13.0.7. Bruxelles / Brussel, Bibliothèque Royale de Belgique / Koninklijke Bibliotheek van België, ms. 1634-35; München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 8735
Bearbeitet von Norbert H. Ott
KdiH-Band 2
1460/70.
Bodenseegebiet (?).
Cgm 8735, der Beginn des ›Ackermann‹, kam aus dem Münchener Antiquariat Ludwig Rosenthal an Albert Horcicka, Prag-Wien, dann an Alois Bernt; von Walther Bernt, München, durch die Bayerische Staatsbibliothek erworben.
1. | 3ra–135vb |
Jacobus de Theramo, ›Belial‹, deutsch
Übersetzung A, zu Beginn ein Blatt verloren, Textbeginn: der das liset der kan sich dar nach nutzit verrichten ...
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2. | 137ra–159vb |
Johannes von Tepl, ›Der Ackermann aus Böhmen‹
Hs. L
137ra–148vb = Cgm 8735 (Dis büchelinn ist genant der ackermann vnd saget ... – ... die bescheidenheit anders es),folgt Brüssel 149ra (müster der hamer den anebüs dreffen ...); Schluß des 33. Kapitels und Schlußgebet fehlen (Textschluß: ... Der claget das nit). |
Papier, zusammen 147 Blätter, Blattverluste und -umstellungen (die Blätter 137–148 [Cgm 8735] waren bereits im 19. Jahrhundert entfernt: alte Foliierung springt von 136 auf 149; die Blätter 1 und 2 der jetzigen Zählung sind falsch eingelegt: Bl. 1 muß auf Bl. 86 folgen, Bl. 2 vor Bl. 9 stehen; nach Bl. 4 fehlen zwei Blätter, nach Bl. 5, 8, 69, 74 und 128 fehlt je ein Blatt), 285 × 215 mm, Bastarda, zwei Hände (I: 3ra–135vb, II: 137ra–159vb), zweispaltig, auf Bildseiten mitunter einspaltig, 20–25 Zeilen, zweizeilige rote Lombarden, rote Strichelung, Stellennachweise der Rechtsbücher- und Bibelverweise rot unterstrichen, mehrzeilige rote Bildbeischriften.
alemannisch.
29 kolorierte Federzeichnungen ([in der ursprünglichen Reihenfolge:] 7r, 2r, 10r, 12r, 15v, 18r, 21r, 22v, 26v, 28r, 32r, 36r, 37v, 41v, 44v, 49r, 54r, 56v, 79v, 81v, 84r, 90v, 94v, 95vb, 97ra, 99va, 113r, 126r, 127r), ein Zeichner.
Eine verlorene Illustration auf dem nach Blatt 8 fehlenden Blatt, Bildbeischrift 8vb: Wie got der almehtige sas jn sime obersten throne vnd vmb jn worent xxiiij alten vnd patriarchen vnd es kam Beliall der helle verweser für jn mit syner werbenunge (Belial bittet Gott um einen Prozess).
Schriftspiegelbreite, ½ bis ¾ des Texts hohe, quer- und hochrechteckige, z. T. fast quadratische Illustrationen, 95vb, 97ra, 99va einspaltig und hochrechteckig, zweifarbiger Rahmen aus breiten Pinsellinien. Die Zeichnungen stehen in unmittelbarer Nähe der illustrierten Textstelle, z. T. innerhalb der Textpassage, oft direkt davor oder danach. Mehrzeilige, sehr ausführlich erläuternde Bildbeischriften über den Illustrationen (z. B. Hie sas der rihter salomon In sime rihte huse vnd moises stunt vor Im Do knuwete Beliall nider mit zusamen gefugeten henden vnd bat jn das er an gerechtikeite gedehte danne er hette noch eynen Jnwurff zu melden, 56v); lediglich die Bildlegende zur verlorengegangenen Illustration (auf dem nach Bl. 8 fehlenden Blatt) steht auf der vorausgehenden Spalte 8vb.
Sämtliche Szenen, auch die, bei denen der Text Innenräume fordert, spielen in offener, hintergrundloser Landschaft: Auf einem mit Grasbüscheln bewachsenen, geraden Bodenstück, das das untere Drittel der Bildfläche einnimmt, steht frontal oder schräg gedreht der Thron des Richters, vor dem die Figuren agieren; Himmel aus kurzen waagrechten, am oberen Bildrand besonders dichten und nach unten verlaufenden Pinselschraffen, Gras auf der grünen Bodenfläche mit kurzen, gekrümmten Pinsellinien in dunklerem Grün angegeben. Lebhafte, etwas unruhige Strichelung aus Pinsel- und Federlinien; lockere Modellierung durch weiche, gebrochene Abtönungen. Kurze, gedrungene Figuren mit runden, maßstäblich zu großen Köpfen, breiten Nasen und großen ovalen Augen, lebhafte Handgebärden. Kantiger, durch viele kurze Parallelschraffen modellierter Faltenbruch.
Stets abwechslungsreiche, nie schematische Bilderfindungen mit auffallender Vorliebe für – oft nebensächliche – Details: Der perspektivisch schräg ins Bild gerückte Thronsitz des Richters ist in keiner Illustration gleichartig dargestellt, z. T. mit vorhangbehängten Baldachinen; Belial mit einem senkrecht auf der Mitte des Schädels sitzenden Horn, dunklen Haarbüscheln an den Schläfen und Klauenfüßen und -händen, in einen kurzen, gegürteten Rock und enge Beinlinge gekleidet, trägt immer eine andere Waffe – Schwert, Lanze, Dreizack, Hellebarde, Beil usw. – bei sich. Häufig wird die Bildszene durch solch akribisch ausgestaltete Realdetails und von der Handlung nicht geforderte Assistenzfiguren genrehaft ausgemalt. Der modisch gekleidete Richter sitzt oft mit elegant übereinandergeschlagenen Beinen auf seinem Thron.
Trotz der Ansätze zur Perspektive ist Raumtiefe nicht erzielt: Die Figuren agieren auf einer ziemlich flachen Vorderbühne, die von dem nach unten aufgehellten Himmel wie durch einen Vorhang abgeschlossen wird.
Fast ausschließlich Illustrationen des formalen Prozessgeschehens; nur eine Darstellung aus heilsgeschichtlichem Themenkreis (Jüngstes Gericht 113r). Von den drei Bildern, die den Urkundenbeweis illustrieren, stellt eines den äußeren Handlungsverlauf dar (Einreichen des schriftlichen Beweises durch Moses in Form einer Schriftrolle 44v), zwei den Inhalt der Aussage Mosis: Gottes gerichtliche Vorladung Satans durch einen Engel (49r) und die – zitierten – Zeugenaussagen Davids und Ezechiels vor Gott (54r).
Mattes Blaugrün, Oliv, Kobaltblau, Purpur, Zinnober, Braun, Schwarz, Gelb und Ocker in abgestuften Ausmischungen, deckend und laviert.
Abb. 19: 95r. Octavian gibt seinen Schiedsspruch.
Abb. 20: 49r. Gott lässt Satan durch einen Engel vor Gericht laden.