13.0.5. Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart. 2033
Bearbeitet von Norbert H. Ott
KdiH-Band 2
1449 (295vb), 1457 (139ra).
Franken.
1941 aus Münchener Privatbesitz erworben.
1. | 16ra–139ra |
Jacobus de Theramo, ›Belial‹, deutsch
Übersetzung A Stellenweise fragmentarisch und durch Abschriften seitenweise ergänzt |
2. | 140–143r | Verordnungen Würzburger Bischöfe |
3. | 144ra–295vb |
›Schwabenspiegel‹
144ra–168va Register zum Landrecht 170ra–259rb Landrecht 259vb–263va Register zum Lehnrecht 264ra–295vb Lehnrecht |
Papier, 299 Blätter (169 leer; 1–15, 21, 24, 25, 31, 32, 43, 57, 70, 72, 73, 80–86, 100, 104, 105, 108, 117, 118, 131, 192 durch neue leere Blätter ersetzt, an zahlreichen Stellen nur noch an neue leere Blätter angeklebte Schnipsel vorhanden), aus zwei Teilen (1–143, 144–299) zusammengebunden, 303 × 200 mm, Bastarda, drei Hände (I: 1r–139ra Hanns von vestenberg zum Breithenloh; II: 140r–143r, III: 144r–295v), zweispaltig, 28–38 Zeilen, zwei- bis vierzeilige einfache rote Initialen, rote Strichelung, rot unterstrichene Dekretalienzitate, rote Zwischentitel bzw. Bildbeischriften.
ostfränkisch.
Noch 33 z. T. nur fragmentarisch erhaltene kolorierte Federzeichnungen (19r, 30v, 34r, 37r, 40v, 52r, 67r, 69r, 71r, 77r, 79r, 93r, 95r, 96v, 97v, 98v, 101v, 102r, 103r, 107v, 113v, 114r, 114v, 115v, 116v, 119r, 119v, 122r, 123v, 126r, 128r, 130v, 133v), ein Zeichner.
Sechs fünf- bis achtzeilige Figureninitialen zu Text 1, davon zwei ausgeführt (20vb, 36ra), vier in Federvorzeichnung (37va, 67va [Posaunenbläser mit Pferdefüßen], 77va [nackte Frau auf Spinnrocken reitend], 103va), nicht von der Illustratorenhand; 19 fünf- bis neunzeilige Leerräume für nichtausgefuhrte Initialen (44ra, 52va, 69va, 71va, 79va, 93va, 95va, 97ra, 106ra, 109ra, 113ra, 114ra, 119ra, 119va, 122va, 124ra, 127va, 132ra, 134ra). Zu Text 3 eine elfzeilige H-Initiale am Beginn des Landrechts: zweifarbig geteilter Buchstabenkörper mit rahmenden Textura-Zeilen rechts und unten.
30 ganzseitige, mit einer farbgefüllten doppelten Federlinie gerahmte Illustrationen; drei querformatige Zeichnungen, schriftspiegelbreit, halbe Schriftspiegelhöhe (114r, 119r, 119v). An sieben Stellen rote Zwischenüberschriften in der Funktion von Bildtituli, meist am Schluß der der Illustration vorausgehenden Textspalte (18vb, 33vb, 36vb, 40rb, 67va, 71va, 77va). Nur elf Illustrationen sind völlig oder nahezu unbeschädigt (40v, 52r, 71r, 77r, 119r, 119v, 122r, 123v, 128r, 130v, 133v); von zehn weiteren (19r, 30v, 34r, 79r, 96v, 97v, 102r, 115v, 116v, 126r) sind nur noch schmale Streifen oder Ecken erhalten, so daß der Bildinhalt nicht mehr in jedem Fall zu bestimmen ist; bei den restlichen zwölf ist oft mehr als ein Drittel des Blattes abgerissen. Auf einigen verlorenen Blättern befanden sich noch weitere Illustrationen, von denen drei auf Grund des Textumfangs auf den Blättern 57 (Salomo anerkennt Mosis Urkundenbeweis), 72 (Pfingsten) und 131 (Belial bringt das Urteil zur Hölle) mit Sicherheit zu erschließen sind.
Die stets von einer doppelten, farbig gefüllten Federlinie gerahmten Zeichnungen sind bildkompositorisch weitaus erfindungsreicher als die technisch eher nachlässige Ausführung vermuten ließe. Einfache, durchgezogene Umrißlinien, kaum Strichelung, zuweilen in Schattenpartien von Architekturen und Landschaften Kreuzschraffuren. Parallelfalten, harter, eckiger Faltenbruch, aber auch Hakenfalten. Flächiger Farbauftrag, mitunter dunklere Ausmischungen für Schattenpartien, Modellierung – vor allem der Kleidung – durch breite Pinselstreifen, auch durch freigelassenen, nichtkolorierten Malgrund. Die vier Weltgerichtsbilder (122r–128r) sind in hellerem Kolorit als die übrigen Illustrationen und in verwaschenem, große Teile des Papiergrunds aussparendem Farbauftrag laviert. Untersetzte Figuren mit runden Köpfen, kurzen Hälsen und wolligen Haaren; schmale, geschlitzte Augen, breite, platte Nasen und nach unten gezogene Mundwinkel. Die Figuren tragen entweder lange Mäntel mit Armschlitzen oder knielange, locker fallende, aber auch gegürtete Oberkleider, enge Hosen und spitze Schuhe. Die Teufel sind nackt, nur Belial ist mit einem langen Mantel bekleidet, aus dem Hände und Füße in der Form von Löwenkrallen hervorschauen; Salomo trägt eine große Krone, deren drei Zacken mit einem blütenbesetzten Bügel verbunden sind. Er wie auch die Schiedsleute haben oft Schriftstücke in Händen.
Die Szene ist entweder in einer Landschaft aus grüner Rasenfläche, kulissenartig ansteigenden Bergen und kugeligen Bäumen angesiedelt oder findet in einem oft frontalsymmetrisch komponierten Innenraum in Form einer nach vorne offenen Bühne statt, die stets wechselnd aus Säulen, Pfeilern, verschiedenen Gewölben oder schalldeckelartig über dem Richterthron angebrachten Decken konstruiert ist. Außer diesen einfallsreich variierten Innenräumen ist die Vorliebe des Illustrators für Architekturdarstellungen auffällig. So ist die Hölle 69r als zinnenbekrönter Palast dargestellt, die Schiedsleute tagen in einem mit Zinnenkranz verzierten Turmhaus (95r). Einzelgängerisch innerhalb der gesamten ›Belial‹-Ikonographie sind die beiden rein architektonischen Kompositionen 103r (Tempel in Jerusalem: mit einer Mauer befestigte Stadt mit Torturm und viertürmiger gotischer Kathedrale) und 52r (fünf schräg von oben gesehene kastellartige, von rechteckigen Mauern umgebene Städte mit runden, zinnenbekränzten Ecktürmen, Spitzdächern und hohen, verschachtelten Giebelhäusern).
Die durchaus nicht ungeschickten Bildkompositionen, der Einfallsreichtum des Illustrators in Bezug auf die stetige Variation der Bildbühne und die oft ungewöhnliche Ikonographie mancher Szenen stehen in auffälligem Gegensatz zu der handwerklich eher nachlässigen Ausführung der Zeichnungen; der gesamte – noch erhaltene – Bilderzyklus läßt sich ikonographisch wie stilistisch nicht an den einer anderen ›Belial‹-Handschrift anschließen.
Der Bilderzyklus weicht an vielen Stellen von der Ikonographie der übrigen ›Belial‹-Handschriften ab. So wird nicht nur der äußere Handlungsverlauf des aktuellen Gerichtsgeschehens illustriert: Allein 16 der 31 noch identifizierbaren Miniaturen verbildlichen die Inhalte der Aussagen der Prozessteilnehmer, stellen also biblische und heilsgeschichtliche Themen dar. Das im Schiedsgerichtsverfahren diskutierte Jüngste Gericht ist in vier Einzelillustrationen (122r über die Juden, 123v über die Christen, 126r über die Adeligen, 128r über das gemeine Volk) auseinandergefaltet. Nur an fünf Stellen (95r, 96v, 97v, 98v, 119r) wird, wie sonst üblich, das Auftreten der Schiedsleute, die dabei durch Spruchbänder mit Namensinschriften identifiziert sind, illustriert, weitaus häufiger ist dagegen das in ihren Schiedsreden Ausgeführte dargestellt (101v Auszug aus Ägypten, 102r Ägypter ertrinken im Roten Meer, 103r Tempel in Jerusalem, 107v Gefangenschaft Satans), darunter auch die sonst nur noch in der Bostoner Handschrift (Nr. 13.0.6.) vorkommenden Beispielfälle der Sieben Hauptsünden (113v Steinigung Achiors, 114r Tötung Sichems, 114v Tod zahlreicher Menschen wegen Sichems Unkeuschheit, 119v Abraham lügt in Todesfurcht; möglicherweise stellten auch die nahezu zerstörten Illustrationen 115v und 116v Beispielfälle der Sieben Hauptsünden dar). Auch Mosis Aussage über Christi Erlösungsprogramm wird mit drei Beispielen (67r Christi Marter, 69r Descensus, 71r Himmelfahrt) illustriert. Ob Höllenfahrt und Befreiung der Altväter – wie in anderen Handschriften – das Bildprogramm einleitete, läßt sich wegen Blattverlusts nicht mehr rekonstruieren. Nicht eindeutig ist der Textbezug der Illustration 52r (fünf befestigte Städte aus der Vogelperspektive, vielleicht Sodom und Tyrus, die im Ladbrief Gottes an Satan 52v erwähnt werden).
Schmutziges Grün, Braun, Zinnober, mattes Blau, Gelb.
Abb. 11: 52r. Fünf befestigte Städte (Sodom, Tyrus u. a.?).