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26A.33. Würzburg: Lorenz Fries von Mergentheim,
›Würzburger Bischofschronik‹

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 3

Bei kaum einer anderen Chronik des ausgehenden Mittelalters manifestiert sich der Anspruch, den eine Institution als Auftraggeber mit der Schilderung ihrer ruhmreichen Geschichte verbindet, in einer so systematisch geplanten, aufwendig ausgeführten und nachhaltig wirksamen Illustrationsfolge wie bei der ›Würzburger Bischofschronik‹. Die Abfassungszeit der Chronik liegt deutlich außerhalb der üblichen Erfassungsgrenzen des KdiH. Ihrer Ausstattung mit szenischen Miniaturen verdankt die ›Würzburger Bischofschronik‹ innerhalb der umfangreichen frühneuzeitlichen Bistumschronistik allerdings einen Sonderstatus, denn andere reich überlieferte Bistumschroniken sind nahezu ausschließlich mit Wappen bebildert.

Nur erwähnt seien in diesem Zusammenhang:

– Wilhelm Werner von Zimmern, ›Chronik von dem Erzstifte Mainz und dessen Suffraganbistümern‹ (abgeschlossen 1550), Reinschrift: Stuttgart Württembergische Landesbibliothek, Cod. Donaueschingen 575, mit Familienwappen aller Bischöfe, zahlreiche Konzeptfassungen, Teilautographen, Abschriften (Wilhelm Engel: Die Würzburger Bischofschronik des Grafen Wilhelm Werner von Zimmern und die Würzburger Geschichtsschreibung des 16. Jahrhunderts. Würzburg 1952 [Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte 1,2]; Markus Müller: Die spätmittelalterliche Bistumsgeschichtsschreibung. Überlieferung und Entwicklung. Köln / Weimar / Wien 1998 [Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte 44] S. 19 Nr. 12. S. 26 Nr. 6. S. 35 Nr. 6. S. 44 Nr. 11. S. 53 Nr. 8. S. 60 Nr. 3. S. 80 Nr. 11. S. 87 f. Nr. 6. S. 97 Nr. 5).

– Hans Wildefuer, Hildesheimer Bischofschronik (1538), nur überliefert in der oberdeutschen Fassung des Wilhelm Werner von Zimmern 1546, vermutliche Widmungshandschrift für den Bischof von Hildesheim: Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 42.5 Aug. 2º mit zahlreichen Wappen in kolorierter Federzeichnung, etliche wei-tere Handschriften (Udo Stanelle [Hrsg.]: Die Hildesheimer Bischofschronik des Hans Wildefuer. Hildesheim 1986 [Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen 25]; Müller [wie oben] S. 92 Nr. 9. S. 94 f.).

– ›Kleine Salzburger Chronik‹ (um 1550), Virgilius Reitgärtler zugeschrieben, Autograph: Salzburg, Stiftsbibliothek St. Peter, Cod. b VI 56 mit zahlreichen Wappen in kolorierter Federzeichnung, etliche weitere Abschriften und Fortsetzungen mit Wappenbildern (einige Hinweise bei Müller [wie oben] S. 194 Nr. 12. S. 200).

Die Aufzeichnungen des Würzburger fürstbischöflichen Sekretärs Lorenz Fries (1489–1550) zu Ereignissen im Bistum Würzburg waren erst ca. 1546 abgeschlossen, der Berichtszeitraums endet allerdings bereits mit der Regierungszeit Bischof Rudolfs II. von Scherenberg (1466–1495). Schon im Entwurfstadium, das anhand zweier erhaltener Konzeptfassungen (Würzburg, Stadtarchiv, Ms. 3; Würzburg, Universitätsbibliothek, M.ch.f. 298) gut nachzuzeichnen ist, plante Fries die zu illustrierenden Textstellen sowie die Themen der vorgesehenen Bilder genau ein (Konkordanz bei Kummer [1995], siehe unten: Literatur, S. 171–185). Der anschließende Publikationsweg ist ungewöhnlich. Um 1546 legte der fürstbischöfliche Lehensschreiber Johann Schetzler gleich drei »Originale« (d. h. von Fries autorisierte Abschriften der Chronik) für ausgewählte Empfänger an:

Eines für den Fürstbischof Melchior Zobel von Giebelstadt, dem die Chronik gewidmet ist, mit Illustrationen des Würzburger Malers Martin Seger (um 1515/20–1580/91), vernichtet beim Brand der Würzburger Marienburg 1572. 1574–1582 wurde als Ersatz für das verbrannte Exemplar für Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn eine neue Handschrift angefertigt: Würzburg, Universitätsbibliothek, M.ch.f. 760, mit Illustrationen des Nürnberger Briefmalers Georg Mack (online unter http://franconica.uni-wuerzburg.de/Franconica/index.html).

Ein weiteres Original war für die bischöfliche Kanzlei bestimmt (Ausstattung und Verbleib unbekannt).

Das einzige erhaltene Original, ebenfalls mit Illustrationen von Martin Seger versehen, bekam das Domkapitel (heute: Würzburg, Stadtarchiv, Ratsbuch 412 [Nr. 26A.33.1.]).

Die ›Würzburger Bischofschronik‹ in der Domkapitel-Fassung besitzt eine außergewöhnlich homogene Bildausstattung. Jedes Bischofskapitel wird durch eine Wappenleiste eingeleitet (Familienwappen des Bischofs, flankiert von Fränkischem Rechen heraldisch rechts und Rennfähnlein links). In ähnlicher Weise stattete auch Wilhelm Werner von Zimmern seine fünfbändige ›Chronik von dem Erzstifte Mainz und dessen Suffraganbistümern‹ (s. o.) aus, die Lorenz Fries noch in der Konzeptfassung gekannt und benutzt hat (Buch 2 [Bistümer Worms, Würzburg, Eichstätt]: Darmstadt, Hessisches Staatsarchiv, Abt C 1, Cod. 82 [alt Hdschr.Slg. Nr. 202]). In den Text eingestreut sind darüber hinaus aber in sehr ausgewogener Abfolge (selten liegt bei aufgeschlagenem Buch zwischen zwei Bildern mehr als eine unbebilderte Doppelseite) linear eingefaßte Bilder einheitlich querrechteckigen Formats; hinzu treten dann noch einzelne Stadt- und Stiftswappen, diese mittig in den Schriftspiegel plaziert und allseitig von Text umfaßt, sowie nur sehr gelegentlich eingefügte ungerahmte Zeichnungen.

Die anhaltende Wertschätzung der Chronik der Würzburger Bischöfe spiegelt sich in der großen Zahl der noch bis ins 18. Jahrhundert hinein entstehenden Abschriften. Bekannt sind nahezu 170 (!) Handschriften (Heiler [2001] S. 299–357), darunter zahlreiche Miniaturenhandschriften. Der Fries’sche Text selbst wird im Laufe seiner Weitertradierung durch Bearbeitungen und Fortsetzungen bis in die Gegenwart des jeweiligen Kopisten hinein aktualisiert, Illustrationen folgen im wesentlichen dem Vorbild des Domkapitel-Exemplars. Mit eigenem auktorialen Anspruch hat dagegen der Würzburger Dompräsenzmeister Johann Reinhart († nach 1551) die Bischofschronik redigiert. Er verfaßte nicht nur eine Fortsetzung der Chronik bis 1546, sondern unterzog den Fries’schen Text selbst einer grundsätzlichen, radikal straffenden sowie im Detail ergänzenden und korrigierenden Überarbeitung (Bünz [1989], Heiler [2001]). Bildbeigaben zur Reinhart-Chronik beschränken sich im wesentlichen auf Wappen. Selbständig ist ferner eine bereits in der Edition Ludewigs (1713) als ›Monumentum vetus ignoti auctoris‹ angeführte Bearbeitung, die den von Reinhart bearbeiteten Fries-Text durch auffallend viele Nachrichten über die Geschichte der Benediktinerabtei Münsterschwarzach anreichert und von Heiler (2001) daher als Münsterschwarzacher Bearbeitung (um 1575) separiert wird. Ihr Bildprogramm ist wie das der Fries-Chroniken aus Miniaturen und Wappen kombiniert, jedoch in der Motivauswahl autonom; durch die Ergänzung der Bischofswappen um eine eigene Reihe von Städtewappen gewinnt es eine ganz eigenständige Prägung.

Editionen:

Johann Peter Ludewig: Geschicht-Schreiber von dem Bischoffthum Wirtzburg. Frankfurt 1713 (S. 377–868); Lorenz Fries, Chronik der Bischöfe von Würzburg 742–1495. Hrsg. von Ulrich Wagner, Walter Ziegler u. a. 6 Bände. Würzburg 1992–2004 (Fontes Herbipolenses. Editionen und Studien aus dem Stadtarchiv Würzburg I–VI).

Literatur zu den Illustrationen:

Wilhelm Schonath: Fürstbischof Friedrich Karls Fries-Chronik. Altfränkische Bilder und Wappenkalender 67 (1968), S. 5–7. – Otto Meyer / Heinrich Pleticha: Lorenz Fries. Chronik der Bischöfe von Würzburg. Würzburg 1981. – Gottfried Mälzer: Die Würzburger Bischofs-Chronik des Lorenz Fries. Textzeugen und frühe Überlieferung. Würzburg 1987 (Mainfränkische Hefte 84). – Enno Bünz: Der Würzburger Dompräsensmeister Johann Reinhart und seine Bearbeitung und Fortsetzung der Fries-Chronik. In: Ulrich Wagner (Hrsg.): Lorenz Fries (1489–1550). Fürstbischöflicher Rat und Sekretär. Studien zu einem fränkischen Geschichtsschreiber. Würzburg 1989 (Schriften des Stadtarchivs Würzburg 7), S. 89–105. – Gottfried Mälzer: Die Fries-Chronik des Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn. Eine fränkische Prachthandschrift des 16. Jahrhunderts aus dem Bestand der Universitätsbibliothek Würzburg, Codex M.ch.f. 760. Würzburg 1989 [Ausstellungskataloge der Universitätsbibliothek Würzburg]. – Christiane Kummer: Die Illustration der Würzburger Bischofschronik des Lorenz Fries aus dem Jahre 1546. Ein Hauptwerk Martin Segers und seiner Werkstatt. Würzburg 1995 (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg 7). – Thomas Heiler: Die Würzburger Bischofschronik des Lorenz Fries (gest. 1550). Studien zum historiographischen Werk eines fürstbischöflichen Sekretäres und Archivars. Würzburg 2001 (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg 9). – Christiane Kummer: Die Illustration der Bischofschronik des Lorenz Fries. Ein Beispiel der Chronikillustration der deutschen Renaissance. In: Deutsche Landesgeschichtsschreibung im Zeichen des Humanismus. Hrsg. von Franz Brendle u. a. Stuttgart 2001 (Contubernium 56), S. 113–122. – dies.: Grundsätze und Planungsstufen der Illustration der Würzburger Bischofschronik des Lorenz Fries von 1549. In: Susanne Rau und Birgit Studt (Hrsg.): Geschichte schreiben. Ein Quellen- und Studienhandbuch zur Historiografie (ca. 1350 bis 1750). Berlin 2010, S. 253–264.