26A.1. Augsburg: Küchlin, ›Augsburger Reimchronik‹
Bearbeitet von Norbert H. Ott
KdiH-Band 3
Ob es sich bei dem Autor des ältesten deutschsprachigen Texts zur Geschichte Augsburgs, der sich in der nachredung Vers 371 als der Küchlin zu erkennen gibt, um den 1443 in den Heidelberger Matrikeln erwähnten Johannes Küchlin handelt oder um Gyso Küchlin, 1453 als Chorvikar von St. Moritz in Augsburg nachgewiesen, ist ungeklärt. Die lateinische Vorlage zu der zwischen 1437 und 1442 entstandenen Reimchronik wurde dem Verfasser im Auftrag des 1452 verstorbenen Bürgermeisters Peter Egen durch den Maler Jörg Ammann übermittelt, dem der von Küchlin zu fertigende volkssprachliche Text Anregungen zu seinem für das Haus Egens geplanten Freskenzyklus mit Szenen aus der Geschichte der Stadt geben sollte (das er daruβ wolt figuriren / und mit gemeld dar schon ziren / dem gewaltigen man sin hus und wend, Vers 381–383).
Der in Vorrede, acht Kapitel und Nachrede gegliederte Text benutzt außer der von Peter Egen zur Verfügung gestellten, nicht identifizierbaren Quelle auch Adilberts von Augsburg ›Prologus in Conversionem et Passionem S. Afrae‹ und Jordans von Osnabrück ›Super Romano imperio‹. In 396 Versen berichtet Küchlin von der Gründung Augsburgs durch die von den Trojanern abstammenden Schwaben und Germanen – Augsburg ist also älter als Rom – und über die Kämpfe der Römer gegen die Stadt, die sich erst unter Drusus dem Römischen Reich unterworfen habe, und schließt mit dem Martyrium der hl. Afra unter Diocletian und mit Narcissus, dem legendären ersten Bischof Augsburgs. Sigismund Meisterlin, der Küchlins Text wohl in einer lateinischen Übersetzung kannte, polemisiert vor allem gegen die trojanische Ursprungslegende, und setzt die Gründung Augsburgs durch die Amazonen – lange vor Trojas Zerstörung – dagegen.
Die Überlieferung der ›Augsburger Reimchronik‹ Küchlins im 15. Jahrhundert – in sieben Sammelhandschriften – blieb unillustriert. Erst ein später, zwischen 1538 und 1569 entstandener Sammelcodex bebildert den Text mit drei Miniaturen: detailgetreuen Kopien dreier Illustrationen der 1457 von Georg Mülich geschriebenen Handschrift HB V 52 der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart von Sigismund Meisterlins ›Augsburger Chronik‹ in deutscher Prosa (Nr. 26A.2.9.), die – nicht illustriert – im vorliegenden Codex unmittelbar auf Küchlins Text folgt.
Die Reimchronik des Küchlin. Hrsg. von