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26A.35. Frankreich: Johann von Morschheim,
›Chronik der französischen Könige‹

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 3

1502 schickte Philipp der Aufrichtige, Pfalzgraf bei Rhein, seinen ältesten Sohn und Nachfolger Ludwig (geboren 1478, Pfalzgraf 1508–1544) für zwei Jahre zur Erziehung an den französischen Hof Ludwigs XII. Zum Prinzenbegleiter bestellte er den kurfürstlichen Hofmeister Johann von Morschheim, Verfasser des ›Spiegels des Regiments‹, einer 1497 geschriebenen, jedoch nur in Drucken des 16. Jahrhunderts überlieferten Fürstenlehre. Johann von Morschheim übersetzte zum Nutzen seines Schützlings und zu Ehren seines Gastherrn eine französische Prosachronik ins Deutsche (vgl. Martina Backes, in: 2VL 11 [2004], Sp. 794 f.): die späte Bearbeitung der Ende des 13. Jahrhunderts von Guillaume de Nangis im Kloster St. Denis verfaßten ›Chroniques abrégées des rois de France‹.

Die Chronikversion, so wie sie Johann vorlag, umfaßte einen welthistorischen Teil, der nach dem Modell der Weltalter zunächst die alttestamentlichen Väter von Adam bis Abraham behandelt. Die genealogische Reihe der Väter des dritten Weltalters ab Abraham wird rasch abgebrochen, um auf die auf Japhet, dem ältesten Sohn Noahs, zurückgehende Geschichte der Trojaner umzuschwenken. Mit diesem Einschnitt beginnen die auf Priamos, den Trojanerkönig, zurückgeführten Linien der französischen Herrscher: Die Merowinger vom sagenhaften Faramund (bei Johann von Morschheim Pharomon) bis Thilderich (Thiry), die Karolinger von Pippin bis Ludwig IV., die Kapetinger von Hugo Capet bis Karl IV, schließlich die Valois von Philipp VI. bis Ludwig XII. selbst. Die Übersetzungsvorlage dürfte eine der Druckfassungen gewesen sein, die seit 1490 in Lyon und Paris erschienen (GW 6678, GW 6679, GW 6680); während aber auch die zeitlich nächststehende Druckauflage der ›Chroniques abrégées‹ (Paris: Jean Tréperel, 15.XI.1498 [GW 6685]) mit dem Tod Ludwigs IX. (1483) endet, setzt Johann von Morschheim seine Aufzeichnungen bis Ende 1501 fort. Für die zeitgenössische Geschichte benutzt er eine Handschrift (vielleicht eine handschriftliche Druckfortsetzung), auf die er wie zuvor als auf diese chronik verweist (136r, 136v), und die speziell Lyon betreffende Episoden benennt (Feuer, Brückenunglück in Lyon u. a.). In Lyon ließ Johann denn auch den einzig erhaltenen Textzeugen seiner Chronik durch den vielseitig tätigen Buchmaler Guillaume Le Roy mit Deckfarbenminiaturen ausstatten. Die Handschrift machte er Ludwig XII. zum Geschenk; sie sollte laut Widmungsvorrede als erste deutsche Handschrift im königlichen Bücherschatz der Bibliothek von Blois, die der König zwischen 1498 und 1518 um zahlreiche Prachthandschriften und wertvolle Drucke bereicherte, ihren Platz finden. Als Beigabe diente ein heute verlorenes französisch-deutsches Glossar: »ung petit livret de papier de termes francoys exposez en almant« (Baurmeister / Lafitte [siehe unter Nr. 28A.34.1.] S. 161); dennoch wurde der deutsche Codex ganz offensichtlich nie benutzt und blieb unter den zahlreichen anderen Prachtbänden, die der König in Auftrag gab oder die ihm dediziert wurden (etwa zeitgleich z. B. Vergils ›Eneide‹, übersetzt von Octovien de Saint-Gelais; Paris, Ms.fr. 861 [1501], Petrarcas ›De remediis utriusque fortunae‹, Paris, Ms.fr. 225 [1503]), lange unbemerkt. Der Vorsatz Johanns von Morschheim, seiner Übersetzung durch eine Drucklegung auch im deutschen Sprachraum Verbreitung zu verschaffen, blieb unerfüllt.

Editionen:

Ausgabe in Planung. Abdruck des Prologs bei Martina Backes: Das literarische Leben am kurpfälzischen Hof zu Heidelberg im 15. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Gönnerforschung des Spätmittelalters. Tübingen 1992 (Hermaea N.F. 68), S. 212–215.

Literatur zu den Illustrationen:

Elizabeth Burin: Manuscript Illumination in Lyons 1473–1530. Turnhout 2002 (Ars Nova. Studies in Late Medieval and Renaissance Northern Painting and Illumination III), S. 245–247. Nr. 115, Abb. 180 (1v).