26A.8. Köln: Heinrich van Beeck,
›Kölnische Chronik‹ (›Agrippina‹) und ›Koelhoff’sche Chronik‹
Bearbeitet von Ulrike Bodemann
KdiH-Band 3
Die ›Agrippina‹ Heinrichs van Beeck ist im Gegensatz zu älteren Zeugnissen kölnischer Geschichtsschreibung die erste Stadtchronik Kölns mit universalhistorischer Orientierung. Doch obwohl die Weltchronistik das formale Vorbild für die Geschichtsschilderung liefert, bleibt die ›Agrippina‹ ganz geprägt vom ausdrücklichen politischen Anliegen ihres Verfassers, die Stadt Köln als bedeutendste aller Reichsstädte in den Mittelpunkt zu stellen. Heinrich van Beeck, der vermutlich identisch ist mit dem wohl kölnstämmigen Mainzer Kaufhausmeister gleichen Namens, von dem rege Geschäftskorrespondenzen mit der Stadt Köln erhalten sind, gliederte seine Chronik in zwei Teile; der erste, umfangreichere umfaßt nach einer Vorrede die chronologisch angelegte Prosa-Schilderung kölnischer Ereignisse auf der Grundlage kölnischer Quellen, in die u. a. ein Papstkatalog (weitgehend nach Werner Rolevinck) und eine ausführliche Kaisergeschichte (nach Jakob Twinger von Königshofen) integriert sind. Geplant war die Schilderung als Ereignisbericht bis auf die Abfassungszeit (1469–72); sie bricht jedoch bereits mit dem Jahr 1419 ab (mit Ausnahme der Papstreihe, die bis zum Pontifikat Pauls II., † 1471, fortgesetzt wird). Der kürzere zweite Teil fungiert als Anhang und versammelt eine Reihe von Urkunden, die meisten mit stadtgeschichtlicher Relevanz, insbesondere die von Königen und Kaisern gewährten Freiheitsrechte, aus denen die Stadt Köln ihr Selbstbewußtsein bezog, noch bevor sie 1475, d. h. erst nach Abfassung der Chronik, als Freie Reichsstadt anerkannt wurde.
Sieben Handschriften des späten 15. und frühen 16. Jahrhunderts (bzw. acht einschließlich einer Bearbeitung) überliefern die Chronik, sechs von ihnen sind bebildert. Zwei der Handschriften haben autographische Züge: Köln, Chron. und Darst. 19 (Nr. 26A.8.2.) enthält die Chronik in »Konzeptfassung« van Beecks, auch die unkolorierten Zeichnungen hat der Autor selbst, zumeist als Entwürfe, eingefügt. Chron. und Darst. 20 (Nr. 26A.8.3.) ist die von Heinrich van Beeck autorisierte und von ihm mit Randnachträgen versehene, gewissermaßen »offizielle« Reinschrift des Konzepts; die Ausführung des Bildprogramms, das nun seine Endfassung erreicht hat, wurde hier einer versierteren Hand überlassen. Wohl beide Handschriften befanden sich von Anfang an im Besitz des Kölner Rats. Die übrigen vier etwas jüngeren Bilderhandschriften scheinen von privater Hand in Auftrag gegeben worden zu sein. Das Bildprogramm der »offiziellen« Handschrift bleibt in ihnen erhalten (nicht illustriert ist lediglich eine Abschrift des 16. Jahrhunderts: Historisches Archiv der Stadt Köln, Chron. und Darst. 62 [ehemals GB 80, aus dem Kölner Dominikanerkloster], ferner eine Bearbeitung ebenfalls des 16. Jahrhunderts: Darmstadt, Landes- und Hochschulbibliothek, Hs. 131 [aus St. Ursula, Köln], die sich auf Kölner Ereignisse beschränkt und hierzu eine kurze Fortsetzung bis 1526 bietet).
In allen Handschriften wurde nur der annalistische Teil bebildert, und auch dieser nicht durchgehend, sondern nur bis etwa zur Mitte. Rudimentäre Ergänzungen im Urkundenteil scheinen geplant gewesen zu sein (Zeichnungen von Herrschaftszeichen, siehe unter Nr. 26A.8.2.), wurden aber nicht ausgeführt. Thematisch fügen sich die Illustrationen in den Texttenor der steten Betonung reichsstädtischen Selbstbewußtseins Kölns ein. Den Rahmen der Bilderfolge bilden in der Reinfassung je drei Bildseiten zu Textbeginn und an zentraler Stelle der Geschichtsschilderung (ottonisches Imperium): großangelegte Darstellungen, die die unmittelbare Bindung Kölns an das Reich und – mehr am Rande – die Heiligkeit Kölns und die Strukturen der erzbischöflichen Herrschaft in Symbolen veranschaulichen. Diese programmatischen Tafeln umschließen weitere, das hohe Alter der Stadt und das daraus herzuleitende besondere Ansehen Kölns illustrierende Bilder. Dies sind im wesentlichen Stammbaumschemata und Herrscherbildnisse von Trebeta, dem sagenhaften Gründer Triers und Kölns, bis Otto I. Um die stilistische Einordnung der Bilder hat man sich seit der summarisch vernichtenden Beurteilung
Weite Strecken der ›Agrippina‹ sind kaum verändert in den Text der 1499 gedruckten ›Koelhoff’schen Chronik‹ (Die Cronica van der hilliger Stat van Coelen) eingegangen, deren unbekannter Verfasser im Umfeld des Kölner Augustinereremitenklosters vermutet wird (Nr. 26A.8.a.). Die Holzschnitte des Koelhoff’schen Drucks schreibt
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Die anschließende Übersicht bietet eine Konkordanz der Bildprogramme (einschließlich der genealogischen Diagramme) aller illustrierten ›Agrippina‹-Handschriften. Für den Druck der ›Koelhoff’schen Chronik‹ sind lediglich die Bildentsprechungen zu den Handschriften angeführt, die Erweiterungen des Bildprogramms durch Bibelzyklus, Porträts, Veduten etc. sind nicht aufgenommen. Markante Bildvarianten erscheinen in Klammern und werden in den Anmerkungen S. 195f. kommentiert.
Handschriften | |||||||
C&D | C&D | C&D | C&D | C&D | Berlin | Koelhoff’sche | |
Bildprogramm | 19 | 20 | 21 | 22 | 23 | 478 | Chronik (Druck) |
Collen dye krone bouen allen rychstedten | – | IIv | IIv | 33v | 1r | 3v | [CXXXVIIv] |
Agrippina | – | IIIr | IIIr | 34r | 2r | 4v | CXLIr |
Die edel heeren der Stad van Collen | – | IVr | IVr | 35r | 3v–4r | 5r | CXLIIv |
Reiterbildnis Trebetas | – | 2v | 7v | 38r | – | 9v | XXXIv |
Stammtafel: Herkunft Trebetas | 3r | 2v | 7v | 38r | 9r | 9v | XXXIv |
Stammtafel: Herkunft Agrippas | 3v | 3r | 8r | 38v | – | 10r | – |
Münzbildnis AgrippasStammtafel der römischen Kaiser | –5r | 3r4r | 8r9r | 38v40r | –12v | –12r | –XLIIIr |
Reiterbildnis Julius Caesars | [5r] | 4r | 9r | 40r | [12r] | 12r | XXIIIv |
Fünf Rheinstädte leisten Jupiter ihren Tribut | – | 4v | 9v | 40v | [13r] | 13r | XXXIIIr |
Weltkarte: Die drei Erdteile | 9v | 9r | 14r | 44av | 21r | 20r | – |
Münzbildnis Vespasians | – | 12v | 17v | 48r | 26v | 25v | – |
Münzbildnis Trajans | – | 13v | 18v | 49r | 27v | 26v | – |
15 Wappen Kölner Geschlechter | – | 14r | 19v | 50v | 29v | 28v | kvv–kvivc |
Reiterbildnis Trajans | – | 14v | 20r | 51r | 29r | 29r | LVIIr |
Konstantin, thronend | – | 18v | 25r | 55v | 35v | 35r | [LXXIv] |
Stammtafel der Konstantiner | 20v | 18v | 24v | 55r | 35v | 35r | LXXIIIv |
Reiterbildnis Priamus’ | [26v] | 22r | 30r | 62r | 42r | 41r | LXXXIr |
vier Wappen: Rom vor Chr. u. nach Chr., Franken, Köln | – | 22v | 30v | 62v | 42v–43r | 42r | LXXXIIv |
Stammtafel der Trojaner (Priamus bis Pippin) | 26r | 23r | 29r | 61r | 44r | 42v | LXXXIIIv |
Stammtafel der Trojaner (Jupiter bis Aeneas) | 25v | 23v | 29v | 61v | 44v | 43v | – |
Stammtafel der Karolinger (Pippin bis Karl d. Gr.) | 35v | 30v | 37av | 71v | – | 54r | XCVIIIv |
Reiterbildnis Pippins | – | 31r | 38r | 72r | – | 54v | XCVIIIr |
Karl der Große, thronend | [41r] | 36r | 44r | 78r | 63r | 62v | [CXIIr] |
Stammtafel der Karolinger ab Karl d. Gr. | 43v | 38r | 46r | 80r | 66r | 65v | s. XCVIIIv |
Stammtafel der Franken (Ludwig und seine Söhne) | 44v | 39r | 47r | 81r | 67r | 66v | – |
Stammtafel der Ottonen ab Ludolfus | 49r | 42v | 51r | 85r | 72r | 71v | CXXVIIv |
Stammtafel der Sachsen ab Theodericus | – | 43r | 51v | 85v | 72v | 72r | – |
Reiterbild Ottos I. | – | 43r | 51v | 85v | 73r | 72r | CXXVIIr |
Vonn Ordenunge des Styfftz vonn Kollen | 54r–v | 47r | 55v | 89v | 77v–78r | 77v | CXLIXr |
Des hilligen Romyschen Rychs Corpus | 55v | 48r | 56v | 90v | 79v | 78v | CXXXVIv–VIIr |
Sancta Colonia | 63v | 55r | 54ar | 98r | 87v–88r | 88v | Ir |
Wappen Ottos IV. | 70v | – | – | – | – | – | – |
Wappen Richards von Cornwall und Wilhelms von Holland | 75ar | – | – | – | – | – | – |
Urkundenübergabe durch Kaiser Friedrich II. | – | 64v | 62v | 106v | – | 100v | – |
Urkundenübergabe durch nicht näher bezeichneten Römischen Kaiser | – | 86v | 83v | 125v | 121v | – | – |
Doppeladler | II,59r | – | – | – | – | – | – |
1 Die Handschriftensignaturen sind gekürzt: C&D = Köln, Historisches Archiv der Stadt Köln, Chron. und Darst.; Berlin 478 = Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms.Boruss.Fol. 478. | |||||||
2Reichsadler mit Kruzifix, ohne den in den Handschriften ausgeführten Kranz der Reichsstädtenamen. | |||||||
3Anstelle des Reiterbildnisses nur Fahne mit Skorpion und römisches SPQR-Wappen. | |||||||
4Anstelle der kompletten Darstellung der älteren Handschriften hier nur ein Wappen mit drei Stierköpfen und eine Helmzier. | |||||||
5Anstelle der kompletten Darstellung der älteren Handschriften hier nur die Wappen der fünf Städte und die Inschrift in griechischer und hebräischer Schrift. | |||||||
616r Randhinweis auf vorgesehene Zeichnung: Hic dimittitur spacium ad ponendum arma ciuium coloniensium antiquorum romanum. | |||||||
7Unfoliierte Blätter; es folgen auf den Blättern kvijr-kviijv die Wappen der »anderen« und der »dritten« 15 Geschlechter Kölns. | |||||||
8Stattdessen Wiederholung von LVIIr. | |||||||
9Statt des Reiterbildnisses nur Banner mit zwei Löwen im Wappenbild. | |||||||
1055r–v Freiraum für Stammtafel Pippins und Reiterbildnis Pippins. | |||||||
11Statt des Vollbildnisses nur Lilienwappen. | |||||||
12Stattdessen Wiederholung von CXXVIIr, mit verändertem Fahnenbild. | |||||||
13Wiederholt IIr. | |||||||
14Erwogen wurden Friedrich II., Adolf von Nassau, Rudolf I. und Karl der Große. | |||||||
15131r Bildfreiraum für Urkundenübergabe. |
Eine kritische Ausgabe liegt nicht vor. – Abdruck nach Chron. & Darst. 20: