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26A.30.1. Coburg, Landesbibliothek, Ms. Cas. 9.10.11; Weimar, Thüringisches Hauptstaatsarchiv, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. O 21

Bearbeitet von Peter Schmidt

KdiH-Band 3

Datierung:

Um 1515–1517.

Lokalisierung:

Wittenberg.

Besitzgeschichte:

Die drei heute in Coburg befindlichen Bände wurden bis 1540 in Spalatins Haus in Altenburg aufbewahrt. Von dort kamen sie nach Torgau an den Hof des sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich I., des Großmütigen (1503–1554). Die nächsten Aufbewahrungsorte unsicher, vermutlich die Residenzen der Herzöge Johann Friedrich der Mittlere von Sachsen-Coburg-Eisenach (1529–1595) und Johann Wilhelm I. von Sachsen-Weimar (1530–1573), d. h. Weimar und für kurze Zeit Gotha. Gesichert ist der Transport der Bände 1574 nach Jena in die dortige Universitätsbibliothek. Sie wurden jedoch nicht zusammen mit der herzoglichen Bibliothek 1590 nach Coburg gebracht, da sie sich wahrscheinlich zu diesem Zeitpunkt noch immer am Hof Herzog Friedrich Wilhelms I. von Sachsen-Weimar (1562–1602) befanden, wo um 1585 eine bandgenaue Abschrift der Chronik angefertigt worden war (Gotha, Forschungsbibliothek, Chart. A 189–191). Ob die Bände noch zu Lebzeiten Herzog Johann Kasimirs von Sachsen-Coburg (1564–1633) nach Coburg kamen, ist nicht bekannt. Erst Ende des 17. Jahrhunderts sind sie in Coburg bezeugt, und zwar in der Bibliothek Herzog Albrechts von Sachsen-Coburg (1648–1699). Nach dessen Tod Unterbringung der drei Bände in der Bibliothek des Coburger Gymnasium Casimirianum, Mitte des 19. Jahrhunderts Abgabe an die Kunstsammlungen der Veste Coburg als Leihgabe des Gymnasiums, seit 1956 in der Landesbibliothek Coburg. Der heute in Weimar aufbewahrte vierte Band, der zu Lebzeiten Spalatins noch aus ungebundenen Lagen bestand, ging einen eigenen Weg: Die Lagen kamen 1544 oder 1545 an den Hof Kurfürst Johann Friedrichs I. nach Weimar und blieben bis heute in Weimar. Sie gehören zum Nachlaß Spalatins im Ernestinischen Gesamtarchiv. 1583, als Adam Schönickel die Registranda Vber 1. Georgii Spalatini Hendel vnd schrifften anfertigte, waren die Lagen noch immer ungebunden. Laut Vermerk des Archivars Johann Sebastian Müller (1634–1708) wurden sie erst 1681 gebunden und mit Reg. O 20 zu einem Band vereint.

Inhalt: Georg Spalatin, ›Chronik der Sachsen und Thüringer‹
Cas. 9 Widukind und die von ihm abstammenden Geschlechter des 8.–14. Jahrhunderts (bis zu Markgraf Konrad I. von Meißen und seinen Nachfahren)
Cas. 10 Die Liudolfinger (Kaiser Otto I. bis Herzog Emmerich von Ungarn)
Cas. 11 Die thüringischen Grafen und Landgrafen (von der ältesten Geschichte Thüringens bis Landgraf Friedrich II. von Thüringen und seinen Nachkommen)
Reg. O 21 Inhaltlich disparate Lagen (die Blöcke reichen chronologisch von der frühesten Geschichte der Sachsen bis zu dem zur Abfassungszeit noch lebenden Landgrafen Philipp I. von Hessen)
I. Kodikologische Beschreibung:

Cas. 9: Papier, 357 Blätter, durchgehend foliiert von einer Hand des 19./20. Jahrhunderts, mehrere Blätter herausgerissen; 16 Leerlagen; Cas. 10: Papier, 329 Blätter, durchgehend foliiert von derselben Hand wie Cas. 9, mehrere Blätter herausgerissen; drei Leerlagen; Cas. 11: Papier, 299 Blätter, durchgehend foliiert von derselben Hand wie Cas. 9, mehrere Blätter herausgerissen; sechs Leerlagen; Reg. O 21: 239 Blätter (heute in Bindeeinheit mit Reg. O 20, zusammen 267 Blätter), durchgehende Foliierung 28–268 von einer Hand vermutlich des 17. Jahrhunderts. 460 × 310 mm (nur Reg. O 21: 460 × 320 mm). Die Wasserzeichen der Papiere der beschriebenen Teile lassen sich in die Jahre 1512/1513, die der Leerlagen in die Zeit um 1516/17 datieren (Meckelnborg/Riecke [2011]). Kanzleischrift von mehreren, um Uniformität bemühten Händen: vermutlich von je einer eigenen Hand die Bände Cas. 9, Cas. 10 (hier 189r das Monogramm HB zwischen Hinweishand und Phallus) und Cas. 11, von mehreren Händen Reg. O 21 (dort deutlich anders im Duktus 124–195 – eventuell identisch mit dem Schreiber HB von Cas. 10 – und 196–212), einspaltig, bis zu 47 Zeilen, Überschriften alternierend in Rot, Blau und Schwarz, gelegentlich Hervorhebung von Namen in Rot oder Blau.

Schreibsprache:

ostmitteldeutsch.

II. Bildausstattung:

Den drei Coburger Bänden jeweils auf 1v ein identisches ganzseitiges Prunkwappen des Kurfürsten Friedrich III. von Sachsen vorangestellt; außerdem in Cas. 9 393 Illustrationen zum Text; in Cas. 10 566 Illustrationen, in Cas. 11 427 Illustrationen und in Reg. O 21 405 Illustrationen. Die Illustrationen der um 1585 angefertigten Abschrift von Cas. 9–11 (Gotha, Forschungsbibliothek, Chart. A 189–191) in Anzahl und Motivik übereinstimmend mit den Ausgangsbänden.

Format und Anordnung:

Durchgehend hochrechteckige Bildfelder, von einer einfachen schwarzen Linie gerahmt, die in einigen Fällen ganz oder nur unten fehlt; spaltenbreit und meist etwa eine Dreiviertelseite hoch, nur gelegentlich etwas kleiner, seltener zwei Bildfelder auf einer Seite. Über den Bildern jeweils eine in der Regel zweizeilige Überschrift, alternierend in roter und blauer bzw. roter und schwarzer Tinte, die den Gegenstand der Darstellung sowie des folgenden Textabschnitts kurz bezeichnet; in wenigen Fällen steht sie innerhalb der Rahmenlinie. Die üppig verzierten Wappen am Beginn der drei Coburger Bände ganzseitig (ca. 270 × 270 mm) und ungerahmt.

Bildaufbau und -ausführung:

Am Beginn eines Kapitels in der Regel das mit einfacher schwarzer Linie gerahmte Bild des behandelten Herrschers, stehend in Ganzfigur und Rüstung, unter ihm in einem getrennten Feld sein Wappen. Die Wappen sind zum großen Teil fiktiv und in einem eigenen Arbeitsgang gemalt, viele Wappenschilde sind leer geblieben, besonders in Cas. 11 und Reg. O 21. Die je nächste Seite zeigt fast immer ein Brustbild des ungerüsteten Herrschers zusammen mit seiner Ehefrau bzw. seinen Ehefrauen in Blütenkelchen mit Wappen in der Krone eines Baums, an dessen unterem Ende die Nachkommen dargestellt sind. Dieser Aufbau und das Prinzip des umgekehrten Stammbaumes findet sich etwa in Konrad Botes ›Cronecken der Sassen‹ (Mainz: Peter Schöffer, 1492, GW 4963), woher die Anregung gekommen sein könnte. Danach folgen jeweils die Ereignisbilder in dichter Folge – oft auf jeder Seite eines oder gelegentlich zwei, selten von mehr als einer reinen Textseite getrennt. Federzeichnung in brauner und schwarzer Tinte über Kohlevorzeichnung, mit Aquarell- und Deckfarben koloriert, teilweise mit Weiß und Gelb gehöht. Die Wappen, die am Anfang der Coburger Bände stehen und vor der Bindung eingefügt wurden, in aufwändigerer Deckfarbentechnik.

Die Ausführung erfolgte durch mehrere Künstler der Werkstatt Lucas Cranachs d. Ä. Auch dieser stand in den Diensten Friedrichs des Weisen; daß er und Spalatin sich kannten, dokumentieren auch Cranachs Porträts des Gelehrten von 1509 und 1515. Es ist anzunehmen, daß das Illustrationskonzept zwischen beiden abgestimmt wurde. Eine präzise Händescheidung erscheint – wie auch bei anderen Projekten dieses großen Malerunternehmens – weder möglich noch sinnvoll. Andersson (1994) hat neun bis elf Hände in der Spalatin-Chronik zu unterscheiden versucht, von denen sie drei mit Notnamen belegt hat. Das ist methodisch schon insofern problematisch, als die arbeitsteilige Organisation des Projekts zumindest teilweise eine Trennung von Zeichnung und Farbauftrag eingeschlossen zu haben scheint, da auch Seiten von klar unterschiedenen Zeichnern mit derselben Palette und in derselben Maltechnik koloriert wurden. Das Spektrum der Qualität reicht von den Zeichnungen eines wohl in Nürnberg geschulten hervorragenden Künstlers bis zu wenig sorgfältig hingeworfenen Darstellungen. Auch die Qualität der Kompositionen und der räumlichen Konstruktionen der Szenen schwankt stark. Aufgrund des Monogramms in Cas. 10, 189r haben Dodgson (1934/1935) und Kunze (1941) den im Umkreis Cranachs tätigen Monogrammisten HB unter den ausführenden Händen gesehen. Das Monogramm gehört jedoch eindeutig zum Schreiber, dessen Identität mit einem der Maler nicht anzunehmen ist. Häufig hat ein bestimmter Zeichner eine ganze Lage illustriert, doch gibt es auch Wechsel der Hände innerhalb einer Lage. Motive und Bildformeln, die auch in anderen Werken der Cranach-Werkstatt vorkommen, besonders in den Holzschnitten, tauchen in mehreren der Chronik-Illustrationen als Versatzstücke auf.

Bildthemen:

Das Werk ist nach der Abfolge der Fürsten strukturiert. Die Ereignisbilder, die den Darstellungen des Fürsten sowie seiner Frau(en) und ihrer Nachkommen folgen, zeigen Szenen aus dem Leben und Wirken des betreffenden Herrschers, oft Schlachten, daneben Städte-, Kirchen- und Klostergründungen, Verhandlungen, Sterbe- und Begräbnisszenen, Herrschaftsverleihungen und andere Zeremonien etc. Im gleichen Modus szenisch illustriert auch die Zufelligen wundersamen geschichten, die am Ende einiger Lagen, aber auch auf eigenen Lagen stehen. In Cas. 11, 81r Leerraum für eine nicht ausgeführte Illustration.

Farben:

Rot, Grün, Blau, Violett, Gelb, Ocker, Orange, Braun, Grau, Schwarz, alles in verschiedenen Ausmischungen, Weißhöhungen.

Literatur:

Franz Georg Kaltwasser: Die Handschriften der Bibliothek des Gymnasium Casimirianum und der Scheres-Zieritz-Bibliothek. Coburg 1960 (Kataloge der Landesbibliothek Coburg 3), S. 30–34. – Robert Bruck: Friedrich der Weise als Förderer der Kunst. Straßburg 1903 (Studien zur deutschen Kunstgeschichte 45), S. 128 f., Taf. 32–36; Willy Flach: Georg Spalatin als Geschichtsschreiber. Beiträge aus Spalatins Nachlaß im Thüringischen Staatsarchiv Weimar. In: Zur Geschichte und Kultur des Elb-Saale-Raumes. Festschrift für Walter Möllenberg. Hrsg. von Otto Korn. Burg 1939, S. 211–230, dort S. 225 f. [aktualisiert wiederabgedruckt Meckelnborg/Riecke 2011, siehe unten]; franz georg kaltwasser: Die Schloßbibliothek des Herzogs Johann Casimir von Sachsen-Coburg (1564–1633). Die Auffindung ihrer der Plünderung entgangenen Reste. Mit einem Anhang: Bücher des Herzogs Johann Ernst von Sachsen-Coburg (1521–1553). In: Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1961, S. 13–26, dort S. 18 Nr. 3; Rothe (1965) S. 226, 272 f.; Werner Schade: Die Malerfamilie Cranach. Dresden 1974, S. 62. 427 mit Abb. a. b. 467; Jürgen Erdmann: The History of the Landesbibliothek Coburg. In: From a Mighty Fortress. Prints, Drawings, and Books in the Age of Luther 1483–1546. [Ausstellung Detroit, Institute of Arts, 1981, und Coburg, Kunstsammlungen der Veste, 1982]. Hrsg. von Christiane Andersson und Charles Talbot. Detroit 1983, S. 25–27, dort S. 25 mit fig. 3; Irmgard Höss: Georg Spalatin. 1484–1545. Ein Leben in der Zeit des Humanismus und der Reformation. Weimar 21989, S. 408 mit Anm. 60; Christiane Andersson: Die Spalatin-Chronik und ihre Illustrationen aus der Cranach-Werkstatt. In: Lucas Cranach. Ein Maler-Unternehmer aus Franken. [Ausstellung Kronach, Festung Rosenberg, und Leipzig, Museum der bildenden Künste, 1994]. Hrsg. von Claus Grimm, Johannes Erichsen und Evamaria Brockhoff. Augsburg 1994 (Veröffentlichungen zur bayerischen Geschichte und Kultur 26), S. 208–217; Meckelnborg / Riecke (1999); Kummer (2001) S. 121 f. und Abb. 8; Edgar Bierende: Lucas Cranach d. Ä. und der deutsche Humanismus. Tafelmalerei im Kontext von Rhetorik, Chroniken und Fürstenspiegeln. München u. a. 2002 (Kunstwissenschaftliche Studien 94), S. 177. 201–204. 230 f.; Glaube & Macht. Sachsen im Europa der Reformationszeit. [Katalog der zweiten Sächsischen Landesausstellung, Torgau, Schloß Hartenfels 2004]. Hrsg. von Harald Marx und Cecilie Hollberg. Dresden 2004, S. 281–282; Silvia Pfister: Die Spalatin-Chronik der Landesbibliothek Coburg im Internet. Moderne Technologie im Dienst der Vermittlung historischer Bibliotheksbestände. Coburger Geschichtsblätter 14 (2006), S. 63–78; Silvia Pfister: Eine Gründungsakte: Die Spalatin-Chronik (um 1535). In: Coburg aus dem »Dintenfas«. Literarische Streifzüge durch vier Jahrhunderte. Hrsg. von Edmund Frey und Reinhard Heinritz. Bucha bei Jena 2006, S. 44–47; Christina Meckelnborg / Anne-Beate Riecke: Geschichte der Handschriften Ms. Cas. 9–11 und Handschriftenbeschreibung von Ms. Cas. 9–11. http://spalatin.franconica.uni-wuerzburg.de (Stand März 2007, zuletzt aufgerufen 30.11.2010); Silvia Pfister: Altes Buch und Internet. Die Netzversion der Spalatin-Chronik. Bibliotheksforum Bayern. N. F. 1 (2007), S. 22–26; Apelles am Fürstenhof. Facetten der Hofkunst um 1500 im Alten Reich. [Ausstellung Veste Coburg 22. August bis 7. November 2010]. Hrsg. von Matthias Müller u. a. Berlin 2010, Nr. 2.2.10 (Silvia Pfister). S. 263. 267; Christina Meckelnborg / Anne-Beate Riecke: Georg Spalatins Chronik der Sachsen und Thüringer. Ein historiographisches Großprojekt der Frühen Neuzeit. Köln u. a. 2011 (Schriften des Thüringischen Hauptstaatsarchivs Weimar 4).

Weitere Materialien im Internet:

Coburg, Landesbibliothek, Ms. Cas. 9: Handschriftencensus

Coburg, Landesbibliothek, Ms. Cas. 10: Handschriftencensus

Coburg, Landesbibliothek, Ms. Cas. 11: Handschriftencensus

Weimar, Thüringisches Hauptstaatsarchiv, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. O 21: Handschriftencensus

Taf. XXIIIb: 246v. Krönung der Königin Kunigunde.

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Taf. XXIIIb.