Conrad Justingers ›Amtliche Berner Chronik‹ entstand ab 1420 im Auftrag des Bürgermeisters Rudolf Hofmeister und des Berner Rates. Um 1430 fertiggestellt, bildet Justingers Chronik den textlichen Grundstock für die späteren »Schweizerischen Bilderchroniken«, als deren erster Teil sie von Tschachtlan-Dittlinger und Diebold Schilling übernommen wurde (Stoffgruppe 26A.18., 26A.19.). Der Text umfaßt eine Vorrede, auf die geschichtliche Ereignisse ab 1152, die Geschichte der Stadt von 1191 bis zur Grundsteinlegung des Berner Münsters sowie zwei Zusätze zum Münsterbau für die Jahre 1430/31 folgen.
Ausgehend von einem fragmentarischen, zweieinhalb Blätter umfassenden Autographen (Bern, Burgerbibliothek, Mss.h.h.X.69) und einem nicht vollständig erhaltenen Manuskript (Zürich, Zentralbibliothek, Ms. A 120a, nach Strahm [1978] S. 38–41, 57–61, gleichfalls ein Autograph Justingers wird die Texttradition bislang in zwei Gruppen unterteilt (Perrin [1950] S. 204). Die erste Fassung, die dem Wortlaut des Autographen folgt, ist in einer weiteren Handschrift (sowie einem Fragment, Bern, Burgerbibliothek, Mss.h.h.XIII.17) des 15. Jahrhunderts überliefert: der Jenaer Handschrift (Nr. 26A.27.1.), für die eine umfangreiche Ausstattung mit 265 Illustrationen vorgesehen war, die jedoch nicht ausgeführt wurde. Die zweite Variante, die der ältesten vollständig überlieferten Handschrift (Winterthur, Studienbibliothek, fol. 103, Perrin [1950] Aa1) folgt, ist in zwei weiteren Handschriften des 15. Jahrhunderts sowie einer um 1500 entstandene Abschrift erhalten (Perrin [1950] Aa2, Aa3, Aa4).
Justingers Chronik ist in zahlreichen weiteren, bis ins 17. Jahrhundert angefertigten Abschriften sowohl als eigenständiger Text ebenso wie als Teil späterer chronikalischer Werke – etwa nach der Bearbeitung Diebold Schillings – überliefert (Perrin [1950] S. 229; Jost [2009/2011] S. 399–418). Einige der Abschriften seien wegen ihrer Ausstattung erwähnt: Eine zu Beginn des 16. Jahrhunderts entstandene Handschrift, die in größeren Teilen mit vier- bis achtzeilig Initialen mit punzierten Gold- und Silberauflagen ausgestattet wurde (Bern, Burgerbibliothek, Mss.h.h.XII.319; Perrin [1950] S. 208: A4). Des weiteren eine in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gefertigte Abschrift in der Bearbeitung Diebold Schillings, in der von den 235 für Illustrationen vorgesehen Freiräumen lediglich drei zu Beginn des 17. Jh. ausgeführt wurden (Bern, Burgerbibliothek, Mss.h.h.III.271; Bloesch [1895] S. 127; Perrin [1950] S. 229; Jost [2009/2011] S. 414). In einer um 1641 entstandenen Abschrift des Mathys Walther nach der Bearbeitung Diebold Schillings wurden 18 der 20 geplanten Illustrationen – historische Szenen wie auch Stadtansichten – sowie zahlreiche Wappen der Berner Geschlechter ausgeführt (Bern, Burgerbibliothek, Mül. 207; Perrin [1950] S. 229, mit der alten Signatur Mül. 314; Jost [2009/2011] S. 414).
Editionen: Gottlieb Studer: Die Berner-Chronik des Conrad Justinger, nebst vier Beilagen. Hrsg. im Auftrag der allgemeinen geschichtsforschenden Gesellschaft. Bern 1871, S. 1–291. – Rudolf Emanuel Stierlin/Johann Rudolf Wyss: Conrad Justingers Berner-Chronik: von Anfang der Stadt Bern bis in das Jahr 1421. Bern 1819. – Neuedition durch Pascal Ladner (Fribourg, Schweiz) in Vorbereitung.