverhältnisse, wie etwa die Morgenstimmung beim Krebsfang (47v), darzustellen.
in den Landschaften Erdtöne, gebrochenes Grün, Blau und Weiß über der teilweise durchscheinenden Unterzeichnung. Für die Figuren und Wappenseiten kräftiges, deckendes Rot, Gelb, Grün und Deckweiß.
Abb. 44: 47v. Krebsfang im Morgengrauen.