59.12. Historienbibeln: Einzelhandschriften
Bearbeitet von Ulrike Bodemann
KdiH-Band 7
»Zu den Historienbibeln gehörige Einzelhandschriften verschiedener Mundart« nannte
1. die in Köln oder Umgebung entstandene, sogenannte ›Niederrheinische Historienbibel‹, Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. fol. 516 (Nr. 59.12.1.), in der die Bibelerzählungen des Alten Testaments nach der Vulgata (mit Kürzungen) und der ›Historia Scholastica‹ des Petrus Comestor zusammengestellt sind (wörtlich nach der Vulgata das Hohelied und der Psalter); ein neutestamentlicher Teil ist nicht vorgesehen, angehängt ist jedoch eine Apokalypse, für die eventuell auch eine Bildausstattung vorgesehen war (zu Apokalypse-Bilderhandschriften vgl. Stoffgruppe 6. ohne diese Handschrift).
2. die vielleicht im Nordwesten der Schweiz entstandene Handschrift Zürich, Zentralbibliohek, Ms. C 70 (Nr. 59.12.4.). Auch ihr Redaktor verkürzt den Vulgata-Text und ergänzt Einzelheiten nach Petrus Comestor, wobei er nicht nur nahtlos kompiliert, sondern auch für längere Passagen zwischen Vorlagen wechselt: die Bücher Tobias, Judit und Ester sind gänzlich nach der Vulgata, der Schluss von Makkabäer II gänzlich nach Petrus Comestor erzählt, der Chronik Jakob Twingers von Königshofen ist der Alexander-Bericht entnommen. Bezeichnend ist die Einfügung der Geschichte Tamars (Genesis 38 u. a.) vor das Buch Rut, sie dient der Bestärkung genealogisch motivierter Erzählchronologie (Tamars Sohn ist direkter Vorfahr von Boas). Gänzlich individuell scheint die Neue Ee zu sein, eine nur 20 Blätter umfassende Aneinanderreihung von Vulgataberichten zum Leben Marias, Jesu und der Apostel (bis Stefanus) ohne apokryphe Zutaten, jedoch mit Bezugnahme auf die Liturgie: Die Geschehen werden auf feste Jahre und feste Kalendertage in der historischen Zeitrechnung und im Liturgischen Jahr gelegt (vgl. schon den Beginn: In dem jar do man zalt von dem anfang der welt fv́nf tvsing vnd hvndert vnd lxxxiij iar do wz ein man in dem land ze galilee in der stat die da heisset nazaret …).
Beide Handschriften sind nicht nur im Text, sondern auch in der Bildausstattung einzelgängerisch: die ›Niederrheinische Historienbibel‹ mit ihren groß angelegten Szenarien in fast schon »erhabener« Landschaft, die Züricher Handschrift mit vignettenhaft klein und mittig in den Text eingestreuten, ganz auf die Figurenzeichnung konzentrierten Bildchen.
Auch der alttestamentliche Teil der
Eine weitere Handschrift kann dagegen inzwischen besser zugeordnet werden: Bei der von
Zumindest vorläufig in diese Sammelgruppe der nicht klassifizierbaren restlichen Historienbibeln zu stellen ist dagegen die Handschrift Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. fol. 1413, siehe Nr. 59.12.2.). Sie enthält eine kaum (mit Berufung auf die maister, z. B. 8v) interpolierte Abbreviatur der Vulgata und umfasst den Pentateuch sowie die Bücher Josua, Richter, Rut und die Bücher der Königreiche; dabei berichtet der Redaktor jedoch fortlaufend, verzichtet nahezu völlig auf eine dezidierte Einteilung in die biblischen Bücher (mittels Initialen, Überschriften u. a.). Das vorgesehene Bildprogramm ist nur zur Hälfte zur Ausführung gekommen.
Keine der Einzelhandschriften ist ediert.
Bildthemenliste zu Einzelhandschriften kann über die Redaktion angefragt werden.