KdiH

KdiH

_ (der Unterstrich) ist Platzhalter für genau ein Zeichen.
% (das Prozentzeichen) ist Platzhalter für kein, ein oder mehr als ein Zeichen.

Ganz am Anfang und ganz am Ende der Sucheingabe sind die Platzhalterzeichen überflüssig.

ß · © ª º « » × æ œ Ç ç č š Ł ł ́ ̀ ̃ ̈ ̄ ̊ ̇ ̋ ͣ ͤ ͥ ͦ ͧ ͮ Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ σ ς τ υ φ χ ψ ω ͅ ̕ ̔

59.4. Historienbibel IIa

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 7

Die Historienbibel IIa bietet bis auf ganz wenige Ausnahmen Alte und Neue Ee in integraler Textgemeinschaft. Dem Prolog (Richer Got herre von himelrich …) folgt eine Prosaauflösung der ›Weltchronik‹ Rudolfs von Ems (Dis han ich in myner willekúr genommen …) und des ›Marienlebens‹ Bruder Philipps (Maria muͦter edel kúsche maget …). IIa ist seit ca. 1420 in elsässischen und alemannischen Handschriften bezeugt und hat nicht zuletzt dank der bevorzugten Anfertigung in der Diebold-Lauber-Werkstatt eine besondere Affinität zu Illustrationen. Lange Zeit waren ausschließlich bebilderte Niederschriften des Textes bekannt, mit der fragmentarischen Handschrift der Leipziger Universitätsbibliothek Ms. 1677a ist nun auch ein nicht zur Bebilderung vorgesehener Kodex ans Licht gekommen; ob das Fragment Frankfurt a. M., Museum für Kunsthandwerk, LM 236.237 aus einer bebilderten oder einer reinen Texthandschrift stammt, muss offen bleiben, denn die auf den zwei erhaltenen Blättern enthaltenen Textpassagen (nach der Ausgabe Merzdorf [1870] S. 673,30– 675,18 und 677,7–678,32) haben auch in etlichen Bilderhandschriften, insbesondere der unten beschriebenen Gruppe der in den 30er Jahren in der Lauber-Werkstatt entstandenen Handschriften, keine Illustrationen (für die Herkunft aus einer illustrierten Handschrift spräche auch das mit ca. 450–460 × 320 mm extrem große Papierformat!).

Innerhalb der ungefähr dreißigjährigen Blütezeit der Historienbibel IIa im Umfeld der beiden produktivsten Werkstätten der Zeit, der elsässischen Werkstatt von 1418 und der Werkstatt Diebold Laubers in Hagenau, entsteht eine Vielzahl von Historienbibelhandschriften. Sie gleichen sich nicht nur in etlichen auf Arbeitsrationalisierung zurückzuführenden »buchtechnischen« Merkmalen, sondern auch in inhaltlichen Bestandteilen des Bildprogramms. So verbindet mit Ausnahme nur einer einzigen Handschrift (München, Nationalmuseum, Nr. 2502, vgl. Nr. 59.4.14.) in allen Handschriften, die den gesamten heilsgeschichtlichen Bibelzyklus umfassen, das ganzseitige Kreuzigungsbild mit Ecclesia und Synagoge als feste Bildformel die Neue mit der Alten Ee. Das seit dem Hochmittelalter zunächst aus enzyklopädischen Zusammenhängen bekannte Motiv (z. B. Herrad von Hohenburg, ›Hortus deliciarum‹, 150r; Rom, Bibliotheca Casanatense Ms. 1404, 28v; Eichstätt, Universitätsbibliothek, Cod. st 213, 4v; München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv.Nr. 40445) ist (mit Varianten) das am häufigsten übereinstimmende Bildthema der IIa-Redaktion – auch über die elsässischen Werkstattzusammenhänge hinaus (vgl. die schwäbische Handschrift München, Cgm 206, Nr. 59.4.12.). Daneben gibt es weitere Konstanten, etwa die nachdrückliche Hervorhebung der historischen Abschnitte durch »Gliederungsbilder« (Saurma-Jeltsch [2001] S. 193 f.), die in besonderer Nähe zu Weltchronikillustrationen die Unterteilung der Texte in Weltalter und andere Zeitabschnitte betonen, also insbesondere Geburts- und Bestattungsbilder sowie die Präsentationen neuer Herrscher.

Innerhalb der Gruppe IIa lassen sich nach chronologischen wie inhaltlichen Gesichtspunkten recht deutlich weitere Untergruppen unterscheiden:

• die frühe Gruppe der um 1420 entstandenen Handschriften, die im Umfeld der elsässischen Werkstatt von 1418 anzusiedeln sind;

• die in den zwanziger Jahren in der Werkstatt des Diebold Lauber in Hagenau entstandenen Handschriften;

• die in den dreißiger und frühen vierziger Jahren, in der Hauptproduktionsphase der Malergruppe A im Kreis um Diebold Lauber entstandenen Handschriften;

• die späten Textzeugen der Gruppe IIa, eine heterogene Gruppe von im unmittelbaren Einflussbereich des Diebold Lauber entstandenen sowie dessen ins Schwäbische ausstrahlende Wirkung bezeugenden Handschriften.

Aus der frühen Gruppe der um 1420 entstandenen Historienbibeln der Gruppe IIa enthält nur die Augsburger Handschrift (Nr. 59.4.1.) die alttestamentliche Fortsetzung über die ›Weltchronik‹ Rudolfs von Ems hinaus, und das ›Marienleben‹ ist hier generell noch kein fester Bestandteil der Historienbibel. Diese frühe Gruppe hat gegenüber den späteren aus dem Lauber-Umfeld deutlich mehr Illustrationen, etliche Bildthemen werden von den jüngeren Illustratoren nicht mehr aufgenommen, werden anders akzentuiert (so ist z. B. bei der Anbetung der goldenen Schlange in der frühen Gruppe stets der Tod Aarons mit ins Bild gesetzt, die späteren Handschriften verzichten auf die Ergänzung eines Toten bzw. eines Sarges) oder hinterlassen bei ihnen allenfalls Spuren; das gilt insbesondere für ein Text-Bild-Merkmal: An sechs Stellen folgen in den frühen Handschriften zwei Kapitelüberschriften (mit fortlaufender Zählung) unmittelbar aufeinander, der jeweils ersten folgt kein Kapiteltext: Sara vertreibt Hagar/Errettung Hagars, Eheschließung Isaaks mit Rebekka/Abrahams mit Ketura, Rahel erlaubt Jakob zu ihrer Magd zu gehen/Jakob schläft mit der Magd, Der König von Sichem schläft mit Dina/Rache für Dina, Josefs Tod/ Geburt des neuen Pharao, Mose kämpft mit den Mohren/Mose nimmt die Mohrenprinzessin zur Frau. An diesen Stellen folgen auch zwei Bilder aufeinander; diese »Unregelmäßigkeit« löst nur die Augsburger Handschrift (fast) konsequent auf: Dresden A 50 (Nr. 59.4.6.) macht mit der Zusammenfassung von Dinas Schande/Rache für Dina einen bereinigenden Anfang und hat auch zu Jakob und Rahels Magd trotz zweier Kapitelüberschriften nur noch ein Bild.

Von den etwas jüngeren Handschriften, das heißt den ersten sicher dem Umfeld Diebold Laubers in Hagenau zuzuordnenden Handschriften, hat Mainz II 64 (Nr. 59.4.11.) lediglich die erste Doppelung (tatsächlich folgt die Mainzer Handschrift bis hierher einer älteren Redaktion, bis mit dem Schreiberwechsel 52r auch ein Vorlagenwechsel eintritt). Viele andere Illustrationsmerkmale teilt die Mainzer Handschrift denn auch mit drei weiteren um 1425 entstandenen Historienbibeln, die aus der Werkstattgruppe A hervorgingen und an denen eine Illustratorenhand, die Saurma-Jeltsch A2 nennt, prägenden Anteil hat (hierher gehören die Handschriften aus Darmstadt [Nr. 59.4.4.], Köln [Nr. 59.4.9.], Mainz [Nr. 59.4.11.], München [Nr. 59.4.13.]). Im Text folgt diese Gruppe einer Redaktion, die die alttestamentliche Fortsetzung und das Marienleben zum verbindlichen Bestandteil der Historienbibel macht. In der Bildausstattung gibt es etliche wechselseitige Übereinstimmungen, vor allem im neutestamentlichen Teil besteht eine enge Verbundenheit zwischen der Mainzer, der Kölner und der Münchener Historienbibel, über die auch der Händewechsel in der Kölner Handschrift (Gruppe A wird von den Händen B und C abgelöst) nicht hinwegtäuschen kann.

Die Malergruppe A der Lauber-Werkstatt vereint Buchmaler, die über lange Zeit und mit zunehmender Homogenität produktiv waren. Ihre Hauptschaffenszeit liegt in den 1430er Jahren; in dieser Zeit stellen sie eine Reihe weiterer Historienbibeln her, ein Werkstattsektor, auf den sie sich nahezu spezialisiert zu haben scheinen. Allen diesen weiteren Historienbibeln der Malergruppe A ist eine neue redaktionelle Variante gemeinsam: Der Psalter, erweitert um Cantica und Heiligenlitanei, wird nach dem Kapitel Wie dauid drü geteilte wurdent geben … eingefügt (so in den Handschriften aus Bonn [Nr. 59.4.3.], Kopenhagen [Nr. 59.4.8.], München [Nr. 59.4.14.], Nelahozeves [Nr. 59.4.16.], Zürich [Nr. 59.4.20.]). Während diese fünf Handschriften stilistisch von allergrößter Einheitlichkeit sind und Motivkonstanten bis ins Detail aufweisen (z. B. werden Riesen – sowohl Goliat als auch der Riese, dem die Kundschafter mit der Traube begegnen – stets mit dem Attribut einer mannshohen eckigen Eisenstange versehen), zeigen sich bei der Themenauswahl zahlreiche Varianten, die von der Souveränität und der Beweglichkeit gerade dieser Malergruppe im Umgang mit dem zur Verfügung stehenden Motivrepertoire zeugen. Charakteristisch für das von ihnen verantwortete Bildprogramm der Historienbibel IIa ist die breite Eingangsikonographie für die Alte wie für die Neue Ee in den jeweils doppelten bzw. dreifachen Eingangsbildern (ganzseitig vorangestelltes Bild + halbseitiges Bild vor Textbeginn + viertelseitige Initiale).

Unter den ersten um 1450 entstandenen Kodizes stechen insbesondere die Schwesterhandschriften aus Berlin (Nr. 59.4.2.) und Frauenfeld (Nr. 59.4.7.) hervor: Es sind die einzigen Handschriften aus dem Lauber’schen Produktionszusammenhang, in denen das Bildprogramm einer völlig übereinstimmenden Konzeption unterliegt. Anzahl und Position der vorgesehenen Bilder stimmen genau überein, doch kommt es in der Ausführung nach anfänglich fast deckungsgleicher Bildgestaltung dann zunehmend auch hier zu der für die Lauber-Handschriften typischen Variationsvielfalt. Die Würzburger Handschrift (Nr. 59.4.19.) steht für eine Individualisierung der Lauberschen Historienbibelproduktion, und mit dem Münchner Cgm 206 von 1457 (Nr. 59.4.12.) und der Separatüberlieferung der Neuen Ee (Nr. 59.4.17., Nr. 59.4.18.) verlässt die Historienbibel IIa schließlich die Lauber-Werkstatt und wird dort vermutlich abgelöst durch eine neue Textredaktion, die Historienbibel Ib (siehe Nr. 59.2.1., Nr. 59.2.2., Nr. 59.2.3., Nr. 59.2.4., Nr. 59.2.5., Nr. 59.2.6., Nr. 59.2.7., Nr. 59.2.8.), die nun auch zu einer Überarbeitung des Bilderrepertoires führen musste.

Editionen:

Die deutschen Historienbibeln des Mittelalters nach vierzig Handschriften. Zum ersten Male herausgegeben von J. F. L. Theodor Merzdorf. 2 Bde. Stuttgart 1879 (BLV 100–101), S. 593–909.

Eine Bildthemenliste zu Historienbibel IIa kann über die Redaktion angefragt werden.