26A.3. Bayern: Andreas von Regensburg,
›Chronik der Fürsten zu Bayern‹
Bearbeitet von Norbert H. Ott
KdiH-Band 3
Der aus Reichenbach in der Oberpfalz stammende Andreas von Regensburg, der 1401 in das Regensburger Augustinerchorherrenstift St. Mang eintrat, hat nach eigenem Bekunden schon seit seiner Priesterweihe 1405 mündlich wie schriftlich tradierte historische und Zeitereignisse aufgezeichnet, um sie in umfänglichen chronikalischen Darstellungen, sorgfältig kompilierend und meist seine Quellen zitierend, zusammenzufassen: eher in Form von Aktensammlungen in den Arbeiten zum Konstanzer Konzil (›Concilium Constantiense‹), zur Regensburger Diözesansynode von 1419 (›Concilium provinciale‹) und zu den Hussitenkriegen 1419–1428 (›Chronica Husitarum‹), dem Muster der ›Weltchronik‹ Martins von Troppau folgend in der ›Chronica pontificum et imperatorum Romanorum‹. Auf diesem Werk baut die Herzog Ludwig VII., dem Bärtigen, von Bayern-Ingolstadt am 16. 9. 1425 in einer ersten, bis 1180 reichenden Fassung gewidmete und von ihm veranlaßte, bis 1428 mehrfach überarbeitete und schließlich bis zum Jahr 1436 fortgesetzte ›Chronica de principibus terrae Bavarorum‹ auf, in der eine Reihe weiterer Quellen, so u. a. Ottos von Freising ›Weltchronik‹, Gottfrieds von Viterbo ›Pantheon‹, die ›Scheyerner Fürstentafel‹ und die ›Kastler Reimchronik‹ verarbeitet ist. Diese erste, die Geschichte Bayerns von den Anfängen bis in die Gegenwart des Autors zusammenhängend beschreibende Landeschronik wurde zur Grundlage aller späteren Werke des Typs Territorial- und Dynastiegeschichtsschreibung.
Im Entstehungsprozeß eng mit der ›Chronica de principibus terrae Bavarorum‹ verschränkt ist die deutschsprachige Version, mit der Andreas noch vor Abschluß der Überarbeitung seiner lateinischen Fassung begann und die er, ohne neuen Stoff einzufügen, nach deren zweiter Fassung zu Ende brachte. Das Interesse an der deutschen ›Chronik von den Fürsten in Bayern‹ riß auch in der frühen Neuzeit nicht ab: Allein fünf der 13 Handschriften und Fragmente stammen aus dem 16. Jahrhundert. Ebenfalls im 16. Jahrhundert wurde die lateinische ›Chronica‹ unabhängig voneinander noch zweimal ins Deutsche übertragen. Noch im 15. Jahrhundert entstanden zwei lateinische Rückübersetzungen der deutschen Version des Andreas: die unikal überlieferten ›Excerpta de vulgari scripto de origine ducum seu principium Bavariae‹ (um 1463) und die in drei Handschriften tradierte, früher Hartmann Schedel zugeschriebene ›Cronica de principibus Bavarie‹ (kurz nach der Mitte des 15. Jahrhunderts). Keine freie Rückübersetzung, wie
Mit Textillustrationen oder Titelminiaturen ausgestattet wurden die Handschriften der ›Bayerischen Chronik‹ jedoch nie. Lediglich graphische Schemata in Form von Medaillonreihen oder von mit Linien zu Stammbäumen verbundenen Kreisen ergänzen und überschreiten die Linearität der Textstruktur mit diesem von der Genealogie Christi als Wurzel Jesse ausgehendem graphischen Organisationsprinzip von Geschichte, das sich zuerst Petrus Pictaviensis (ca. 1125/30–1205) in seinem ›Compendium historiae in genealogia Christi‹ zunutze gemacht hatte. Auch die volkssprachliche Chronistik hat dieses Visualisierungsmodell, das Bezüge zwischen den verschiedenen Geschichtssträngen herzustellen vermochte und zugleich auf historische Gleichzeitigkeit wie Kontinuität verweisen konnte, mitunter benutzt: in einfacherer Form durch parallelisierte Papst-Kaiser-Medaillons; mit der Möglichkeit, genealogische Verknüpfungen, Gleichzeitigkeit oder Abfolge von Ereignissen und deren räumliche Nähe augenscheinlich zu machen z. B. in der ›Weltchronik‹ des Johannes de Utino. Doch anders als dort, wo die Medaillons mit Porträtköpfen gefüllt sind und mitunter ins Liniensystem integrierte szenische Darstellungen in Kreisen oder kleinen Rechtecken auf zentrale heilsgeschichtliche Ereignisse verweisen, sind in der Chronik des Andreas von Regensburg nur die mit Linien zu Stammbäumen verbundenen, leeren Medaillons, die zuweilen jedoch mit Namensinschriften versehen wurden, zwischen den Text geschoben. Da den graphischen Schemata dieser Handschriften jegliche bildlichen oder figürlichen Elemente abgehen, bleiben sie im ›Katalog‹ unberücksichtigt. Allein der Heidelberger Cod. Pal. 94 ist darüberhinaus mit fünf sehr sorgfältig gezeichneten, abschnittsmarkierenden Fleuronnée-Initialen ausgestattet worden und wird daher als Variante des Illustrationstyps graphischer Schemata hier vorgestellt.
Andreas von Regensburg, Sämtliche Werke. Hrsg. von
Literatur zum graphischen Darstellungsmodell: