26A.19. Schweiz: Diebold Schilling, ›Berner Chronik‹
Bearbeitet von Kristina Domanski
KdiH-Band 3
Die ›Berner Chronik‹ Diebold Schillings ist in zwei eigenhändigen Fassungen erhalten: dem dreibändigen Exemplar, das der Verfasser am 26. Dezember 1483 dem Berner Rat überreichte (Nr. 26A.19.1.), und der im Auftrag des Alt-Schulheißen Rudolf von Erlach hergestellten Handschrift, nach ihrem langjährigen Aufbewahrungsort, dem Schloß Spiez, auch als ›Spiezer Chronik‹ bezeichnet (Nr. 26A.19.2.). Beide Fassungen unterscheiden sich hinsichtlich des Textumfangs, der Ausstattung und des Bildzyklus: Während die dreibändige, auf Pergament geschriebene, mit insgesamt mehr als 600 kolorierten Federzeichnungen ausgestattete Fassung auch eine Schilderung der Burgunderkriege umfaßt, endet die auf Papier geschriebene, mit 339 Illustrationen ausgestattete ›Spiezer Chronik‹ mit Ereignissen des Jahres 1465 und blieb möglicherweise wegen Schillings Tod unvollendet. Ob die dreibändige, zumeist als »amtlich« bezeichnete Fassung auf einen bereits am 31. Januar 1474 vom damaligen Berner Bürgermeister Adrian von Bubenberg erteilten Auftrag zurückgeht, ist nicht eindeutig geklärt, da die entsprechend interpretierte Notiz nur in einer Abschrift seines chronikalischen »Erstlingswerkes« überliefert ist (Luzern, Zentral- und Hochschulbibliothek, Pp 46 fol., vgl.
Die ›Berner Chronik‹ Diebold Schillings stellt sich als geringfügig überarbeitete Zusammenstellung bereits bestehender chronikalischer Werke dar, mit Unterschieden zwischen den beiden Textfassungen. Der erste Teil beschreibt jeweils die Zeit von der Gründung Berns 1191 bis zur Grundsteinlegung für das Münster 1420 respektive 1421 und umfaßt damit den in Konrad Justingers ›Amtlicher Berner Chronik‹ geschilderten Zeitraum (siehe Stoffgruppe 26A.27). Der zweite Band der »amtlichen« Fassung reicht bis zum Zug der Solothurner nach Mömpelgard 1465 und entspricht dem zweiten Teil der Tschachtlan-Dittlinger-Chronik, für den neben Schillings eigenen Aufzeichnungen aus dem Jahr 1468 – seinem Erstlingswerk – die ›Chronik des Alten Zürichkrieges‹ des Hans Fründ verarbeitet wurden (Die Chronik des Hans Fründ, Landschreiber zu Schwyz. Hrsg. im Auftrag der allgemeinen geschichtsforschenden Gesellschaft der Schweiz von
Trotz weitgehender Übereinstimmung der Texte – vor allem im ersten Teil – besteht ein deutlicher Unterschied in der Bildausstattung: Die ›Spiezer Fas-sung‹ weist dort über hundert zusätzliche Illustrationen auf. Einen besonderen Schwerpunkt bildet die ausführliche Bebilderung des Laupenkrieges mit 39 Illustrationen sowie einem eigenen Titelbild, für die ein spezielles Familieninteresse des Auftraggebers anzunehmen ist. Über etwaige Vorlagen für die Illustrationen, insbesondere der dreibändigen Fassung, sind nur eingeschränkt Aussagen möglich: Zwar dürften Diebold Schilling aufgrund seiner Bekanntschaft mit Bendicht Tschachtlan und Heinrich Dittlinger auch die Illustrationen ihrer ›Berner Chronik‹ (Nr. 26A.18.1.) vertraut gewesen sein. Doch weichen die Federzeichnungen in den Manuskripten Diebold Schillings sowohl in der Bildkonzeption als auch in der Szenenauswahl deutlich von ihnen ab. Zudem weist seine Chronik zahlreiche zusätzliche Illustrationen auf: Im ersten Band beläuft sich ihre Anzahl auf 41, der zweite Band ist mit mehr als doppelt so vielen Illustrationen ausgestattet. Für den dritten Band wurde lange Zeit angenommen, er sei nach der Vorlage seiner ›Großen Burgunderchronik‹ (Nr. 26A.21.1.) entstanden, die als der vom Berner Rat korrigierte Entwurf zu betrachten sei, was die jüngere Forschung mit Verweis auf die unklare gesicherte Abfolge ihrer Entstehung und die Differenzen zwischen den Illustrationszyklen ablehnt (siehe Nr. 26A.21.1.). Hinsichtlich der Ausführung der Illustrationen besteht zwischen den beiden Fassungen der ›Berner Chronik‹ Schillings ein relativ enger Zusammenhang. Für den dritten Band der »amtlichen« Fassung ist aufgrund der stilistischen Differenzen ein Zeichner anzunehmen, der nicht an den ersten beiden Bänden beteiligt war. Dieser Zeichner, der sich durch einen kräftigen Figurentyp, variantenreiche Bewegungsmotive und Bildkonzeptionen auszeichnet, hat auch maßgeblich an der ›Spiezer Fassung‹ gearbeitet. Seine in der älteren Forschung angenommene Identität mit Diebold Schilling wird inzwischen jedoch abgelehnt, da Zeichenstil und Bildkenntnis für einen Künstler der jüngeren Generation sprechen. Differenzen in der zeichnerischen Ausführung innerhalb der Handschriften sind für beide Fassungen zu konstatieren: In der dreibändigen Fassung besteht in der koloristischen Ausarbeitung ein Unterschied zwischen den ersten beiden und dem dritten Band. Demgegenüber charakterisiert die Ausstattung der ›Spiezer Chronik‹ zwar eine größere Einheitlichkeit, gleichwohl ist etwa ab der Mitte der Handschrift eine flüchtigere, raschere Arbeitsweise zu bemerken.
Angaben über die Zuordnung und Zahl späterer Kopien der dreibändigen Fassung variieren beträchtlich: Unter den 15 Kopien des letzten Bandes, nennt
Nach Bern, Burgerbibliothek, Mss.h.h.I.1–3:
Nach Bern, Burgerbibliothek, Mss.h.h.I.16: