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26A.30. Thüringen und Sachsen: Georg Spalatin,
›Chronik der Sachsen und Thüringer‹

Bearbeitet von Peter Schmidt

KdiH-Band 3

Unter den illustrierten Landes- und Stammeschroniken stellt die von Georg Burckhardt (1484–1545) verfaßte einen Superlativ hinsichtlich des Umfangs und der Bilderfülle dar. Burckhardt, der sich nach seinem Geburtsort Spalt bei Nürnberg Spalatin nannte, war 1508 als Prinzenerzieher an den sächsischen Hof in Torgau gekommen und hatte sich in den folgenden Jahren eine einzigartige Vertrauensposition bei Kurfürst Friedrich III. von Sachsen (1463–1525), genannt der Weise, erworben. Er wurde Hofkaplan, Beichtvater, politischer und theologischer Berater des Fürsten und wirkte an dessen Hof unter anderem als Geheimsekretär, Archivar, Bibliothekar und Historiograph. Für sein umfangreichstes Geschichtswerk, die ›Chronik der Sachsen und Thüringer‹, sammelte er spätestens seit 1510 Material. Das ursprüngliche Konzept ist einem Autograph Spalatins zu entnehmen (Weimar, Thüringisches Hauptstaatsarchiv, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. O 156, 91r), das von Höss auf 1511 datiert wird. Die drei heute in Coburg aufbewahrten Codices (Coburg, Landesbibliothek, Cas. 9–11), die er 1535 in seinem Testament erwähnte, weichen jedoch deutlich von diesem Plan ab. Die Veränderungen in der Gruppierung des Stoffes sind von Meckelnborg/Riecke (1999) ausführlich dargestellt worden. Der heute in Weimar befindliche vierte Band (Weimar, Thüringisches Hauptstaatsarchiv, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. O 21) existierte Spalatins Testament zufolge im Jahr 1535 nur in Form loser Lagen. Deren Inhalte lassen erkennen, daß es sich nicht etwa um unfertiges Material für einen weiteren Band handelt, der chronologisch an die fertiggestellten (heute Coburger) Codices anschließen sollte, sondern daß Spalatin alle bis zur Bindung in den Jahren 1516/1517 beschriebenen und illustrierten Lagen neu zusammenstellte, um daraus abweichend vom ursprünglichen Plan drei abgeschlossene Bände zu gewinnen. Die restlichen Teile der Chronik blieben ungebunden liegen. Dieses überschüssige Material, das erst 1681 zu der heutigen Bindeeinheit zusammengestellt wurde, reicht von den Lagen, die gemäß dem ursprünglichen Konzept am Anfang des ersten Bandes stehen sollten und von der Herkunft der Sachsen und ihrem Namen handeln, bis hin zu Partien, die bis in Spalatins Gegenwart reichen. Auch gehören diese Lagen verschiedenen Phasen der Änderung von Spalatins Konzept an.

Ursprünglich sollte das Werk sechs Bücher umfassen und in zwei Hauptteile gegliedert werden: Die ersten drei Bücher sollten die Ursprünge der Stämme behandeln, auf die sich die sächsischen Herrscher zurückführten, dann die Fürsten und Herrscher bis Widukind. Die Geschichte der Könige und Kaiser sächsischer Abstammung sollte im dritten Band gesondert dargestellt werden. In den drei Bänden des zweiten Hauptteils war ein chronologischer Überblick über die Genealogie der Markgrafen von Meißen vorgesehen; ein neues Buch sollte immer dann einsetzen, wenn die Markgrafen einen neuen Titel erlangt hatten. Dieser Planung zufolge waren dem letzten Buch also diejenigen Markgrafen von Meißen vorbehalten, die neben dem Titel der thüringischen Landgrafen auch wieder den der Herzöge von Sachsen führten.

Die inhaltliche Gliederung der 1516/1517 gebundenen Teile stellt sich aber folgendermaßen dar: Der erste Band (Coburg, Landesbibliothek, Cas. 9) behandelt Widukind und alle von ihm abstammenden Geschlechter des 8.–14. Jahrhunderts, der zweite (Cas. 10) die Liudolfinger des 10. und 11. Jahrhunderts, der dritte (Cas. 11), der nach dem ursprünglichen Plan der vierte hätte sein sollen, die thüringischen Grafen und Landgrafen des 11.–15. Jahrhunderts. Die inhaltlichen und genealogischen Klammern zwischen den Bindeeinheiten haben in der Zusammenstellung von 1516/1517 an Klarheit eingebüßt. Spalatin muß also in jenem Jahr die Zuversicht verloren haben, das Gesamtprojekt in absehbarer Zeit in dem zunächst vorgesehenen Umfang beenden zu können, und entschloß sich daher, das Material zur Hälfte des eigentlich vorgesehenen Umfangs in eine äußerlich präsentable Form zu bringen. Möglicherweise hatten neue dienstliche Verpflichtungen, die ihm seit 1516 am Torgauer Hof übertragen wurden, die Hoffnung auf ein kontinuierliches Arbeiten an dem Projekt schwinden lassen. Jedenfalls gibt es bis Mitte der 1520er Jahre keine Anzeichen dafür, daß Spalatin sich noch um eine Fortführung der Chronik bemühte. Erst 1526–1528 nahm er das Projekt wieder auf. Wie erhaltene Materialien und Entwürfe zeigen, erarbeitete er in diesen Jahren Darstellungen der wettinischen Kurfürsten von Friedrich I. (1370–1428) bis zu dem seit 1525 regierenden Johann I., dem Beständigen (1468–1532), die inhaltlich an Cas. 11 anschlossen und vermutlich einen vierten Band füllten. Auf diesen Fortsetzungsband verweisen jedoch nur ein Eintrag in einem Inventar der Bücher Herzog Johann Friedrichs des Mittleren (Weimar, Thüringisches Hauptstaatsarchiv, Kunst und Wissenschaft – Hofwesen, A 7002, 37v–38r) und eine Teilabschrift (Gotha, Forschungsbibliothek, Chart. A 191, 2r–39r), in der an den Stellen, an denen Illustrationen vorgesehen waren, Raum ausgespart wurde. Weitere Vorarbeiten zeugen davon, daß Spalatin bis kurz vor seinem Tod an der Chronik weiterarbeitete.

Insbesondere aus der Struktur des Weimarer Bandes ist zu erschließen, daß die Reinschrift der Chronik lagen- bzw. blockweise erstellt wurde, wobei für eine zusammenhängende Gruppe von Herrschern oder einen besonders wichtigen Fürsten jeweils eine eigene Lage bzw. ein eigener Block vorgesehen war. Falls noch Platz übrig blieb, wurde dieser mit Zufelligen wundersamen geschichten, d. h. herausragenden Begebenheiten der entsprechenden Zeitspanne, gefüllt, die aber auch vollständige Lagen einnehmen können. Das inhaltliche Spektrum dieser Geschichten, die Spalatin schon in seinem ersten Konzeptentwurf erwähnt hatte, reicht von Kriegen und Ordensgründungen über Mordtaten und Entführungen bis zu Naturwundern und Naturkatastrophen. Neben der Funktion, Leerseiten zu füllen, dienen sie der Belebung der Chronik, die dadurch nicht als reine Fürstenreihe erscheint. Die umfangreiche Bebilderung der Chronik durch Maler der Cranach-Werkstatt gehörte von Anbeginn zum Konzept.

Editionen:

Nicht ediert; Digitalisat und Transkription der Coburger Bände durch Christina Meckelnborg / Anne-Beate Riecke online verfügbar auf http://spalatin.franconica.uni-wuerzburg.de (Stand März 2007, zuletzt aufgerufen 30.11.2010).

Literatur zu den Illustrationen:

Armin Tille: Stammbaum-Schema aus »Spalatins Bilderchronik«. Familiengeschichtliche Blätter 14 (1916), Sp. 171–174. – Campbell Dodgson: Saxon Monogrammist, HB (c. 1525–1535). Old Master Drawings; a Quarterly Magazine for Students and Collectors 9 (19341935), Nr. 33, S. 67 f. und Pl. 70 f. – Irene Kunze: Der Meister H. B. mit dem Greifenkopf. Ein Beitrag zur Brosamer-Forschung. Zeitschrift des deutschen Vereins für Kunstwissenschaft 8 (1941), S. 209–238, dort 226–231. – Christiane Andersson: Die Spalatin-Chronik und ihre Illustrationen aus der Cranach-Werkstatt. In: Lucas Cranach. Ein Maler-Unternehmer aus Franken [Ausstellung Kronach, Festung Rosenberg, und Leipzig, Museum der bildenden Künste, 1994]. Hrsg. von Claus Grimm, Johannes Erichsen und Evamaria Brockhoff. Augsburg 1994 (Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur. Nr. 26), S. 208–217. – Christina Meckelnborg / Anne-Beate Riecke: Georg Spalatins Chronik der Sachsen und Thüringer. Ein historiographisches Großprojekt der Frühen Neuzeit. Köln u. a. 2011 (Schriften des Thüringischen Hauptstaatsarchivs Weimar 4).