KdiH

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26A.19.2. Bern, Burgerbibliothek, Mss.h.h.I.16

Bearbeitet von Kristina Domanski

KdiH-Band 3

Datierung:

1484/1485.

Lokalisierung:

Bern.

Besitzgeschichte:

Auftraggeber und Erstbesitzer: Rudolf von Erlach, danach im Besitz der Familie von Erlach, 1875 von Friedrich Bürki erworben, 1888 als Geschenk an die Stadtbibliothek Bern, seit 1951 Burgerbibliothek (von Steiger [1990] S. 15–19).

Inhalt:
S. 3–793 Diebold Schilling, ›Berner Chronik‹

Bearbeitung bis 1465

I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 411 Blätter (davon je sechs Vor- und Nachsatzblätter, ältere Foliierung mit brauner Tinte rechts oben 1–380 [=S. 39–793], moderne Seitenzählung mit Bleistift von 1990: I–VIII [leer], S. 1–806 [S. 1–2, 23–26, 32–38, 263–264, 794–806 leer]), 370 × 265 mm, allseitig stark beschnitten (oben etwa 10 mm, unten und seitlich 20 mm), einspaltig, 37–40 Zeilen auf Seiten ohne Illustration, Bastarda, eine Hand (Diebold Schilling), einige spätere Korrekturen und Nachträge (S. 276, 480, 793), abgesetzte Kapitelüberschriften, S. 27: I-Initiale mit Fleuronné und Rankenausläufern (Vorrede, etwa 180 × 90 mm, halbe Höhe des Schriftspiegels), S. 39: goldgerahmte I-Initiale als Säule vor Landschaft mit Ansicht der Stadt Bern, den Wappen Zähringer und Bern (Textbeginn, 150 × 105 mm) und Rankenbordüre, S. 228: U-Initiale (Beginn des Laupenkrieges, 95 × 115 mm), rote oder blaue, drei- bis vierzeilige Initialen zu Kapitelbeginn, sparsame Rubrizierung.

Schreibsprache:

bernisch-alemannisch (Peter Glatthard, in: Haeberli/von Steiger [1990] S. 21–29).

II. Bildausstattung:

339 Illustrationen (S. 29, 30, 31, 41, 45, 47, 49, 51, 53, 55, 57, 59, 62, 67, 70, 74, 76, 78, 81, 83, 85, 87, 89, 91, 93, 100, 102, 105, 107, 108, 110, 111, 112, 113, 116, 118, 120, 122, 124, 125, 128, 130, 133, 136, 137, 140, 141, 144, 146, 147, 149, 150, 151, 152, 153, 154, 156, 158, 161, 163, 164, 165, 167, 169, 171, 174, 176, 179, 180, 182, 184, 186, 187, 190, 193, 194, 196, 198, 200, 202, 204, 205, 206, 207, 208, 209, 212, 214, 216, 218, 220, 222, 224, 225, 227, 230, 232, 233, 234, 236, 237, 238, 239, 241, 244, 246, 248, 249, 251, 253, 257, 258, 260, 262, 265, 267, 268, 270, 272, 275, 277, 280, 282, 285, 287, 289, 291, 294, 296, 298, 299, 301, 302, 303, 307, 309, 310, 312, 314, 316, 317, 319, 320, 323, 327, 329, 333, 336, 338, 339, 342, 347, 350, 352, 359, 363, 365, 368, 371, 373, 376, 381, 383, 384, 385, 387, 395, 396, 397, 399, 401, 403, 404, 407, 408, 410, 416, 417, 419, 421, 424, 426, 428, 430, 432, 433, 434, 436, 437, 439, 441, 443, 447, 450, 452, 453, 455, 456, 460, 461, 463, 465, 466, 469, 470, 472, 474, 476, 478, 480, 482, 484, 485, 487, 489, 491, 493, 494, 496, 497, 503, 506, 508, 510, 514, 516, 521, 522, 526, 529, 531, 533, 535, 539, 540, 541, 544, 545, 547, 548, 550, 552, 554, 557, 560, 561, 564, 567, 569, 571, 572, 574, 579, 581, 583, 586, 588, 590, 593, 596, 598, 600, 601, 605, 608, 609, 611, 613, 615, 616, 619, 621, 622, 623, 624, 625, 627, 629, 630, 632, 633, 634, 635, 637, 638, 640, 641, 643, 644, 648, 649, 650, 654, 655, 658, 659, 660, 665, 667, 698, 699, 702, 707, 710, 712, 717, 721, 722, 724, 727, 729, 731, 733, 738, 740, 742, 745, 748, 749, 753, 755, 757, 759, 762, 764, 766, 767, 768, 770, 772, 775, 776, 778, 783, 785, 786, 788, 790, 792), davon zu Beginn ein ganzseitiges Wappenbild (S. 29: Wappen der Erlach und weiblicher Vorfahren, vgl. Bartlome [1990] S. 163, von Steiger [1990] S. 15) sowie ein doppelseitiges Bild der Auftraggeber (S. 30, 31), kleinere (Rand-)Zeichnungen zum Überdecken von Schreibfehlern und Tintenklecksen, teilweise stark beschnitten (S. 52: Fabeltier, 77: Drache, S. 85: zwei Falter, S. 88: Basilisk, S. 282: Hase, Fliege, S. 387: Reiher, S. 440: Libelle, S. 515: Fliege, S. 633: unten Apfel, oben Fliege, S. 634: Insekt, S. 655: Greif, S. 722: zwei Fliegen, S. 763: Schmetterling).

Format und Anordnung:

Textillustrationen regelmäßig deutlich breiter als der Schriftspiegel (223–240 mm), in der Höhe variierend (175–300 mm), Format von annähernd quadratisch bis hochrechteckig schwankend, häufiger am oberen und äußeren seitlichen Rand beschnitten. Bis auf zwei ungerahmte Ausnahmen (S. 198, 368) einfach mit schwarzer Tinte gerahmt. Überwiegend nach der Kapitel-/Bildüberschrift vor dem Text eingefügt, jedoch steht bei deutlich über einem Drittel der Illustrationen (145) die Überschrift im Bildfeld (vgl. Zahnd [1990] S. 3 Anm. 13), dabei nur ausnahmsweise von Banderole hinterfangen (S. 78, 130, 150) oder als Aufschrift auf Baldachin oder Brüstung ins Bild integriert (S. 49, 147, 581). Außer dem Wappenbild (S. 29) und den Auftraggeberporträts (S. 30, 31, dazu Saurma-Jeltsch [1992/93] S. 310–313) zu Beginn der Handschrift finden sich 14 weitere ganzseitige Illustrationen (S. 76, 227, 253, 272, 275, 277, 280, 282, 303, 456, 510, 526, 545, 772), von denen acht dem Laupenkrieg von 1339 gewidmet sind (S. 227, 253, 272, 275, 277, 280, 282, 303).

Bildaufbau und -ausführung:

Überwiegend nahsichtige Darstellung der Ereignisse mit großformatigen Figurengruppen, einzelne Figuren nehmen oft die Hälfte bis drei Viertel der Bildhöhe ein. Konzentration auf die dynamische Bewegung und Gestik der Figuren sowohl in dichtgedrängten Gruppen (etwa gegenläufige Bewegungen, Rückansichten) wie Einzeldarstellung (z. B. galoppierende Boten, S. 248, 616). Die Szenen meist in kulissenhafte Landschaften mit Burgen- oder Stadtsilhouetten und hohem Horizont situiert, die seltener durch Bewuchs (Baumgruppen o. ä.) ausgestaltet ist. Daneben auch tiefenräumlich angelegte Landschaften (S. 116, 196, 196, 253, 262, 350, 371, 729) oder Stadtkulissen (S. 93, 150, 152, 186, 257, 265, 533, 579, 659, 762), Innenräume mit perspektivisch schlüssiger Anlage (S. 113, 232, 640, 665, 740), dabei auch komplexe Raumgefüge mit Durch- und Ausblicken (S. 147, S. 232–239, 270, 365) oder simultanen Innen- und Außenansichten (S. 220, 365, 548, 544, 583, 588, 638). Arbeitsteiliger Herstellungsprozess der Federzeichnungen in mehreren abwechselnden Federzeichnungs- und Kolorierungsschichten in einem Atelier mit unterschiedlich intensiver Ausarbeitung durch Schraffuren (dazu: Saurma-Jeltsch [1990] S. 31–37): Zeichnungen der ersten acht Lagen vom Meister selbst hergestellt und mit lockerer Feder, häufigem Umreißen der Einzelform und komplexen Schraffurlagen ausgearbeitet (Auftraggeberporträts S. 30, 31). Ab der 9. Lage (S. 129) vermehrt Mittel- und Hintergrund in der Vorzeichnung belassen, ab S. 377 rasche Arbeitsweise üblicher (reduzierte Anzahl der Figuren, wenig ausgearbeitete Landschaft). Breitgefächertes Motivrepertoire und stilistische Beziehung zu schwäbischen Handschriften (besonders Sigismund Meisterlin, ›Augsburger Chronik‹ [siehe Stoffgruppe 26A.2.], Ulrich Richental, ›Chronik des Konstanzer Konzils‹ [siehe Stoffgruppe 26B.1.]) deuten auf einen Künstler einer jüngeren Generation, der nicht – wie in der älteren Forschung – mit Diebold Schilling zu identifizieren ist (ausführlich: Saurma-Jeltsch [1990] S. 37–71; Zemp [1897] S. 69 f.; Bloesch [1939] S. 7 f.).

Bildthemen:

Gegenüber der textlich weitgehend übereinstimmenden dreibändigen Berner Chronik (Nr. 26A.19.1.) ist die Anzahl der Illustrationen deutlich erhöht – 134 Plusbilder für Kap. 1–542, die dem ersten Band entsprechen – und das Spektrum der Bildthemen erweitert. Hauptsächlich kriegerische Ereignisse: Truppenauszüge, Gefechte, Schlachten, Plünderungen u. ä. Ein deutlicher Schwerpunkt liegt auf den Illustrationen zum Laupenkrieg: insgesamt 39 Illustrationen sowie ein eigenes, sorgfältig ausgeführtes Titelbild (S. 227–303), darunter acht ganzseitige Illustrationen. Besondere Berücksichtigung finden auch Ereignisse im Zusammenhang mit Freiburg (S. 186, 312, 376, 545, sowie fünf zusätzliche Illustrationen zum Freiburger Krieg, Kap. 543 ff., S. 336 ff.). Für diese Erweiterungen sind Familieninteressen des Auftraggebers Rudolf von Erlach zu vermuten, da ein gleichnamiger Vorfahr als Hauptmann im Laupenkrieg eine bedeutende Rolle spielte (Bartlome [1990] S. 243) und seine Ehefrau Barbara von Praroman aus einem Freiburger Geschlecht stammte. Eine Vielzahl weiterer Plusbilder ist der Darstellung weltlicher und kirchlicher Würdenträger gewidmet. Zu Beginn der Handschrift sind es Friedrich II. (Reliquienüberführung, Kreuzzug, Königswahl, S. 45, 47, 49) und Berchthold von Zährigen (Siege über Burgunder und Walliser, Hofhaltung S. 51, 53, 57, 67). Weiterhin sind dargestellt: Rudolf von Habsburg (S. 105), König Albrecht (S. 144), Heinrich VII. (S. 146, 147), König Wenzel (S. 417), Ruprecht von der Pfalz (S. 521, 533), Papst Alexander V. (S. 581), König Sigismund (S. 588, 598, 600, 608, 640, 650, 654, 655, 658, 659) sowie Philipp der Gute, Herzog von Burgund (s. 785), die gern in einem herrscherlichen Adventus inszeniert werden. Daneben finden auch innerstädtische Ereignisse Beachtung, etwa der Bau des Heiliggeistspitals (S. 111), das Erscheinen der Geißler (S. 336) und »Schwarzer« aus Ägypten (S. 749), sowie Brände (S. 111, 136, 540, 544, 547, 745) und Szenen zur Gerichtsbarkeit – etwa Ketzerverbrennungen (S. 107, S. 416), Hinrichtungen (S. 186, 497), die Festnahme der Pfaffendirnen (S. 539, weitere Beispiele S. 112, 503, 506), aber auch Treueschwüre von Verbündeten (S. 152, 193, 198). Einige Illustrationen scheinen die Diffamierung der Kyburger (S. 222: Graf von Kyburg läßt schlechte Münze schlagen, S. 428, 430: Überfall auf Solothurn) und der Habsburger (S. 156: Frauenraub) zu bezwecken.

Farben:

Dünn lavierend aufgetragenes helles Gelb und Braun (Landschaftsgrund, Gebäude, Rüstungen, bei letzteren Papiergrund sichtbar), kräftigeres Gelbgrün für Terrain, Grau und Ocker für Pferde, Gelb für Haare, Holzwerk (Leitern, Lanzen, Gewehrkolben). Gewänder in klaren Deckfarben: Rot, Rosa, Grün, seltener Azurit, ebenso für Fahnen und Feldzeichen.

Faksimile:

Diebold Schilling, Spiezer Bilder-Chronik 1485. Hrsg. von Hans Bloesch. Genf 1939 (Teilfaksimile); Diebold Schillings Spiezer Bilderchronik. Faksimile und Kommentar zur Handschrift Mss. hist. helv. I. 16 der Burgerbibliothek Bern. Hrsg. von Hans Haeberli und Christoph von Steiger. 2 Bde. Luzern 1990.

Literatur:

Studer (1860) S. 67 f. Rahn (1876) S. 711–713; Bloesch (1895) S. 3; Zemp (1897) S. 49–59, 69 f., Abb. 12–15 (153r, 92v, 116r, 121v); Bloesch (1939) S. 7–8; Hilber (1939) S. 9 f.; Muschg/Gessler (1941) S. 173– 176, Abb. 63–88; Bodmer (1976) S. 41–45; Feller/Bonjour (1979) Bd. 1, S. 25; von Scarpatetti 2 (1983) Nr. 73, S. 30, Abb. 519 (S. 27); Ladner (1985) S. 7; Ott (1989) S. 84–89, Abb. 9 (S. 41); Zahnd (1990) S. 1–6. 151–160; von Steiger (1990) S. 15–19; Saurma-jeltsch (1990) S. 31–70; Bartlome (1990) S. 161–454; Saurma-Jeltsch (1992/93) S. 310–313; Eggenberger (2000) S. 53–59, Abb. 1. 2. 4. 6 (S. 39, 6, 41, 76); Schmid (2006) S. 75–78, Abb. 5 (S. 39); Schmid (2009) S. 98, Taf. 5 (S. 41).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. XXIIa: S. 238. Diebold Schilling, ›Berner Chronik‹: Ludwig der Bayer fordert von der Stadt Bern Gehorsam.

Abb. 166: S. 350. Diebold Schilling, ›Berner Chronik‹: Belagerung der Burg Habsburg durch die Eidgenossen.

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Taf. XXIIa.
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Abb. 166.