KdiH

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59.4.12. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 206

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 7

Datierung:

1457 (Kolophon 288vb).

Lokalisierung:

Augsburg.

Besitzgeschichte:

Hergestellt vermutlich im Auftrag von Gabriel Rideler (Zunftmeister der Kaufleutezunft, zwischen 1431 und 1455 vielfach Bürgermeister in Augsburg; aus seinem Besitz auch Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 146); später Eigentum Wolfgang Breyschuechs (1560), eines Enkels Ridelers (Eintrag 1r); aus dem Franziskanerkloster München in die Staatsbibliothek gelangt.

Inhalt: Historienbibel IIa
2ra–19rb Register (Alte und Neue Ee)
20v–229vb Alte Ee
20v Bild
21ra–22ra Prolog
22rb–229vb Prosaauflösung der ›Weltchronik‹ Rudolfs von Ems mit alttestamentlicher Fortsetzung
bis Kap. Als es ainen monat vnd drw ganczu jar on regen was; ohne Geographie
darin: 156v Bild, 157ra–215rb Psalter Beatus vir […] Saͤlig ist der man der nit abe gat jn den ratt der úblen, mit Cantica, Te deum, Symbolum Quicumque, Heiligenlitanei mit Collecte (gleiche Position im Text nur in Würzburg, Universitätsbibliothek, M.ch. f. 25 [Nr. 59.4.19.])
230v–288vb Neue Ee
230v Bild
231ra–288vb Prosaauflösung des ›Marienlebens‹ von Bruder Philipp
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 289 Blätter (neuere Foliierung; unbeschrieben 1r–v, 19v–20r, 230r, 289r–v), 400 × 283 mm, zweispaltig, 34–38 Zeilen, Bastarda, ein Schreiber: Jeronimus [Randnachtrag: müller] … zuo augsburg … 1457 anno domini 6 de mayo (Schreibervers mit Kolophon 288vb), Hieronymus Müller ist nach Schneider (1995) S. 25 wohl identisch mit dem gleichnamigen Augsburger Zöllner, später Spitalmeister in Augsburg. Rote Kapitelzählung, rote Überschriften, Strichel, Caput-Zeichen, rote und blaue Kapitellombarden über vier Zeilen (in Register auch Anfangsmajuskeln), Zeilenfüller blassviolett (leerer Kastenrahmen oder Ranken).

Schreibsprache:

ostschwäbisch.

II. Bildausstattung:

71 kolorierte Federzeichnungen, 52 zur Alten Ee, 19 zur Neuen Ee, drei Initialen: 21ra, 157ra, 231ra; eine Hand. – Lehmann-Haupt (S. 78 Anm. 242) vermutet gleiche Herstellungswerkstatt wie für die Stuttgarter Meisterlinchronik von 1457 (Georg Mülich; vgl. Nr. 26A.2.9.).

Format und Anordnung:

die Textillustrationen meist nach der Kapitelüberschrift, die somit auch als Bildüberschrift fungiert, zu Kapitelbeginn eingefügt, gelegentlich aber auch vor der Überschrift, ausnahmsweise (22rb) zwischen dem Text. Eingangsbilder (20v Alte Ee, 156v Psalter, 230v Neue Ee) ganzseitig, sonst viertelseitig. Die Initialen über 14 bis 18 Zeilen in voller Spaltenbreite.

Bildaufbau und -ausführung:

Kastenrahmen, meist rot, grün oder rosavio-lett, innen mit einem andersfarbigen Pinselstrich plastisch konturiert, Hintergrund meist einfarbig – in der Gegenfarbe des Rahmens: blau, rosa, grün – laviert.

Gezeichnet wird minutiös, mit akkuratem feinem Federstrich. Souverän modellierend, charakteristisch die voluminösen Gewänderschichtungen und Faltenaufwerfungen (41va Opferung Isaaks: der Engel, 65va Gewänder der Frauen), insgesamt äußerst plastisch. Die Bildformeln sind konventionell gewählt (Erschaffung Evas), die Ausführung aber sehr differenziert: Akteure sind in abwechslungsreichen Positionen bewegt zueinander in Beziehung gesetzt, vielfach fasst der Rahmen die Szene nur ausschnitthaft, was eine zusätzliche Dynamik erzeugt (121v).

Die Gestaltung der Initialseiten ist der in der Lauber-Werkstatt gepflegten nicht unähnlich: Einem jeweils ganzseitigen Eingangsbild verso folgt der Textbeginn auf der folgenden Rectoseite mit großer Initiale, wobei oberhalb von Text und Initiale Raum für weiteren Buchschmuck zur Verfügung steht. Spaltenbreite Buchstabenkörper mit kurzen Rankenausläufern auf farbigem Grund in andersfarbigem Kastenrahmen mit Binnenfigur (nicht 21ra), der Freiraum darüber ist 21ra nicht genutzt, sonst mit gerahmter Rankenbordüre über beide Spalten und Zusatzfigur, die der Initialfigur zugewandt ist, gefüllt (so auch in München, Nationalmuseum 2502 [Nr. 59.4.14.], Zürich, Zentralbibliothek C 5 [Nr. 59.4.20.], Köln W 250 [Nr. 59.4.9.], Bonn S 712 [Nr. 59.4.3.]).

Bildthemen:

Die von von Bloh erwogene Verbindung zur Hagenauer Werkstatt Diebold Laubers äußert sich nur im konzeptionellen Rahmen des Bildprogramms, nicht aber in der thematischen Ausführung. Die von Rapp angenommene, noch stärker eingeschränkte Verwandtschaft mit der Darmstädter Handschrift (Nr. 59.4.4.: gemeinsame Textvorlage) schlägt sich auf die Bildauswahl nicht merklich nieder. Allenfalls punktuellen Einfluss auf das Bildprogramm hat die Nähe zu Würzburg M.ch.f. 25 (Nr. 59.4.19.) in Bezug auf die Position des Psalters, der anders als in anderen Textzeugen der Klasse IIa nicht dem Kapitel Wie Dauid drú geteilte wurdent geben von got hunger vigentschafft oder tot folgt, sondern an das Kapitel Hie erschos Joab den schoͤnen Absalon mit eime welschen pfile anschließt: Wie die Würzburger Handschrift (287v) und ähnlich den von der Malergruppe A gestalteten Historienbibeln hat auch der Cgm 206 die Darstellung Davids als ganzseitiges Bild (156v) vor Beginn des Psalters (hier nicht als Psalmenschreiber von Gott inspiriert, sondern als David rex thronend, mit Zepter und Psalter, dazu ebenfalls eine Variante der Psalterinitiale: als Binnenfigur David mit Leier, darüber als Kopfillustration Halbfigur eines Engels, der aus dem Himmel auf David weist).

Als einzige Abschrift der Historienbibel IIa verzichtet die Münchener Handschrift auf die ›Geographie‹ samt möglicher Illustrationen.

Ansonsten ist die Auswahl der Bildthemen konventionell, in der sehr qualitätvollen Gestaltung lässt sich ein gewisser Hang zu kontinuierenden Simultanillustrationen und narrativen Ausweitungen der Themen beobachten. Die vorgesehenen Bildräume werden mehrfach für mehr als ein Motiv genutzt; so 108vb (Tod der fünf Könige): Wo sonst die Darstellung der am Galgen hängenden fünf Könige, ergänzt um die gleichzeitig über Gibeon scheinenden Gestirne Sonne und Mond, üblich ist, stellt der Zeichner der Münchener Handschrift Josua dar, wie er einige Könige aus der Höhle zerrt, erst im Hintergrund ist die Stadt mit aufgerichtetem Galgen zu sehen, an dem erst zwei der Könige hängen, darüber Sonne und Mond. 154ra ist sowohl David in seinem Palast als auch David am Badezuber Batsebas mit dieser sprechend zu sehen, 277rb ist in die Darstellung der Auferstehung Jesu aus dem Grabe seine Erscheinung bei Maria integriert; im Hintergrund blicken Jesus und Maria aus den Fenstern eines Gebäudes. Ein Indiz für die Orientierung an einem älteren Modell aus dem Lauber-Kreis könnte die falsche Platzierung des Bildes von Simson als Löwentöter sein: 128va zeigt Simson, wie er nach getaner Tat zu seinen Eltern tritt, am Boden der Löwe. Das Bild ist jedoch ein Kapitel zu früh eingefügt: zum Text von der Geburt Simsons, der in älteren Lauber-Handschriften in der Regel ebenfalls eine Bildbeigabe hatte.

Die Krönung Marias durch die Trinität (hier flankiert von zwei musizierenden Engeln) taucht in Motivvarianten in Lauber-Handschriften in einleitender Position (vor der Alten Ee) auf; vgl. Nr. 59.4.20. (Zürich C 5); Nr. 59.4.8. (Kopenhagen Thott. 123 2º).

Farben:

Ockertöne, Grün, Blau, Rosaviolett, Rot.

Literatur:

Schneider (1970) S. 36–38, Taf. 3 (20v). – Merzdorf (1870) S. 52–54 (Hs. F); Vollmer (1912) Nr. 44, S. 115–118; Vollmer (1929) Taf. nach S. 176 (288rb); Lehmann-Haupt (1929) S. 71–78. 199–202, Abb. 26 (282vb). 27 (20v). 28 (25rb/26ra). 29 (31ra/47ra). 30 (41va/ 36vb). 31 (156v). 32 (230v). 33 (231r). 34 (249ra/258ra); Hermann (1956) S. 222. 224, Abb. 130 (98r). 142 (125v); Stange 8 (1957) S. 50, Abb. 175 (269va/271vb); von Bloh (1993) S. 294– 296 u.ö., Abb. 49 (20v); Karin Schneider: Berufs- und Amateurschreiber. Zum Laien-Schreibbetrieb im spätmittelalterlichen Augsburg. In: Literarisches Leben in Augsburg während des 15. Jahrhunderts. Hrsg. von Johannes Janota und Werner Williams-Krapp. Tübingen 1995 (Studia Augustana 7), S. 8–29; Rapp (1998) S. 65–67, Nr. 3.2.8., S. 139–141 u. ö.; Abb. 29 (Textseite 233v).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 23: 254vb. Gestürzte Götterbilder, Herzog Afrodisius huldigt Maria und dem Kind.

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Abb. 23.