11.4.29. Los Angeles (California), The J. Paul Getty Museum, Ms. Ludwig XII 8 (ehem. Ulm, Schermar-Bibliothek, Libri med. 9)
Bearbeitet von Ulrike Bodemann und Norbert H. Ott
KdiH-Band 1
3. Viertel 15. Jahrhundert.
Schwaben, z. T. Ulm.
Wahrscheinlich aus dem Besitz des Ulmer Patriziers Anton Schermar (1604–1681), dessen Bibliothek bis 1842 im Ulmer Münster über der Neidhardtkapelle aufgestellt war; im 20. Jahrhundert im Besitz des Verwalters der Stiftung Schermar, Eitel Albrecht Schad von Mittelbiberach (Besitzeinträge 9r, 42r, 77v).
1. | 47r–52r |
Von den sieben Planeten
Inc.: Ich sag euch in disser frist Mein schein iber all planeten ist ... Die lessin. Sol ist hays vnd guͦt warm vnd trucken ...
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2. | 52r–58r |
Über die sieben Planeten mit ihrem Einfluß auf die Wochentage und Tagesstunden und über ihre Häuser
Inc.: Ee das got geschuͦff himel vnd erde da was weder tag noch nacht ... Da saczt got zween amptman ...
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3. | 62r–63v |
Von den neun Kometen
Inc.: Der maister von aldgir der schript das der Cometen IX send hayssent steren mit schwentzen ... Der maister tholomeus spricht es seyen IX cometen ... Der erst. Veru der ist einer schrockenlicher gesiecht ...
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Papier, I + 184 Blätter (neu foliiert), 310 × 210 mm, Bastarda, drei Schreiber (I: 1r–8r, II [M cccco lxiiij per me michahelem haintzman de baubenhussen tunc temporis scolaris vlme]: 12ra–41ra, III: 47r–183v), ein- und zweispaltig, 30 (1r–8v) bzw. 39–40 Zeilen, rote Strichelung, Überschriften, Unterstreichungen, Anfangsbuchstaben teilweise rot.
schwäbisch.
36 kolorierte Federzeichnungen, sieben zu Text 1 (47r, 47v, 48v, 49r, 49v, 50v, 51r), 20 zu Text 2 (52r, 52v, 53r, 53v [2], 54r, 54v [2], 55r, 55v [2], 56r [2], 56v [2], 57r [2], 57v [2], 58r), neun zu Text 3 (62v [2], 63r [3], 63v [4]), eventuell zwei Zeichner (die Kometenbilder zu Text 3 von zweiter Hand?). In den übrigen Teilen der Handschrift Diagramme in Rot und Schwarz.
47r–51r in doppelten, gelb ausgefüllten Federlinien rechteckig bis quadratisch gerahmte Zeichnungen in Schriftspiegelbreite (120–178 × 150 mm), jeweils dem zugehörigen Text vorausgehend; 52r mit einem Kreis verschlungene Dreibeinfigur (ca. 125 × 135 mm); 52v–58r abwechselnd Kreisschemata (101–105 mm Dm) und in doppelten oder dreifachen, gelb ausgefüllten Federlinien gerahmte Rundbilder (45–74 mm Dm) im Text; 62v–63v ungerahmte Zeichnungen am äußeren linken Rand des Schriftspiegels, jeweils dem zugehörigen Text zugeordnet.
Zu Text 1 Planetengötter, beginnend mit Sol, im Typus des Reitenden (außer Venus und Saturn alle zu Pferde), auf grünem, kräuterbewachsenem Bodenstück; 47r Sol: bärtig, mit tiaraartiger Krone, Kugel mit aufgesetztem Kreuz und Fahne, als Fahnenbild Sonnenscheibe; 47v Luna: junge Frau mit weißem Kopftuch und Fahne, als Fahnenbild Mondsichel, links oben Mondsichel mit Gesicht; 48v Mars: Pferd und Reiter gerüstet, Mars mit Fahne und Schild mit Flammenzier, als Fahnenbild Stern; 49r Merkur: in pelzbesetztem langem Mantel und Hut, mit Deckelbecher und Fahne, als Fahnenbild Stern; 49v Jupiter: Bischof mit Mitra und Bischofsstab, in der Linken ein geschlossenes Buch, rechts oben Stern in Wolkenkranz; 50v Venus: junge Frau mit Krone und Flügeln, auf einem Hirsch reitend, in der Rechten Pfeil, auf der Linken Falke, rechts oben Stern in Wolkenkranz; 51r Saturn: auf einem Esel reitend, mit Hacke (defekt!).
Text 2 beginnend mit Trinitätsdarstellung (52r): vor kreidig hellblauem Hintergrund innerhalb der in Gelb und Orange profilierten Kreisbahnen oben Gottvater mit Kugel mit aufgesetztem Kreuz und erhobener Hand, rechts unten Christus, nackt mit Kelch und Tragekreuz, links unten Heiliger Geist als Taube, alles Hüftbilder, das Ganze umgeben von Sonne, Mond und Sternen; 52v–58r sieben Kreisschemata der den Planeten zugeordneten Wochentage, beginnend mit Sonntag, im Zentrum für den Wochentagsplaneten Stern bzw. Sonne oder Mond, Außenrand in 2 × 12 verschiedenfarbig kolorierte Sektoren für die 24 Stunden unterteilt; jedes Schema gefolgt von Tierkreiszeichenbildern in der Reihenfolge, wie sie den vorangehenden Planeten als Häuser zuzuordnen sind; die Rundbilder umgeben von Sternen in roter Deckfarbe: 53r Löwe, 53v Krebs, 54v Widder, Skorpion, 55v Zwillinge als junges, sich an beiden Händen haltendes Paar, Jungfrau mit Blumenkranz im Haar und Blume in der Linken, 56r Schütze mit Pfeil, Bogen und Köcher, 56v Fische, 57r Stier, Waage, 57v Steinbock, Wassermann, einen Wasserkrug entleerend; Zwillinge, Jungfrau, Wassermann als Hüftbilder, von Widder, Stier, Steinbock nur der Kopf, Schütze und Wassermann den Bildrahmen überschneidend. – Zu Text 3 62v–63v Phantasiedarstellungen der neun Kometen, z. T. mit menschlichen Gesichtern.
Figurenzeichnung in klaren, holzschnittartigen, nicht an- und abschwellenden Federlinien mit weitstehenden, kurzen Parallelschraffen z. B. an den Beinen der Pferde, seltener an Gewandteilen (diese mit Parallel- und Hakenfalten). Hintergrund immer unkoloriert. Flächige Kolorierung, oft plastisch mit wenigen Pinsellinien in dunklerer Tönung belegt, Modellierung durch freigelassenen Papiergrund. Die Kometenbilder in lockerer und unzusammenhängender Zeichnung, flüchtig meist Ockergelb koloriert.
Ockergelb, bläuliches kreidiges Grün mit oliver Übermalung, helles und dunkleres Grau lavierend und leicht deckend, Purpurrot laviert, bräunlich deckendes Zinnober, Orange laviert, Hellblau laviert und leicht deckend, Orangebraun laviert, Graubraun, Rosa lavierend.
Die Planetendiagramme mit den Tierkreiszeichenbildern wie Stuttgart, HB XI 28 (Nr. 11.4.42.).
https://www.getty.edu/art/collection/object/105SWY (Teildigitalisat)
Abb. 203: 49v. Jupiter (berittener Bischof mit Mitra, Bischofsstab und Buch).
Abb. 204: 56r. Jupiterzirkel und Schütze.